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OLG Düsseldorf: Wer eine Unterlassungserklärung abgibt ist verpflichtet Inhalte aus Google Cache zu entfernen - andernfalls droht eine Vertragsstrafe

OLG Düsseldorf
Urteil vom 03.09.2015
I-15 U 119/14


Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass der Betreiber einer Webseite nach Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung verpflichtet ist, die streitgegenständlichen Inhalte auch im Google-Cache löschen zu lassen. Die Problematik ist nicht neu und sorgt immer wieder für unangenehme Überraschungen, wenn dies nicht vor Abgabe einer Unterlassungserklärung bedacht und berücksichtigt wird. Fundierter anwaltlicher Rat ist vor der Abgabe von Unterlassungserklärungen unumgänglich. Auch helfen wir gern bei der zeitnahen Entfernung von Inhalten aus dem Suchmachinen-Cache.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Der Beklagte war aufgrund der Unterlassungsverpflichtungserklärung vom 05.01.2012 auch verpflichtet, die Suchmaschine Google zur Löschung der streitgegenständlichen Einträge, auch aus dem Cache, aufzufordern.

Die Verpflichtung zur Unterlassung einer Handlung, durch die ein fortdauernder Störungszustand geschaffen wurde, ist mangels abweichender Anhaltspunkte regelmäßig dahin auszulegen, dass sie nicht nur die Unterlassung derartiger Handlungen, sondern auch die Vornahme möglicher und zumutbarer Handlungen zur Beseitigung des Störungszustands umfasst (BGH GRUR 2015, 258 – CT-Paradies). Hat eine Verletzungshandlung einen andauernden rechtswidrigen Verletzungszustand hervorgerufen, besteht neben dem Unterlassungsanspruch ein Beseitigungsanspruch (BGH GRUR 2015, 258 – CT-Paradies; BGH GRUR 1977, 814 – Gebäudefassade). Dabei handelt es sich um selbstständige Ansprüche mit grundsätzlich unterschiedlicher Zielrichtung. Der Gläubiger hat es in der Hand, ob er den einen oder den anderen Anspruch oder aber beide Ansprüche geltend macht. Er kann bei einer solchen Fallgestaltung allerdings auch bereits mit dem Unterlassungsanspruch die Beseitigung des Verletzungszustands verlangen. Das folgt daraus, dass bei einer Dauerhandlung die Nichtbeseitigung des Verletzungszustands gleichbedeutend mit der Fortsetzung der Verletzungshandlung ist (BGH GRUR 2015, 258 – CT-Paradies; BGH GRUR 1977, 814 – Gebäudefassade). Vereinbaren die Parteien in einem solchen Fall eine Unterlassungsverpflichtung, ist regelmäßig davon auszugehen, dass diese auch die Verpflichtung zur Beseitigung des Verletzungszustands umfasst, wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie allein die Verpflichtung zur Unterlassung zukünftiger Verletzungshandlungen erfassen soll.

Danach ist die Unterlassungsverpflichtungserklärung des Beklagten vom 05.01.2012 dahin auszulegen, dass sie auch die Verpflichtung umfasst, den durch die ursprüngliche Verwendung des Hinweises „TÜV-Sondereintragungen“ auf der eigenen Internetseite geschaffenen Störungszustand zu beseitigen, soweit es ihm möglich und zumutbar ist.

Vorliegend bestehen nämlich keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die Unterlassungsverpflichtungserklärung ausnahmsweise nicht auf die Verpflichtung zur Beseitigung des Verletzungszustands erstreckt. Das Vertragsstrafeversprechen bezieht sich zwar nur auf „zukünftige“ Zuwiderhandlungen, also solche, die nach Zustandekommen der Vereinbarung liegen. Jedoch stellt auch eine fortdauernde Beeinträchtigung eine zukünftige Zuwiderhandlung dar.

Die Unterlassungsverpflichtung umfasst die Pflicht des Beklagten, im Rahmen des ihm Möglichen und Zumutbaren beim Betreiber der Suchmaschine Google auf eine Löschung des streitgegenständlichen Eintrages hinzuwirken, wobei sich diese Verpflichtung auch auf die Entfernung aus dem Cache erstreckt. Zwar hat ein Schuldner für das selbstständige Handeln Dritter grundsätzlich nicht einzustehen. Er ist jedoch gehalten, auf Dritte, deren Handeln ihm wirtschaftlich zugutekommt, einzuwirken, wenn er mit einem Verstoß ernstlich rechnen muss und zudem rechtliche und tatsächliche Einwirkungsmöglichkeiten auf das Verhalten der Dritten hat. Insoweit kann sich der Schuldner nicht darauf berufen, dass der Verstoß ohne sein Zutun erfolgt ist (BGH GRUR 2014, 595 – Vertragsstrafenklausel). Die streitgegenständlichen Einträge bzw. Treffer bei Google beruhten letztlich auf der eigenen Internetseite des Beklagten. Damit, dass eine allseits bekannte und gängige Suchmaschine die Einträge auf seiner Internetseite auffinden und seine Angaben bei einer Suchanfrage ausweisen wird, musste der Beklagte rechnen. Es kam ihm auch wirtschaftlich zugute. Folglich war er aufgrund der von ihm übernommenen Unterlassungsverpflichtung gehalten, unverzüglich eigene Recherchen über die Verwendung des ihm untersagten Hinweises durchzuführen und jedenfalls den Betreiber der Suchmaschine Google aufzufordern, den streitgegenständlichen Eintrag zu entfernen. Da Google zudem unstreitig ein Webmaster-Tool bereit hält, über das die Löschung im Cache gespeicherter veralteter oder gelöschter Informationen beantragt und damit ihre Anzeige verhindert werden kann, war es dem Beklagten auch möglich und zumutbar, die Entfernung des streitgegenständlichen Hinweises aus dem Cache zu beantragen.

Dass das Herantreten an den Betreiber einer Suchmachine verbunden mit der Aufforderung bestimmte Einträge zu löschen möglich und zumutbar ist, sieht der Beklagte, der dies bezüglich Google konkret nicht in Abrede gestellt hat, an sich ebenso wie seine Korrespondenz mit den Betreibern der Seiten www.B..de, www.C..de, www.D..de und www.I..de bestätigt.

Soweit der Beklagte behauptet, bei Google sei im Zeitpunkt der Abgabe der Unterlassungsverpflichtungserklärung ein entsprechendes Ergebnis nicht auffindbar gewesen, kann dahin stehen, ob dies zutrifft. Selbst wenn dies zugunsten des Beklagten unterstellt würde, kann nicht außer Acht gelassen werden, dass nach seinem Vortrag jedenfalls bei den Betreibern der oben genannten Internetseiten der entsprechende Eintrag nach Abgabe der Erklärung vorhanden war. Jedenfalls auf den Seiten www.B..de, www.C..de und www.D..de fand sich die streitgegenständliche Werbung auch auf Veranlassung des Beklagten. Damit, dass die Suchmaschine Google diese Einträge solange (also auch noch nach Abgabe der Unterlassungsverpflichtungserklärung) auffinden und bei einer Recherche anzeigen wird, wie sie im Internet auf diesen Seiten zu finden sind, musste der Beklagte rechnen. Also selbst dann, wenn eine Recherche mittels Google erst nach Abgabe der Unterlassungsverpflichtungserklärung die streitgegenständliche Werbung aufgezeigt hätte, würde sie (mittelbar) auf der eigenen Internetwerbung des Beklagten beruhen. Gerade wegen dieses Umstandes besteht die oben genannte Pflicht, auf die Löschung hinzuwirken.

Gegen diese ihm obliegende Verpflichtung hat der Beklagte schuldhaft verstoßen. Er ist unterstreitig gegenüber Google nicht tätig geworden; er hat Google nicht einmal aufgefordert, den streitgegenständlichen Eintrag zu löschen. Er hat sich vielmehr auf den Standpunkt gestellt, die Klägerin solle sich selbst an den Betreiber der Suchmaschine wenden (Schreiben vom 07.05.2013, Bl. 20 d. GA).


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