OLG Hamburg, Urteil vom 06.11.2004 - Az.: 5 U 64/03 -
Domainrecht: Markenrechtliche Erschöpfung - "schufafreierkredit.de"

In dem Rechtsstreit ... gegen ... hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 5. Zivilsenat, durch die Richter nach der am 25. September 2003 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Die Berufung der Antragstellerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 15, vom 02.04.2003 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

und beschlossen:

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf (anteilig) € 30.000.- festgesetzt.

Gründe

Die Antragstellerin ist die führende deutsche Kreditschutzorganisation, deren Dienst­leistungen unter dem Schlagwort SCHUFA im Zusammenhang mit Bonitätsprüfungen allgemein bekannt sind. Der Antragsgegner bietet im Internet auf verschiedenen Web­seiten Kredite an, deren Vergabe nicht von einer Auskunft der SCHUFA abhängen soll. In diesem Zusammenhang bedient sich der Antragsgegner sowohl für Internetdomainnamen als auch für Metatags zusammengesetzter Begriffe, die unter Verwendung des Wortes SCHUFA gebildet sind.

Dieses Verhalten beanstandet die Antragstellerin unter Hinweis auf den Schutz ihrer bekannten Marke bzw. Geschäftsbezeichnung als markenrechtsverletzend.

Das Landgericht hatte den Antragsgegner mit einstweiliger Verfügung vom 03.02.2003 auf Antrag der Antragstellerin zunächst umfassend zur Unterlassung verpflichtet. Auf den Teil-Widerspruch des Antragsgegners hat das Landgericht seine einstweilige Ver­fügung mit Urteil vom 02.04.03 nur zum Teil aufrechterhalten, weitgehend jedoch unter Zurückweisung des Verfügungsantrags wieder aufgehoben, nämlich soweit dem An­tragsgegner unter Androhung der üblichen Ordnungsmittel zunächst verboten worden war,

1. im geschäftlichen Verkehr im Zusammenhang mit Finanzdienstleistungen die Internetdomainnamen krediteschufafrei.de barkredit-schufafrei.de schufafreie-kredite.de schufafreierkredit.de sofortkredit-ohne-schufa.de schufafreie-kredite-info.de www-schufafreie-kredite.de zu verwenden,

2. die Bezeichnung „SCHUFA“ in Kombination mit weiteren Be­standteilen als sog. Metatags im Quelletext von Webseiten zu verwenden, auf denen Finanzdienstleistungen angeboten werden, inbesondere „Schufafreie“, „schufafrei“, schufafreie“, „Barkredit ohne Schufa“ und „Bargeld ohne Schufa“.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Antragstellerin, die ihren Verbotsantrag in diesem Umfang in zweiter Instanz streitig weiterverfolgt.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf das erstinstanzliche Urteil sowie auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat den Verfügungsantrag in dem noch anhängigen Umfang zu Recht und mit zutreffender Begründung zurück­gewiesen. Das Berufungsvorbringen der Antragstellerin rechtfertigt keine abweichende Entscheidung. Es gibt dem Senat Anlass zu folgenden ergänzenden Anmerkungen:

Die Antragstellerin vermag dem Antragsgegner die Verwendung der streitgegenständlichen Begriffe selbst dann nicht zu untersagen, wenn man davon ausgeht, dass zu Gunsten des Begriffs SCHUFA der erweiterte Schutz einer bekannten Marke bzw. Geschäftsbezeichnung gem. § 14 Abs. 2 Nr. 3 bzw. § 15 Abs. 3 MarkenG streitet.

Der Senat vermag aus eigener Sachkunde zu beurteilen, dass es sich bei dem Begriff SCHUFA um eine bekannte Bezeichnung handelt. Dabei ist es nicht von relevanter Bedeutung, ob dem Verkehr gerade die Marke zur Kennzeichnung der von der Antragstellerin angebotenen Dienstleistungen bekannt ist oder ob dem Verkehr in erster Linie die das Unternehmen individualisierende Geschäftsbezeichnung der Antragstellerin vertraut ist. Denn die Anspruchsvoraussetzungen aus § 14 Abs. 2 Nr. 3 bzw. § 15 Abs. 3 MarkenG unterscheiden sich in den für die Entscheidung dieses Rechtsstreits maßgeblichen Aspekten nicht. Im Ergebnis ist praktisch der gesamten deutschen Bevölkerung der Begriff SCHUFA bekannt, denn fast jeder Volljährige hat ein Giro-Konto und musste bei dessen Eröffnung die SCHUFA-Klausel (Anlage BF2) unterzeichnen. Da diese Klausel auch bei vielen sonstigen Geschäftsvorgängen AGB-mäßig vereinbart wird, bei der es auf die Bonität des Kunden ankommt, wird nur ein verhältnismäßig geringer Prozentsatz der Bevölkerung hiermit noch nicht in Berührung gekommen sein. Nach eigenen Angaben verfügt die Antragstellerin über 299 Mio Einzeldaten von 57 Mio Personen. Vor diesem – plausiblen und nicht substanziiert bestrittenen – Hintergrund bedarf es keiner weiteren Darlegungen bzw. Glaubhaftmachung der Bekanntheit.

Der aus den genannten Vorschriften eröffnete Bekanntheitsschutz besteht unab­hängig von einer Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit. Deshalb sind die Über­legungen des Antragsgegners dazu, ob sich die Bekanntheit des Begriffs SCHUFA gerade auch auf "Finanzdienstleistungen" (und nicht nur auf " Erteilung von Auskünften über Kreditwürdigkeit Dritter" oder " "Kreditrisikoabsicherung") er­streckt, ohne Relevanz. Geschäftliche Aktivitäten in den sich überschneidenden Dienstleistungsbereichen hat die Antragstellerin zwar nicht glaubhaft gemacht. Auch befand sich ihre am 23.02.1998 eingetragene Marke (Anlage ASt1 und ASt2) bei Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht mehr in der Benutzungsschonfrist des § 25 Abs. 2 MarkenG. Für den Anwendungsbereich des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG entnimmt der Senat der "Davidoff/Durfée"-Entscheidung des EuGH (EuGH WRP 03, 370, 373 - Davidoff/Gofkid Durfée) die Aussage, dass die von dem BGH favorisierte wortlautübergreifende Anwendung des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG auch im Waren- und Dienstleistungs­ähnlich­keitsbereich (BGH WRP 01, 694 ff – EVIAN/Revian) markenrechts­richtlinien konform ist, ohne dass es eines Rückgriffs auf § 1 UWG bedarf. Für § 15 Abs. 3 MarkenG kann im Ergebnis nichts anderes gelten, zumal die Auslegung dieser Norm durch keine Richtlinie gebunden ist. Deshalb kommt es auf die Frage einer Branchennähe oder Dienstleistungsähnlichkeit nicht an.

Soweit die sieben Internet-Domains nach Maßgabe des Verfügungsantrags zu 1. in Frage stehen, liegt entgegen der Auffassung der Antragstellerin aber ein kenn­zeichnender Gebrauch bei der Verwendung der Bezeichnung SCHUFA nicht vor.

Nach inzwischen gesicherter Rechtsprechung des EuGH und des BGH ist Voraussetzung auch des Verbotstabestandes aus § 14 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 MarkenG, dass die Marke in der als verletzend beanstandeten Form zeichen­mäßig, mithin herkunftshinweisend verwendet wird (EuGH WRP 1999, 407 - BMW/Deenik; EuGH WRP 2002, 664 – Hölterhoff; EuGH WRP 2002, 1415 - Arsenal Football Club plc), die Verwendung also im Rahmen des Produkt­ab­satzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren eines Unternehmens von denen anderer dient (BGH WRP 2002, 982, 9832 - FRÜHSTÜCKSDRINK I; BGH WRP 2001, 41, 43 - Drei-Streifen-Kennzeichnung; BGH WRP 2001, 1315, 1318 - Marlboro Dach; BGH WRP 2002, 547, 549 - GERRI/KERRY SPRING; BGH WRP 2002, 987, 989 - Festspielhaus; BGH WRP 2002, 985, 987 - FRÜHSTÜCKS-DRINK II; BGH WRP 2003, 521, 523 - Abschlussstück; BGH WRP 2003, 1353, 1354 - AntiVir/AntiVirus).

Mithin hängt also die Frage, ob Artikel 5 Absätze 1 und 2 der Marken­rechts­richtlinie (entspricht § 14 Abs. 2 MarkenG) anwendbar sind, davon ab, ob die Marke zur Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen eines bestimmten Unternehmens, also als Marke, benutzt wird oder ob die Benutzung zu anderen Zwecken erfolgt (Randnr.38 der „Deenik“-Entscheidung; Randnr. 16 der „Hölter­hoff“-Entscheidung und Randnr. 54 der Entscheidung „Arsenal Football Club plc.“). Eine Benutzung zu anderen Zwecken liegt nach den Ausführungen des EuGH in der „Hölterhoff“-Entscheidung insbesondere dann vor, wenn der Dritte im Rahmen eines Verkaufsgesprächs mit einem potentiellen Kunden, der in dem einschlägigen Sachgebiet fachkundig ist, auf die Marke Bezug nimmt, diese Be­zugnahme ausschließlich zu dem Zweck erfolgt, den potentiellen Kunden, der die Merkmale der Waren der betreffenden Marke kennt, über die Merkmale der an­gebotenen Ware zu informieren und die Bezugnahme von dem potentiellen Kun­den nicht als Hinweis auf die Herkunft der Ware verstanden werden kann (siehe nochmals Randnr. 16 der „Hölterhoff“-Entscheidung).

Bereits diese Voraussetzung des kennzeichnenden Gebrauchs fehlt vorliegend bzw. ist zumindest nicht hinreichend sicher feststellbar, obwohl die angegriffenen Internetdomains die geschützte Bezeichnung SCHUFA jeweils vollständig in einer Art und Weise enthalten, in dem die bekannte Kennzeichnung auch von dem Verkehr als solche erkannt wird.

Die Antragstellerin geht schon von nicht in jeder Hinsicht zutreffenden Voraus­setzungen aus, wenn sie meint, die Verwendung von Domain-Namen habe – von Ausnahmen abgesehen – in der Regel eine herkunftshinweisende bzw. unter­neh­menskennzeichnende Funktion und sei deshalb ein Namensgebrauch. Dem­ge­genüber stellen Ingerl/Rohnke (MarkenG, § 14 Rdn. 65) zu Recht darauf ab, dass diese Frage (nur) nach Art und Inhalt des konkreten Domain-Namens und die da­durch hervorgerufene Verkehrsauffassung beurteilt werden kann. Der Antrag­stellerin ist darin zuzustimmen, dass Domainnamen im heutigen Wirtschaftsleben in den weit überwiegenden Fällen eine kennzeichnende Funktion zukommt, was sich u.a. auch darin ausdrückt, dass Wirtschaftsunternehmen in der Regel unter ihre Firmenbezeichnung auch im Internet zu erreichen sind. Vor allem bei ge­nerischen Domain-Namen (z.B. mitwohnzentrale.de, suchmaschinen.de) ist eine solche Namensfunktion in der Regel aber nicht gegeben und auch nicht gewollt, denn der Domain-Inhaber will gerade über einen allgemeinen – in der Regel kennzeichenrechtlich nicht schutzfähigen – Gattungsbegriff gefunden werden. Im übrigen hat die Rechtsprechung seit der von der Antragstellerin zitierten Ent­scheidung „1001buecher.de“ des 3. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandes­gerichts (MarkenR 01, 213 ff) nicht zuletzt durch die BGH-Entscheidung „mitwohnzentrale.de“ (BGH GRUR 01, 1061 ff) auch im rechtstatsächlichen Be­reich des Rechts der Domainnamen noch weitere Ausdifferenzierungen erfahren.

Die vorstehenden Erwägungen gelten entsprechend auch im vorliegenden Fall, obwohl hier die Domain-Bezeichnungen eine bekannte Kennzeichnung enthalten und die Bezeichnung SCHUFA ohne Zweifel eine – neben anderen Aspekten – dem Internet-Interessenten eine gewisse Veranlassung bietet, sich mit dem hinter dieser Domainnamen liegenden Angebot näher zu beschäftigen. Diese Umstände rechtfertigen jedoch kein Verbot, insbesondere sind sie nicht geeignet, i.S.v. § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG „die Unterscheidungskraft oder die Wert­schätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Wei­se“ auszunutzen oder zu beeinträchtigen.

Dabei kann es dahin stehen, ob die streitgegenständlichen Domainnamen dem Verkehr den Eindruck von Gattungsbezeichnungen vermitteln. Aus der maß­geb­lichen Sicht der angesprochenen Verkehrskreise spricht zumindest keine über­wiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass hinter solchen Bezeichnungen stets nur ein bestimmtes Unternehmen steht, so dass bereits der Domain-Name seine Funktion als Herkunftshinweis nicht erfüllt. Vielmehr legen Bezeichnungen wie die von der Antragstellerin angegriffenen Domainnamen dem Verkehr die An­nahme nahe, sie stünden z.B. für sog. Internet-Portale bzw. ein Suchangebot, über die sich der Zugang zu bestimmten Kategorien von Leistungen eröffnet. Für den Internet-Nutzer, der die Dienste des Antragsgegners noch nicht kennt, liegt die Vermutung nahe, über die genannten Internet-Domains könne er sich z.B. eine Übersicht über "schufafreie" Kreditangebote unterschiedlicher Anbieter er­schließen bzw. von dort auf die homepages solcher Anbieter verzweigen. Er hat keine hinreichende Veranlassung zu der Annahme, dass sich ihm unter dieser Domain-Bezeichnung (nur) das Angebot eines bestimmten Anbieters präsentiert. Denn die in den angegriffenen Internetdomainnamen verwendeten Bezeich­nun­gen stehen - ebenso wie etwa der Begriff „Hausfrauenkredit“ – für eine bestimmte Art bzw. Gattung von Krediten, die von verschiedenen Dienstleistern angeboten werden. Deshalb versteht der Verkehr derartige Domain-Namen in der Regel auch nicht Kennzeichnung des Leistungsangebots eines konkreten Unter­neh­mens. Dieses Verständnis wird dadurch unterstützt, dass sich der Begriff SCHUFA in der Wahrnehmung der relevanten Verkehrskreise heute in erheb­lichem Umfang von einer Assoziation mit einem konkreten Unternehmen (der Antragstellerin) gelöst hat und statt dessen in der Art einer Sachbeschreibung eines konkreten Verfahrens der Kreditgewährung verstanden wird (hierzu s.u.) Damit fehlt es für die Gesamtbezeichnung bereits an einem kennzeichnenden Gebrauch der Bezeichnung SCHUFA im Zusammenhang mit den angegriffenen Wortkombinationen. Diese Feststellungen vermag der Senat aufgrund der eige­nen Sachkunde seiner Mitglieder zu treffen.

Selbst wenn man – entgegen den vorstehenden Ausführungen – einen kenn­zeichnenden Gebrauch der angegriffenen Domainbezeichnungen für gegeben erachten wollte, läge gleichwohl ein Verstoß gegen §§ 14 Abs. 2 Nr. 3, 15 Abs. 3 MarkenG nicht vor. Denn der Antragsgegner benutzt in diesem Fall i.S.v. § 23 Nr. 2 MarkenG „ein mit der Marke oder der geschäftlichen Bezeichnung identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen als Angabe über Merkmale oder Eigen­schaf­ten von Waren oder Dienstleistungen, wie insbesondere ihre Art, ihre Be­schaffenheit, ihre Bestimmung, ihren Wert, ihre geographische Herkunft oder die Zeit ihrer Herstellung oder ihrer Erbringung“ berechtigterweise, ohne dass die Antragstellerin befugt ist, ihm diese Verwendung zu untersagen.

Der Antragsgegner verwendet den Begriff SCHUFA in den angegriffenen Do­mainbezeichnungen im Ergebnis produktbeschreibend, nämlich zur Bezeichnung einer bestimmten Art von Krediten im Sinne einer „Negativabgrenzung“ zu den Darlehensgeschäften, bei denen – wie dies die Regel ist - die Dienstleistungen der Antragstellerin in Anspruch genommen werden. Damit bedient sich der An­tragsgegner nur eines Sprachgebrauchs, der sich in Deutschland – im Wider­spruch zu der tatsächlichen Rechtslage - bei der Verwendung der Marke bzw. Unternehmenskennzeichnung der Antragstellerin „eingebürgert“ hat. Gerade weil eine (einwandfreie) SCHUFA-Auskunft in Deutschland zu einem quasi-offiziellen „Testat“ im Zuge der Einholung von Bonitätsinformationen geworden ist und nie­mand im seriösen Wirtschaftsleben an ihr vorbeikommt, beschreibt der Begriff SCHUFA in der Wahrnehmung weiter Teile der angesprochenen Verkehrskreise im Ergebnis ein Unbedenklichkeitskriterium für die Kreditvergabe. Er kenn­zeich­net den höchsten Schutzstandard bei der Bonitätsprüfung. Entsprechend versteht der Verkehr die Wendung "schufafrei" oder "ohne schufa" als Kreditgewährung ohne die "üblichen Hindernisse", die sich für Kreditinteressenten mit zweifelhafter Bonität bei seriösen Kreditinstituten auftun. Der Verkehr weiß dabei in der Regel auch, dass die erhöhte Risikolage bei der Gewährung eines „schufafreien“ Kre­dits in der Regel mit zusätzlichen Nachteilen finanzieller oder sonstiger Art aus­zugleichen ist. Eine Bezugnahme auf die Antragstellerin als Unternehmen bzw. auf ihre Marke ist damit zwar (reflexhaft) verbunden, aber jedenfalls nicht in ihrer kennzeichnenden Funktion, sondern als Schlagwort zur Beschreibung einer be­stimmten Gattung von Dienstleistungen beabsichtigt. In dieselbe Richtung geht auch die „Hölterhoff“-Entscheidung des EuGH (EuGH WRP 02, 664, 666 – Höl­terhoff). Dort ging es zwar – anders als hier - (1) um „ein Verkaufsgespräch mit einem … Fachmann“. Gleichermaßen wird aber auch (2) die „Bezugnahme auf die Marke … nicht als Hinweis auf die Marke“ verstanden werden können, denn es geht gerade um das Gegenteil. Schließlich erfolgt die Bezugnahme aus­schließlich, um (3) „über die Merkmale der Ware zu informieren, die dem po­tenziellen Kunden, der die Merkmale der Waren der betreffenden Marke kennt, zum Kauf angeboten wird.“ Dieses Ergebnis entspricht im Übrigen dem in der Rechtsprechung des BGH seit langem anerkannten Erfahrungssatz, dass auch eine nach Art einer Marke verwendete Bezeichnung, die entweder eine reine Gattungsbezeichnung darstellt oder jedenfalls nach allgemeinem Sprachver­ständnis beschreibenden Charakter hat, vom Verkehr in der Regel nur als Sach­hinweis zur Unterrichtung des Publikums und nicht als Herstellerhinweis ver­standen wird (vgl. nur: BGHZ 139, 59, 65 „Fläminger“ m.w.N. und siehe weiter die Nachweise bei BGH WRP 2003, 1353, 1354 „AntiVir/AntiVirus“). Vorliegend geht es zwar nicht um eine direkte, sondern um eine (negativ) abgrenzende Be­zugnahme. Rechtlich relevanten Unterschiede sind für den Senat insoweit aber jedenfalls dann nicht erkennbar, wenn die Marke dabei nicht negativ bemakelt wird. So liegt der vorliegende Fall aber selbst dann nicht, wenn die potenziellen Kunden des Antragsgegners eine SCHUFA-Auskunft besonders fürchten.

In der vorliegenden Sachverhaltskonstellation ist der Antragsgegner auf die Ver­wendung des geschützten Begriffs auch angewiesen, so dass schon aus diesem Grund die Nutzung nicht gegen die "guten Sitten" i.S.v. § 23 MarkenG verstößt. Der Antragsgegner hat überzeugend dargelegt, dass er nicht auf auf Begriffe wie "ohne Bonitätsauskunft" bzw. "ohne Kreditauskunft" ausweichen kann, denn auch er holt – was auch naheliegend ist – solche Auskünfte ein. Diese folgen nur nicht dem strikten SCHUFA-Kurs. Und eben hiermit will – und darf - sich der An­trags­gegner von der Antragstellerin abheben. Deshalb sind auch die von der An­trag­stellerin genannten Beispiele „kredit-ohne-fremdauskunft“ bzw. „kredit-ohne-aus­kunftei“ ungeeignet, das Spezifische der Dienstleistung des Antragsgegners zu beschreiben. Es mag sein, dass die von der Antragstellerin gebildeten Domain-Beispiele "www.pünktlich-ankommen-ohne-deutsche-bahn.de" oder "www.durst­löschen-ohne-coca-cola.de" unzulässig sind. Der Unterschied liegt allerdings da­rin, dass hier die Unternehmensbezeichnungen ohne Nachteil auch fortgelassen werden können ("Cola" statt "Coca Cola" bzw. "Bahn" statt "Deutsche Bahn"), während gerade dies bei SCHUFA – wegen der besonderen beschreibenden Bedeutung – praktisch nicht möglich ist. Auch in der "BMW/Deenik"-Entschei­dung des EuGH war ein Kfz-Händler auf die Verwendung des Begriffs "BMW" zur Kennzeichnung seines Dienstleistungsangebots angewiesen, obwohl er gerade keine BMW-Fachwerkstatt war. Mit dieser Entscheidung hat der EuGH letztlich anerkannt, dass es in bestimmten Fällen praktisch unmöglich ist, seine Kunden auf eine Spezialisierung hinzuweisen, ohne eine bestimmte Marke zu benutzen (EuGH GRUR Int. 99, 438, 442 – BMW/Deenik). Diese Grundsätze sind nach Auffassung des Senats auf den vorliegenden Fall entsprechend zu übertragen. Zwar geht es hier nicht um eine bezugnehmende, sondern um eine abgrenzende Erwähnung. Im Ergebnis werden aber zumindest bei "Quasi-Gattungsbegriffen" – und um einen solchen handelt es sich bei SCHUFA in der Wahrnehmung weiter Teile des Verkehrs - keine anderen Grundsätze gelten können, wenn man nicht zu Wertungswidersprüchen kommen will.

Diese Grundsätze im Zusammenhang mit § 23 Nr. 2 MarkenG gelten auch für eine Verwendung der angegriffenen Bezeichnungen als Domainnamen. Da die­sen aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise eine kennzeichnende Funk­tion nicht notwendigerweise immanent ist und die beanstandeten Bezeichnungen zudem in ihrer konkreten Ausgestaltung – wie dargelegt - als beschreibende Ver­wendung verstanden werden, vermag der Senat entgegen der Auffassung der Antragstellerin selbst in dieser konkreten Benutzung keinen Sittenverstoß i.S.v. § 23 MarkenG zu erkennen. Dabei ist der Antragstellerin zwar darin zuzu­stimmen, dass der Antragsgegner darauf verzichten könnte, die Bezeichnung SCHUFA in seinen Domainnamen zu verwenden. Andererseits ist für den Senat nicht ersichtlich, dass mit der Verwendung dieses Begriffs gerade im Zu­sammen­hang mit Domainnamen eine besondere Beeinträchtigung der Antragstellerin ein­hergeht, auf Grund derer sich der Antragsgegner – bei einer grundsätzlichen Zu­lässigkeit im Rahmen von § 23 Nr. 2 MarkenG – eine solchen Nutzung enthalten müsste. Hierbei ist vor allem zu berücksichtigen, dass die Verwendung im Do­mainnamen aufgrund der Besonderheiten der hier gegebenen Sachlage durch das Interesse gedeckt ist, über Suchmaschinen mit dem produktbeschreibenden Leistungsangebot sicher aufgefunden zu werden. Deswegen erscheint es dem Senat auch nicht als besonders bedenklich, dass sich der Antragsgegner eine Vielzahl von Wortkombinationen mit SCHUFA als Domainnamen hat registrieren lassen.

Für die Verwendung der angegriffenen Bezeichnungen im Quelltext von Web­sites als Metatags gilt im Ergebnis keine andere Rechtslage. Wenn der An­trags­gegner seine Dienste auf den Internet-homepages anbieten kann, muss es ihm auch möglich sein, über Metatags hierfür werben zu können und dabei solche Begriffe als Hinweis auf seine Dienstleistungen zu nutzen, deren Verwendung ihm – wie dargelegt – ohne Verstoß gegen markenrechtliche Grundsätze ge­stattet ist. Dieses Bedürfnis besteht jedenfalls aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falls, ohne dass der Senat darüber zu befinden hat, ob die Ver­wen­dung von über § 23 MarkenG gestatteten Bezeichnungen generell in Metatags zulässig ist. Dafür, dass sich die konkrete Verwendung dieser Metatags aus sonstigen Gründen z.B. unter dem Gesichtspunkt der Irreführung aus § 3 UWG als rechtswidrig darstellen könnte – etwa weil die Suchmaschinen bei der An­zei­ge den rechtfertigenden Kontext zwischen dem Begriff SCHUFA und den sonsti­gen Angaben („Barkredit ohne…) in einer Weise nicht beachten bzw. lösen, die zu weiteren Fehlvorstellungen Anlass gibt - hat die Antragstellerin keine hin­reichenden Tatsachen vorgetragen.

Eine Verwässerungsgefahr, Beeinträchtigung der Wertschätzung oder Rufaus­beutung der Bezeichnung SCHUFA i.S.v. § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG ist mit der angegriffenen Verwendung aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falls aus den genannten Gründen nicht verbunden. Insbesondere nutzt der Antrags­gegner nicht die Unterscheidungskraft der Marke SCHUFA aus, sondern bedient sich des Begriffs lediglich in seiner beschreibenden Funktion, die ihm im Laufe der Zeit zugekommen ist. Durch die bezugnehmende Verwendung wird die Mar­ke auch nicht verwässert, weil der Antragsgegner sie ebenfalls in dem konkreten Umfeld verwendet, in welches sie gehört und in dem sie sich auch selbst prä­sentiert, nämlich als Voraussetzung für eine Kreditgewährung. Einer Rufaus­beu­tung steht schon die offensichtliche Absicht des Antragsgegners entgegen, sich negativ gegenüber der Antragstellerin abzugrenzen. Zwar steht dieses Bestreben einer Rufausbeutung nicht grundsätzlich entgegen. So liegt der Fall hier aber nicht. Denn der Antragsgegner kann sein – zulässiges – Kreditgeschäft letztlich nicht sinnvoll ausüben, ohne auf die Bezeichnung der Antragstellerin Bezug zu nehmen. Und er kann auch nicht hinreichend auf sich aufmerksam machen, ohne diese Besonderheit werbend herauszustellen. Denn im Regelfall erwartet der Verkehr bei jeder (seriösen) Kreditvergabe eine SCHUFA-Auskunft, so dass ge­rade hier die Besonderheit des Antragsgegners liegt.

Andere rechtliche Grundsätze mögen zwar gelten, soweit der Antragsgegner die Bezeichnung "krediteschufafrei.de Finanzdienstleistungen" im Impressum einer seiner homepages zweifelsfrei als Firmenbezeichnung kennzeichnend verwen­det. Diese Art der Verwendung ist hingegen von den in zweiter Instanz noch streitgegenständlichen Anträgen nicht umfasst und stellt deshalb keinen relevan­ten Verstoß dar.

Auch auf § 14 Abs. 2 Nr. 2 bzw. § 15 Abs. 2 MarkenG kann die Antragstellerin ihr Begehren nicht stützen. Denn im Hinblick auf die teilweise Aufrechterhaltung der einstweiligen Verfügung durch das landgerichtliche Urteil stellen sich in zweiter Instanz ernsthafte Probleme der Verwechslungsgefahr nicht (mehr). Soweit die von dem Antragsgegner verwendeten Bezeichnungen noch streitgegenständlich sind, erscheint es ausgeschlossen, dass maßgebliche Teile der angesprochenen Verkehrskreise einer Fehlzuordnung erliegen könnten. Insbesondere aufgrund der Formulierung "schufafrei" oder "ohne schufa" ist auch die Annahme geschäftlicher Verbindungen fernliegend. Vielmehr erkennt der Verkehr, dass sich der Antragsgegner mit seinem Angebot gerade ausdrücklich gegenüber der Antrag­stellerin abgrenzen und sich in einen Gegensatz zu deren Leistungen setzen will.

Schließlich ergibt sich auch keine abweichene Beurteilung im Rahmen von § 1 UWG. Im Anwendungsbereich des § 14 Abs. 2 Nr. 3 UWG kommt dieser Vorschrift keine eigenständige Bedeutung zu, sie tritt hinter der spezialgesetzlichen Regelung zurück. Tragfähige Anhaltspunkte für die Verwirklichung weitergehender Tatbestandsmerkmale vermag der Senat nicht zu erkennen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.



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