Urteil

OLG Hamburg, Urteil vom 12.08.2004, AZ: 5 U 187/03
(Preisangaben bei Online-Shops)

Gründe:

Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen eines Verstoßes gegen die Preisangabenverordnung auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatzfeststellung in Anspruch.

Die Klägerin gehört zur Gruppe der "M.-Märkte" und bietet u.a. Geräte der Unterhaltungselektronik, Computer und Geräte der Telekommunikation an. Die Beklagte handelt gleichfalls mit diesen Produkten. Sie betreibt einen Internetversandhandel unter der Adresse www.m...........de.

Am 25.3.2003 warb die Beklagte unter der genannten Adresse für verschiedene Produkte und Sonderaktionen. Einige der konkret genannten Artikel waren mit einer Preisangabe versehen, andere nicht. Soweit eine Preisangabe neben den Artikeln stand, war nicht angegeben, dass der Preis die Umsatzsteuer enthielt. Ferner war bei keinem der Artikel angegeben, ob zusätzliche Liefer- und Versandkosten anfielen. Neben jedem Angebot befand sich eine Schaltfläche "Klick hier" und "Anklicken", über die weitere Informationen über die verschiedenen Angebote erlangt werden konnten, allerdings - so versteht der Senat den Vortrag der Beklagten- keine solchen über die Umsatzsteuer und die Liefer- und Versandkosten. Diese Angaben konnten auf einer separaten Unterseite "Allgemeine Geschäftsbedingungen" und auf weiteren separaten Serviceseiten abgerufen werden. Entsprechende Informationen wurden dem Kunden ferner im Rahmen des Bestellverfahrens zugänglich gemacht (Anlagen B 1 bis B 5).

Die Klägerin meint, dass die Beklagte mit dieser Art der Werbung gegen § 1 Abs. 2 der Preisangabenverordnung (PAngV) in der seit dem 1.1.2003 geltenden Fassung verstoße. Nach vorangegangenem Verfügungsverfahren nimmt sie die Beklagte im vorliegenden Hauptsacheverfahren mit folgenden Anträgen in Anspruch :

I. Der Beklagten bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000.-, Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre)

zu verbieten,

im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Artikel des Sortiments unter Angabe von Preisen zu bewerben, soweit dies ohne den eindeutig zuzuordnenden und leicht erkennbaren Hinweis darauf geschieht, ob und ggfs. in welcher Höhe zusätzlich Liefer- und Versandkosten anfallen und /oder dass die Preise einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile gelten, insbesondere wie unter www.m...........de. am 25.3.2003 geschehen;

II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die unter Ziff.I. benannten Verletzungshandlungen entstanden ist und noch entsteht;

III. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie Wettbewerbshandlungen gemäß Ziff.I begangen hat, aufgeschlüsselt nach dem Datum und der Anzahl der Zugriffe auf die jeweilige Internet-Seite;

IV. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf die seitens der Klägerin verauslagten Gerichtkosten Zinsen gemäß § 288 Abs. 1 S. 1 BGB seit dem Zeitpunkt ihrer Einzahlung bis zur Beantragung der Kostenfestsetzung nach Maßgabe der Kostenquote zu zahlen.

Das Landgericht hat diesen Anträgen mit Ausnahme des Antrags zu Ziff.IV mit dem angefochtenen Urteil stattgegeben. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivortrags und der Begründung des Landgerichts wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung begehrt die Beklagte die Klagabweisung auch bezüglich der Anträge zu Ziff. I - III. Sie macht im Wesentlichen geltend :

Der Unterlassungsantrag sei als sog. gesetzeswiederholender Antrag schon unzulässig. In der Sache sei er aber auch unbegründet, weil die Angaben der Beklagten ausreichend seien. Für den Preis der Ware, zu dem die Versandkosten nicht gehörten, genüge es nach § 4 Abs. 4 PAngV, wenn neben der Werbung auf dem Bildschirm ein Link zu einem gesonderten Preisverzeichnis angebracht sei. Entsprechendes gelte für die Umsatzsteuer und die Versandkosten.

Es sei auch eine leichte Erkennbarkeit hinsichtlich Umsatzsteuer und Versandkosten zu bejahen, denn es werde auf jeder des Internetauftritts am oberen Bildrand auf die Seiten "Allgemeine Geschäftsbedingungen" und "Service" hingewiesen, aus denen sich die erforderlichen Informationen ergäben (Anlagen B 11, B 12). Die nach § 1 Abs. 2 PAngV verlangten Informationen befänden sich damit nicht mehr als zwei Klicks von der Werbung entfernt.

Die Informationen im Rahmen des Bestellvorgangs kämen auch nicht zu spät, da der Nutzer des Internets keinem psychologischen Kaufzwang ausgesetzt sei und die Bestellung jederzeit abbrechen könne. Der Verkehr erwarte die Informationen über die Umsatzsteuer und die Versandkosten auch nicht bereits bei dem Produkt selbst.

§ 4 Abs. 4 PAngV sei nicht für die Versandkosten und die Umsatzsteuer anwendbar, weil diese keine Preisbestandteile seien. Dies lasse sich auch nicht aus der zugrunde liegenden E-Commerce-Richtlinie entnehmen und stehe im Widerspruch zu der Gesetzesbegründung zur Neufassung der PAngV zum 1.1.2003. Eine analoge Anwendung des § 4 Abs. 4 PAngV auf die hier streitigen Angaben sei ferner unvereinbar mit dem Analogieverbot, denn ein Verstoß gegen die Vorschrift sei als Ordnungswidrigkeitstatbestand sanktionsbewehrt. Entgegen der Meinung des Landgerichts fehle der Bestimmung des § 1 Abs. 2 PAngV auch eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage im Preisangaben- und PreisklauselG.

Selbst wenn die Beklagte gegen die PAnGV verstoße, sei dies kein Wettbewerbsverstoß nach § 1 UWG (a.F.), da alle oder die meisten Mitbewerber diese Bestimmung missachteten.

Bei der Auslegung der PAngV sei schließlich den Besonderheiten des Mediums Internet Rechnung zu tragen. Die vergleichbare Vorschrift des § 6 TDG zur Impressumpflicht im Internet verlange auch nicht, dass die Pflichtangaben dem Nutzer regelrecht "ins Auge stechen" müssten. Hier gelte die "Zwei-Klick-Regel", d.h. es genüge, wenn der Nutzer nicht mehr als zwei Schritte benötige, um die erforderlichen Informationen zu erhalten (Anlagen B 13, B 14). Die E-Commerce-Richtlinie sage ebenfalls nichts darüber, wo die Angaben über die Umsatzsteuer und die Versandkosten anzubringen seien, sondern nur über das wie ("klar und unzweideutig").

Mit weiterem Schriftsatz vom 20.7.2004 beruft sich die Beklagte auf die erneute Änderung von § 1 Abs. 2 PAngV durch § 20 Abs. 9 Nr. 1 b UWG. Aus dieser Änderung werde deutlich, dass alle zusätzlichen Informationen, aus denen sich die Versandkosten errechneten, unmöglich bei jedem einzelnen Artikel angebracht werden könnten.

Die Klägerin verteidigt im Wesentlichen das erstinstanzliche Urteil.

II.

Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Zu Recht und mit überzeugender Begründung hat das Landgericht der Klage weit überwiegend stattgegeben. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Berufung geben lediglich zu nachfolgenden ergänzenden Ausführungen Anlass :

1. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist der Antrag hinreichend bestimmt. Zwar verwendet die Klägerin in dem "soweit"-Satz auch unbestimmte Rechtsbegriffe des Gesetzes ("eindeutig zuzuordnender und leicht erkennbarer Hinweis"), die im Rahmen der Vollstreckung auslegungsbedürftig sein können. Das beantragte Verbot als solches ist mit den übrigen Elementen des Antrags, nämlich

"im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken"

"Artikel des Sortiments"

"unter Angabe von Preisen"

"zu bewerben"

und der beispielhaften Benennung der konkreten Verletzungsform ("insbesondere wie unter www.m...........de am 25.3.2003 geschehen") jedoch hinreichend auf eine bestimmte Begehungsform als Ausgangspunkt für die Anwendung der PAngV zugeschnitten. Der Antrag ist damit keineswegs nur gesetzeswiederholend, sondern bewegt sich noch im Rahmen zulässiger Verallgemeinerung der konkreten Verletzungsform. Der "soweit"-Satz schränkt dieses bestimmte Verbot wieder ein, was nach der Rechtsprechung zulässig ist, auch wenn dabei unbestimmte Rechtsbegriffe Verwendung finden (BGH GRUR 2000, 619, 620 "Orientteppichmuster") Hierauf weist die Klägerin zu Recht hin. In Fällen, wo die Wettbewerbsverletzung in einer Irreführung oder fehlenden Aufklärung besteht, ist es nämlich nicht Aufgabe des Verletzten, dem Verletzer im Antrag zugleich vorzuschreiben, wie eine wettbewerbskonforme Werbung auszusehen hat. Insofern hat der Verletzer einen mehr oder weniger großen Spielraum, der auch durch unbestimmte Rechtsbegriffe im Verbot abgesteckt werden kann. Würde man den Verletzten in derartigen Fällen auf das Verbot nur der konkreten Verletzungsform beschränken, könnte es zu leicht durch geringfügige Änderungen der verbotenen Werbung umgangen werden.

Der Antrag ist auch nicht zu weit, da die Beklagte - so versteht der Senat ihren Vortrag - bei keinem der Artikel ihres Sortiments direkt bei der Preisangabe die Versandkosten und den Einschluss der Umsatzsteuer angibt, sondern diese Angaben generell erst während des Bestellvorgangs gemacht werden oder auf den Seiten "Allgemeine Geschäftsbedingungen" und "Service" abgerufen werden können (vgl. BGH WRP 899,899,902 "EDV-Geräte").

2. Überzeugend hat das Landgericht begründet, dass die angegriffene Werbung der Beklagten gegen die §§ 1 Abs.2, Abs.6 PAngV, 1 UWG a.F. verstößt. Nach Inkrafttreten des neuen UWG sind Rechtsgrundlage für den Unterlassungsanspruch die §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs.1 Abs. 3 Nr. 1 UWG und für die Folgeansprüche auf Auskunft und Schadensersatzfeststellung die §§ 9 UWG, 242 BGB . Auch die teilweise Neufassung von § 1 Abs. 2 PreisangabenVO zusammen mit dem neuen UWG rechtfertigt in Hinblick auf die Angabe der Versandkosten keine andere Beurteilung des vorliegenden Falls. Im Einzelnen:

a) § 1 Abs.2 PAngV ist auch in seiner gerade geänderten Fassung nicht wegen Überschreitung der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage im Preisangaben- und PreisklauselG unwirksam. In § 1 dieses Gesetzes ist zwar nur davon die Rede, dass eine Rechtsverordnung zur Angabe von "Preisen" erlassen werden dürfe und nach bisheriger Rechtsprechung sind jedenfalls die Versandkosten nicht als Bestandteil des Preises einer Ware angesehen worden, worauf die Beklagte zu Recht hinweist (BGH WRP 97,431 "Münzangebot") . Der Senat folgt jedoch der Auffassung des Landgerichts, dass § 1 des Preisangaben- und PreisklauselG richtlinienkonform auszulegen ist. § 1 des Preisangaben- und PreisklauselG nimmt auch ausdrücklich auf die Durchführung von Rechtsakten der Organe der Europäischen Gemeinschaften durch die zu erlassende Rechtsverordnung Bezug.

Nach Art 5 Abs.2 der E-Commerce-Richtlinie (2000/31/EG) sollen die Mitgliedsstaaten dafür Sorge tragen " dass, soweit Dienste der Informationsgesellschaft auf Preise Bezug nehmen, diese klar und unzweideutig ausgewiesen werden und insbesondere angegeben wird, ob Steuern oder Versandkosten in den Preisen enthalten sind" (Unterstreichungen durch den Senat). Aus dieser Formulierung folgt, dass der Richtliniengeber die Steuern und Versandkosten als Preisbestandteile ansieht, also ein weites Verständnis von dem Begriff "Preis" hatte. In diesem Sinne ist daher jetzt auch die Ermächtigungsgrundlage zur PAngV zu verstehen.

b) § 1 Abs.6 PAngV verlangt , dass die "Angaben nach dieser Verordnung" dem Angebot oder der Werbung eindeutig zugeordnet sowie leicht erkennbar und deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar sind. Dazu gehört, dass sich der Preis und alle seine Bestandteile - wozu in richtlinienkonformer Auslegung auch Umsatzsteuer und Versandkosten gehören , s.o. - entweder in unmittelbarer räumlicher Nähe zu der Werbung mit den Artikeln befinden oder der Nutzer jedenfalls in unmittelbarer räumlicher Nähe zu der Werbung unzweideutig zu dem Preis mit allen seinen Bestandteilen hingeführt wird (vgl. BGH NJW 2003,3055,3056 f. "Internet-Reservierungssystem"). Die eindeutige Zuordnung und leichte Erkennbarkeit nach § 1 Abs.6 PAngV umfasst dabei sowohl das "Wie" als auch das "Wo" der Angaben, denn beide Komponenten sind untrennbar miteinander verknüpft. Der Versuch der Beklagten, sowohl aus der E-Commerce-Richtlinie ("klar und unzweideutig") als auch aus § 1 Abs.6 PAngV die bloße Regelung eines "Wie" herauszulesen, erscheint künstlich und nicht überzeugend. Dabei kann allerdings im Einzelfall dem Medium Internet insoweit Rechnung zu tragen sein, als - anders als bei Printmedien - Informationen zu einem umfangreichen Warenangebot zur Erhaltung der Übersichtlichkeit innerhalb einer Seitenhierarchie gegeben werden müssen, durch die sich der Nutzer "hindurchklickt". Dies ist dem durchschnittlich verständigen und aufgeklärten Internetnutzer auch bekannt. So hat der Senat die Werbung für ein Handy, wo sich neben dem ausgelobten Preis der Zusatz "quam prepaid vertrag" befand, den man anklicken musste, um auf einer nächsten Seite zu erfahren, dass der Preis nur in Verbindung mit dem Abschluss eines Vertrages gelte, nicht als irreführend angesehen, weil es sich um einen "sprechenden Link" handele, durch den der Nutzer zum Weiterklicken gelenkt werde (Aktz. 5 W 48/03). Demgegenüber hat der Senat ein Warenangebot im Internet ohne Preisangabe, aber den unterstrichenen Worten "Top Tagespreis" als Verstoß gegen die PAngV gewertet, weil allein diese Worte - trotz der Unterstreichung - noch nicht eindeutig erkennen ließen, dass durch einen Link auf eine andere Seite weitergeführt werde, auf der dann der Preis zu finden sei (OLG Hamburg GRUR-RR 04,150 "Top Tagespreis"). Als eine nicht hinreichende eindeutige Zuordnung hat der Senat schließlich die Angabe von Versandkosten beurteilt, die nur als allgemeiner Link "Versandkosten" auf einer Bildschirmseite mit mehreren Warenangeboten ausgestaltet war; hierbei hat der Senat § 4 Abs.4 PAngV zur Auslegung des § 1 Abs.6 PAngV für Versandkosten jedenfalls entsprechend herangezogen (5 W 43/03, Anlage JS 5).

An dieser differenzierten Rechtsprechung hält der Senat im vorliegenden Fall fest. Es kann daher auch dahingestellt bleiben kann, ob § 4 Abs.4 PAngV direkt für die Umsatzsteuer und die Versandkosten angewandt werden kann und die Ahndung eines Verstoßes gegen § 4 Abs.4 PAngV nach § 10 Abs. 2 Nr. 1 PAngV als Ordnungswidrigkeit erfolgen könnte, wenn sich die Angaben zu den Versandkosten oder der Umsatzsteuer nicht unmittelbar bei den Abbildungen oder Beschreibungen der Waren auf dem Bildschirm befinden.

Vor dem Hintergrund der oben dargestellten Rechtsprechung führt die angegriffene Werbung der Beklagten nicht in eindeutiger und leicht erkennbarer Weise zu den Angaben zur Umsatzsteuer und den Versandkosten und ihre jeweilige Höhe hin. Es ist - anders als in der Sache 5 W 43/03 - nicht einmal ein allgemeiner Hinweis "Versandkosten" auf der Seite mit den mit Preisen beworbenen Artikeln zu finden. Die Seiten "Allgemeine Geschäftsbedingungen" und "Service" , auf die am oberen Bildschirm hingewiesen wird, lassen allenfalls vermuten, dass sich darin diese Angaben finden könnten, aber eindeutig und unmissverständlich wie z.B. ein "sprechender Link" sind diese Seitentitel nicht. Sie sind auch nicht räumlich den einzelnen Artikeln zugeordnet bzw. es wird nicht unmittelbar bei den Artikeln auf diese Seiten hingewiesen.

Die notwendigen Informationen werden zwar nach Einleitung des Bestellvorgangs gegeben, dies ist jedoch zu spät, da die Anforderungen nach der PAngV bereits bei der "Werbung unter Angabe von Preisen" zu erfüllen sind, wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat. Daher kommt es entgegen der Meinung der Beklagten ebenfalls nicht darauf an, ob der Nutzer auch nach Einleitung des Bestellvorgangs im Internet keinerlei psychologischem Kaufzwang unterliegt und den Bestellvorgang jederzeit wieder abbrechen kann.

Schließlich rechtfertigt auch die jüngst erfolgte Änderung der PAngVO nicht die angegriffene Handhabung der Beklagten zumindest hinsichtlich der Versandkosten. Zwar gestattet diese dann - wenn die Angabe dieser Kosten in bestimmten Fällen nicht möglich ist - die bloße Angabe der Berechnungsmodalitäten. Dann müssen jedoch wenigstens diese Berechnungsmodalitäten der Werbung eindeutig zugeordnet sein, was z.B. - wenn die Angaben zu umfangreich sind, als dass sie neben jedes einzelne Bildschirmangebot platziert werden können - durch einen unmissverständlichen sprechenden Link geschehen könnte. Dies ist in der angegriffenen Werbung jedoch ebenfalls nicht geschehen.

c) Ein Verstoß gegen die PAngV scheidet auch nicht in entsprechender Anwendung des § 6 Abs.1 TDG aus. Zwar ist auch dort die "leichte Erkennbarkeit" der geforderten Informationen des Dienstanbieters als Tatbestandsmerkmal genannt und die Rechtsprechung hat es für ausreichend erachtet, wenn der Nutzer über zwei Zwischenschritte zu den Informationen gelangt (OLG München, Urteil v.11.9.2003, Anlage B 14) . Die PAngV verlangt jedoch zusätzlich die eindeutige Zuordnung des Preises zu den beworbenen oder angebotenen Waren, was - wie ausgeführt - eine räumliche Zuordnung der Pflichtangaben zu den Waren oder jedenfalls mindestens einen unmissverständlichen Weg zu diesen Pflichtangaben in räumlicher Nähe der einzelnen beworbenen oder angebotenen Waren erfordert.

Beide Regelwerke - PAngV und TDG - sind im Übrigen nebeneinander anwendbar (§ 6 Abs.2 TDG) und haben ähnliche , aber nicht identische Zielrichtungen. Während die PAngV die Preiswahrheit und Preisklarheit im Sinne eines fairen Wettbewerbs zum frühestmöglichen Zeitpunkt - nämlich schon im Stadium der Werbung - schützt , stellen die Informationspflichten nach § 6 TDG sicher, dass der Nutzer, der sich bereits durch die Werbung näher mit dem Angebot befasst, sich darüber vergewissern kann, wer hinter dieser Werbung oder dem Angebot steht und ob sich der Nutzer mit diesem Vertragspartner einlassen will.

Die Beklagte handelt schließlich auch unlauter im Sinne der §§ 3, 4 Nr. 11 UWG . Nach der neueren Rechtsprechung des BGH sind Verstöße gegen die PAngV zugleich Verstöße gegen § 1 UWG a.F., da es sich um wettbewerbsbezogene Normen handele (BGH GRUR 2003, 971,972 "Telefonischer Auskunftsdienst" ; BGH GRUR 2004, 435,436 "FrühlingsgeFlüge"). Die Vorschriften der PAngV sind nach neuem Recht Vorschriften, die im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG auch dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Darunter ist jede Tätigkeit auf einem Markt anzusehen, die unmittelbar oder mittelbar der Förderung des Absatzes oder Bezugs eines Unternehmens dient, wozu auch die Werbung gehört ( Köhler, Das neue UWG, NJW 2004,2121, 2124). Mithin fällt ein Verstoß gegen Vorschriften über die Werbung mit Preisen unter § 4 Nr. 11 UWG.

Feststellungen darüber, dass sich die Beklagte bewusst und planmäßig über die PAngV hinwegsetzt, um sich dadurch einen Vorsprung im Wettbewerb vor gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen, bedarf es schon nach der neueren Rechtsprechung des BGH zu § 1 UWG a.F. und jetzt nach neuem UWG nicht mehr (Köhler a.a.O.). Dass andere Wettbewerber die PAngV in ihrer neuesten Fassung nicht beachten, entlastet die Beklagte ebenfalls nicht.

Schließlich handelt es sich vorliegend auch nicht um einen unerheblichen Verstoß im Sinne des § 3 UWG. Die Beklagte bewirbt ihr gesamtes Sortiment in der Weise, dass die Angaben zu den Versandkosten und der Umsatzsteuer nur auf den Serviceseiten zu finden sind bzw. erst während des Bestellvorganges genannt werden . Zudem ist gerade die Preiswerbung ein hochsensibler Bereich im Wettbewerb und können z.B. höhere oder niedrigere Versandkosten im Fernabsatz durchaus die Kaufentscheidung des Verbrauchers beeinflussen.

4. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 543 ZPO). Insbesondere hat der Fall keine grundsätzliche Bedeutung. Auch wenn man die Internetwerbung im Fernabsatz preisangabenrechtlich anders behandeln will als die offline-Werbung mit Katalogen und Prospekten, insbesondere eine Führung des Nutzers mit sprechenden Links im Einzelfall für zulässig hält, kommt es im vorliegenden Fall auf die Richtigkeit dieser Meinung nicht an, da es hier jedenfalls an einer klaren und unmissverständlichen Führung des Internetnutzers fehlt und die herkömmlichen Grundsätze der PAngV Anwendung finden, die durch höchstrichterliche Entscheidungen ausreichend geklärt sind.

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