Urteil

OLG Frankfurt, Urteil vom 23.09.1999 Az.: 6 U 74/99 (Fernsehfee)

In dem Rechtsstreit ... gegen ... hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23.09.1999 für Recht erkannt:

1. Die Berufung gegen das am 08.04.l999 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.

2. Das Urteil ist rechtskräftig .

Tatbestand

Die Antragsgegnerin vertreibt ein als Fernsehfee bezeichnetes Zusatzgerät zum Fernseher, mit dessen Hilfe der Zuschauer seinen Fernsehkonsum auf vielfältige Weise programmiert steuern kann. Zu den angebotenen Funktionen gehört u.a. ein in der Werbung so bezeichneter "TV-Werbeblocker". Hat der Zuschauer diese Funktion gewählt, schaltet sein Fernsehgerät, sobald die laufende Sendung durch Werbung unterbrochen wird, automatisch auf einen anderen, werbefreien Sender. Nach Beendigung der Werbeunterbrechung schaltet das Fernsehgerät ebenfalls automatisch auf den ursprünglich eingeschalteten Sender zurück. Das Umschalten und Zurückschalten wird manuell durch Mitarbeiter der Antragsgegnerin über den sogenannten RDS-Kanal, der parallel zu den Fernsehprogrammen und unabhängig von diesen sendet, vorgenommen.

Die Antragstellerin, die einen werbefinanzierten privaten Fernsehsender betreibt, sieht sich durch die "Werbeblocker"-Funktion des von der Antragsgegnerin vertriebenen Gerätes wegen der Gefahr zurückgehender Werbeeinnahmen in ihrem Bestand bedroht. Sie nimmt die Antragsgegnerin daher im Wege des Eilverfahrens wegen Verstoßes gegen §§ 1 UWG, 823 Abs. 1 BGB auf Unterlassung in Anspruch.

Das Landgericht hat den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung mit Urteil vom 08.04.1999 zurückgewiesen. Mit der hiergegen eingelegten Berufung verfolgt die Antragstellerin ihr Unterlassungsbegehren weiter mit dem Antrag, der Antragsgegnerin zu untersagen, ein technisches Gerät zu vertreiben und zu bewerben, soweit es dem Fernsehzuschauer ermöglicht, in programmierter Form im voraus im Fernsehen ausgestrahlte Werbung abzuschalten, insbesondere, wenn dies unter der Bezeichnung "TV-Werbeblocker" geschieht.

Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat zutreffend angenommen, dass der Antragstellerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zusteht.

Der Vertrieb eines Fernseh- Zusatzgerätes mit der beanstandeten "Werbeblocker"'-Funktion verstößt nicht gegen § 1 UWG.

Das Landgericht hat bereits mit Recht in Frage gestellt, ob dem Verhalten der Antragsgegnerin überhaupt eine Wettbewerbsabsicht im Rechtssinne zugrunde liegt.

Zwischen den Leistungen, die die Parteien anbieten, besteht schon objektiv kein Wettbewerbsverhältnis. Voraussetzung für ein (abstraktes) Wettbewerbsverhältnis. im Sinne von § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG ist, dass die Parteien Waren oder Dienstleistungen jedenfalls verwandter Art vertreiben. Dies ist nur der Fall, wenn die Waren oder Dienstleistungen nach der Verkehrsanschauung so viel Übereinstimmendes haben, dass sie sich mit einer gewissen, wenn auch geringen Wahrscheinlichkeit einander im Absatz behindern (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 21. Aufl., Rz. 14 Zu § 13 m.w.N.). Ein solches Austauschverhältnis zwischen den sich gegenüberstehenden Leistungen besteht im vorliegenden Fall nicht. Die Leistungen der Parteien ergänzen sich vielmehr in der Weise, dass die Antragsgegnerin ihre Leistung ohne diejenige der Antragstellerin gar nicht erbringen könnte.

Die Anwendbarkeit von § 1 UWG läßt sich auch unter dem Gesichtspunkt der unmittelbaren Betroffenheit der Antragstellerin nicht ohne weiteres daraus herleiten, dass sich die Antragsgegnerin mit dem beanstandeten Verhalten einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft, dem ein entsprechender Nachteil auf Seiten der Antragstellerin gegenübersteht (so allerdings Landgericht Berlin, Urteil vom 28.05.1999 - 15.0.130/99, betreffende ein gegen die Antragsgegnerin geführtes Parallelverfahren). Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (WRP 98, 973 - Fotovergrößerungen) gehört auch zum Kreis der - unabhängig von § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG klagebefugten -unmittelbar Betroffenen nur derjenige, der zum Verletzer in einem (konkreten) Wettbewerbsverhältnis steht. Dies setzt im Regelfall ebenfalls die zumindest denkbare Möglichkeit voraus, dass die Parteien sich - eventuell auch gerade mit Blick auf die beanstandete Verletzungshandlung - einander im Absatz behindern können. Daran fehlt es hier wiederum wegen der Verschiedenheit der angebotenen Leistungen. Insbesondere liegt auch kein Fall vor, in dem nach der Verkehrsanschauung an sich nicht in einem Austauschverhältnis stehende Leistungen erst durch das beanstandete Verhalten selbst als substituierbar dargestellt werden (vgl. hierzu Baumbach/Hefermehl, a.a.O., Einleitung Rz. 228 m.w.N.).

Unter diesen Umständen könnte ein konkretes Wettbewerbsverhältnis allenfalls noch mit den - von der Antragstellerin behaupteten - außergewöhnlich schwerwiegenden Auswirkungen des beanstandeten Verhaltens auf die Geschäftstätigkeit der Antragstellerin begründet werden. Gegen eine derart weit reichende Anwendung wettbewerbsrechtlicher Vorschriften spricht jedoch, dass Behinderungen der unternehmerischen Betätigung auch mit dem allgemeinen Deliktsrecht, nämlich dem von der Rechsprechung im Rahmen von § 823 Abs. 1 BGB entwickelten Auffangtatbestand des Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, abgewehrt werden können.

Die Frage der Wettbewerbsabsicht kann jedoch - wie es das Landgericht ebenfalls getan an - dahingestellt bleiben. Selbst wenn man die grundsätzliche Anwendbarkeit von § 1 UWG auf den, vorliegenden Sachverhalt unterstellt, fehlt es jedenfalls in der Sache an einem wettbewerbswidrigen Verhalten der Antragsgegnerin im Sinne dieser Vorschrift.

Die Generalklausel des § 1 UWG gewährt keinen allgemeinen und umfassenden Anspruch für ein Unternehmen, vor etwaigen Beeinträchtigungen von dritter Seite geschützt zu werden. Es gehört im Gegenteil mit zum Wesen des Wettbewerbs, dass sich durch neue Entwicklungen, insbesondere technischer Art, die Bedingungen für die gewerbliche Betätigung ständig ändern,was auch zur Beeinträchtigung der Interessen bestehender Branchen oder Unternehmen führen kann. Dies ist mit den Mitteln des Wettbewerbsrechts grundsätzlich nicht zu verhindern. Entscheidend für die Beurteilung im Rahmen von § 1 UWG ist vielmehr, ob ein Dritter ein anderes Unternehmen mit Mitteln zu beeinträchtigen sucht, die entweder von der Rechtsordnung im übrimißbilligt werden oder aus sonstigen Gründen beanstandenswert ("unlauter") erscheinen. Dies ist nach Auffassung des erkennenden Senats im vorliegenden Fall zumindest nach dem derzeitigen Kenntnisstand zu verneinen.

Die Antragsgegnerin verstößt gegen keinerlei Rechtsvorschriften. Sie greift auch weder in die Rundfunkausstrahlung der Antragstellerin ein, noch zwingt sie dem Zuschauer in irgerideiner Weise die Ausblendung von Werbung auf. Vielmehr eröffnet sie ihm die Möglichkeit, durch eigene freie Entscheidung beim Beginn -von werbeausstrahlungen automatisch das Programm wechseln zu lassen. Der Zuschauer selbst verhält sich dabei ebenfalls weder rechts- noch vertragswidrig, da für ihn keinerlei Verpflichtung besteht, sich die Werbung im Fernsehen anzuschauen. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt maßgeblich von denjenigen Fällen, in denen es dem Publikum erleichtert wird, sich mit entsprechenden Hilfsmitteln den unbefugten Zugang zu fremden Leistungen zu verschaffen (vgl. hierzu etwa Senat NJW 96, 264 - Piratenkarte zur Entschlüsselung von TV-Programmen).

Die Antragstellerin hat auch keinen "imoralischen" Anspruch darauf, dass etwa die Zuschauer, wenn sie schon kostenfrei den redaktionellen Teil ihres Programms sehen, dann auch die Werbung über sich ergehen lassen müssten. Es ist in der Regel wesensmerkmal der Werbung, dass sie Empfänger erreichen will unabhängig davon, ob diese die Werbung überhaupt zur Kenntnis nehmen wollen oder sogar als belästigend empfinden. Daher muß Werbung immer damit rechnen, dass der ins Auge gefaßte Adressat ihr ausweichen will, was die Werbung wiederum mit verschiedensten Mitteln zu verhindern sucht. Der Zuschauer, der zwar das Programm der Antragstellerin sehen, aber die Werbung vermeiden will, verhält sich also nicht nur nicht rechtswidrig, sondern durchaus legitim. Wenn die Antragsgegnerin versucht, dem Zuschauer die von ihm selbst gewünschte Werbevermeidung effizient unter Anwendung ansonsten rechtmäßiger Mittel zu erleichtern, ist dies jedenfalls im Grundsatz nicht zu beanstanden. Das selbe gilt für die von der Antragsgegnerin gewählte Bezeichnung "TV-Werbeblocker", mit der die in Rede stehende Funktion des Gerätes plakativ, aber zutreffend umschrieben wird.

Das verfolgte Unterlassungsbegehren läßt sich auch nicht mit den von der Antragstellerin angeführten verfassungsrechtlichen Überlegungen, insbesondere mit der Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG), rechtfertigen.

Die Rundfunkfreiheit findet - wie andere Grundrechte auch - im Privatrecht nicht in der Weise unmittelbare Anwendung, dass die Antragsgegnerin etwa direkte Adressatin von Verpflichtungen sein könnte, die sich aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG ergeben. Es kann vielmehr im vorliegenden zusammenhang lediglich um die sogenannte mittelbare Drittwirkung der Grundrechte gehen, die dazu führt, dass insbesondere bei der Auslegung von privabrechtlichen Generalklauseln wie zum Beispiel § 1 UWG die besondere Bedeutung ("Ausstrahlungswirkung") der Grundrechte beachtet werden muß (vgl. speziell für die Rundfunkfreiheit Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, B 122 f.). Diese "verfassungsrechtliche Konkretisierung" (so Baumbach/Hefermehl, a.a.O., Einl. Rz . 93) führt hier jedoch zu keiner anderen als der oben dargestellten Auslegung von § 1 UWG. Dies gilt nicht nur im Hinblick auf den der Antragstellerin zustehenden individuellen Grundrechtsschutz, sondern auch im Hinblick auf den im Allgemeininteresse bestehenden Schutz der Rundfunkfreiheit als Institution.

Nachdem der Gesetzgeber sich entschlossen hat, werbefinanzierten Privatrundfunk zuzulassen, kann es keinem Zweifel unterliegen, dass diejenigen Veranstalter, die von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und einen Privatsender eingerichtet haben, sich auf einen grundrechtlichen Bestandsschutz einschließlich der Möglichkeit der Werbefinanzierung berufen können. Dabei kann dahinstehen, ob sich dieser individuelle Grundrechtsschutz allein aus Art. 14 GG oder auch aus der individuellen Rundfunkfreiheit der Privatveranstalter ergibt (so Ricker/Schiwy, a.a.O., B 156; Bonner Kommentar- Degenhardt, Rz. 738 zu Art. 5 a.E.). Dieser grundrechtlich geschützten Position der Antragstellerin sind bei der "verfassungsrechtlichen Konkretisierung" im Rahmen von § 1 UWG jedoch die ebenfalls grundrechtlich geschützten Interessen der Antragsgegnerin an ungehinderter unternehmerischer Betätigung und auch das durch die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) zumindest mit einem gewissen Grundrechtsschutz versehene Interesse des Zuschauers gegenüberzustellen, unerwünschte Werbespots zu vermeiden. Die Abwägung dieser Grundrechtspositionen führt im Hinblick auf die bereits oben dargestellten Gesamtumstände wiederum dazu, dass die Antragstellerin den Vertrieb von Geräten mit der beanstandeten "Werbeblocker"-Funktion hinnehmen muß. Insoweit ist nach Auffassung des erkennenden Senats auch von Bedeutung, dass nach dem derzeitigen Kenntnisstand, wie er sich im vorliegenden Eilverfahren ergibt, die von der "Werbeblokker"-Funktion ausgehenden Gefahren für die Werbeeinnahmen für die Antragstellerin als bei weitem nicht so groß eingeschätzt werden können, wie die Antragstellerin selbst es darstellt.

Zunächst kann nicht abgeschätzt werden, in welchem Umfang die Fernsehzuschauer Überhaupt bereit sind, für das Gerät Fehrnsehfee - trotz seiner vielfältigen Funktionen - den nicht unerheblichen Kaufpreis von ca. 300,00 DM sowie die zusätzlich anfallenden Monats- gebühren aufzubringen. Weiter erscheint fraglich, ob die Käufer des Geräts sodann von der "Werbeblocker"-Funktion in nennenswertem Umfang auf die von der Antragstellerin befürchtete Weise Gebrauch machen werden. Mit Hilfe dieser Funktion kann nämlich auch bei der Videoauf zeichnung die Aufnahme während der Werbeeinblendungen unterbrochen werden. Dieser Einsatz des "Werbeblockers", der aus der Sicht des Nutzers sinnvoll ist, weil etwa mit Werbeunterbrechungen ausgestrahlte Spielfilme nach der Aufzeichnung "in einem Stück" angesehen werden können, wird von der Antragstellerin jedoch - mit Recht - nicht beanstandet; denn auch wenn die Werbeeinblendungen mit aufgezeichnet werden, kann unterstellt werden, dass diese beim Abspielen der Aufzeichnung vom Zuschauer ohnenin regelmäßig durch schnelles Vorspulen üersprungen werden. Dagegen erscheint der Einsatz der "Werbeblocker"-Funktion beim Ansehen einer laufenden Sendung weniger sinnvoll. Denn in diesem Fall wird die Werbeunterbrechung der Sendung lediglich ersetzt durch den vorübergehenden Wechsel auf eine andere, in der Regel bereits laufende Sendung nicht vorhersehbaren Inhalts. Ob diese Art der Pausenüberbrückung so reizvoll ist, dass viele Gerätenutzer von ihr Gebrauch machen werden, muß bezweifelt werden. Jedenfalls wird es sich hierbei nur um solche Fernsehzuschauer handeln, die offenbar ohnehin eine ausgeprägte Abneigung gegenüber Werbesendungen entwickelt haben. Es bestehen erhebliche Zweifel, ob das Abwandern gerade dieser Zuschauerkreise aus der Sicht der werbungtreibenden Wirtschaft überhaupt einen solchen Verlust darstellt, dass die Werbekunden der Antragstellerin zur Zahlung der Werbeentgelte in der bisher verlangten Höhe nicht mehr bereit sein werden.

Unter Berücksichtigung dieser Gesamtumstände erscheint bereits fraglich, ob die Antragstellerin bei einem Vertrieb der beanstandeten Geräte mit "Werbeblocker"-Funktion überhaupt einen Rückgang ihrer Werbeeinnahmen befürchten muß. Von einer ernsthaften Existenzgefährdung kann zumindest nach dem derzeitigen Stand erst recht nicht ausgegangen werden.

Ein Verbot der "Werbeblocker"-Funktion nach § 1 UWG läßt sich auch nicht mit einer Gefährdung der Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 2 S. 2 GG) als Institution begründen.

Es ist grundsätzlich anerkannt, dass im Rahmen von § 1 UWG auch zu berücksichtigen ist, ob und in welchem Ausmaß die beanstandete Maßnahme eine verfassungsrechtlich garantierte Institution in ihrem Bestand gefährdet (z.B. den Bestand der Tagespresse durch "zeitungsähnliche" Anzeigenblätter, vgl. hierzu die Nachweise aus der Rechtsprechung des BGH bei Baumbach/Hefermehl, a.a.O. Rz . 865 zu § 1 UwG, aber auch - insoweit eher zurückhaltend - die Entscheidung OLG Stuttgart WRP 98, 525 - Zeitung zum Sonntag). Im vorliegenden Fall wird die Rundfunkfreiheit als Institution durch das Verhalten der Antragsgegnerin jedoch nicht gefährdet.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. E 57, 259, 319 f.) beinhaltet die Rundfunkfreiheit als iristitutionelles Grundrecht im wesentlichen den Auftrag an den Gesetzgeber, durch eine positive Ordnung sicherzustellen, dass die Vielfalt der bestehenden Meinungen im Rundfunk in möglichster Breite und Vollstandigkeit Ausdruck findet und dass auf diese Weise umfassende Information geboten wird. Dies beruht auf der Erwägung, dass - anders als im historisch gewachsenen Pressewesen - das Rundfunkwesen zumindest auf absehbare Zeit nicht dem freien Spiel der Kräfte überlassen werden darf (a.a.O. S. 323). Wie der Gesetzgeber diese ihm von der Verfassung übertragene Aufgabe erfüllt, ist dabei seine Sache (a.a.O. S. 321). Nachdem er sich für die Zulassung privaten Rundfunks entschieden hat, gebietet es die institutionelle Rundfunkfreiheit aber, Vorkehrungen zum SchutZ dieser Freiheit in diesem Bereich zu treffen (a.a.O. 1. Leitsatz). Denn - wie das Bundesverfassungsgericht in einer weiteren Entscheidung ausgeführt hat (E 73, 118 , 155 f . ) - stellt gerade der allein werbefinanzierte Privatrundfunk in der Tendenz eine Gefahr für die Rundfunkfreiheit dar.

Dies zeigt, dass die Rundfunkfreiheit als Institution die Erhaltung der Meinungsäußerung und Meinungsbildung im allgemeinen garantieren, nicht aber den Bestand des privaten Rundfunks und erst recht nicht des werbefinanzierten Rundfunks gewährleisten soll. Vielmehr sind die Privatveranstalter durch die Entscheidung des einfachen Gesetzgebers zugelassen worden und genießen infolge dessen auch - wie oben ausgeführt - den sich daraus ergebenden individuellen Grundrechtsschutz. Dadurch allein ist aber der Privatrundfunk noch nicht seinerseits zu einer verfassungsrechtlich geschützten Institution geworden. Unter diesen Umständen ist eine Gefährdung der institutionellen Rundfunkfreiheit durch den beanstandeten "Werbeblocker" schon im Ansatz nicht erkennbar.

Die Antragsgegnerin greift schließlich nicht rechtswidrig in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Antragstellerin ein (§ 823 Abs. 1 BGB). Ein Schutz des Gewerbebetriebs nach dieser Vorschrift wäre - da es sich um einen Auffangtatbestand handelt - ohnehin nur gegeben, wenn man die Anwendbarkeit wettbewerbsrechtlicher Vorschriften mangels Wettbewerbsabsicht der Antragsgegnerin verneinen wollte. In diesem Fall spricht allerdings alles dafür, die erforderliche Betriebsbezogenheit des Eingriffs zu verneinen; insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen werden (§ 543 Abs. 1 ZPO). Jedenfalls fehlt es aber an der Rechtswidrigkeit des Eingriffs. Da auch der betriebsbezogene Eingriff in den Gewerbebetrieb noch nicht dessen Rechtswidrigkeit indiziert, bedarf es in diesem Zusammenhang ebenfalls einer umfassenden Interessenabhägung, die im Rahmen von § 823 Abs. 1 BGB zu dem selben Ergebnis führt wie im Rahmen von § 1 UWG.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.



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