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OLG Frankfurt: WAZ und die Afghanistan Papiere - Militärische Lageberichte können urheberrechtlich geschützt sein - Veröffentlichung nicht durch Pressefreiheit gerechtfertigt

LG Köln
Urteil vom 02.10.2014
14 O 333/13


Das LG Köln hat entschieden, dass die sog. "Afghanistan Papiere", die von der WAZ veröffentlicht wurden, urheberrechtlich geschützt sind. Die Veröffentlichung stellt einer Urheberrechtsverletzung dar und ist - so das LG Köln - auch nicht von der Pressefreiheit gedeckt.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die streitgegenständlichen Berichte sind als Sprachwerke gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UrhG schutzfähig.

Sprachwerke sind alle persönlichen geistigen Schöpfungen, deren Inhalt durch eine Sprache als Ausdrucksmittel geäußert wird (BGH, Urteil vom 09.05.1985 – I ZR 52/83, BGHZ 94, 276 – Inkassoprogramm, mwN). Damit sind nicht nur künstlerische oder wissenschaftliche Sprachwerke schutzfähig. Als Sprachwerk können auch Alltagstexte geschützt sein bzw. Obertexte, die den Anforderungen des § 2 Abs. 2 entsprechen (vgl. Bullinger in Wandtke/Bullinger, UrhG, 4. Aufl. § 2 Rn. 45, mwN). Das Sprachwerk muss der Informationsvermittlung, also der Mitteilung eines verbalen, gedanklichen oder gefühlsmäßigen Inhalts dienen (BGH, Urteil vom 25.11.1958 – I ZR 15/58, GRUR 1959, 251 – Einheitsfahrschein).

Sprachliche Mitteilungen sind nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 geschützt, wenn sie entweder ihrer Darstellungsform nach oder wegen ihres Inhaltes eine persönliche geistige Schöpfung beinhalten (BGH, Urteil vom 06.05.1999 – I ZR 199/96, BGHZ 141, 329 – Tele-Info-CD; Urteil vom 16.01.1997 – I ZR 9/95, BGHZ 134, 250 – CB-infobank I).

Bei Sprachwerken mit wissenschaftlichem und technischem Inhalt kann sich der Urheberrechtsschutz auf die individuelle Gedankenführung, die Auswahl und Anordnung der wissenschaftlichen und technischen Inhalte beziehen (BGHZ 141, 329 – Tele-Info-CD; BGHZ 134, 250 – CB-infobank I). Dabei kann bei Sprachwerken, die sich sachnotwendigerweise eng an die tatsächlichen Gegebenheiten halten müssen, ein bescheidenes Maß geistig schöpferischer Tätigkeit genügen, um urheberrechtlichen Schutz zuzubilligen (vgl. zu Leitsätzen, die zu amtlichen Entscheidungen gebildet wurden: BGH, Urteil vom 21.11.1991 – I ZR 190/89, BGHZ 116, 136 – Leitsätze). Maßgeblich ist bei der urheberrechtlichen Beurteilung, ob die Sammlung, Anordnung und Einteilung der zu beschreibenden Fakten insbesondere wegen ihrer prägnanten Erfassung und Gliederung von schöpferischer Eigenart ist.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist von einer urheberrechtlichen Schutzfähigkeit der UdPs auszugehen. Zwar werden in den UdP Fakten und tatsächliche Gegebenheiten wiedergegeben, so dass ein Schutz der inhaltlichen Informationen als Sprachwerk ausscheidet. Die Schutzfähigkeit der von der Klägerin in ihrem Antrag in Bezug genommenen Texte ergibt sich aber nach den vorstehend dargestellten Grundsätzen aus der Darstellungsform der Texte.

Die streitgegenständlichen UdP weisen nämlich einen hinreichenden Grad an geistiger Schöpfungshöhe auf. Wie die Beklagte selbst ausführt, folgen sämtliche UdP einem bestimmten Aufbau, wobei zunächst die politische Lage in dem jeweiligen Bundeswehreinsatzgebiet, sodann die Bedrohungslage und schließlich die Missionsbeteiligung der Bundeswehr dargestellt werden. Auf die Berichte aus den Einsatzgebieten folgen zusammenfassende Darstellungen aller Einsätze in dem Berichtszeitraum sowie jeweils angepasste Grafiken, Diagramme und Tabellen.

Die persönliche geistige Schöpfung ergibt sich dabei gerade aus der systematisierten und denknotwendig teilweise verkürzenden Aufbereitung der Sachinformationen, die einheitlich in allen UdP einem bestimmten Konzeptionsmuster folgt und auch visuell angepasst ist. Gerade der Umstand, dass die einzelnen UdPs alle diesem Muster folgen, zeigt, dass hier ein einheitliches gestalterisches Konzept zugrunde liegt.

Die gewählte Form der Aufbereitung der Sachinformation ergibt sich nicht bereits zwangsläufig aus der Notwendigkeit einer sachbezogenen Informationswiedergabe, sondern trägt speziell dem Umstand Rechnung, dass sicherheitspolitische Informationen aus diversen Quellen zusammengefasst und für den nicht militärisch vorgebildeten Leser in verständlicher Form aufbereitet werden sollen."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:




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