Forderungsmanagement aus rechtlicher Sicht
von Rechtsanwalt Marcus Beckmann und Rechtsanwältin Anke Norda

Ausgangslage: Schlechte Zahlungsmoral
In Deutschland herrscht zur Zeit unbestritten eine schlechte Zahlungsmoral. Die wirtschaftliche Situation ist angespannt. Immer mehr Betriebe und auch Privatpersonen gehen in die Insolvenz. Die stetig steigende Anzahl der Insolvenzen erhöht gleichzeitig das Risiko für Betriebe, die wirtschaftlich eng mit den in die Insolvenz gefallenen Betriebe verbunden sind. Auch unabhängig von Insolvenzen bleiben Rechnungen unbezahlt, oder werden erst sehr spät und nur nach mehrmaliger Aufforderung ausgeglichen. Diese Verhaltensmuster ziehen sich quer durch alle Branchen sowohl bei Klein- als auch bei Großunternehmen. Bei größeren Projekten empfiehlt es sich Abschlagszahlungen zu vereinbaren. Andere Sicherheiten liegen oftmals nicht vor. Die Lieferung unter Eigentumsvorbehalt ist in vielen Bereichen z.B. des verarbeitenden Gewerbes gar nicht möglich, da das Eigentum mit der Verarbeitung übergeht. Verspätete Zahlungen oder gar Forderungsausfälle können zu eigenen Liquiditätsengpässen und eventuell sogar zur Existenzbedrohung führen. Der Verkauf der Forderungen an einen Factor oder der Abschluss einer Kreditversicherung ist regelmäßig keine sinnvolle Lösung, da dies mit nicht unerheblichen Kosten verbunden ist und diese anders als etwa Mahn- und Anwaltskosten nicht als Schadensersatz von der Gegenseite zu tragen sind. Daher empfiehlt sich ein stringentes Forderungsmanagement.

Rechtliche Grundlagen
Dazu ist es zunächst erforderlich, sich Klarheit über die rechtlichen Grundlagen zu verschaffen. Dabei wurden die gesetzlichen Regelungen zum Verzug Anfang dieses Jahres durch die Schuldrechtsreform gläubigerfreundlicher ausgestaltet. Gemäß §§ 280, 286 BGB hat ein Schuldner, der mit der Zahlung der Forderung in Verzug ist, dem Gläubiger den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Dieser umfasst neben allen Kosten der Rechtsverfolgung sämtliche Nachteile, die der Gläubiger durch die verspätete Zahlung erleidet. Verzug liegt vor, wenn der Schuldner trotz Mahnung und Fälligkeit der Forderung nicht leistet. Ist im Vertrag keine Regelung getroffen, so wird eine Forderung regelmäßig sofort mit Erbringung der Gegenleistung fällig, richtet sich aber auch nach dem Vertragstypus. So ist bei Werkverträgen etwa zur Begründung der Fälligkeit auch die Abnahme des Werkes erforderlich. Unter einer Mahnung im rechtlichen Sinne versteht man jede bestimmte und unbedingte Zahlungsaufforderung. Eine Mahnung ist in vielen Fällen allerdings entbehrlich. Dies ist zunächst dann der Fall, wenn der Schuldner die Erbringung seiner Leistung entgültig verweigert. Ein Mahnung ist ferner nicht erforderlich, wenn die Zeit der Leistung nach dem Kalender bestimmt oder bestimmbar ist. Während nach altem Recht die Bestimmbarkeit des Zahlungstermins zur Begründung des Verzugs nicht genügte sondern ein konkreter Termin erforderlich war, kann nun mit Formulierungen wie „10 Tage nach Rechnungserhalt“ gearbeitet werden. Die auf gesetzgeberischen Unverstand beruhende 30tägige Schonfrist für Geldforderungen aus dem Jahr 1999 gilt seit Anfang des Jahres nicht mehr. Geblieben ist aber die Regelung, wonach bei sogenannten Entgeltforderungen (d.h. bei Zahlungsansprüchen ) der Verzug automatisch 30 Tage nach Zugang der Rechnung und Fälligkeit eintritt. Ist der Schuldner ein Verbraucher, so gilt dies nur dann, wenn in der Rechnung darauf hingewiesen wird. Während des Verzuges hat der Schuldner Verzugszinsen zu zahlen. Zur Verbesserung der schlechten Zahlungsmoral hat der Gesetzgeber den Zinssatz im unternehmerischen Geschäftverkehr nochmals erhöht. Im Einzelnen gelten nunmehr folgende Zinssätze: Der Verzugszinssatz beträgt im unternehmerischen Geschäftsverkehr 8 % über dem Basiszinssatz, bei Rechtsgeschäften mit Verbrauchern 5 % über dem Basiszinssatz. Der Basiszinssatz beträgt derzeit 2,57 %. Ein höherer Zinsschaden kann selbstverständlich weiterhin als Verzugsschaden geltend gemacht werden.

Effektives Forderungsmanagement
Grundvoraussetzung für ein effizientes Forderungsmanagement sind neben der Möglichkeit, sich stets einen Überblick über die jeweiligen Außenstände verschaffen zu können, eine nachhaltige Fristenkontrolle. Um einen zahlungssäumigen Schuldner möglichst frühzeitig in Verzug setzen zu können, sind einige Voraussetzungen schon bei der Rechnungserstellung zu beachten. Um zu verhindern dass zur Begründung des Verzugs eine Mahnung erforderlich ist, sollte in der Rechnung ein klares Zahlungsziel definiert werden, das in der Regel 10 Tage nach Zugang der Rechnung nicht überschreiten sollte. Im Einzelfall bietet es sich an, Anreize für eine frühe Zahlung etwa in Form von Skonti zu schaffen. Die Rechnung sollte der Lieferung beigefügt bzw. unmittelbar nach der Auftragserledigung dem Schuldner zugesandt werden. Um Unklarheiten zu vermeiden, die den Schuldner eventuell zur Zurückhaltung der Zahlung berechtigen könnten, sollte die Rechnung klar formuliert sein. Zahlt der Kunde nicht innerhalb der ihm gesetzten Zahlungsfrist, so hat sich ein vierstufiges Modell bewährt. Dieses Model versteht sich nur als grober Anhaltspunkt, da kundenpsychologische Aspekte zu beachten sind. So bestimmt auch das jeweilige Verhältnis zum Kunden die Vorgehensweise im Einzelfall. Vor übermäßiger Zurückhaltung kann aber nur gewarnt werden. Es ist das Recht des Gläubigers, den Schuldner zur Einhaltung seiner vertraglichen Verpflichtungen aufzufordern. Droht die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, so ist hingegen Eile geboten. In einem solchen Fall empfiehlt es sich einige Stufen zu überspringen und möglichst schnell einen Rechtsanwalt einzuschalten. Zunächst sollte zeitnah schriftlich gemahnt werden. Hat man bereits in der Rechnung ein Zahlungsziel definiert, so befindet sich der Schuldner bereits zu diesem Zeitpunkt in Verzug, so dass bereits die Kosten für das erste Mahnschreiben als Verzugsschaden und Verzugszinsen geltend gemacht werden können. Die Mahnkosten und die Verzugszinsen sind auszurechnen und im Mahnschreiben aufzuführen. Bei der Formulierung von Mahnschreiben wird häufig der Fehler gemacht, dass eine neue Zahlungsfrist gesetzt wird. Dies hat jedoch die missliche Folge, dass die alte Frist aufgehoben und der Verzug unterbrochen wird. Verzugszinsen können dann für den fraglichen Zeitraum nicht mehr geltend gemacht werden. Daher sollte der Schuldner im Mahnschreiben zur „unverzüglichen Zahlung“ aufgefordert werden. Ist auch diese Mahnung erfolglos, sollte ggf. ein zweites mal schriftlich gemahnt werden. Zahlt der Schuldner auch daraufhin nicht, hat es sich als effizient erwiesen, mit dem Schuldner direkt telefonisch in Kontakt zu treten. Ist auch dies erfolglos, so sollte spätestens jetzt ein Rechtsanwalt mit der Durchsetzung des Anspruchs beauftragt werden. Die Anwaltskosten sind als Verzugsschaden vollständig vom Schuldner zu tragen. Je nach Sachlage wird dieser einen gerichtlichen Mahnbescheid beantragen oder Klage erheben.



Weitere Aufsätze, Entscheidungen, Verordnungen und Gesetze finden sie hier


Beckmann und Norda - Rechtsanwälte
Beckmann und Norda - Rechtsanwälte