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BGH: Abwerbeverbot zwischen Unternehmen darf zwei Jahre nicht überschreiten - Zur Anwendung von § 75f HGB auf Abwerbungsverbote

BGH
Urteil vom 30.04.2014
I ZR 245/12
Abwerbeverbot
HGB § 75f; BGB § 339

Leitsätze des BGH:


a) Grundsätzlich stellen nicht nur Einstellungsverbote, sondern auch Vereinbarungen zwischen Unternehmern, sich nicht gegenseitig Arbeitskräfte abzuwerben, gerichtlich nicht durchsetzbare Sperrabreden im Sinne von § 75f HGB dar.

b) Derartige Abwerbeverbote fallen allerdings nicht in den Anwendungsbereich des § 75f HGB, wenn sie nur Nebenbestimmungen der Vereinbarung sind und einem besonderen Vertrauensverhältnis der Parteien oder einer besonderen Schutzbedürftigkeit einer der beiden Seiten Rechnung tragen.

c) Ein zwischen zwei Unternehmen im Hinblick auf einen gemeinsamen Vertrieb vereinbartes Abwerbeverbot darf grundsätzlich einen Zeitraum von zwei Jahren nach Beendigung der Zusammenarbeit nicht überschreiten.

BGH, Urteil vom 30. April 2014 - I ZR 245/12 - OLG Hamburg - LG Hamburg

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Frankfurt: Verlosung von Eintrittskarten für ein Festival - Keine Markenrechtsverletzung und keine Täuschung über Stellung als Sponsor

LG Frankfurt am Main
Urteil vom 05.07.2013
3-10 O 42/13


Das LG Frankfurt hat zutreffend entschieden, dass die Verlosung von Eintrittskarten für ein Festival keine Markenrechtsverletzung und auch keine Täuschung über eine etwaige Stellung als Sponsor darstellt.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Eine Täuschung über eine - vermeintliche - Stellung als Sponsor der genannten Festivals (§ 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 UWG) liegt nicht vor, da die Beklagte aus Sicht der mit der Werbung angesprochenen Verkehrskreise nicht den Eindruck erweckt hat, das Gewinnspiel werde durch den Veranstalter der Festivals bzw. eine mit diesem vertraglich verbundene Person durchgeführt.
[...]
Den Klägerinnen können sich nicht auf die hilfsweise geltend gemachten markenrechtliche Unterlassungsansprüche aus §§ 14, 15 MarkenG berufen.
[...]
ie Benutzung wäre nämlich jedenfalls als beschreibende Benutzung nach § 23 Nr. 2 MarkenG zulässig, weil die Art der Benutzung nicht gegen die guten Sitten verstößt. Die Beklagte erwarb Eintrittskarten für die streitgegenständlichen Festivals und lobte diese als Preise für die Teilnehmer des Gewinnspiels aus. Für diesen Verwendungszweck muss sie im Grundsatz auch in der Lage sein, die Bezeichnungen der Festivals zu nennen. Wesentliches Merkmal des Gewinnspiels ist nämlich, dass Teilnehmer als Preise Tickets für die Festivals gewinnen können."


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OLG Köln: Standbild aus einem Werbefilm darf nicht ohne Einwilligung des Abgebildeten zu Werbezwecken in einem Werbekatalog verwendet werden

OLG Köln
Urteil vom 05.11.2013
I-15 U 44/13


Das OLG Köln hat entschieden, dass ein Standbild aus einem Werbefilm nicht ohne Einwilligung des Abgebildeten zu Werbezwecken in einem Werbekatalog verwendet werden darf.


Aus den Entscheidungsgründen:

"Der Klägerin steht aus den §§ 823 Abs. 1 und Abs. 2, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB ein auf die Unterlassung der angegriffenen werblichen Verwendung ihres Bildnisses gemäß den Seiten 32 - 33 des im März 2012 erschienen Werbekatalogs der Beklagten gerichteter Anspruch zu.

Die Klägerin wird durch diese werbliche Verwendung ihres Bildnisses in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht in der Ausformung des Rechts am eigenen Bild verletzt, welches über die ideellen Aspekte des Persönlichkeitsschutzes hinaus auch das Bestimmungsrecht umfasst, ob und in welcher Weise das eigene Bildnis kommerzialisiert, insbesondere für Werbezwecke zur Verfügung gestellt werden soll (ganz h. M., vgl. zuletzt: BGH, NJW 2013, 793 - "Playboy am Sonntag" - Rdn. 15 m. w. Nachw.).
[...]
Nach den von der Beklagten vorgelegten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der V GmbH dürfen sog. "Home-Entertainment-Händler" das Bildmaterial "...lediglich zum Zwecke der deutschsprachigen Endkunden-Bewerbung der von V erworbenen Videogramme..." verwenden (vgl. Ziffer 5.2 der AGB). Weiter heißt es in der Klausel wie folgt: " Ausdrücklich ausgeschlossen ist vor allem jegliche Nutzung zu anderen Werbezwecken und jegliche Nutzung für andere Produkte als die von der V verbreiteten Videogramme.
[...]
Die vorstehende AGB-Klausel enthält mit der Formulierung "...lediglich..." ersichtlich die sachliche Beschränkung der erteilten Erlaubnis/Lizenz auf eine ausschließlich die Videogramme/Bildträger der V GmbH anpreisende Werbung. Sie umfasst damit nicht eine Zustimmung zu der Verwendung der Bildnisse bzw. des hier in Rede stehenden Standbildes zum Zwecke der Bewerbung anderer Produkte, hier also der Fernsehgeräte, in deren abgebildeten Bildschirmflächen das lizensierte Foto eingeblendet ist.
[...]
Selbst wenn man aber den Anwendungsbereich des in § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG formulierten Ausnahmetatbestands als eröffnet ansehen wollte, folgt hieraus keine von dem vorstehenden Ergebnis abweichende Würdigung.

Die Prüfung, ob die in der Werbung der Beklagten verwendete Abbildung der Klägerin als Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte i.S. von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG ohne ihre Einwilligung verbreitet werden darf, erfordert eine Abwägung zwischen dem Interesse der Klägerin am Schutz ihrer Persönlichkeit und dem von der Beklagten wahrgenommenen Informationsinteresse der Öffentlichkeit (vgl. (vgl.BGH, a.a.O. - Rücktritt des Finanzministers" - Rdn. 18; BGH, a.a.O. -"Wer wird Millionär?" - Rdn. 15 -; BGH vom 10.03.2009 - VI ZR 261/07, a. a. O, Rdn. 10 und vom 09.02. 2010 - VI ZR 243/08, a. a. O, Rdn. 33; BVerfGE 120, 180/201 f., Rdn. 55, 85).
[...]
Der damit nicht besonders schwer wiegenden Eingriffsqualität der Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung der Klägerin steht jedoch ein allenfalls marginaler Informationswert gegenüber, etwa dahin, dass die Klägerin in dem Film "E" mitgespielt und dabei wie auf dem Bild wiedergegeben ausgesehen hat. Diese Information ist als solche belanglos und bietet - wenn überhaupt - kaum einen über die im Übrigen betriebene Produktwerbung hinausweisenden Nachrichtenwert, erst recht aber nicht einen solchen im Hinblick auf eine Angelegenheit von öffentlicher Bedeutung. Der Informationswert der Abbildung der Klägerin ist derart gering, dass ein schützenswerter Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung nicht erkennbar ist.

Dies würdigend überwiegen aber die Interessen der Klägerin an der Wahrung ihres Persönlichkeitsschutzes, selbst wenn hiervon nur dessen vermögensrechtliche Aspekte betroffen sind. Soweit die Beklagte einwendet, die Klägerin werde in der streitbefangenen Werbung nicht anders dargestellt, als dies ohnehin in der mit ihrer Einwilligung stattfindenden Werbung für den Spielfilm geschehe, ist das nicht geeignet, ihrem Bildnisschutz ein gegenüber dem Veröffentlichungsinteresse der Beklagten zurücktretendes Gewicht zu verleihen. Denn es macht einen erheblichen Unterschied, ob die Klägerin ihr Bildnis für die Bewerbung des Films, an dem sie mitgewirkt hat, und der hierzu vorliegenden Bildträger zur Verfügung stellt oder ob ihr Bildnis für die Bewerbung anderer Produkte verwendet wird. Die hierin liegende "Aneignung" ihres Bildnisses für fremde, sich in bloßen Werbezwecken erschöpfende Kommerzialisierung muss die Klägerin nicht hinnehmen."


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BGH bestätigt Runes of Magic-Entscheidung: Duzen, Anglizismen und direkte Ansprache in Online-Spielen ist unzulässige Werbung gegenüber Minderjährigen

Wie der vzbv berichtet hat der BGH nunmehr die Runes of Magic-Entscheidung (I ZR 34/12) bestätigt. Siehe zum Thema BGH: Online-Werbung gegenüber Kindern, die zum Kauf auffordert, ist wettbewerbswidrig - Free2Play, Sparabo & Co vor dem Aus ? und BGH: Unzulässige Werbung gegenüber Minderjährigen durch direkte Ansprache, Duzen und Anglizismen - Volltext der Runes of Magic Entscheidung liegt vor

Die Pressemitteilung des vzbv:

"Runes of Magic: Kinderwerbung bei Computerspiel nicht erlaubt
BGH urteilt: Unzulässige Kaufaufforderung an Kinder

An Kinder gerichtete Werbeaussagen mit einem Link zu kostenpflichtigen Zubehörangeboten für das Computerspiel „Runes of Magic“ sind unzulässig. Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigte sein Urteil aus dem Juli 2013. Geklagt hatte Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) gegen die Gameforge 4D GmbH. Gegen das Versäumnisurteil hatte das Unternehmen Einspruch eingelegt.

„Schnapp Dir die günstige Gelegenheit und verpasse Deiner Rüstung & Waffen das gewisse Etwas“. Mit dieser an Kinder gerichteten Kaufaufforderung wurde auf der Website des Computer-Rollenspiels „Runes of Magic“ für Spielzubehör geworben. Nach Klick auf den Link öffnete sich ein eine neue Internetseite, auf der diverse Zusatzprodukte zum Kauf angeboten wurden. Der BGH hat das nun untersagt.

Der vzbv hatte geklagt, da eine unmittelbare Kaufaufforderung an Kinder nach dem Anhang des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb verboten ist. Dabei mache es keinen Unterschied, dass das Angebot erst über einen Link konkretisiert werde.

Virtuelle Ware gegen echtes Geld

Der vzbv hatte außerdem vorgetragen, dass durch das Angebot von zusätzlichen Gegenständen, die die Teilnahme an dem Spiel attraktiver machen, die geschäftliche Unerfahrenheit von Kindern ausgenutzt werde.

Zwar lässt sich das Rollenspiel „Runes of Magic“ kostenlos herunterladen, Erweiterungen sind aber nur durch den Kauf virtueller Gegenstände möglich. Für die virtuelle Ware muss echtes Geld gezahlt werden: 3.000 Diamanten kosteten den Spieler im Jahr 2009 zum Beispiel 99,99 Euro. Ein Reittier gab es reduziert für 199 Diamanten.

Der BGH bestätigte mit seiner Entscheidung das Versäumnisurteil vom 17. Juli 2013. Gegen dieses hatte das Unternehmen Einspruch eingelegt (Versäumnisurteil des BGH vom 17. Juli 2013 (I ZR 34/12))."

BGH: Reichweite des Schutzes der Langenscheidt Farbmarke gelb - hochgradige Waren- und Zeichenähnlichkeit zwischen Langenscheidt-Wörterbüchern und Sprachlernsoftware eines Mitbewerbers

BGH
Urteil vom 18.09.2014
I ZR 228/12
Gelbe Wörterbücher


Der BGH hat sich in dieser Entscheidung mit der Reichweite des Schutzes der Langenscheidt-Farbmarke "gelb" befasst. Die Marke hat - so der BGH - eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Aufgrund der hochgradigen Waren- und Zeichenähnlichkeit zwischen Langenscheidt-Wörterbüchern und der gelben Verpackung der Sprachlernsoftware eines Mitbewerbers liegt eine Markenrechtsverletzung vor.

Die Pressemitteilung des BGH:

"Bundesgerichtshof zur Reichweite des Schutzes einer Farbmarke

Der unter anderem für das Markenrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass die gelbe Verpackung und die in Gelb gehaltene Werbung eines Unternehmens, das Sprachlernsoftware vertreibt, die Farbmarke der Klägerin, die die Langenscheidt-Wörterbücher herausgibt, verletzt.

Die Klägerin ist Inhaberin der kraft Verkehrsdurchsetzung eingetragenen Farbmarke "Gelb" für zweisprachige Wörterbücher in Printform. Sie gestaltet ihre gedruckten Wörterbücher seit 1956 und seit 1986 auch andere Sprachlernprodukte in einer gelben Farbausstattung mit einem in blauer Farbe gehaltenen "L". Auch die Werbung der Klägerin ist regelmäßig entsprechend aufgemacht.

Die Beklagte bietet in Deutschland seit April 2010 Sprachlernsoftware für 33 Sprachen in einer gelben Kartonverpackung an, auf der als Kennzeichen in schwarzer Farbe eine aus ihrer Unternehmensbezeichnung abgeleitete Wortmarke sowie eine blaue, als halbrunde Stele ausgeformte Bildmarke angebracht sind. Sie bewirbt ihre Produkte in ihrem Internetauftritt sowie im Fernsehen unter Verwendung eines gelben Farbtons.

Mit der vorliegenden Klage will die Klägerin der Beklagten verbieten lassen, die gelbe Farbe bei der Verpackung der Sprachlernsoftware und in der Werbung zu verwenden.

Die Beklagte hat im Registerverfahren die Löschung der Farbmarke der Klägerin beantragt. Dieser Antrag ist beim Deutschen Patent und Markenamt und beim Bundespatentgericht ohne Erfolg geblieben. Das Löschungsverfahren ist derzeit beim Bundesgerichtshof anhängig, aber noch nicht entschieden (Aktenzeichen I ZB 61/13, Verhandlungstermin: 23. Oktober 2014).

Das Landgericht hat der Beklagten verboten, in Deutschland Sprachlernsoftware in gelber Verpackung zu vertreiben und unter Verwendung der gelben Farbe hierfür zu werben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom heutigen Tag die Revision der Beklagten zurückgewiesen.

Der Bundesgerichtshof hat eine Aussetzung des vorliegenden Verletzungsverfahrens bis zur Entscheidung über den Antrag der Beklagten, die gelbe Farbmarke der Klägerin zu löschen, abgelehnt, weil der Ausgang des Löschungsverfahrens offen ist. Er hat die Auffassung des Berufungsgerichts bestätigt, dass eine Verwechslungsgefahr zwischen der Farbmarke der Klägerin und der von der Beklagten verwendeten Farbe besteht. Die Beklagte verwendet den gelben Farbton in Art einer Marke. Der Verkehr fasst die Verwendung einer Farbe in der Werbung oder auf der Ware oder deren Verpackung allerdings im Regelfall als Gestaltungsmittel und nur ausnahmsweise als Marke auf. Auf dem inländischen Markt der zweisprachigen Wörterbücher prägen jedoch Farben die Kennzeichnungsgewohnheiten. Dies strahlt auf den Markt benachbarter Produkte aus, zu denen die Sprachlernsoftware der Beklagten gehört, so dass das Publikum auch in diesem Produktbereich die von der Beklagten großflächig und durchgängig verwendete Farbe "Gelb" als Produktkennzeichen versteht. Die gelbe Farbmarke der Klägerin, die aufgrund langjähriger Verwendung kraft Verkehrsdurchsetzung eingetragen ist, verfügt über durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Die von den Parteien vertriebenen Produkte - Wörterbücher und Sprachlernsoftware - und die von ihnen verwendeten Gelbtöne sind hochgradig ähnlich. Obwohl die Beklagte auch ihre Wortmarke und ihr blaues Logo auf ihren Verpackungen und in der Werbung verwendet, sieht der Verkehr in der gelben Farbe ein eigenständiges Kennzeichen. Für die Frage der Zeichenähnlichkeit ist deshalb isoliert auf den gelben Farbton abzustellen. Bei hochgradiger Waren und Zeichenähnlichkeit und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Klagemarke sind die Voraussetzungen der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr erfüllt.

Urteil vom 18. September 2014 - I ZR 228/12 - Gelbe Wörterbücher

OLG Köln - Urteil vom 9. November 2012 - 6 U 38/12 - GRUR-RR 2013, 213

LG Köln - Urteil vom 19. Januar 2012 - 31 O 352/11 - juris"

VG Stuttgart: Werbetafel mit beweglichen LED-Lichtern ist Bewohnern benachbarter Wohnhäuser nicht zuzumuten und damit unzulässig

VG Stuttgart
Urteil vom 05.09.2014
13 K 308/14

Das VG Stuttgart hat entschieden, dass eine Werbetafel mit beweglichen LED-Lichtern in einer Gegend, die primär aus Wohngebäuden besteht, unzulässig ist. Die beweglichen LED-Lichter erzeugen eine ständige visuelle Unruhe am Gebäude und sind den Bewohnern der benachbarten Wohngebäude nicht zuzumuten.

OLG Hamm: Krankenhaus haftet nicht bei Schwangerschaft trotz Sterilisation, wenn Patient über Restrisiko aufgeklärt und ordnungsgemäß operiert wurde

OLG Hamm
Urteil vom 17.06.2014
26 U 112/13

Die Pressemitteilung des OLG Hamm:

Schwangerschaft nach Sterilisation – Krankenhaus haftet nicht

Für eine nach einer Sterilisation eingetretene, ungewollte Schwanger-schaft haftet das behandelnde Krankenhaus nicht, wenn die behandelte Patientin über eine verbleibende Versagerquote zutreffend informiert worden ist. Das hat der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 17.06.2014 entschieden und damit das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Arnsberg bestätigt.

Die im Jahre 1969 geborene Klägerin aus Menden ließ sich anlässlich der Geburt ihres 2. Kindes im Oktober 2006 im beklagten Krankenhaus in Menden sterilisieren. Gleichwohl kam es im Jahre 2008 zu einer erneuten, ungewollten Schwangerschaft. Im August 2009 kam ein weiteres Kind zur Welt. Mit der Begründung, die Sterilisation sei fehlerhaft durchgeführt und sie, die Klägerin, über die verbleibende Versagerquote unzureichend aufgeklärt worden, hat die Klägerin und ihr ebenfalls klagender Ehemann Schadensersatz verlangt, u.a. ein Schmerzensgeld von 10.000 Euro und einen Unterhaltsschaden von ca. 300 Euro monatlich.

Die Klage ist erfolglos geblieben. Nach sachverständiger Begutachtung konnte der 26. Zivilsenat keine Behandlungsfehler feststellen. Es sei keine falsche Operationsmethode gewählt worden. Ein für die Schwangerschaft kausaler Behandlungsfehler durch einen fehlerhaft unterlassenen oder unzureichenden Verschluss eines Eileiters könnten die Kläger nicht beweisen. In der Schwangerschaft könne sich die auch bei einer fachgerechten Sterilisation verbleibende Versagerquote schicksalhaft realisiert haben. Die Kläger könnten auch nicht nachweisen, dass die behandelnden Ärzte des beklagten Krankenhauses gegen die Pflicht zur therapeutischen Aufklärung verstoßen hätten, indem sie die Klägerin über die verbleibende Versagerquote und die daraus folgende Notwendigkeit weiterer Verhütungsmaßnahmen unzureichend aufgeklärt hätten. Nach der Vernehmung des die Klägerin behandelnden Arztes stehe fest, dass er die Klägerin mündlich zutreffend auf eine Versagerquote von 4 in 1000 Fällen hingewiesen habe. Für die gebotene therapeutische Aufklärung sei das ausreichend. Die Patientin wisse dann, dass das Risiko einer Schwangerschaft in dem genannten Promillebereich fortbestehe und sie ggfls. weitere Verhütungsmaßnahmen ergreifen müsse, wenn sie einen einhundertprozentigen Sicherheitsstandard anstrebe.

Rechtskräftiges Urteil des 26. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 17.06.2014 (26 U 112/13) "




LG Köln: Abgabe nur in haushaltsüblichen Mengen - es müssen mehr als 10 Flaschen einer als Sonderangebot beworbenen Limonade vorrätig sein

LG Köln
Urteil vom 18.07.2014
31 O 106/14


Das LG Köln hat entschieden, dass ein Wettbewerbsverstoß vorliegt, wenn ein Discounter eine Limonade zu einem günstigen Preis mit dem Hinweis "Abgabe nur in haushaltsüblichen Mengen" bewirbt und tatsächlich nur 10 Flaschen bzw. 2 Flaschen vorrätig sind.





BGH: Zur Angabe der Flugzeiten in einer Reisebestätigung - Reisevertrag kann vorsehen, dass Zeitpunkte der Hin- und Rückreise später festgelegt werden

BGH
Urteil vom 16.09.2014
X ZR 1/14

Die Pressemitteilung des BGH:


"Zur Angabe der Flugzeiten in einer Reisebestätigung

Der Bundesgerichtshof hat sich erneut mit der Frage befasst, unter welchen Voraussetzungen ein Reiseveranstalter in einer Reisebestätigung davon absehen darf, genaue Uhrzeiten für Hin- und Rückflug anzugeben.

Der klagende Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände verlangt, soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, von der beklagten Reiseveranstalterin, es zu unterlassen, an Verbraucher Bestätigungen über den Abschluss eines Reisevertrags zu übermitteln, ohne die voraussichtliche Zeit der Abreise (Abflug) und der Rückkehr (Landung des Rückflugs) anzugeben. Er wendet sich insbesondere gegen die bloße Angabe eines Hin- und Rückflugdatums mit dem Zusatz "Genaue Flugzeiten noch nicht bekannt!".

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Der für das Reise- und Personenbeförderungsrecht zuständige X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die dagegen gerichtete Revision des Klägers zurückgewiesen und entschieden, dass die beanstandeten Angaben nicht gegen die Vorgaben in § 6 Abs. 2 Nr. 2 BGB-InfoV* verstoßen.

Der Bundesgerichtshof hat schon im Dezember 2013 entschieden, dass diese Vorschrift keine inhaltlichen Anforderungen an Reiseverträge enthält, sondern lediglich festlegt, dass der Reisende über den Inhalt des geschlossenen Reisevertrags informiert werden muss (BGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 – X ZR 24/13, NJW 2014, 1168 = RRa 2014, 132, Rn. 24 ff.).

In einem Reisevertrag kann vereinbart werden, dass die genauen Zeitpunkte für die Hin- und Rückreise, insbesondere die genauen Uhrzeiten, erst zu einem späteren Zeitpunkt festgelegt werden. Wenn die Vertragsparteien beim Abschluss des Reisevertrags lediglich das Datum vereinbaren, den genauen Zeitpunkt aber weder durch Angabe einer festen Uhrzeit noch durch sonstige Vorgaben (z. B. "vormittags", "abends") festlegen, muss auch die Reisebestätigung keine darüber hinausgehenden Angaben enthalten. Die Angabe "Genaue Flugzeiten noch nicht bekannt!" gibt in solchen Fällen den Inhalt des Reisevertrags zutreffend wieder und ist deshalb nicht zu beanstanden. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte diese Angabe auch in Fällen verwendet hat, in denen der Reisevertrag weitergehende Festlegungen enthielt, lagen nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts nicht vor.

Urteil vom 16. September 2014 – X ZR 1/14

OLG Düsseldorf – Urteil vom 22. November 2013 – I-7 U 271/12

LG Düsseldorf – Urteil vom 4. Juli 2012 – 12 O 223/11

Karlsruhe, den 16. September 2014

§ 6 BGB-Informationspflichten-Verordnung (BGB-InfoV) Reisebestätigung, Allgemeine Reisebedingungen

Der Reiseveranstalter hat dem Reisenden bei oder unverzüglich nach Vertragsschluss eine Urkunde über den Reisevertrag (Reisebestätigung) auszuhändigen.

Die Reisebestätigung muss, sofern nach der Art der Reise von Bedeutung, … folgende Angaben enthalten:

1.endgültiger Bestimmungsort …

2.Tag, voraussichtliche Zeit und Ort der Abreise und Rückkehr …"

BGH: Zulassungsfreie Rechtsbeschwerde bei Verletzung der Pflicht zur Vorlage an den EuGH durch das BPatG - Schwarzwälder Schinken

BGH
Beschluss vom 03.04.2014
I ZB 6/12
Schwarzwälder Schinken
MarkenG § 83 Abs. 3 Nr. 1 und 3; Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 Art. 7 Abs. 1 Buchst. e; Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 Art. 4 Abs. 2 Buchst. e

Leitsatz des BGH:

Die Rüge einer Verletzung der Pflicht zur Vorlage an den Gerichtshof der Europäi-schen Union durch das Bundespatentgericht kann nicht die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde nach § 83 Abs. 3 Nr. 1 MarkenG, wohl aber die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde gemäß § 83 Abs. 3 Nr. 3 MarkenG eröffnen.

BGH, Beschluss vom 3. April 2014 - I ZB 6/12 - Bundespatentgericht

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


OLG Düsseldorf: Werbung mit unternehmenseigenem Server und eigenem Rechenzentrum durch Provider irreführend, wenn diese von einer Tochtergesellschaft betrieben werden

OLG Düsseldorf
Urteil vom 03.06.2014
I-20 U 66/13


Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung vorliegt, wenn ein Provider / Hoster mit unternehmenseigenem Server und eigenem Rechenzentrum wirbt, diese aber tatsächlich von einer Tochtergesellschaft betrieben werden.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Der Kläger hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Unterlassung der Werbung mit den Aussagen "unternehmenseigene Server" und "Rechenzentrum der X. I. GmbH" aus § 8 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 3, 5 Abs. 1 UWG.

Gemäß § 5 UWG handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt. Irreführend ist eine geschäftliche Handlung jedenfalls dann, wenn sie unwahre Angaben enthält. Ob eine Werbeaussage unwahre Angaben enthält, richtet sich nach dem Verständnis des situationsadäquat aufmerksamen, durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers (BGH, GRUR 2004, 244, 245 - Marktführerschaft). Dessen Erwartungen kann der Senat vorliegend selbst beurteilen. Daran ändert der Umstand, dass seine Mitglieder nicht zu den potentiellen Kunden der Beklagten gehören, nichts. Die Werbeadressaten verfügen in ihrer Mehrzahl über keine fachspezifischen Kenntnisse. Die Aussage ist nicht anders zu beurteilen als eine, die sich an Allgemeinheit richtet (vgl. BGH, GRUR 2002, 550, 552 - Elternbriefe). Zur Feststellung der Verkehrsauffassung ist der Tatrichter als Teil dieser Allgemeinheit regelmäßig ohne weiteres in der Lage (BGH, a. a. O.).

Die Aussagen "unternehmenseigene Server" und "Rechenzentrum der X. I. GmbH" werden dahingehend verstanden, das Rechenzentrum werde von der Beklagten selbst unterhalten. Die Beklagte ist jedoch unstreitig nicht die Betreiberin des Rechenzentrums. Ob das von ihr genutzte Rechenzentrum von der X. O. mit Sitz in B. unterhalten wird und ob diese eine 90-prozentige Tochtergesellschaft der Beklagten ist, ist unerheblich. Für die angesprochenen Verkehrskreise ist entscheidend, dass ihre Daten den unmittelbaren Zugriffsbereich ihres potentiellen Vertragspartners nicht verlassen. Mit der Auslagerung zu einer, noch dazu im Ausland ansässigen Tochtergesellschaft, die ihnen gegenüber gerade nicht vertraglich verpflichtet ist, rechnen sie nicht. Zudem besteht bei einer Tochtergesellschaft immer die Gefahr, dass diese verkauft wird oder in Insolvenz fällt und damit nicht mehr der Kontrolle der Vertragspartnerin untersteht, ohne dass der Kunde dies mitbekommt."


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EuGH: Bibliotheken ist es gestattet, Bücher zu digitalisieren und Nutzern auf einem Terminal in der Bibliothek zur Verfügung zu stellen

EuGH
Beschluss vom 12.09.2014
C‑117/13
Technische Universität Darmstadt
gegen
Eugen Ulmer KG


Der EuGH hat entschieden, dass es öffentlichen Bibliotheken gestattet ist, Bücher zu digitalisieren und Nutzern auf einem Terminal in der Bibliothek zur Verfügung zu stellen.

Tenor der Entscheidung:

1. Der Begriff „Regelungen über Verkauf und Lizenzen“ in Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft ist in dem Sinne zu verstehen, dass der Rechtsinhaber und eine in dieser Bestimmung genannte Einrichtung, wie eine öffentlich zugängliche Bibliothek, für das betroffene Werk einen Lizenz- oder Nutzungsvertrag geschlossen haben müssen, in dem die Bedingungen für die Nutzung des Werks durch die Einrichtung festgelegt sind.

2. Art. 5 Abs. 3 Buchst. n in Verbindung mit Art. 5 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29 ist dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat nicht verwehrt, öffentlich zugänglichen Bibliotheken, die unter diese Bestimmungen fallen, das Recht einzuräumen, in ihren Sammlungen enthaltene Werke zu digitalisieren, wenn diese Vervielfältigungshandlung erforderlich ist, um den Nutzern diese Werke auf eigens hierfür eingerichteten Terminals in den Räumlichkeiten dieser Einrichtungen zugänglich zu machen.

3. Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29 ist dahin auszulegen, dass er nicht Handlungen erfasst wie das Ausdrucken von Werken auf Papier oder ihr Speichern auf einem USB-Stick, die von Nutzern auf Terminals vorgenommen werden, die in unter diese Bestimmung fallenden öffentlich zugänglichen Bibliotheken eigens eingerichtet sind. Solche Handlungen können allerdings gegebenenfalls durch die nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Ausnahmen und Beschränkungen gemäß Art. 5 Abs. 2 Buchst. a oder b dieser Richtlinie gestattet sein, sofern im Einzelfall die in diesen Bestimmungen festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Frankfurt untersagt nun auch UBER-Fahrer das Anbieten von Beförderungsdienstleistungen per UBER POP ohne Genehmigung nach dem PBefG

LG Frankfurt
Beschluss vom 08.09.2014
2-06 O 318/14


Das LG Frankfurt hat letztlich wenig überraschend nun mehr auch einem UBER-Fahrer im Wege einer einstweiligen Verfügung untersagt, Beförderungsdienstleistungen per UBER POP ohne Genehmigung nach dem PBefG anzubieten ( Siehe zum Thema auch LG Frankfurt: Bundesweites Verbot für Taxi-Konkurrenten UBER - Verstoß gegen Personenbeförderungsgesetz und damit wettbewerbswidrig).

Es ist nicht davon auszugehen, dass es bei diesem Fall bleibt. Sofern das PBefG nicht durch den Gesetzgeber geändert wird, ist das UBER-Angebot schlicht rechtswidrig und auch für die beteiligten Fahrer mit einem erheblichen Kostenrisiko verbunden, da diese ebenfalls auf Unterlassung in Anspruch genommen werden können.

Tenor der Entscheidung:

"1. ) Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Verfügung wegen Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung bei Meidung von Ordnungsgeld bis 250.000.- € - ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt,

im geschäftlichen Verkehr zur Wettbewerbszwecken Beförderungswünsche von Fahrgästen über den Dienst „Uber Pop" der technischen Applikation „Uber" anzunehmen und hierfür den von Uber für die Fahrt vorgegebenen Betrag zu vereinnahmen, ohne im Besitz einer Genehmigung nach dem PBefG zu sein, es sei denn, das vom Antragsgegner vereinnahmte Gesamtentgelt für die Beförderungsfahrt übersteigt nicht die reinen Betriebskosten der Fahrt.

2. ) Die Kosten des Verfügungsverfahrens trägt der Antragsgegner.

3. ) Der Streitwert wird auf 10.000,-- festgesetzt.


In den Gründen wird, wie in einstweiligen Verfügungsverfahren nicht unüblich, nur auf den Sachvortrag in den Schriftsätzen Bezug genommen:

"Der Beschluss beruht auf dem Sachvortrag in den beigefügten Schriftsätzen sowie den §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, 2 Abs. 1, 9 Abs. 1 Ziff. 5 PBefG."


LG Berlin: Google muss im Impressum Möglichkeit zur unmittelbaren Kontaktaufnahme angeben - tote E-Mail-Adresse mit Serienmail per Auto-Responder genügt nicht

LG Berlin
Urteil vom 28.08.2014
52 O 135/13


Das LG Berlin hat entschieden, dass der Suchmaschinenbetreiber Google im Impressum eine Möglichkeit zur unmittelbaren Kontaktaufnahme angeben muss. Eine "tote" E-Mail-Adresse, die Anfragen lediglich per Auto-Responder mit einer Serienmail beantwortet, genügt nicht.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs 1 iV.m. §4 Nr. 11 UWG bzw. § 2 Abs.1 UKIaG jeweils i.V.m. § 5 Abs.1 Nr.2 TMG, Die beanstandete Fassung des Impressums genügt nicht den Anforderungen von § 5 Abs.1 Nr.2 TMG.

Nach dieser Vorschrift haben Diensteanbieter für geschäftsmäßige, in der Regel gegen Entgelt angebotene Telemedien Angaben, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und unmittel­bare Kommunikation mit ihnen ermöglichen, einschließlich der Adresse der elektronischen Post, leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten.

Die Informationspflichten des § 5 TMG dienen dem Verbraucherschutz und der Transparenz von geschäftsmäßig erbrachten Telediensten. Sie stellen daher Markverhaltensreglungen im Sinne von § 4 Nr.11 UWG dar (BGH GRUR 2007, 159. Rz 15 - Anbieterkennzeichnung).

[...]

Der Erhalt von automatisierten E-Mails ist nicht das, was man sich gemeinhin unter unmittelbarer Kommunikation vorstellt.

Hierzu hat sich der EuGH im Urteil vom 16.10.2008 Rs. C-298/07 geäußert. Zur Unmittelbarkeit führt der EuGH Rz. 29 aus, dass diese .nicht notwendigerweise eine Kommunikation in Form von Rede und Gegenrede, d.h. einen wirklichen Dialog, erfordert, sondern nur, dass kein Dritter zwischen den Beteiligten eingeschaltet ist". Zur von Art. 5 Abs.1 Iii c ECRL, die der EuGH zu prü­fen hatte, geforderten Effizienz sagt der EuGH weiter Rz. 30, dass .eine effiziente Kommunikation nicht (bedeutet), dass eine Anfrage sofort beantwortet wird Eine Kommunikation ist vielmehr dann als effizient anzusehen, wenn sie es erlaubt, dass der Nutzer angemessene Informationen inner­halb einer Frist erhalt, die mit seinen Bedürfnissen oder berechtigten Erwartungen vereinbar ist."

Den hier aufgestellten Anforderungen genügt die fragliche „Kommunikation" nicht. Zwar ist ein Dritter - sieht man einmal von der Beantwortung von Fragen in Foren durch andere Nutzer ab - nicht zwischengeschartet. Es kann auch hiernach nicht Aufgabe des TMG sein, eine Antwort oder eine bestimmte Qualität der Antwort zu erzwingen. Es genügt die abstrakte Möglichkeit, dass Kommunikation aufgenommen wird, eine Reaktion erfolgt. Auch ein Nichtantworten kann eine Reaktion sein. Wenn aber das Nichtantworten Prinzip ist, kann nicht mehr von Kommunikation die Rede sein. Das Reagieren mit einer E-Mail, die besagt, dass die eingehenden Mails nicht zur Kenntnis genommen werden und auf diese Mail nicht geantwortet werden kann, dass also auf diesem Wege keine Kommunikation stattfindet, reicht für eine schnelle Kontaktaufnahme und unmittelbare Kommunikation nicht aus. Es kann auch nicht ausreichen, wenn wie vorliegend mit einer automatisierten Antwortmail an andere Kanäle weitervermittelt wird. Dabei ist nicht zu bean­standen, dass die Beklagte im Rahmen einer E-Mail auf vorformulierte Inhalte zurückgreift, sondern dass eben die Kommunikation über E-Mail verweigert wird, sondern nur auf Hilfe-Seiten ver­wiesen wird, die erst über auszufüllende Online-Kontaktformulare die Chance auf direkten Aus­tausch mit einem Mitarbeiter eröffnen. Dies wird umso deutlicher durch die Kontrollüberlegung, dass die Anforderungen von § 5 Abs.1 Nr.2 TMG eindeutig nicht gewahrt wären, wenn der Inhalt der automatisierten Antwort-E-Mail entsprechend der Anlage K 2 selbst im Impressum erschiene, weil hier eben keine E-Mail-Adresse genannt wird. Dann kann es aber auch nicht ausreichen, wenn pro forma" eine automatisierte E-Mail zwischengeschaltet wird, die genau diese Informatio­nen enthält Denn dann dient die E-Mail-Adresse eben nicht der Kommunikation, sondern nur dem Transport von Informationen, die an sich nicht ausreichend sind.
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Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


LG Frankfurt: Kostenpflichtige Mehrwertdienstenummer (2,99 EURO/Min) im Impressum unzulässig - Anbieterkennzeichnung muss normale oder kostengünstigere Telefonnummer enthalten

LG Frankfurt / Main
Urteil vom 02.10.2013
2-03 O 445/12


Das LG Frankfurt hat entschieden, dass die Angabe einer kostenpflichtigen Mehrwertdienstenummer (hier: Nummer für 2,99 EURO/Min) im Impressum nicht den Anforderungen von § 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG genügt. In einer Anbieterkennzeichnung sollte daher stets eine normale oder kostengünstigere Telefonnummer angegeben werden.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Kammer ist der Ansicht, dass die Einrichtung einer Telefonnummer als Mehrwertdienstenummer keine unmittelbare und effiziente Kommunikation zwischen Nutzer und Diensteanbieter ermöglicht, namentlich dann, wenn wie hier Kosten im Bereich der gerade noch zulässigen Höchstpreise gemäß § 66d TKG - hier bis zu 2,99 €/Minute - anfallen (s. auch Micklitz/Schirmbacher in: Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl., § 5 TMG Rn. 47).

Wird die Telefonnummer als Mehrwertdienstenummer eingerichtet, durch die die üblichen Kosten überschritten werden, kann dies Nutzer aufgrund der damit verbundenen Kosten von einer Kontaktaufnahme abhalten (vgl. BGH, GRUR 2007, 723 - Internet-Versicherung, juris-Rn. 15; s. auch KG, MMR 2013, 591 - Online-Kontaktformular, juris-Rn. 48 zur Frage der Gleichwertigkeit einer Email-Adresse und einer Telefaxnummer).

Dies widerspricht den Zielen der RL 2001/31/EG. Diese will einerseits einen Beitrag zur Akzeptanz der neuen Informations- und Kommunikationstechniken im täglichen Rechtsund Geschäftsverkehr leisten (vgl. Erwägungsgründe 4 bis 6, Art. 1 Abs. 1; s. auch BT-Drs. 13/7385, S. 18). Gleichzeitig soll auch der Schutz der Verbraucher gewährleistet werden (Erwägungsgründe 7, 10, 11).

Hiermit steht es nicht im Einklang, wenn der Diensteanbieter aus der Kontaktaufnahme mittels gebührenpflichtiger Servicenummern zusätzlichen Gewinn erzielt, zumal dem Verbraucher keine angemessene Gegenleistung zuteil wird (vgl. Micklitz/Schirmbacher, a.a.O. § 5 TMG Rn. 47).

Soweit sich die Beklagte in diesem Zusammenhang darauf beruft, dass das Geschäftsmodell und die Geschäftsstrukturen eines Online-Händlers anders als beim stationären Handel keinen beratenden Verkäufer vorsähen, was auch im Rahmen der Kalkulation der Preise Auswirkungen habe, so dass es angemessen sei, Kosten für die Beantwortung telefonischer Anfragen zu erheben, kann ihr nicht gefolgt werden. Relevante Nachteile im Wettbewerb durch die durch die telefonische Beratung verursachten Kosten dürften schon deshalb nicht entstehen, weil zumindest in der Union alle Mitbewerber der Beklagten insoweit den gleichen Regeln unterliegen. Gewisse - natürlich nicht von der Hand zu weisende - Belastungen der Beklagten (wie auch eines jeden anderen Normadressaten) müssen - darüber hinaus auch mit Blick auf die in Art. 12, 14 GG vorgesehenen Grundrechtsschranken - hingenommen werden. Denn der mit § 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG verbundene Eingriff ist durch die damit verknüpften vernünftigen sachlichen Erwägungen des Gemeinwohls legitimiert (vgl. KG, MMR 2013, 591 - Online-Kontaktformular, juris-Rn. 52)."


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