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BGH: Widerrufsbelehrung bei Haustürgeschäften muss Informationen über die gegenseitigen Pflichten zur Herausgabe gezogener Nutzungen enthalten

BGH
Urteil vom 02.02.2011
VIII ZR 103/10
BGB § 312 Abs. 1 und 2, § 355 Abs. 2, § 357 Abs. 1 und 3 in der bis zum 11. Juni
2010 geltenden Fassung;
BGB-InfoV §§ 14, 16 in der bis zum 11. Juni 2010 geltenden Fassung


Leitsätze des BGH:

a) Eine Widerrufsbelehrung, die den Verbraucher bei einem Haustürgeschäft nicht über die gegenseitige Pflicht zur Herausgabe gezogener Nutzungen belehrt, genügt nicht den Anforderungen des § 312 Abs. 2 BGB an eine Belehrung über die Rechtsfolgen des § 357 Abs. 1 und 3 BGB.
b) Entbehrlich ist eine Belehrung über die Rechtsfolgen des § 357 Abs. 1 und 3 BGB nur dann, wenn der Eintritt dieser Rechtsfolgen nach der konkreten Vertragsgestaltung tatsächlich ausgeschlossen ist.
BGH, Urteil vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 103/10 - OLG Frankfurt in Kassel LG Kassel

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Verweisung durch einen Arzt an bestimmte Leistungserbringer regelmäßig wettbewerbswidrig - Hörgeräterversorgung

BGH
Urteil vom 13.01.2011
Hörgeräteversorgung II
UWG § 4 Nr. 11; MBO-Ä 1997 Kap. B §§ 31, 34 Abs. 5


Leitsätze des BGH:
a) Vom Begriff der Verweisung in § 34 Abs. 5 MBO-Ä sind alle Empfehlungen für bestimmte Leistungserbringer erfasst, die der Arzt - ohne vom Patienten darum gebeten worden zu sein - von sich aus erteilt.

b) Die Qualität der Versorgung kann im Einzelfall einen hinreichenden Grund im Sinne des § 34 Abs. 5 MBO-Ä darstellen, wenn die Verweisung an einen bestimmten Hilfsmittelanbieter aus Sicht des behandelnden Arztes aufgrund der speziellen Bedürfnisse des einzelnen Patienten besondere Vorteile in der Versorgungsqualität bietet. In langjähriger vertrauensvoller Zusammenarbeit gewonnene gute Erfahrungen oder die allgemein hohe fachliche Kompetenz eines Anbieters oder seiner Mitarbeiter reichen dafür nicht aus.

c) Das Verbot des § 31 MBO-Ä gilt nicht nur, wenn ein Arzt einem anderen Arzt Patienten überweist, sondern auch für Patientenzuführungen an die in § 34 Abs. 5 MBO-Ä genannten Apotheken, Geschäfte oder Anbieter gesundheitlicher Leistungen.

d) Der Begriff der Zuweisung in § 31 MBO-Ä umfasst alle Fälle der Überweisung, Verweisung und Empfehlung von Patienten an bestimmte andere Ärzte, Apotheken, Geschäfte oder Anbieter von gesundheitlichen Leistungen; entscheidend ist allein, dass der Arzt für die Patientenzuführung an einen
anderen Leistungserbringer einen Vorteil erhält oder sich versprechen lässt.
BGH, Urteil vom 13. Januar 2011 - I ZR 111/08 - OLG Celle
LG Stade

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Handysperre erst ab 75 EURO Zahlungsrückstand - Haftung des Kunden für unbefugte Nutzung Dritter

BGH
Urteil vom 17.02.2011
III ZR 35/10
Mobilfunk-AGB


Der BGH hat sich in dieser Entscheidung mit einigen Klauseln in den AGB eines Mobilfunkanbieters auseinander gesetzt. Dabei ist es - so der BGH - nicht zu beanstanden, wenn es in einer Klausel heißt:

"Der Kunde hat auch die Preise zu zahlen, die durch …. unbefugte Nutzung der überlassenen Leistungen durch Dritte entstanden sind, wenn und soweit er diese Nutzung zu vertreten hat. Nach Verlust der ...-Karte hat der Kunde nur die Verbindungspreise zu zahlen, die bis zum Eingang der Meldung über den Verlust der Karte bei ... angefallen sind. Das gleiche gilt für Preise über Dienste, zu denen ... den Zugang vermittelt."

Der Kunde kann Forderungen des Mobilfunkanbieters im Regelfall daher nicht mit dem Argument entgegentreten, dass ein Dritter die SIM-Karte unbefugt genutzt hat.

Weiter entschied der BGH, dass die Sperrung eines Mobilfunkanschlusses erst ab einem Zahlungsrückstand von 75 EURO zulässig ist. Klauseln, welche die Sperrung auch bei geringeren Zahlungsrückständen ermöglichen sind unwirksam. In der Pressemitteilung des BGH heißt es dazu:

"Dabei hat der Senat insbesondere in Betrachtung gezogen, dass der Gesetzgeber in § 45k Abs. 2 Satz 1 TKG für die Telefondienstleistungsunternehmen im Festnetzbereich als Voraussetzung für eine Sperre den Betrag von 75 € festgelegt hat. Der Bundesgerichthof hat diese gesetzgeberische Wertung im Rahmen der Kontrolle der Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Verträge über Mobilfunkdienstleistungen für übertragbar gehalten."

Die vollständige Pressemitteilung des BGH finden Sie hier:

"BGH: Handysperre erst ab 75 EURO Zahlungsrückstand - Haftung des Kunden für unbefugte Nutzung Dritter" vollständig lesen

BGH: Entscheidung zur Angemessenheit von Übersetzerhonoraren liegt im Volltext vor - Destructive Emotions

BGH
Urteil vom 20.01.2011
I ZR 19/09
Destructive Emotions
UrhG § 32 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2


Leitsätze des BGH
a) Der Senat hält daran fest, dass der Übersetzer eines belletristischen Werkes oder Sachbuches, dem für die zeitlich unbeschränkte und inhaltlich umfassende Einräumung sämtlicher Nutzungsrechte an seiner Übersetzung lediglich ein für sich genommen übliches und angemessenes Seitenhonorar als Garantiehonorar zugesagt ist, gemäß § 32 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 UrhG eine zusätzliche Vergütung beanspruchen kann, die bei gebundenen Büchern 0,8% und bei Taschenbüchern 0,4% des Nettoladenverkaufspreises beträgt und jeweils ab dem 5.000sten Exemplar zu zahlen ist und dass besondere Umstände es als angemessen erscheinen lassen können, diese Vergütungssätze zu erhöhen oder zu verringern (Bestätigung von BGH, Urteil vom 7. Oktober 2009 - I ZR 38/07, BGHZ 182, 337 - Talking to Addison). Bei einer Erstverwertung als Hardcover-Ausgabe und einer Zweitverwertung als Taschenbuchausgabe ist die zusätzliche Vergütung jeweils erst ab dem 5.000sten verkauften Exemplar der jeweiligen Ausgabe zu zahlen. Nur ein Seitenhonorar, das außerhalb der Bandbreite von im Einzelfall üblichen und angemessenen Seitenhonoraren liegt, kann eine Erhöhung oder Verringerung der zusätzlichen Vergütung rechtfertigen.

b) Darüber hinaus kann ein solcher Übersetzer gemäß § 32 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 UrhG eine angemessene Beteiligung an Erlösen beanspruchen, die der Verlag dadurch erzielt, dass er Dritten das Recht zur Nutzung des übersetzten Werkes einräumt oder überträgt. Diese Beteiligung beträgt grundsätzlich ein Fünftel der Beteiligung des Autors des fremdsprachigen Werkes an diesen Erlösen. Der Erlösanteil, den der Übersetzer erhält, darf allerdings nicht höher sein als der Erlösanteil, der dem Verlag verbleibt. Soweit bei der Nutzung des übersetzten Werkes von der Übersetzung in geringerem Umfang als vom Originalwerk Gebrauch gemacht wird, ist die Beteiligung des Übersetzers entsprechend zu verringern.
BGH, Urteil vom 20. Januar 2011 - I ZR 19/09 - OLG München - LG München I

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Die unzureichende Aufklärung über eine unzulängliche Bevorratung von Sonderangeboten ist unlauter

BGH
Urteil vom 10.02.2011
I ZR 183/09
Irische Butter
UWG Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3



Leitsätze des BGH:
a) Nach Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG ist - ebenso wie zuvor nach § 5 Abs. 5 UWG 2004 - nicht die unzulängliche Bevorratung der beworbenen Ware, sondern die unzureichende Aufklärung über eine unzulängliche Bevorratung unlauter.
b) Zielt ein Unterlassungsantrag durch Formulierungen wie "für Lebensmittel wie nachfolgend abgebildet zu werben" auf das Verbot der konkreten Verletzungsform ab, stellen weitere in den Antrag aufgenommene, die konkrete Verletzungsform beschreibende Merkmale grundsätzlich eine unschädliche Überbestimmung dar.
c) Eine Gleichartigkeit im Sinne von Nr. 5 UWG des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG liegt nur dann vor, wenn das andere Produkt nicht nur tatsächlich gleichwertig, sondern auch aus der Sicht des Verbrauchers austauschbar ist. Wird für ein Markenprodukt geworben, ist daher ein unter einer Handelsmarke vertriebenes Produkt nicht gleichartig, auch wenn es objektiv gleichwertig sein mag.
d) Die in der Regelung der Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG zugrunde gelegte Erwartung, dass eine einschränkungslos angebotene Ware in sämtlichen in die Werbung einbezogenen Filialen in ausreichender Menge erworben werden kann,
lässt sich nur durch einen aufklärenden Hinweis neutralisieren, der klar formuliert, leicht lesbar und gut erkennbar ist.
BGH, Urteil vom 10. Februar 2011 - I ZR 183/09 - OLG Stuttgart - LG Heilbronn

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Düsseldorf: Ghostwriter für wissenschaftliche Arbeiten darf nicht mit Marktführerschaft werben

OLG Düsseldorf
vom 08.02.2011
I-20 U 116/10


Das OLG Düsseldorf hat es einem Ghostwriter für wissenschaftliche Arbeiten (Hausarbeiten, Doktorarbeiten etc.) untersagt, mit der Behauptung zu werben, dass er einer der Marktführer im Bereich des wissenschaftlichen Ghostwritings sei, da es sich dabei um eine verbotene Dienstleistung handelt.

Aus der Pressemitteilung des OLG Düsseldorf:

"Der Beklagte könne schon deshalb nicht zu den Marktführern des wissenschaftlichen Ghostwritings gehören, weil er ausschließlich verbotene Dienstleistungen, Abschlussarbeiten zum Erwerb akademischer Grade für Dritte zu erstellen, anbiete. Der Hinweis auf der Internetseite, dass die Arbeiten nur zu Übungszwecken verwendet werden dürften, sei ersichtlich nicht ernst gemeint. Es sei lebensfremd, dass jemand mehr als 10.000 € für einen bloßen Übungstext zahle."

Die vollständige Pressemitteilung des OLG Düsseldorf finden Sie hier: "OLG Düsseldorf: Ghostwriter für wissenschaftliche Arbeiten darf nicht mit Marktführerschaft werben" vollständig lesen

BPatG: Zeichenfolge "Eclair" mangels Unterscheidungskraft nicht als Marke für Schokowaren eintragbar

BPatG
Beschluss vom 13.01.2011
25 W (pat) 219/09
Eclair

Das BPatG hat entschieden, dass die Zeichenfolge "Eclair" mangels Unterscheidungskraft nicht als Marke für

"Zuckerwaren; Schokolade; Schokoladewaren”

eingetragen werden kann.

Aus den Entscheidungsgründen:

"In Bezug auf "Zuckerwaren" kann der Begriff "Eclair", der eine längliche, gefüllte und mit Glasur überzogene Backware aus Brandteig bezeichnet (s. Dr. Oetker, Lebensmittel-Lexikon, 4. Aufl., 2004, S. 201), als Hinweis auf den Verwendungszweck der Waren verstanden werden, da unter diesen Warenoberbegriff auch Füllungs-, Glasur- oder Konfektmassen sowie Schichten, Überzüge oder Füllungen von Süßwaren oder feinen Backwaren fallen (s. Dr. Oetker, Lebensmittel-Lexikon, S. 901). Dies gilt gleichermaßen für "Schokolade", die ebenfalls speziell für eine Verwendung bei "Eclairs" bestimmt sein kann. Denn "Eclairs" sind Süßwaren, die, wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, mit einem hohen Schokoladenanteil versehen sein können, sei es als Füllung oder als Glasur (s. dazu auch die mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung an die Anmelderin in der Anlage 2 übermittelten Belege, Bl. 55 - 58 d. A.). "Eclairs" können unter den Warenoberbegriff der "Schokoladenwaren" fallen. Damit erklärt "Eclair" die Art der Ware selbst."

BGH: Werbeanrufe nur zulässig, wenn der konkret angerufene Teilnehmer vor dem Werbeanruf ausdrücklich sein Einverständnis erklärt hat

BGH
Urteil vom 10.02.2011
I ZR 164/09
Werbeanrufe und EU-Recht


Der BGH hat entschieden, dass die deutschen Vorgaben zur Zulässigkeit von Werbeanrufen nicht gegen das Recht der EU verstoßen. Der BGH bekräftigt nochmals, dass Werbeanrufe nur dann zulässig sind, wenn der konkret angerufene Teilnehmer vor dem Werbeanruf ausdrücklich sein Einverständnis erklärt hat. Das Einverständnis muss dabei klar und unmissverständliche erklärt werden. Zudem muss das Unternehmen sicherstellen, dass die Einverständniserklärung tatsächlich vom angerufenen Teilnehmer stammt. Dies muss das Unternehmen dokumentieren und im Streitfall belegen.

Die vollständige Pressemitteilung des BGH finden Sie hier: "BGH: Werbeanrufe nur zulässig, wenn der konkret angerufene Teilnehmer vor dem Werbeanruf ausdrücklich sein Einverständnis erklärt hat" vollständig lesen

BPatG: Marke "Neuschwanstein" mangels Unterscheidungskraft gelöscht

BPatG
Beschluss vom 04.02.2011
25 W (pat) 182/09
Neuschwanstein


Das Bundespatentgericht hat völlig zu Recht die Löschung der Marke „Neuschwanstein“ durch das DPMA bestätigt. Diese war zunächst für zahlreiche Waren und Dienstleistungen eingetragen worden.

In der Pressemitteilung des BPatG heißt es:

"Der Begriff „Neuschwanstein“ bezeichnet nicht nur eine touristische Sehenswürdig­keit, sondern ein Bauwerk, das ein herausragender Bestandteil des nationalen kulturellen Erbes ist. Bezeichnungen von Kulturgütern mit herausragender Bedeutung, die zum nationalen kulturellen Erbe oder zum Weltkulturerbe gehören, sind Allgemeingut und auch deshalb einer markenrechtlichen Monopolisierung und Kommerzialisierung entzogen. Sie weisen regelmäßig auch ohne Sachbezug zu den konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine Unterscheidungskraft i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auf."

Die Rechtsbeschwerde wurde zugelassen, so dass der BGH vermutlich das letzte Wort sprechen wird.

Die vollständige Pressemitteilung des BPatG finden Sie hier:
"BPatG: Marke "Neuschwanstein" mangels Unterscheidungskraft gelöscht" vollständig lesen

BGH: Zur Zulässigkeit der Speicherung dynamischer IP-Adressen zu Abrechnungszwecken

BGH
Urteil vom 13.01.2011
III ZR 146/10
Speicherung dynamischer IP-Adressen
TKG § 97 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, § 100 Abs. 1



Leitsätze des BGH:
a) Zu den Voraussetzungen für die Befugnis, dynamische IP-Adressen zum Zweck der Entgeltermittlung und Abrechnung gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 TKG zu speichern.

b) Die Befugnis zur Speicherung von IP-Adressen zum Erkennen, Eingrenzen oder Beseitigen von Störungen oder Fehlern an Telekommunikationsanlagen gemäß § 100 Abs. 1 TKG setzt nicht voraus, dass im Einzelfall bereits Anhaltspunkte für eine Störung oder einen Fehler vorliegen. Es genügt vielmehr, dass die in Rede stehende Datenerhebung und -verwendung geeignet, erforderlich und im engeren Sinn verhältnismäßig ist, um abstrakten Gefahren für die Funktionstüchtigkeit des Telekommunikationsbetriebs entgegenzuwirken.
BGH, Urteil vom 13. Januar 2011 - III ZR 146/10 - OLG Frankfurt am Main
LG Darmsta

Den Volltext der Entscheidung finden Sie<a href="http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&nr=54979&pos=3&anz=642"> hier:

LG Hamburg: Androhung gerichtlicher Schritte sind Voraussetzung für eine wirksame Abmahnung

LG Hamburg
Urteil vom 16.11.2010
312 O 469/10


Das LG Hamburg hat entschieden, das eine wirksame Abmahnung zwingend voraussetzt, dass in der Abmahnung gerichtliche Schritte für den Fall angedroht werden, dass keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abegegeben wird. Es reicht nicht aus - so das LG Hamburg - , wenn es in der Abmahnung heißt, dass sich der Abmahnende "Weitere Schritte, auch juristische" vorbehält.


Aus den Entscheidungsgründen:

"Das Schreiben des Antragstellers vom 29.6.2010 ist kein Abmahnschreiben in diesem formellen Sinn. Denn der Antragsteller hat dem Antragsgegner nicht zu erkennen gegeben, dass er gerichtlich gegen ihn vorgehen werde, wenn die geforderte Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht innerhalb der gesetzten Frist abgegeben werde. Vielmehr hat er geschrieben, dass er sich „Weitere Schritte, auch juristische, ... gegebenenfalls“ vorbehalte. Eine ausdrückliche Androhung gerichtlicher Schritte liegt darin nicht. Die Androhung weiterer juristischer Schritte kann auch die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes bedeuten. Die Umschreibung „juristische Schritte“ bedeutet nicht klar die Erhebung einer Klage oder die Beantragung einer einstweiligen Verfügung. Die ausdrückliche Androhung gerichtlicher Schritte ist für eine ordnungsgemäße Abmahnung aber Voraussetzung, sofern der Abgemahnte nicht gleichwohl erkannt hat, dass gerichtliche Schritte der Gegenseite drohen (vgl. OLG Hamburg; WRP 1986, 292)."

BGH stellt strenge formelle Anforderungen an die Widerrufsbelehrung - Abweichungen vom gesetzlichen Muster sind gefährlich

BGH
Urteil vom 01.12.2010
VIII ZR 82/10
BGB § 312d Abs. 1, § 355 Abs. 2 in der bis zum 11. Juni 2010 geltenden Fassung;
BGB-InfoV §§ 14, 16 in der bis zum 11. Juni 2010 geltenden Fassung


Der BGH hat in dieser Entscheidung sehr strenge formelle Anforderungen an die Widerrufsbelehrung bei Fernabsatzgeschäften gestellt.
Zwar kann diese - so der BGH - auch vom gesetzlichen Muster abweichen, jedoch soll es bereits problematisch sein, wenn die Belehrung lediglich mit "Widerrufsrecht" und nicht mit "Widerrufsbelehrung" überschrieben ist. Zudem rügt der BGH im vorliegenden Fall, dass der Belehrung die gliedernden Zwischenüberschriften "Widerrufsrecht", "Widerrufsfolgen" und ggf. "finanzierte Geschäfte" fehlen. Auch die verwendete Schrift sei für einen Durchschnittsverbraucher zu klein. Schließlich hält es der BGH für problematisch, wenn im Belehrungstext eine Beschränkung auf Verbraucher vorgenommen wird. So heißt es in den Entscheidungsgründen:

"Die Belehrung wendet sich auch nicht, wie es das Muster vorsieht, konkret an den Adressaten der Belehrung ("Sie"), sondern ist abstrakt formuliert ("Verbraucher"), ohne den Rechtsbegriff "Verbraucher" zu erläutern."

Dabei bleibt jedoch die Streitfrage unbeantwortet, ob außerhalb des Belehrungstextes ein Beschränkung des Widerrufsrechts auf Verbraucher vorgenommen werden darf.

Fazit:

Entspricht die Widerrufsbelehrung nicht den formellen Anforderungen, so liegt keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung vor. Dies hat zur Folge, dass die Widerrufsfrist nicht etwa nur 14 Tage beträgt, sondern bis zu einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung weiterläuft. Zudem drohen Abmahnungen durch Mitbewerber und Verbände. Shopbetreiber sollten daher großen Wert darauf legen, ihre Widerrufsbelehrung dem gesetzlichen Muster anzupassen.

Leitsätze des BGH:

a) Dem Unternehmer ist eine Berufung auf § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV und das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung (BGBl. I 2004 S. 3102) jedenfalls dann verwehrt, wenn der Unternehmer gegenüber dem Verbraucher für die Widerrufsbelehrung kein Formular verwendet hat, das der Musterbelehrung der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der damaligen Fassung vollständig entspricht (im Anschluss an BGH, Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 122/06, BGHZ 172, 58 Rn. 12; Senatsurteil vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, NJW 2010, 989 zur Belehrung über das Rückgaberecht).
b) Die vom Unternehmer verwendete Widerrufsbelehrung darf zwar gemäß § 14 Abs. 3 BGB-InfoV in Format und Schriftgröße von der Musterbelehrung abweichen, muss aber - auch bei Verwendung des Textes der Musterbelehrung - deutlich gestaltet sein (§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB).

BGH, Urteil vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR 82/10 - LG Gießen - AG Gießen

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Der EuGH muss über die Frage entscheiden, ob der Vertrieb gebrauchter Software zulässig ist

BGH
Beschluss vom 03.02.2011
I ZR 129/08
UsedSoft


Der BGH hat die Rechtsfrage, ob der Vertrieb gebrauchter Softwarelizenzen zulässig ist, dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

Aus der Pressemitteilung des BGH:

"Die Kunden der Beklagten greifen durch das Herunterladen der Computerprogramme - so der BGH - in das nach § 69c Nr. 1 UrhG ausschließlich dem Rechtsinhaber zustehende Recht zur Vervielfältigung der Computerprogramme ein. Da die Beklagte ihre Kunden durch das Angebot "gebrauchter" Lizenzen zu diesem Eingriff veranlasst, kann sie auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, falls ihre Kunden nicht zur Vervielfältigung der Programme berechtigt sind. Die Kunden der Beklagten können sich nach Auffassung des BGH allerdings möglicherweise auf die Regelung des § 69d Abs. 1 UrhG berufen, die Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG ins deutsche Recht umsetzt und daher richtlinienkonform auszulegen ist. Nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG bedarf die Vervielfältigung eines Computerprogramms - solange nichts anderes vereinbart ist - nicht der Zustimmung des Rechtsinhabers, wenn sie für eine bestimmungsgemäße Benutzung des Computerprogramms durch den rechtmäßigen Erwerber notwendig ist. Es stellt sich daher die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen derjenige, der eine "gebrauchte" Softwarelizenz erworben hat, als "rechtmäßiger Erwerber" des entsprechenden Computerprogramms anzusehen ist. In diesem Zusammenhang kann sich auch die weitere Frage stellen, ob sich das Verbreitungsrecht des Rechtsinhabers erschöpft, wenn ein Computerprogramm mit seiner Zustimmung im Wege der Online-Übermittlung in Verkehr gebracht worden ist."

Die vollständige Pressemitteilung des BGH finden Sie hier:

"BGH: Der EuGH muss über die Frage entscheiden, ob der Vertrieb gebrauchter Software zulässig ist" vollständig lesen

LG Marburg: Preisobergrenze in § 43b TKG alte Fassung galt nur für 0190er- und 0900er-Nummern

LG Marburg
Urteil vom 12.01.2011
5 S 82/09


Die alte Fassung von § 43b TKG enthielt zahlreiche Vorhaben für 0190er- und 0900er-Nummern, um Verbraucher vor Gebührenabzocke zu schützen. Insbesondere sah die Vorschrift eine Preisobergrenze vor. Das LG Marburg hat nun entschieden, dass sich diese Regelung nach dem Wortlaut und dem Willen des Gesetzgebers nur auf 0190er- und 0900er-Nummern bezog und nicht für andere Rufnummern galt (z.B. 0118er-Nummern). Inzwischen hat der Gesetzgeber die Problematik umfassend in den §§ 66a ff. TKG umfassend geregelt.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: