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LG Dortmund: Wettbewerbswidrige Verlängerung einer befristeten Rabattaktion wenn Verlängerung aufgrund bei der Planung vorhersehbarer Umstände erfolgt

LG Dortmund
Urteil vom 14.06.2017
10 O 13/17


Das LG Dortmund hat entschieden, dass ein wettbewerbswidrige Verlängerung einer befristeten Rabattaktion vorliegt, wenn die Verlängerung aufgrund bei der Planung vorhersehbarer Umstände erfolgt.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Dem Kläger steht der verfolgte Unterlassungsanspruch aus §§ 8, 5 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 2 UWG gegen die Beklagte zu.

a)
Die beanstandete Werbung ist irreführend.

aa)
Es unterliegt zunächst keinem vernünftigen Zweifel, dass der Verbraucher die beanstandete Werbung dahin versteht, dass die Rabattaktion zeitlich bis zum 24.12.2016 begrenzt werden sollte.

Wie eine Werbung zu verstehen ist, hängt maßgeblich von der Auffassung der von ihr angesprochenen Verkehrskreise ab. Vorliegend handelt es sich um eine sogenannte Publikumswerbung, die sich an das allgemeine Publikum, mithin im Prinzip an jedermann richtet. Dessen Verkehrsauffassung können die Mitglieder der erkennenden Kammer aufgrund eigener Sachkunde beurteilen, ohne dass es hierfür besonderer Kenntnisse oder Erfahrungen bedürfen würde (vgl. in ähnlicher Konstellation OLG Hamm, Urteil vom 21.03.2017, AZ: 4 U 183/16; Köhler/Bornkamm, 35. Auflage, § 5 UWG, Rn. 1.233).

Die Kammer versteht die beanstandete Werbung eindeutig dahin, dass die Rabattaktion auf den 24.12.2016 befristet war. Dieses Datum ist ausdrücklich benannt und darüber hinaus nachfolgend mit einem Ausrufungszeichen versehen. Hinzu kommt noch, dass der 24. Dezember von dem Kunden regelmäßig als der Tag, welcher das „Weihnachtsgeschäft“ beendet, erkannt wird. Insofern hat der Verbraucher gerade keinen Anlass anzunehmen, die Beklagte werde nach den Weihnachtsfeiertagen bei den herabgesetzten Preisen bleiben.

Solches folgt auch nicht, wie die Beklagte meint, aus dem weiteren Inhalt der Werbung, wonach sie sich „für ein Wahnsinnsjahr“ im Kontext mit der „Auszeichnung Plus X Award 2016“ für Deutschlands besten Händler in der Kategorie Möbeldiscounter bedankte. Damit mag ein Verbraucher annehmen, die Rabatte würden aus „Dankbarkeit“ gewährt. Der Dank bestand dann aber gerade in der auf den 24.12.2016 befristeten Werbeaktion, ohne dass suggeriert würde, dass auch die Werbeaktion noch über das ganze Jahr, mithin bis zum 31.12.2016, andauern sollte.

bb) Wird mit einer befristeten Rabattaktion geworben, so liegt eine irreführende Angabe nicht nur dann vor, wenn der Unternehmer bereits bei Erscheinen der Werbung die Absicht hat, die Vergünstigung über die zeitliche Grenze hinaus zu gewähren, sondern auch dann, wenn die Rabattaktion aufgrund von Umständen verlängert wird, die für den Unternehmer unter Berücksichtigung fachlicher Sorgfalt voraussehbar waren und deshalb bei der Planung der befristeten Aktion und der Gestaltung der angekündigten Werbung hätten berücksichtigt werden können. Denn der Verkehr wird nach der Lebenserfahrung zwar in Rechnung stellen, dass ein befristeter Sonderpreis aus Gründen verlängert wird, die bei Schaltung der Werbung erkennbar nicht zugrunde gelegt wurden. Jedoch rechnet er nicht mit einer Verlängerung aus Gründen, die bei Schaltung der Anzeige bereits absehbar waren (BGH GRUR 2012, 213, Rn. 20, 21 – Frühlings-Special -; Köhler/Bornkamm, UWG, a.a.O., § 5 a, Rn. 5.48 ff., § 5 Rn. 3.8). Vernünftige Gründe, bei denen der Verbraucher mit einer ausnahmsweisen Verlängerung der Aktion rechnet, können etwa bei einem Jubiläumsrabatt die unverschuldete Unterbrechung des Verkaufs wegen eines Wasserschadens oder bei einem Frühbucherrabatt die schleppende Nachfrage oder die Weitergewährung günstiger Einkaufspreise sein. Dagegen kann sich ein Unternehmer nicht darauf berufen, er habe eine Jubiläumsrabattaktion wegen ihres wirtschaftlichen Erfolgs verlängert. Auch wenn an sich vernünftige Gründe für eine Verlängerung vorliegen, steht dies der Annahme einer irreführenden Werbung nicht entgegen, wenn der Unternehmer sie bei Anwendung der unternehmerischen Sorgfalt hätte erkennen und bei der Planung der Aktion und der Gestaltung der Werbung hätte berücksichtigen können (Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 5 a, Rn. 5.50 m.w.N.).

Bei alledem ist es Sache des Unternehmers, die Umstände darzulegen, die für die Unvorhersehbarkeit der Verlängerungsgründe und die Einhaltung der fachlichen Sorgfalt sprechen (BGH a.a.O., Köhler a.a.O.).

An Vorstehendem gemessen liegt eine Irreführung vor. Zwar kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte bereits zum Zeitpunkt der Werbung den Entschluss gefasst hatte, die Rabattaktion über den 24.12.2016 hinaus zu verlängern. Die Beklagte hat aber keine konkreten Umstände dargelegt, die für die Unvorhersehbarkeit der Verlängerungsgründe und für die Einhaltung der fachlichen Sorgfalt sprechen. Soweit die Beklagte sich mit einer besonders hohen Anzahl massiver Werbemaßnahmen von Mitbewerbern konfrontiert gesehen haben will, reicht dies für eine hinreichende Darlegung nicht aus. Denn es ist bereits nicht ungewöhnlich, dass für die Zeit nach Weihnachten mit erheblichen Preisnachlässen geworben wird, im Hinblick auf die Zeit zwischen den Weihnachtsfeiertagen und Silvester. Worin die Besonderheit des werblichen Verhaltens der Mitbewerber durch Gewährung von Preisreduktionen in diesem Zeitraum gelegen haben soll, erschließt sich nicht. Es fehlt insoweit auch an einer Darlegung früherer Erfahrungen mit derartigen Aktionen (vgl. Diekmann in: Ullmann, juris PK-UWG, 4. Auflage, § 5 UWG, Rn. 496), wobei eine entsprechende Marktbeobachtung durch die Beklagte in der Vergangenheit nicht zweifelhaft sein kann

Lag insgesamt kein erheblicher Sachvortrag der Beklagten vor, so war auch der angebotene Zeugenbeweis nicht zu erheben.

b)
Die Irreführung ist relevant im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG. Denn sie ist geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätt. Eine Werbung wie die Vorliegende kann den Verbraucher veranlassen, wegen des zeitlichen Drucks das Angebot innerhalb der Frist in Anspruch zu nehmen oder zumindest sich damit näher auseinanderzusetzen, ohne sich mit den Angeboten von Mitbewerbern zu befassen (vgl. Köhler, a.a.O., § 5 a, Rn. 5.50; BGH GRUR 2012, 208, Rn .30 ff. – 10 % Geburtstagsrabatt –). Dies gilt hier, wie der Kläger zu Recht geltend macht, in besonderem Maße im Hinblick auf die Kürze des Zeitraums von einer Woche und der Höhe des Rabattes."



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BGH: Gemeinde nimmt keine geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG vor wenn nur Eigenbetrieb mit behördlich zu veranlassenden Bestattung betraut wird

BGH
Urteil vom 27.07.2017
I ZR 162/15
Eigenbetrieb Friedhöfe
UWG § 2 Abs. 1 Nr. 1; BestattG BW § 31 Abs. 2


Der BGH hat entschieden, dass eine Gemeinde keine geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG vornimmt, wenn ausschließlich ein Eigenbetrieb mit behördlich zu veranlassenden Bestattung betraut wird.

Leitsatz des BGH:

Eine Gemeinde nimmt keine geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG vor, wenn sie mit Bestattungen, die gemäß § 31 Abs. 2 Fall 2 BestattG-BW behördlich zu veranlassen sind, weil die bestattungspflichtigen Angehörigen nicht oder nicht rechtzeitig für die Bestattung sorgen, ausschließlich
ihren Eigenbetrieb Friedhöfe betraut.

BGH, Urteil vom 27. Juli 2017 - I ZR 162/15 - OLG Karlsruhe - LG Freiburg

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Mahnbescheide in Filesharing-Sachen zur Weihnachtszeit und zum Jahresende - Ruhe bewahren - Fristen beachten

Jedes Jahr werden zur Weihnachtszeit und zum Jahresende zahlreiche gerichtliche Mahnbescheide in Filesharing-Angelegenheiten verschickt. Dabei handelt es sich oft um Altfälle.

Tipp: Wer einen gerichtlichen Mahnbescheid erhält, sollte Ruhe bewahren. Auch wer bislang noch keinen anwaltlichen Rat eingeholt hatte, sollte sich juristisch beraten lassen. Ein gerichtlicher Mahnbescheid bedeutet nicht, dass das Gericht den Anspruch geprüft hat.

Die Widerspruchsfrist gegen den Mahnbescheid beträgt 14 Tage. Wird die Frist versäumt muss unbedingt die 14tägige Einspruchsfrist gegen den nachfolgenden Vollstreckungsbescheid eingehalten werden. Andernfalls wird die Sache rechtskräftig, auch wenn an sich kein Anspruch besteht.

Siehe auch zum Thema:
"Abwehr von Filesharing-Abmahnungen - bereits bei der ersten Reaktion auf eine Abmahnung dürfen keine Fehler gemacht werden"


EuGH: Eis darf als „Champagner Sorbet“ bezeichnet werden wenn es Champagner enthält und hauptsächlich danach schmeckt - keine Verletzung der geschützten Ursprungsbezeichnung "Champagne" bzw. "C

EuGH
Urteil vom 20.12.2017
C‑393/16
Comité Interprofessionnel du Vin de Champagne
gegen
Aldi Süd Dienstleistungs-GmbH & Co. OHG


Der EuGH hat entschieden, dass Eis als „Champagner Sorbet“ bezeichnet werden darf, wenn es nach Champagner enthält und hauptsächlich danach schmeckt. In einem solchen Fall der Schutzbereich der geschützten Ursprungsbezeichnung "Champagne" bzw. "Champagner" zwar berührt, aber gerechtfertigt.

Die Pressemitteilung des EuGH:

Speiseeis kann unter der Bezeichnung „Champagner Sorbet“ verkauft werden, wenn es als wesentliche Eigenschaft einen hauptsächlich durch Champagner hervorgerufenen Geschmack hat

Wenn das der Fall ist, profitiert diese Bezeichnung des Erzeugnisses nicht unberechtigt von der geschützten Ursprungsbezeichnung „Champagne“

Das Comité Interprofessionnel du Vin de Champagne, eine Vereinigung von Champagnerproduzenten, hat gegen den deutschen Discounter Aldi Süd vor den deutschen Gerichten Klage erhoben mit dem Ziel, Aldi Süd den Verkauf von Speiseeis unter der Bezeichnung „Champagner Sorbet“ zu untersagen. Dieses Sorbet, das Aldi Süd ab Ende 2012 zum Kauf anbot,
enthält 12 % Champagner. Nach Ansicht des Comité verletzt der Vertrieb des Sorbets unter dieser Bezeichnung die geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.) „Champagne“. Der in letzter Instanz mit diesem Rechtsstreit befasste Bundesgerichtshof (Deutschland) ersucht den Gerichtshof um die Auslegung der Unionsvorschriften über den Schutz von g.U. Mit seinem heutigen Urteil stellt der Gerichtshof fest, dass die rechtswidrige Ausnutzung des Ansehens einer g.U. eine Verwendung dieser g.U. voraussetzt, die darauf abzielt, unberechtigt von ihrem Ansehen zu profitieren.

Es trifft zu, dass die Verwendung der Bezeichnung „Champagner Sorbet“ für ein Sorbet, das Champagner enthält, geeignet ist, auf dieses Erzeugnis das Ansehen der g.U. „Champagne“, die Güte- und Prestigevorstellungen vermittelt, zu übertragen und damit von diesem Ansehen zu profitieren.

Eine solche Verwendung der Bezeichnung „Champagner Sorbet“ profitiert jedoch nicht unberechtigt von der g.U. „Champagne“ (und nutzt daher nicht widerrechtlich deren Ansehen aus), wenn das fragliche Erzeugnis als wesentliche Eigenschaft einen hauptsächlich durch Champagner hervorgerufenen Geschmack hat. Es ist Sache des nationalen Gerichts, anhand der ihm
vorgelegten Beweise zu beurteilen, ob das der Fall ist. Hierzu weist der Gerichtshof darauf hin, dass die im Sorbet enthaltene Menge an Champagner ein wichtiges, aber kein ausreichendes Kriterium darstellt.

Der Gerichtshof stellt außerdem fest, dass die Bezeichnung „Champagner Sorbet“ auf der Aufmachung oder der äußeren Verpackung eines Sorbets, das nicht als wesentliche Eigenschaft einen hauptsächlich durch Champagner hervorgerufenen Geschmack hat, auch als falsche oder irreführende Angabe angesehen werden könnte und deshalb widerrechtlich wäre.
Eine g.U. genießt nämlich nicht nur Schutz vor falschen oder irreführenden Angaben, die geeignet sind, einen falschen Eindruck hinsichtlich des Ursprungs des betreffenden Erzeugnisses zu erwecken, sondern auch vor falschen und irreführenden Angaben, die sich auf die Natur oder die wesentlichen Eigenschaften des Erzeugnisses beziehen.

Schließlich führt der Gerichtshof aus, dass die in der Aufnahme in die Bezeichnung des fraglichen Erzeugnisses bestehende direkte Verwendung der g.U. „Champagne“, durch die offen eine mit ihr zusammenhängende geschmackliche Eigenschaft in Anspruch genommen wird, keine widerrechtliche Aneignung, Nachahmung oder Anspielung im Sinne der Unionsvorschriften über den Schutz von darstellt.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


Bundeskartellamt: Facebook und Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung - Sammeln und Verwerten von Daten aus Drittquellen außerhalb der Facebook Website missbräuchlich

Das Bundeskartellamt kommt nach vorläufiger Einschätzung zu dem Ergebnis, dass Facebook seine marktbeherrschende Stellung missbraucht und sich kartellrechtswidrig verhält. Das Sammeln und Verwerten von Daten aus Drittquellen außerhalb der Facebook-Website (z.B. durch Gefällt-Mir-Button / Like-Button) ist missbräuchlich.

Das Bundeskartellamt hat zudem ein Hintergrundpapier veröffentlicht.


Die Pressemitteilung des Bundeskartellamtes:

Vorläufige Einschätzung im Facebook-Verfahren: Das Sammeln und Verwerten von Daten aus Drittquellen außerhalb der Facebook Website ist missbräuchlich

Das Bundeskartellamt hat dem Unternehmen Facebook seine vorläufige rechtliche Einschätzung in dem Verfahren wegen des Verdachts auf Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung übersandt. Die Behörde geht nach dem jetzigen Stand der Dinge davon aus, dass Facebook auf dem deutschen Markt für soziale Netzwerke marktbeherrschend ist. Weiter ist das Amt der Ansicht, dass Facebook missbräuchlich handelt, indem das Unternehmen die Nutzung des sozialen Netzwerks davon abhängig macht, unbegrenzt jegliche Art von Nutzerdaten aus Drittquellen sammeln und mit dem Facebook-Konto zusammenführen zu dürfen. Zu diesen Drittseiten gehören zum Einen konzerneigene Dienste wie WhatsApp oder Instagram. Hierzu gehören aber auch Webseiten und Apps anderer Betreiber, auf die Facebook über Schnittstellen zugreifen kann.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Wir sehen vor allem die Datensammlung außerhalb des sozialen Netzwerks von Facebook und ihre Zusammenführung mit dem Facebook-Konto als problematisch an. Mithilfe von Schnittstellen fließen auch dann Daten an Facebook und werden dort gesammelt und verwertet, wenn man andere Internetseiten besucht. Dies geschieht sogar schon, wenn man z.B. einen „Gefällt Mir-Button“ gar nicht nutzt, aber eine entsprechende Seite aufgerufen hat, in die ein solcher Button eingebettet ist. Dies ist den Nutzern nicht bewusst. Wir sehen nach dem jetzigen Stand der Dinge auch nicht, dass zu diesem Verhalten von Facebook, dem Daten-Tracking und der Zusammenführung mit dem Facebook-Konto, eine wirksame Einwilligung der Nutzer vorliegt. Das Ausmaß und die Ausgestaltung der Datensammlung verstößt gegen zwingende europäische Datenschutzwertungen.“

Nach der vorläufigen Auffassung des Bundeskartellamtes muss Facebook als marktbeherrschendes Unternehmen bei dem Betrieb seines Geschäftsmodells berücksichtigen, dass die Facebook-Nutzer nicht auf andere soziale Netzwerke ausweichen können. Die Teilnahme am Facebook-Netzwerk setzt eine Registrierung und eine uneingeschränkte Zustimmung zu den Nutzungsbedingungen zwingend voraus. Der Nutzer wird vor die Wahl gestellt, entweder das „Gesamtpaket“ zu akzeptieren oder auf die Nutzung des Dienstes zu verzichten.

Dabei wird die private Nutzung des Netzwerks u.a. davon abhängig gemacht, dass Facebook unbegrenzt jegliche Art von Nutzerdaten aus Drittquellen sammeln, den Facebook-Konten der Nutzer zuordnen und zu zahlreichen Datenverarbeitungsvorgängen verwenden kann.

Nach der vorläufigen Bewertung des Bundeskartellamtes sind die Nutzungsbedingungen von Facebook zumindest in diesem Punkt nicht angemessen und verstoßen zu Lasten der Nutzer gegen datenschutzrechtliche Wertungen. Angesichts der marktbeherrschenden Position des Unternehmens kann auch nicht von einer wirksamen Einwilligung der Nutzer zu dieser Form der Datensammlung und Weiterverarbeitung ausgegangen werden.

Das Bundeskartellamt konzentriert sich in diesem Verfahren auf die Sammlung und Verwendung von Nutzerdaten aus Drittquellen. Das Verfahren bezieht sich dabei nicht auf die Datensammlung und -verwendung auf dem sozialen Netzwerk Facebook selbst. Es wird ausdrücklich offengelassen, ob auch hier Datenschutzverstöße und ein Missbrauch von Marktbeherrschung vorliegen oder nicht.

Bei der Nutzung anderer Dienste außerhalb von Facebook können die Nutzer jedenfalls nicht damit rechnen, dass anfallende Daten in diesem Ausmaß dem Facebook-Konto hinzugefügt werden. So fließen Daten von Webseiten und Apps schon mit deren Aufruf bzw. Installation an Facebook, wenn sie eine der Schnittstellen eingebunden haben. Solche Schnittstellen sind millionenfach auf deutschen Webseiten und in Apps verbreitet. Hier sind nach bisheriger Einschätzung des Bundeskartellamtes mehr Steuerungsmöglichkeiten der Verbraucher zu fordern, die von Facebook über geeignete Maßnahmen zur Verfügung gestellt werden und die Datensammlung wirksam begrenzen.

Das Bundeskartellamt arbeitet hinsichtlich der datenschutzrechtlichen Bewertungen eng mit Datenschutzbehörden zusammen.

Andreas Mundt: „Datenschutz, Verbraucherschutz und der Wettbewerbsschutz kommen an der Stelle zusammen, an der Daten, wie bei Facebook, einen wesentlichen Faktor für die wirtschaftliche Dominanz eines Unternehmens darstellen. Auf der einen Seite steht mit dem sozialen Netzwerk eine kostenlose Dienstleistung, auf der anderen Seite stehen attraktive Werbeplätze, deren Wert gerade deshalb so hoch ist, weil Facebook über riesige Mengen personalisierter Daten verfügt. Dabei muss sich Facebook an die Regeln und Gesetze halten. Das Kartellrecht verbietet es, dass ein Unternehmen seine Marktmacht missbräuchlich ausnutzt.“

Das Anhörungsschreiben bildet zunächst einen Zwischenschritt im Missbrauchsverfahren, der dem Unternehmen die Möglichkeit einräumt, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen und weitere Rechtfertigungsgründe oder Lösungsvorschläge vorzutragen.

Das Bundeskartellamt führt gegen Facebook ein Verwaltungsverfahren. Am Ende des Verfahrens kann es zu einer Einstellung des Verfahrens, Verpflichtungszusagen des Unternehmens oder einer Untersagung durch die Kartellbehörde kommen. Eine abschließende Entscheidung in der Sache wird nicht vor Frühsommer 2018 ergehen.

BVerfG: Numerus Clausus und Medizinstudium - Studienplatzvergabe teilweise verfassungswidrig - Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG er

BVerfG
Urteil vom 19.12.2017
1 BvL 3/14 und 1 BvL 4/14


Das BVerfG hat entschieden, dass die derzeitigen Regelungen zur Studienplatzvergabe im Fach Humanmedizin - teilweise verfassungswidrig ist. Es liegt ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG vor. Das BVerfG führt aus, dass das Abstellen auf die Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung für einen Anteil von 20 % der in den Hauptquoten zu vergebenden Studienplätze nicht zu beanstanden ist. Gerügt werden die Vergabekriterien für die übrigen Plätze.

Bis zum 31.12.2019 muss eine Neuregelung erfolgen, welche die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts berücksichtigt.

Die Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts:

Bundes- und landesgesetzliche Vorschriften über die Studienplatzvergabe für das Fach Humanmedizin teilweise mit dem Grundgesetz unvereinbar

Die bundes- und landesgesetzlichen Vorschriften über das Verfahren zur Vergabe von Studienplätzen an staatlichen Hochschulen sind, soweit sie die Zulassung zum Studium der Humanmedizin betreffen, teilweise mit dem Grundgesetz unvereinbar. Dies hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts mit heute verkündetem Urteil entschieden. Die beanstandeten bundesgesetzlichen Rahmenvorschriften und gesetzlichen Regelungen der Länder über die Studienplatzvergabe für das Fach Humanmedizin verletzen den grundrechtlichen Anspruch der Studienplatzbewerberinnen und -bewerber auf gleiche Teilhabe am staatlichen Studienangebot. Außerdem verfehlen die landesgesetzlichen Bestimmungen zum Auswahlverfahren der Hochschulen teilweise die Anforderungen, die sich aus dem Vorbehalt des Gesetzes ergeben. Eine Neuregelung ist bis zum 31. Dezember 2019 zu treffen.

Sachverhalt:

Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat die Frage, ob die für die Studienplatzvergabe für das Fach Humanmedizin im Hochschulrahmengesetz (HRG) und in den Vorschriften der Länder zur Ratifizierung und Umsetzung des Staatsvertrages über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung vorgesehenen Regelungen mit dem Grundgesetz vereinbar sind, dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Über Einzelheiten informiert die Pressemitteilung Nr. 69/2017 vom 8. August 2017.

Wesentliche Erwägungen des Senats:

1. Die bundes- und landesgesetzlichen Vorschriften zur Studienplatzvergabe in dem bundesweit zulassungsbeschränkten Studiengang der Humanmedizin sind mit Art. 12 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar, soweit sie die Angabe von Ortswünschen in der Abiturbestenquote beschränken und diese bei der Vergabe vorrangig vor der Abiturnote berücksichtigen, soweit sie die Hochschulen im eigenen Auswahlverfahren zur unbegrenzten Berücksichtigung eines von ihnen zu bestimmenden Grades der Ortspräferenz berechtigen, soweit sie im Auswahlverfahren der Hochschulen auf einen Ausgleichsmechanismus zur Herstellung einer hinreichenden Vergleichbarkeit der Abiturnoten über die Landesgrenzen hinweg verzichten, soweit sie gegenüber den Hochschulen neben der Abiturnote nicht die verpflichtende Anwendung mindestens eines ergänzenden, nicht schulnotenbasierten Auswahlkriteriums zur Bestimmung der Eignung sicherstellen und soweit sie die Wartedauer in der Wartezeitquote nicht zeitlich begrenzen. Die Gestaltung des Auswahlverfahrens der Hochschulen wird den Anforderungen des Vorbehalts des Gesetzes nicht gerecht, soweit nicht durch Gesetz sichergestellt ist, dass die hochschuleigenen Eignungsprüfungsverfahren oder die Auswahl nach vorausgegangener Berufsausbildung oder -tätigkeit auf standardisierte und strukturierte Weise erfolgt. Nicht mit dem Vorbehalt des Gesetzes vereinbar ist auch, dass den Hochschulen im bayerischen und hamburgischen Landesrecht die Möglichkeit gegeben ist, eigenständig weitere Auswahlkriterien festzulegen.

2. a) Aus der Ausbildungs- und Berufswahlfreiheit (Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG) in Verbindung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) ergibt sich ein Recht auf Teilhabe an den vorhandenen Studienangeboten, die der Staat mit öffentlichen Mitteln geschaffen hat. Diejenigen, die dafür die subjektiven Zulassungsvoraussetzungen erfüllen, haben ein Recht auf gleiche Teilhabe am staatlichen Studienangebot und damit einen Anspruch auf gleichheitsgerechte Zulassung zum Studium ihrer Wahl. Da die Frage der Bemessung der Anzahl verfügbarer Ausbildungsplätze aber der Entscheidung des demokratisch legitimierten Gesetzgebers obliegt, besteht das Recht auf chancengleichen Zugang zum Hochschulstudium nur im Rahmen der tatsächlich bestehenden Ausbildungskapazitäten.

b) Aus dem Gebot der Gleichheitsgerechtigkeit folgt, dass sich die Regeln über die Vergabe von Studienplätzen grundsätzlich am Kriterium der Eignung orientieren müssen. Dabei bemisst sich die für die Verteilung relevante Eignung an den Erfordernissen des konkreten Studienfachs und den typischerweise anschließenden beruflichen Tätigkeiten. Der Gesetzgeber ist nicht von Verfassungs wegen auf die Verwendung eines bestimmten Eignungskriteriums oder einer bestimmten Kriterienkombination verwiesen. Die Kriterien müssen aber in ihrer Gesamtheit Gewähr für eine hinreichende Vorhersagekraft bieten.

c) Bei der Vergabe von Studienplätzen handelt es sich um eine wesentliche Regelungsmaterie, die den Kern des Zulassungswesens ausmacht und damit dem Parlamentsvorbehalt unterliegt. Insofern müssen die Auswahlkriterien ihrer Art nach durch den demokratisch legitimierten Gesetzgeber selbst bestimmt werden. Allerdings darf er den Universitäten gewisse Spielräume für die Konkretisierung der gesetzlich festgelegten Kriterien lassen, anhand derer die Eignung von Studienbewerberinnen und -bewerbern beurteilt werden soll. Solche Spielräume rechtfertigen sich durch den direkten Erfahrungsbezug der Hochschulen und die grundrechtlich geschützte Freiheit von Forschung und Lehre. Eine solche Konkretisierungsbefugnis der Hochschulen schlägt sich insbesondere in den Ausgestaltungsmöglichkeiten hochschuleigener Eignungsprüfungen nieder. Allerdings verlangt der Vorbehalt des Gesetzes gesetzliche Sicherungen dafür, dass die Hochschulen Eignungsprüfungen in standardisierten und strukturierten Verfahren durchführen.

3. a) Das Abstellen auf die Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung für einen Anteil von 20 % der in den Hauptquoten zu vergebenden Studienplätze (Abiturbestenquote) unterliegt keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Insoweit knüpft der Gesetzgeber an eine Beurteilung der Leistungen der Studienbewerber an, die von der Schule am Ende einer allgemeinbildenden Ausbildung vorgenommen wurde. An der Sachgerechtigkeit der Abiturnote als Eignungskriterium auch für die Vergabe von Studienplätzen der Humanmedizin bestehen auf Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Insbesondere hat der Gesetzgeber im Hinblick auf föderale Unterschiede der Schulausbildung und Benotung Vorkehrungen getroffen, indem er für die zentrale Studienplatzvergabe in der Abiturbestenquote durch die Bildung von Landesquoten einen Ausgleich schafft.

b) Demgegenüber ist im Rahmen der Abiturbestenquote die vorrangige Berücksichtigung von obligatorisch anzugebenden Ortswünschen mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die gleiche Teilhabe nicht vereinbar. Denn das Kriterium der Abiturdurchschnittsnote wird als Maßstab für die Eignung durch den Rang des Ortswunsches überlagert und entwertet. Die Chancen der Abiturienten auf einen Studienplatz hängen danach in erster Linie davon ab, welchen Ortswunsch sie angegeben haben und nur in zweiter Linie von ihrer Eignung für das Studium. Dies ist im Rahmen einer zentralen Vergabe von Studienplätzen nach dem Kriterium der Abiturdurchschnittsnote verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen. Bezüglich eines Studienfachs, das über den Zugang zu einem breiten Berufsfeld entscheidet, muss die Frage, ob überhaupt ein Studienplatz vergeben wird, der Ortspräferenz vorgehen. Ortswunschangaben dürfen aus verfassungsrechtlicher Sicht grundsätzlich nur als Sekundärkriterium für die Verteilung der vorhandenen Studienplätze unter den ausgewählten Bewerbern herangezogen werden. Entsprechend ist auch die Begrenzung des Zulassungsantrags auf sechs Studienorte in der Abiturbestenquote verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt. Diese lässt sich insbesondere nicht mit verfahrensökonomischen Notwendigkeiten begründen.

4. Der Gesetzgeber sieht für weitere 60 % der in den Hauptquoten zu vergebenden Studienplätze ein Auswahlverfahren der Hochschulen vor. Die Regelung dieses Verfahrens wird den Anforderungen des Vorbehalts des Gesetzes nicht gerecht. Sie genügt in verschiedener Hinsicht auch nicht den inhaltlichen Anforderungen des Rechts auf gleiche Teilhabe an den staatlichen Studienangeboten.

a) Die bundesrechtliche Rahmenregelung und die landesrechtlichen Regelungen, die diese durch die Vorgabe abschließender Kriterienkataloge weiter ausgestalten, sind im Grundsatz nicht zu beanstanden. Mit dem Vorbehalt des Gesetzes nicht vereinbar ist jedoch, dass den Hochschulen im bayerischen und im hamburgischen Landesrecht die Möglichkeit gegeben ist, eigenständig weitere Auswahlkriterien festzulegen, die sich nicht im gesetzlichen Kriterienkatalog finden. Ein eigenes Kriterienerfindungsrecht der Hochschulen ist verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässig.

b) Der Gesetzgeber muss zudem sicherstellen, dass die Hochschulen, sofern sie von der gesetzlich eingeräumten Möglichkeit Gebrauch machen, eigene Eignungsprüfungsverfahren durchzuführen oder Berufsausbildungen oder -tätigkeiten zu berücksichtigen, dies in standardisierter und strukturierter Weise tun. Er muss dabei auch festlegen, dass in den hochschuleigenen Studierfähigkeitstests und Auswahlgesprächen nur die Eignung der Bewerberinnen und Bewerber geprüft wird. Die den Hochschulen eingeräumte Konkretisierungsbefugnis darf sich ausschließlich auf die fachliche Ausgestaltung und Schwerpunktsetzung unter Einbeziehung auch hochschulspezifischer Profilbildungen beziehen. Diesen Anforderungen werden die vorgelegten Vorschriften nicht uneingeschränkt gerecht. An den erforderlichen gesetzlichen Maßgaben zur Standardisierung und Strukturierung von Eignungsprüfungsverfahren und Auswahlkriterien fehlt es sowohl auf der Ebene des Hochschulrahmengesetzes als auch in den Landesgesetzen.

c) Grundsätzlich nicht zu beanstanden ist, dass der Gesetzgeber den Hochschulen die Durchführung eines Vorauswahlverfahrens eröffnet, mit dem sie die Zahl der Bewerbungen begrenzen können, die in das eigentliche Auswahlverfahren einbezogen werden. Mit der Verfassung nicht vereinbar ist dabei jedoch, dass er den Hochschulen die Möglichkeit einräumt, der Vorauswahl voraussetzungslos und uneingeschränkt den Grad der von den Bewerberinnen und Bewerbern angegebenen Ortspräferenz zugrunde zu legen. Beim Grad der Ortspräferenz handelt es sich um ein Kriterium, das nicht an die Eignung für Studium und Beruf anknüpft und dessen Verwendung sich erheblich chancenverringernd auswirken kann.

Gerechtfertigt ist das Kriterium des Grades der Ortspräferenz nur dann, wenn es für Studienplätze herangezogen wird, die tatsächlich im Rahmen eines aufwendigen individualisierten Auswahlverfahrens vergeben werden. Denn die Durchführung solcher Auswahlverfahren darf der Gesetzgeber als einen wichtigen Bestandteil im Gesamtsystem der Studienplatzvergabe ansehen. Das kann aber nur gelingen, wenn dieser Aufwand auf solche Personen beschränkt wird, bei denen die Wahrscheinlichkeit hinreichend hoch ist, dass sie den Studienplatz auch annehmen. Daher rechtfertigt das Ziel der Ermöglichung komplexer, eignungsorientierter Auswahlverfahren für diese Fälle, das Ortspräferenzkriterium trotz seines fehlenden Eignungsbezugs ausnahmsweise bei der Vorauswahl anzuwenden. Dies gilt jedoch nur, wenn anschließend auch entsprechend aufwendige Auswahlverfahren durchgeführt werden, wie es vor allem bei den im Kriterienkatalog vorgesehenen qualifizierten Gesprächen der Fall sein kann. Für Fallgestaltungen ohne aufwendig gestaltete Auswahlprozeduren erweist sich das Vorauswahlkriterium des Grades der Ortspräferenz als nicht sachgerecht und unangemessen. Verfassungsrechtlich geboten ist außerdem, dass nur ein hinreichend begrenzter Anteil der Studienplätze jeder Universität von einem hohen Grad der Ortspräferenz abhängt. Es ist daher auszuschließen, dass die Universitäten das Ortspräferenzkriterium für alle in ihrem Auswahlverfahren zu vergebenden Studienplätze anwenden.

d) Sowohl für das Vorauswahlverfahren als auch für das Auswahlverfahren selbst eröffnet der Gesetzgeber den Hochschulen als Auswahlkriterium unter anderem den Rückgriff auf die Abiturdurchschnittsnote. Anders als für die Studienplatzvergabe in der Abiturbestenquote verzichtet der Gesetzgeber dabei auf Mechanismen, die die nicht in dem erforderlichen Maße gegebene länderübergreifende Vergleichbarkeit der Abiturdurchschnittsnoten ausgleichen. Das Außerachtlassen dieser Unterschiede führt zu einer gewichtigen Ungleichbehandlung. Es nimmt in Kauf, dass eine große Zahl von Bewerberinnen und Bewerbern abhängig davon, in welchem Land sie ihre allgemeine Hochschulreife erworben haben, erhebliche Nachteile erleiden. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass es auch im Auswahlverfahren der Hochschulen maßgeblich auf Grenzbereiche der Benotung ankommt und die Dezimalstellen der Durchschnittsnoten häufig über den Erfolg einer Bewerbung entscheiden. Für diese Ungleichbehandlung fehlt es an einem einleuchtenden, belastbaren Sachgrund.

e) Für das Auswahlverfahren der Hochschulen bestimmen das HRG und der Staatsvertrag 2008 verschiedene Kriterien, die von den Hochschulen für die Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber herangezogen werden können. Diese Kriterien sind je für sich als Indikatoren für eine an Eignung orientierte Auswahl von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Jedoch muss mit Blick auf die Studierfähigkeitstests und von den Hochschulen durchzuführende qualifizierte Gespräche sichergestellt werden, dass sie hinreichend strukturiert sind, auf die Ermittlung der Eignung zielen und einer diskriminierenden Anwendung vorgebeugt wird. Entsprechendes gilt für das Kriterium der Berücksichtigung fachnaher Berufsausbildungen oder -tätigkeiten. Auch hiermit lassen sich Anhaltspunkte für die Eignung zum Studium der Humanmedizin erfassen. Angesichts seiner Offenheit muss die Konkretisierung dieses Kriteriums jedoch in transparente Regeln eingebunden werden.

f) Verfassungswidrig ist schließlich, dass der Gesetzgeber für die Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber im Auswahlverfahren der Hochschulen keine hinreichend breit angelegten Eignungskriterien vorgibt. Die Öffnung des Auswahlverfahrens für eine Einbeziehung weiterer Kriterien liegt nicht allein in der freien Entscheidung des Gesetzgebers, sondern ist zur Gewährleistung einer gleichheitsgerechten Zulassung zum Studium in gewissem Umfang auch verfassungsrechtlich geboten. Soweit der Gesetzgeber – wie nach derzeitiger Regelung – für die Berücksichtigung anderer Eignungskriterien als der Abiturdurchschnittsnote allein das Auswahlverfahren der Hochschulen vorsieht, richten sich entsprechende Anforderungen an dessen Ausgestaltung. Geboten ist insoweit, dass der Gesetzgeber die Hochschulen dazu verpflichtet, die Studienplätze nicht allein und auch nicht ganz überwiegend nach dem Kriterium der Abiturnoten zu vergeben, sondern zumindest ergänzend ein nicht schulnotenbasiertes, anderes eignungsrelevantes Kriterium einzubeziehen. Diesen Anforderungen genügt die derzeitige Rechtslage nicht. Weder das HRG noch der Staatsvertrag 2008 verpflichten die Hochschulen, bei der Auswahlentscheidung neben dem Abitur auch ein weiteres, nicht schulnotenbasiertes Kriterium in der verfassungsrechtlich gebotenen Weise zu berücksichtigen. Auch die den Staatsvertrag in einigen Ländern ergänzenden Vorschriften stellen dies nicht hinreichend sicher.

5. Schließlich sieht der Gesetzgeber für einen Anteil von 20 % der in den Hauptquoten zu vergebenden Studienplätze die Vergabe nach Wartezeit vor (Wartezeitquote). Die Bildung einer solchen Wartezeitquote ist verfassungsrechtlich nicht unzulässig, aber nur unter bestimmten Voraussetzungen mit Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Die jetzige Bemessung der Quote ist noch verfassungsgemäß. Über den Anteil von 20 % der in den Hauptquoten zu vergebenden Studienplätze hinaus darf der Gesetzgeber die Wartezeitquote jedoch nicht erhöhen. Als verfassungswidrig erweist es sich, dass der Gesetzgeber die Wartezeit in ihrer Dauer nicht angemessen begrenzt hat. Denn ein zu langes Warten beeinträchtigt erheblich die Erfolgschancen im Studium und damit die Möglichkeit zur Verwirklichung der Berufswahl. Sieht der Gesetzgeber demnach zu einem kleineren Teil auch eine Studierendenauswahl nach Wartezeit vor, ist er von Verfassungs wegen gehalten, die Wartedauer auf ein mit Blick auf ihre negativen Folgen noch angemessenes Maß zu begrenzen. Dies gilt ungeachtet dessen, dass die verfassungsrechtlich gebotene Beschränkung der Wartedauer dazu führen mag, dass viele Bewerber am Ende keinen Studienplatz über die Wartezeitquote erhalten können. Ferner ist für die Wartezeitquote - ebenso wie für die Abiturbestenquote - eine verfahrensökonomische Notwendigkeit, die eine zahlenmäßige Beschränkung der Ortswahlangaben erfordern könnte, nicht erkennbar; auch hier hat der Gesetzgeber zudem dem Grad der Ortspräferenz eine zu große Bedeutung beigemessen.

6. Mit Ausnahme der gemäß Art. 31 GG zur Nichtigkeit führenden Abweichung in § 8a BerlHZG von den Regelungen des Hochschulrahmengesetzes verbleibt es bei der bloßen Feststellung der Unvereinbarkeit der beanstandeten Vorschriften mit dem Grundgesetz. Zugleich wird deren begrenzte Fortgeltung angeordnet; den zuständigen Landesgesetzgebern wird aufgegeben, bis zum 31. Dezember 2019 eine Neuregelung zu treffen, wenn und soweit der Bund bis dahin nicht von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht hat.


Bundesnetzagentur fordert zur Sicherung der Netzneutralität Änderungen des StreamOn-Tarifs der Deutschen Telekom

Bundesnetzagentur fordert zur Sicherung der Netzneutralität Änderungen des StreamOn-Tarifs der Deutschen Telekom. Sollten die Änderungen bis Ende März 2018 nicht umgesetzt sein, droht ein Zwangsgeld.

Die Pressemitteilung der Bundesnetzagentur

Bundesnetzagentur sichert Netzneutralität - Teilaspekte von „StreamOn“ werden untersagt
Homann: "Anpassungen im Interesse der Kunden"

Die Bundesnetzagentur hat heute Teilaspekte der Zubuchoption „StreamOn“ der Mobilfunktarife „MagentaMobil“ der Telekom Deutschland GmbH (Telekom) untersagt. Mit der Entscheidung wird sichergestellt, dass die europäischen Vorschriften über das Roaming und die Netzneutralität eingehalten werden.

"StreamOn kann weiterhin von der Telekom angeboten werden. Im Interesse der Verbraucher sind aber Anpassungen bei der Ausgestaltung notwendig", erläutert Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur. „StreamOn muss dem Roam-Like-At-Home-Prinzip entsprechen und Kunden muss Videostreaming in einer ungedrosselten Bandbreite zur Verfügung stehen. Im Interesse der Kunden sorgen wir dafür, dass StreamOn den Vorgaben zu Roaming und zur Netzneutralität Rechnung trägt.“

"Das Gleichbehandlungsgebot ist ein Eckpfeiler der europäischen Regelungen zur Netzneutralität", sagt Homann. "Das Gleichbehandlungsprinzip hat das Internet zum Innovationsmotor gemacht. Die Vielfalt der Anwendungen und Dienste kommt allen Verbraucherinnen und Verbrauchern zugute. Das Verbot der Drosselung von Videostreaming sichert nicht nur die Vielfalt des Internets, sondern stärkt auch die Anbieter von Videostreaming-Diensten, die auf höherauflösende Inhalte setzen."

Bei „StreamOn“ wird das verbrauchte Datenvolumen nicht auf das Inklusivvolumen des Kunden angerechnet, wenn Audio- oder Videodienste von sogenannten Content-Partnern genutzt werden. In bestimmten Tarifen wird bei Videostreaming jedoch die Datenübertragungsrate gedrosselt.

Anpassungsbedarf beim Roaming
Alle MagentaMobil-Tarife mit der Zubuchoption „StreamOn“ müssen so umgestaltet werden, dass Verbraucherinnen und Verbraucher innerhalb der Europäischen Union vom Roam-Like-At-Home-Prinzip profitieren können. Das durch „StreamOn“ genutzte Datenvolumen darf im EU-Ausland nicht länger vom Inklusivvolumen des MagentaMobil-Tarifs abgezogen werden. Grundsätzlich muss das Roam-Like-At-Home-Prinzip für alle Tarife gelten, die Roaming im EU-Ausland ermöglichen.

Anpassungsbedarf beim Videostreaming
Die Bundesnetzagentur hat die „Videodrossel“ in den Tarifen MagentaMobil-Tarifen L, L Plus, L Premium und L Plus Premium untersagt, da diese einen Verstoß gegen das Gebot der Gleichbehandlung des gesamten Datenverkehrs darstellt.

Im Rahmen von „StreamOn“ wird die Datenübertragungsrate bei Videostreaming in diesen MagentaMobil L-Tarifen reduziert, so dass Videos nur in SD-Qualität empfangen werden können. Nach den Ermittlungen der Bundesnetzagentur liegt für diese Reduzierung der Datenübertragungsrate kein objektiv technischer Grund vor, denn Videodienste erfordern keine Drosselung. Umgekehrt stellt die Leistungsfähigkeit eines individuellen Netzes nach den geltenden Vorschriften keinen Grund für die Beschränkung der Datenübertragungsrate bei datenintensiven Verkehren dar.

Die übrigen MagentaMobil-Tarife sowie die Tarife für MagentaEins-Kunden sind hinsichtlich der Netzneutralität von der Untersagung der Bundesnetzagentur nicht betroffen.

Änderungen der AGB für Content Partner
Im Verfahren hat die Telekom zudem eine geänderte Version der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Content Partner vorgelegt und verbindlich erklärt, dass diese zum 1. März 2018 in Kraft treten. Hiernach können nun auch Privatpersonen und Streaming-Anbieter, die gleichzeitig eine Downloadfunktion anbieten, als Partner an StreamOn teilnehmen.

Die Content Partner AGB sehen derzeit keine Teilnahmemöglichkeit für private Inhalteanbieter sowie für solche Inhalteanbieter vor, die zusätzlich zum Streaming eine Downloadfunktion anbieten. Von der Telekom wurde die Zulassung solcher Inhalteanbieter jedoch abweichend vom Wortlaut bereits anders gehandhabt. Nach den Änderungen an den Content Partner AGB sind die Anforderungen der Bundesnetzagentur im Hinblick auf eine offene und diskriminierungsfreie Teilnahme an StreamOn erfüllt.

Verfahren
Die Telekom Deutschland GmbH hat bis Ende März 2018 Zeit, die Nachbesserungen umzusetzen. Für den Fall, dass sie den Verpflichtungen nicht fristgerecht nachkommt, wurde ein Zwangsgeld angedroht. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Anfang Oktober hatte die Bundesnetzagentur gegenüber der Telekom Deutschland GmbH gemäß § 126 Abs. 1 TKG Verstöße gegen die Roaming- bzw. Netzneutralitätsvorgaben festgestellt und sie zur Stellungnahme und Abhilfe aufgefordert.


VG München: Lasertag-Verbot für unter 14jährige Kinder nebst Zutrittsverbot im Eilverfahren bestätigt

VG München
Beschluss vom 07.12.2107
M 18 S 17.3702


Das VG München hat das Lasertag-Verbot für unter 14jährige Kinder nebst Zutrittsverbot der Stadt Ingolstadt in einem Eilverfahren bestätigt.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Kein Lasertag-Spiel für unter 14-Jährige – Verbot der Stadt Ingolstadt vorläufig bestätigt

Kinder unter 14 Jahren dürfen vorerst weiterhin nicht am Lasertag-Spiel in einer Halle im Raum Ingolstadt teilnehmen. Mit heute bekannt gegebenem Beschluss hat die 18. Kammer des Verwaltungsgerichts München einen Eilantrag gegen ein
Zutrittsverbot zu einer Lasertaganlage für unter 14-Jährige Personen abgelehnt.

Beim Lasertag-Spiel versuchen Spieler, mit einem speziellen Laserpointer Gegenspieler oder andere Ziele zu treffen. Treffer werden auf den von den Spielern getragenen Westen blinkend angezeigt. Die Stadt Ingolstadt untersagte dem Betreiber einer Lasertaganlage aus Jugendschutzgründen den Zutritt von Personen unter 14 Jahren. Es sei eine desensibilisierende und aggressionssteigernde Wirkung des Lasertag-Spiels auf Kinder zu erwarten. Laut Betreiber stellt Lasertag hingegen eine
Weiterentwicklung hergebrachter Fangspiele („Räuber und Gendarm“) und Ballspiele (Brennball, Völkerball) dar.

Die Eilentscheidung des Gerichts beruht auf einer Güterabwägung. Ob das Lasertag-Spiel für die psychologische Entwicklung von Kindern und Jugendlichen als eine moderne Variante hergebrachter Spiele einzuordnen oder als verfremdetes, die psychologische Entwicklung von Kindern und Jugendlichen beeinträchtigendes Kriegsspiel anzusehen ist, konnte von der Kammer mangels entsprechender empirischer Studien im Eilverfahren nicht abschließend geklärt werden. Auch besteht noch Klärungsbedarf hinsichtlich des konkreten Betriebskonzepts der Anlage. Der Schutz der seelischen und geistigen
Gesundheit von Kindern unter 14 Jahren überwiege jedoch die finanziellen Interessen des Betreibers, sodass dieser etwaige durch das Zutrittsverbot entstehenden Umsatzeinbußen bis zur gerichtlichen Klärung in der Hauptsache
hinnehmen müsse.

Gegen den bereits am 7. Dezember 2017 gefassten Beschluss (M 18 S 17.3702) kann innerhalb von zwei Wochen Beschwerde zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingelegt werden



OLG Hamm: Bei Widerruf eines Vertrages über Vermittlung von Ehrendoktor muss Wertersatz in Höhe des Vertragsentgelts geleistet werden

OLG Hamm
Urteil vom 23.08.2017
12 U 111/16


Das OLG Hamm hat entschieden, dass bei Widerruf eines Vertrages über Vermittlung von Ehrendoktorwürde ggf. Wertersatz in Höhe des Vertragsentgelts geleistet werden muss.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Die Pressemitteilung des OLG Hamm:

Wertersatz für vermittelten Ehrendoktor entspricht Vertragsentgelt

Kann ein Kunde empfangene Dienstleistungen - im vorliegenden Fall zur Unterstützung des Erwerbs einer Ehrendoktorwürde - nach dem wirksamen Widerruf des Dienstvertrages nicht herausgeben, kann er Wertersatz in Höhe des vereinbarten Vertragsentgeltes schulden. Das hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm 23.08.2017 entschieden und damit das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Bochum vom 20.07.2016 (Az. 2 O 28/16 LG Bochum) im Ergebnis bestätigt.

Die klagende Gesellschaft aus Köln bietet ihren Kunden gewerblich die Unterstützung beim Erwerb von Doktor-, Ehrendoktor-und Professorentiteln an. Sie hat einen Kunden aus Bochum verklagt, der - zuvor an der Entwicklung der elektronischen Gesundheitskarte beteiligt - im Jahre 2015 den Erwerb einer Ehrendoktorwürde wünschte. Für Vermittlungsleistungen der Klägerin sah das von der Klägerin dem Beklagten übergebene Vertragsformular ein Honorar von brutto 17.850 Euro vor.

Die Klägerin vermittelte dem Beklagten in der Folgezeit den Kontakt zu einer rumänischen Universität, die bereit war, dem Beklagten in einer Zeremonie den Titel "Dr. h.c." zu verleihen. Zu der Verleihung der Ehrendoktorwürde reisten der Geschäftsführer der Klägerin und der Beklagte im November 2015 gemeinsam nach Rumänien. Die danach von der Klägerin in Rechnung gestellte Vergütung beglich der Beklagte nicht und erklärte den Widerruf des abgeschlossenen Vertrages.

Gegen die von der Klägerin daraufhin erhobene Zahlungsklage hat der Beklagte eingewandt, den Vertrag nicht selbst unterzeichnet, ihn jedenfalls wirksam widerrufen zu haben. Zudem hat er gemeint, dass dieser - weil auf das Erlangen eines Doktortitels ohne wissenschaftliche Leistung gerichtet - sittenwidrig sei. Die Zahlungsklage der Klägerin war erfolgreich.

Zwischen den Parteien sei, so der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm, zunächst ein Dienstvertrag zustande gekommen. Das an ihn gerichtete Vertragsangebot der Klägerin habe der Beklagte zumindest durch schlüssiges Verhalten angenommen, indem er nach Erhalt des Vertragsangebotes die Vermittlungsleistungen der Klägerin in Anspruch genommen habe. Darauf, ob er das Angebot auch selbst unterzeichnet habe, komme es insoweit nicht an.

Der abgeschlossene Vertrag sei nicht sittenwidrig. Die Klägerin habe sich zu Unterstützungsleistungen beim Erwerb eines akademischen Titels verpflichtet, die der Beklagte im Erfolgsfalle habe bezahlen müssen. Dieser Vertrag sei kein entgeltliches Geschäft über das Verschaffen öffentlicher Ämter und Titel, mit ihm habe sich die Klägerin auch nicht verpflichtet,
dem Beklagten behilflich zu sein, sich gegen Geld einen akademischen Grad zu verschaffen. Zudem habe der für die Sittenwidrigkeit

beweispflichtige Beklagte auch nicht dargelegt, dass für das Verleihen der Ehrendoktorwürde ein Entgelt an die rumänische Universität gezahlt worden sei. Vielmehr seien sich die Parteien darüber einig gewesen, dass zum Erlangen des Titels (jedenfalls auch) eine gewisse wissenschaftliche Leistung des Beklagten erforderlich sei. Eine sich aus der vereinbarten Vergütungshöhe ergebende Sittenwidrigkeit habe der Beklagte ebenfalls nicht ausreichend vorgetragen. Ihren Entgeltanspruch könne die Klägerin allerdings nicht mehr auf die vertragliche Vergütungsabsprache stützen. Der Beklagte habe nämlich von dem ihm im Vertrag eingeräumten Recht, den Vertrag innerhalb von 14 Tagen zu widerrufen, wirksam Gebrauch gemacht. Die in den Geschäftsbedingungen der Klägerin enthaltene Klausel zum Beginn der Widerrufsfrist sei unwirksam. Die Klausel stelle im Hinblick auf den Beginn der Widerrufsfrist auf die Erfüllung von Informationspflichten nach einer bei Vertragsschluss so nicht existierende Norm ab. Das benachteilige einen Kunden unangemessen, da dieser allein mit dem Hinweis auf die Norm den Beginn der Widerrufsfrist nicht überprüfen könne. Aus diesem Grunde sei die Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt worden, so
dass der Beklagte seine Zustimmung zu dem Vertrag noch nach Rechnungstellung habe widerrufen können.

Der wirksame Widerruf führe zu einem Wegfall der primären Leistungspflichten. Die im Vertrag als primäre Leistung des Beklagten vereinbarte Vergütung schulde er daher nicht mehr. Dafür sei der Beklagte allerdings verpflichtet, die empfangenen Leistungen zurück zu gewähren. Da der Beklagte nicht in der Lage sei, die Unterstützungsleistungen der Klägerin herauszugeben, schulde er insoweit Wertersatz. Bei der Berechnung des Wertersatzes sei wiederum die im Vertrag bestimmte Gegenleistung zugrunde zu legen. Dass im vorliegenden Fall hiervon ausnahmsweise zu Gunsten des Beklagten abzuweichen sei, sei weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Beklagte schulde der Klägerin daher als Wertersatz den ursprünglich vereinbarten Bruttobetrag von 17.850 Euro.

Volltext BGH liegt vor - Wiedergabe von Vorschaubildern in Google-Bildersuche zulässig auch wenn Bilder unerlaubt auf frei zugänglichen Websites veröffentlicht wurden

BGH
Urteil vom 21.09.2017
I ZR 11/16
Vorschaubilder III
UrhG § 15 Abs. 2

Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: Wiedergabe von Vorschaubildern in Google-Bildersuche zulässig auch wenn Bilder unerlaubt auf frei zugänglichen Websites veröffentlicht wurden über die Entscheidung berichtet.

Leitsatz des BGH:

Bietet der Betreiber einer Internetseite eine Suchfunktion in Form eines elektronischen Verweises (Links) auf eine Suchmaschine an, mit der Besucher seiner Internetseite durch die Eingabe von Suchbegriffen in eine Suchmaske von der Suchmaschine gespeicherte Vorschaubilder urheberrechtlich geschützter Fotografien anzeigen lassen können, stellt dies eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von § 15 Abs. 2 UrhG dar, wenn die von der Suchmaschine gefundenen Fotografien ohne Erlaubnis des Rechtsinhabers im Internet eingestellt waren und der Anbieter der Suchfunktion vom Fehlen der Erlaubnis des Rechtsinhabers wusste oder vernünftigerweise wissen musste. Auch wenn der Anbieter der Suchfunktion mit Gewinnerzielungsabsicht handelt, besteht keine Vermutung, dass er vom Fehlen der Erlaubnis des Rechtsinhabers Kenntnis hatte.

BGH, Urteil vom 21. September 2017 - I ZR 11/16 - OLG Hamburg - LG Hamburg

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: