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BGH: Verbraucher kann gesetzliches Widerrufsrecht ohne Rücksicht auf Beweggründe ausüben - Rechtsmissbrauch nur in engen Ausnahmefällen

BGH
Urteil vom 16.03.2016
VIII ZR 146/15


Der BGH hat entschieden, dass ein Verbraucher sein gesetzliches Widerrufsrecht ohne Rücksicht auf seine Beweggründe ausüben kann. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten liegt nur in ganz engen Ausnahmefällen vor.

Die Pressemitteilung des BGH:

"Widerruf von Fernabsatzverträgen von Gesetzes wegen ohne Rücksicht auf die Beweggründe des Verbrauchers möglich

Der Bundesgerichtshof hat sich heute mit der Frage befasst, unter welchen Voraussetzungen ein Verbraucher unter dem Gesichtspunkt rechtsmissbräuchlichen Verhaltens am Widerruf eines Fernabsatzvertrages gehindert ist.

Der Kläger hatte bei der Beklagten über das Internet zwei Matratzen bestellt, die im Januar 2014 ausgeliefert und vom Kläger zunächst auch bezahlt worden waren. Unter Hinweis auf ein günstigeres Angebot eines anderen Anbieters und eine "Tiefpreisgarantie" des Verkäufers bat der Kläger um Erstattung des Differenzbetrags von 32,98 €, damit er von dem ihm als Verbraucher zustehenden Widerrufsrecht absehe. Zu einer entsprechenden Einigung kam es nicht. Der Kläger widerrief den Kaufvertrag daraufhin fristgerecht und sandte die Matratzen zurück.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass der Kläger sich rechtsmissbräuchlich verhalten habe und der Widerruf deshalb unwirksam sei. Denn das Widerrufsrecht beim Fernabsatzgeschäft bestehe, damit der Verbraucher die Ware prüfen könne. Aus diesem Grund habe der Kläger aber nicht widerrufen, sondern vielmehr um (unberechtigt) Forderungen aus der "Tiefpreisgarantie" durchzusetzen.

Die auf Rückzahlung des Kaufpreises gerichtete Klage hatte in allen Instanzen Erfolg. Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass dem Kläger ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises zusteht, da er den Kaufvertrag wirksam widerrufen hat. Dem steht nicht entgegen, dass es dem Kläger darum ging, einen günstigeren Preis für die Matratzen zu erzielen. Für die Wirksamkeit des Widerrufs eines im Internet geschlossenen Kaufvertrags genügt allein, dass der Widerruf fristgerecht erklärt wird. Die Vorschriften über den Widerruf sollen dem Verbraucher ein effektives und einfach zu handhabendes Recht zur Lösung vom Vertrag geben. Einer Begründung des Widerrufs bedarf es nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung nicht. Deshalb ist es grundsätzlich ohne Belang, aus welchen Gründen der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht Gebrauch macht.

Ein Ausschluss dieses von keinen weiteren Voraussetzungen abhängenden Widerrufsrechts wegen eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens des Verbrauchers kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht, in denen der Unternehmer besonders schutzbedürftig ist. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein Verbraucher arglistig handelt, etwa indem er eine Schädigung des Verkäufers beabsichtigt oder schikanös handelt. Damit ist der vorliegende Fall jedoch nicht vergleichbar. Dass der Kläger Preise verglichen und der Beklagten angeboten hat, den Vertrag bei Zahlung der Preisdifferenz nicht zu widerrufen, stellt kein rechtsmissbräuchliches Verhalten dar. Das ist vielmehr Folge der sich aus dem grundsätzlich einschränkungslos gewährten Widerrufsrecht ergebenden Wettbewerbssituation, die der Verbraucher zu seinem Vorteil nutzen darf.

Vorinstanzen:

AG Rottweil – Urteil vom 30. Oktober 2014 (1 C 194/14)

LG Rottweil – Urteil vom 10. Juni 2015 (1 S 124/14)

Karlsruhe, den 16. März 2016

§ 312b BGB aF Fernabsatzverträge

(1) Fernabsatzverträge sind Verträge über die Leistung von Waren oder über die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich Finanzdienstleistungen, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen werden, es sei denn, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt. […]

(2) Fernkommunikationsmittel sind Kommunikationsmittel, die zur Anbahnung oder zum Abschluss eines Vertrags zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit der Vertragsparteien eingesetzt werden können, insbesondere Briefe, Kataloge, Telefonanrufe, Telekopien, E-Mails sowie Rundfunk, Tele- und Mediendienste.

[…]

§ 312d BGB aF Widerrufs- und Rückgaberecht bei Fernabsatzverträgen

(1) Dem Verbraucher steht bei einem Fernabsatzvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu. […]

(2) Die Widerrufsfrist beginnt abweichend von § 355 Abs. 3 Satz 1 nicht vor Erfüllung der Informationspflichten gemäß Artikel 246 § 2 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 und 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche, bei der Lieferung von Waren nicht vor deren Eingang beim Empfänger, bei der wiederkehrenden Lieferung gleichartiger Waren nicht vor Eingang der ersten Teillieferung und bei Dienstleistungen nicht vor Vertragsschluss.

[…]

§ 355 BGB aF Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen

(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so ist er an seine auf den Abschluss des Vertrags gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden, wenn er sie fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten und ist in Textform oder durch Rücksendung der Sache innerhalb der Widerrufsfrist gegenüber dem Unternehmer zu erklären; zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung.

[…]



LG Bochum: VW-Skandal - Autohaus muss VW mit Schummelsoftware nicht zurücknehmen

LG Bochum
Urteil vom 16.03.2016
I-2 O 425/15


Das LG Bochum hat im Zusammenhang mit dem VW-Skandal entschieden, dass ein Autohaus einen VW mit Schummelsoftware nicht zurücknehmen muss.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

"Klage im Rechtsstreit um die Rückgabe eines VW-PKW mit sogenannter "Schummelsoftware" abgewiesen

Im Rechtsstreit zwischen einem Kläger aus Trier und einem Bochumer Autohaus um die Rückgabe eines PKW des Typs VW Tiguan, der mit der sogenannten „Schummelsoftware“ ausgestattet ist, hat die 2. Kammer des Landgerichts Bochum heute ein Urteil verkündet und die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat die Kammer im Wesentlichen ausgeführt, dass das Fahrzeug des Klägers durch den Einsatz einer sogenannten „Umschaltlogik“, die zwischen Straßen- und Prüfstandsbetrieb unterscheide, mangelhaft sei. Durch die Software werde eine tatsächlich nicht vorhandene Qualität der Abgasreinigung vorgetäuscht.

Zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtige dies dennoch nicht, da es an der hierfür erforderlichen erheblichen Pflichtverletzung der Beklagten fehle. Die Beklagte sei als Autohaus ausschließlich Verkäuferin und nicht Herstellerin des Fahrzeuges. Sie treffe an dem Mangel kein größeres Verschulden, als den Kläger. Ein Verschulden des Fahrzeugherstellers, der Volkswagen AG, könne ihr nicht zugerechnet werden. Zudem fielen die Kosten der vom Kraftfahrtbundesamt genehmigten Mangelbeseitigung unter die sogenannte „Bagatellgrenze“ von einem Prozent des Kaufpreises.

Gegen das Urteil kann vom Kläger das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden, für deren Entscheidung das Oberlandesgericht in Hamm zuständig ist."

Generalanwalt beim EuGH: Providerprivileg für offenes WLAN gilt auch für Personen die als Nebentätigkeit zu ihrer wirtschaftlichen Haupttätigkeit ein lokales Funknetz mit Internetzugang betreiben

Generalanwalt beim EuGH
Schlussantrag vom 16.03.2016
C‑484/14
Tobias Mc Fadden ./. Sony Music Entertainment Germany GmbH


Der Generalanwalt beim EuGH hat sich heute in diesem Verfahren in seinen Schlussantrag zur Störerhaftung bei Betrieb eines offenen WLANs geäußert. Der Generalanwalt ist der Ansicht, dass die Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr dahingehend auszulegen ist, dass das Providerprivileg für offenes WLAN auch für Personen gilt, die lediglich als Nebentätigkeit zu ihrer wirtschaftlichen Haupttätigkeit ein lokales Funknetz mit Internetzugang betreiben.

Der EuGH ist an die Vorschläge des Generalanwalts nicht gebunden, folgt diesem aber meistens.

Der Vorschlag des Generalanwalt:

1. Art. 2 Buchst. a und b sowie Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“) sind dahin auszulegen, dass sie für eine Person gelten, die als Nebentätigkeit zu ihrer wirtschaftlichen Haupttätigkeit ein lokales Funknetz mit Internetzugang betreibt, das der Öffentlichkeit unentgeltlich zur Verfügung steht.

2. Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31 steht der Verurteilung eines Anbieters von Diensten der reinen Durchleitung auf einen Antrag hin entgegen, der die Feststellung der zivilrechtlichen Haftung dieses Diensteanbieters einschließt. Dieser Artikel steht daher nicht nur der Verurteilung des Anbieters solcher Dienste zur Leistung von Schadensersatz, sondern auch seiner Verurteilung zur Tragung der Abmahnkosten und der gerichtlichen Kosten im Zusammenhang mit der von einem Dritten durch die Übermittlung von Informationen begangenen Verletzung des Urheberrechts entgegen.

3. Art. 12 Abs. 1 und 3 der Richtlinie 2000/31 steht dem Erlass einer mit einem Ordnungsgeld bewehrten gerichtlichen Anordnung nicht entgegen.

Ein nationales Gericht muss sich, wenn es eine solche Anordnung erlässt, vergewissern,

– dass die fraglichen Maßnahmen mit Art. 3 der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums vereinbar und insbesondere wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sind;

– dass sie gemäß den Art. 12 Abs. 3 und 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31 darauf gerichtet sind, eine bestimmte Rechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern, und keine allgemeine Überwachungspflicht implizieren und

– dass diese Bestimmungen und andere vom nationalen Recht vorgesehene Modalitäten ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den betroffenen Grundrechten wahren, insbesondere denjenigen, die in den Art. 11 und 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union auf der einen und in Art. 17 Abs. 2 dieser Charta auf der anderen Seite verankert sind.

4. Die Art. 12 Abs. 3 und 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31, ausgelegt nach Maßgabe der Anforderungen, die sich aus dem Schutz der einschlägigen Grundrechte ergeben, stehen grundsätzlich dem Erlass einer gerichtlichen Anordnung nicht entgegen, die es dem Adressaten freistellt, welche konkreten Maßnahmen er ergreift. Es ist jedoch Sache des mit einem Antrag auf Erlass einer gerichtlichen Anordnung befassten nationalen Gerichts, sich zu vergewissern, dass es geeignete Maßnahmen gibt, die mit den unionsrechtlichen Beschränkungen im Einklang stehen.

Die genannten Bestimmungen stehen der gerichtlichen Anordnung, die an eine Person gerichtet ist, die als Nebentätigkeit zu ihrer wirtschaftlichen Haupttätigkeit ein der Öffentlichkeit zugängliches lokales Funknetz mit Internetzugang betreibt, entgegen, wenn der Adressat der Anordnung nur dadurch nachkommen kann, dass

– er den Internetanschluss stilllegt oder

– mit einem Passwortschutz versieht oder

– sämtliche über diesen Anschluss laufende Kommunikation daraufhin untersucht, ob das bestimmte urheberrechtlich geschützte Werk erneut rechtswidrig übermittelt wird.


Den Volltext des Schlussantrags finden Sie hier:

OLG Celle: Streitwert bei fehlendem Muster-Widerrufsformular 3000 EURO im Hauptsacheverfahren und 2000 EURO im einstweiligen Verfügungsverfahren

OLG Celle
Beschluss vom 08.02.2016
13 W 6/16


Das OLG Celle hat entschieden, dass der Streitwert bei einem fehlenden Muster-Widerrufsformular 3000 EURO im Hauptsacheverfahren und 2000 EURO im einstweiligen Verfügungsverfahren beträgt. Auch bei anderen fehlenden Pflichtinformationen oder fehlerhaften AGB-Klauseln setzt das OLG Celle entsprechende Werte an.

Aus den Entscheidungsgründen:

II. Die gem. § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG statthafte und auch im Übrigen gem. § 68 Abs. 3 Satz 1 GKG i. V. m. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG zulässige Streitwertbeschwerde der Prozessbevollmächtigten des Verfügungsklägers aus eigenem Recht gem. § 32 Abs. 2 RVG hat in dem tenorierten Umfang Erfolg.

a) Gem. § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG i. V. m. § 3 ZPO und § 51 Abs. 1 GKG bestimmt sich der Streitwert einer einstweiligen Verfügung über einen Anspruch gem. § 3 Abs. 1 UWG i. V. m. § 4 Nr. 11 UWG (jetzt: § 3a UWG) und § 312d Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 EGBGB, § 312a Abs. 2 BGB i. V. m. Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB, § 312i Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB i. V. m. Art. 246c Nr. 2 EGBGB, sowie § 1 Abs. 2 PAngV nach billigem Ermessen.

b) In Verfahren, in denen es - wie hier - um die Unterlassung von Wettbewerbsverstößen geht, ist für diese Schätzung das Interesse maßgeblich, das der Antragsteller an der Unterbindung weiterer gleichartiger Verstöße hat. Kriterien zur Bestimmung dieses Interesses sind vor allem die Art des Verstoßes, insbesondere seine Gefährlichkeit für den Wettbewerber im Hinblick auf den ihm drohenden Schaden (z. B. Umsatzeinbußen, Marktverwirrungs- und Rufschaden), die Unternehmensverhältnisse beim Verletzter und Verletzen (Umsätze, Größe, Wirtschaftskraft, Marktstellung und deren voraussichtliche Entwicklung) und die Intensität des Wettbewerbs (vgl. Senat, Urteil vom 2. August 2012 - 13 U 4/12, juris Rn. 29; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 12 Rn. 5.6). Bei einem Verband zur Förderung gewerblicher Interessen gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, dessen Zweck darin besteht, die Interessen seiner gewerblichen oder selbstständig beruflich tätigen Mitglieder zu fördern, ist das Interesse des Verbandes im Regelfall ebenso zu bewerten wie das eines gewichtigen Mitbewerbers (Köhler in Köhler/Bornkamm, a. a. O., § 12 Rn. 5.8).

c) Wettbewerbsverstöße gegen die Belehrung über das Widerrufsrecht von Verbrauchern und die gesetzlichen Informationspflichten bei Verbraucherverträgen, Fernabsatzverträgen und Verträgen um elektronischen Rechtsverkehr beeinträchtigen die geschäftlichen Belange des verletzten Mitbewerbers in aller Regel nur unwesentlich. An der Erfüllung der entsprechenden gesetzlichen Verpflichtungen besteht zwar zum Schutze der Verbraucher ein erhebliches Allgemeininteresse. Die Interessenlage der Mitbewerber, deren Schutz der Verfügungskläger für ihre Mitglieder kollektiv nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG wahrnimmt, wird durch einen solchen Wettbewerbsverstoß jedoch nur unwesentlich berührt (vgl. Senat, Beschluss vom 14. Juni 2011 - 13 U 50/11, juris Rn. 7 zum Verstoß gegen die Informationspflichten nach dem TMG; Beschluss vom 19. November 2007 - 13 W 112/07, juris Rn. 3 zur fehlerhaften Widerrufsbelehrung; OLG Frankfurt, Beschluss vom 8. November 2011 - 6 W 91/11, juris Rn. 3).

d) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist von einem Streitwert von insgesamt 14.000 € auszugehen:

aa) Bei dem Verstoß gegen § 312d Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 246a § 1 Abs. 2 Nr. 1 und § 4 Abs. 1 EGBGB, bei einem Fernabsatzvertrag über das Muster-Widerrufsformular zu informieren, geht der Senat von einem Wert in der Hauptsache von 3.000 € aus.

Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gem. § 51 Abs. 4 GKG von einer geringeren Bedeutung gegenüber der Hauptsache auszugehen ist. Regelmäßig ist diese Ermäßigung mit einem Abschlag von 1/3 vom Streitwert des Hauptsacheverfahrens zu bestimmen (Senat, Beschluss vom 4. Dezember 2009 - 13 W 95/09, juris Rn. 14; Köhler in Köhler/ Bornkamm, a. a. O., § 12 Rn. 5.12). Bei dem vorgenannten Hauptsachestreitwert ist daher in dieser Sache ein Streitwert von 2.000 € angemessen.

bb) Soweit in den Anträgen zu I. 2. bis 4. die Unterlassung der Verwendung von Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Verfügungsbeklagten begehrt wird, geht der Senat davon aus, dass dieses Interesse in einem Hauptsacheverfahren mit einem Wert von 3.000 € je angegriffener Klausel zu bewerten wäre (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 2012 - XI ZR 500/11, juris Rn. 59; OLG Rostock, Urteil vom 4. September 2014 - 2 U 7/13, juris Rn. 40; Baetge in jurisPK BGB, 7. Aufl., § 5 UKlaG Rn. 10).

Bei der Beanstandung einer Vielzahl von Klauseln ist das Interesse jedoch in einer wertenden Gesamtschau gegebenenfalls auch geringer als die Summe der Einzelwerte einzuschätzen. Ein pauschaler Ansatz von 15.000 € (so etwa OLG Frankfurt, Beschlüsse vom 4. August 2011 - 6 W 70/11- und vom 8. November 2011 - 6 W 91/11, juris) unabhängig von den konkreten Umständen des einzelnen Falls - insbesondere der Anzahl der beanstandeten Verletzungen - erscheint nicht sachgerecht.

Im vorliegenden Fall ist der Ansatz eines Wertes von 3.000 € je beanstandeter Klausel im Ausgangspunkt angemessen. Das Verfahren ist einfach gelagert. Eine herausgehobene wirtschaftliche Bedeutung ist nicht ersichtlich. Der Verfügungskläger hat begehrt, die Verwendung von drei Vertragsklauseln - zum Teil unter verschiedenen rechtlichen Gesichtspunkten - zu unterlassen. Aufgrund einer wertenden Gesamtschau erscheint daher das Interesse des Verfügungsklägers mit einem Streitwert von 9.000 € in der Hauptsache und im einstweilige Verfügungsverfahren mit 6.000 € als angemessen berücksichtigt.

cc) Der Senat bewertet die Verstöße gegen die gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtinformationen und die Vorgaben des § 1 Abs. 2 PAngV in einem einstweiligen Verfügungsverfahren je Verstoß mit 2.000 €, mithin für die Anträge zu I. 5. und 6. sowie II. mithin mit 6.000 €. Es erscheint fernliegend, dass die Verfügungsbeklagte durch die unterbliebenen Pflichtinformationen nennenswerte wirtschaftliche Vorteile erlangt hat.

e) Bei der gebotenen Gesamtschau sieht der Senat noch keine Veranlassung, den Streitwert aufgrund der Anzahl der vom Verfügungskläger geltend gemachten Verstöße niedriger als 14.000 € festzusetzen.

f) Zwar stellt die Angabe des Streitwerts in der Klage- bzw. Antragsschrift regelmäßig ein gewichtiges Indiz für die Schätzung des Interesses des Klägers bzw. Antragstellers dar, insbesondere, wenn sie im erstinstanzlichen Verfahren und damit zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem die spätere Kostentragungspflicht noch offen ist; sie mithin unbeeinflusst vom Ausgang des Rechtsstreits erfolgt (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2012 - X ZR 110/11, juris Rn. 4; Senat, Beschluss vom 23. April 2013 - 13 W 32/13, juris Rn. 5). Diese Wertangabe ist aber nur dann bindend, wenn sich aus den Umständen ihre Fehlerhaftigkeit nicht ergibt (Senat, Beschluss vom 23. April 2013, a. a. O.). Die im Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung vom 29. September 2015 von dem Verfügungskläger geäußerte Wertvorstellung von 20.000 € ist in Anbetracht der vorstehenden Ausführungen übersetzt, so dass eine davon abweichende Wertfestsetzung hier gerechtfertigt ist.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Ausgleichsanspruch analog § 89b HGB beim Vertragshändlervertrag wenn deutsches Recht als Vertragsstatut vereinbart wurde

BGH
Urteil vom 25.02.2016
VII ZR 102/15
HGB § 89b, § 92c Abs. 1

Leitsatz des BGH:


Ist deutsches Recht als Vertragsstatut eines Vertragshändlervertrags berufen, sind die Analogievoraussetzungen erfüllt, unter denen § 89b HGB nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteil vom 5. Februar 2015 - VII ZR 315/13, ZVertriebsR 2015, 122 Rn. 11) auf Vertragshändler entsprechend anzuwenden ist und hat der Vertragshändler seine Tätigkeit für den Hersteller oder Lieferanten nach dem Vertrag in einem anderen (ausländischen) Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen (ausländischen) Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum auszuüben, kann der Ausgleichsanspruch entsprechend § 89b HGB nicht im Voraus ausgeschlossen werden.

BGH, Urteil vom 25. Februar 2016 - VII ZR 102/15 - OLG Stuttgart - LG Ulm

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Zweibrücken: Nach Abgabe einer Unterlassungserklärung müssen nur gängige Suchmachinen auf streitgegenständliche Inhalte vom Abgemahnten geprüft werden - keine monatelange Überwachung

OLG Zweibrücken
Urteil 19.11.2015
4 U 120/14


Wer nach einer Abmahnung eine Unterlassungserklärung abgibt, hat nach herrschender Ansicht auch dafür sorge zu tragen, dass die rechtswidrigen Inhalte auf Drittseiten entfernt werden (z.B. Google, Google-Bildersuche, Preisvergleichsseiten). Andernfalls drohen Vertragsstrafen bzw. bei einem gerichtlich titulieren Unterlassungsanspruch Ordnungsgelder. Wie weit die Pflicht zur Kontrolle von Drittseiten geht, ist umstritten und nicht abschließend geklärt. Zunächst müssen die Inhalte von Seiten entfernt werden, wo der Verletzer die Inhalte bewusst verbreitet hat. Das OLG Zweibrücken hat nun entschieden, dass nach Abgabe einer Unterlassungserklärung darüber hinaus nur gängige Suchmaschinen und Webseiten auf rechtswidrige Inhalte vom Abgemahnten geprüft und die Entfernung veranlasst werden müssen. Auch ist keine monatelange Überwachung und Recherche von Drittseiten erforderlich.

Aus den Entscheidungsgründen:

1. Richtig hat der Erstrichter festgestellt, dass der Erblasser aufgrund seiner Verpflichtung aus der Vertragsstrafenvereinbarung nicht nur alles zu unterlassen hatte, was zu einer Verletzung führen konnte, sondern auch alles zu tun hatte, was im konkreten Fall erforderlich und zumutbar war, um künftige oder andauernde Verletzungen zu verhindern oder rückgängig zu machen, ihn also nicht nur Unterlassungs-, sondern auch Handlungspflichten trafen und dass es den Beklagten obliegt, insoweit den Entlastungsbeweis zu führen (vgl. BGH Urteil vom 18. September 2014 - I ZR 76/13 -; BGH, Urteil vom 13. November 2013 - I ZR 77/12 -).

2. Dieser Entlastungsbeweis ist entgegen der Auffassung des Landgerichts geführt.

a) Aufgrund der Aussage der Zeugin S…, einer Beschäftigten der Fa. b… steht fest, dass diese Firma die im Stadtbranchenbuch von K… enthaltene Anzeige, welche der Erblasser im Jahre 2006 bei der Fa. O… beauftragt hatte, die im Internet den Suchdienst „S… .com“ betrieb, im Mai 2011 aus eigenem Antrieb ergänzt hatte, indem sie die Anzeige um den „Geschäftsgegenstand … angereichert“ hatte. Diese Ergänzung enthielt die nunmehr von dem Kläger beanstandete Angabe „z... und a... h... K... e.V.“.

Anderes ergibt sich auch nicht aus der Aussage der Zeugin R… , einer Mitarbeiterin der Fa. O… , welche lediglich in einem Schreiben vom 12. März 2012 an den Rechtsanwalt Dr. O… , einem Mitarbeiter des Klägers, geäußert hatte, dass die Anzeige im Jahre 2006 von dem Erblasser geschaltet worden sei und sich bei ihrer Zeugenvernehmung an die näheren Umständen des Schreibens nicht mehr erinnern konnte.

b) Zwar musste der Erblasser damit rechnen, dass Branchendienste seine Unternehmensbezeichnung mit der abgemahnten unrichtigen Bezeichnung in im Internet verfügbare Verzeichnisse aufnahmen. Dementsprechend war er aufgrund der von ihm übernommenen Unterlassungsverpflichtung gehalten, unverzüglich eigene Recherchen über die weitere Verwendung der untersagten Bezeichnung durchzuführen und jedenfalls die Betreiber der gängigen Dienste zu veranlassen, diese oder ähnliche Angaben aus ihren Verzeichnissen zu entfernen (vgl. BGH, aaO).

c) Die Beklagten machen aber mit Recht geltend, dass eine unverzügliche Recherche des Erblassers nach Abgabe der Unterwerfungserklärung vom 4. Januar 2011 den nunmehr inkriminierten Wettbewerbsverstoß nicht verhindert hätte.

Wie sich aus der Aussage der Zeugin S… ergibt, wurde die beanstandete Bezeichnung erst im Mai 2011 durch die Fa. b… der Anzeige des Erblassers hinzugefügt. Hätte der Erblasser in nahem zeitlichen Zusammenhang mit seiner Unterwerfungserklärung im Internet recherchiert, hätte er somit (noch) keinen rechtsverletzenden Eintrag gefunden. Dem Erblasser war nicht zumutbar, das Internet wochen- oder sogar monatelang zu überwachen, ob eine der Bezeichnungen, zu deren Unterlassung er sich verpflichtet hatte, im Zusammenhang mit der Nennung seines Sachverständigenbüros verwendet wurde.

Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei der von der Fa. O… betriebenen Internetseite „B… .com“ um einen gängigen Suchdienst wie z. B. „G… .de“, „G…“ oder „1… .com“ (vgl. hierzu BGH aaO) handelt. Das behauptet noch nicht einmal der Kläger. Dem Erblasser war nicht zuzumuten, über die gängigen Suchdienste hinaus sämtliche Suchdienste im Internet ausfindig zu machen und zu kontrollieren.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Volltext LAG Berlin: Arbeitgeber darf Browserverlauf eines Arbeitnehmers auswerten und Daten für Kündigung wegen privater Internetnutzung am Arbeitsplatz verwenden

LAG Berlin-Brandenburg
Urteil vom 14.01.2016
5 Sa 657/15


Das LAG Berlin hat entschieden, dass ein Arbeitgeber den Browserverlauf eines Arbeitnehmers auswerten und die Daten für die Kündigung wegen unerlaubter privater Internetnutzung am Arbeitsplatz verwenden darf. Der Volltext der Entscheidung liegt nunmehr vor.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Unter Verstoß gegen § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG hat die Beklagte die Verlaufsdaten nicht erlangt. Der Betriebsrat hat der der die Arbeitnehmer der Beklagten geltenden IT-Nutzerrichtlinie vom 03.07.2009 unstreitig zugestimmt. Diese sieht in Ziff. 3.3 eine vorübergehende Speicherung der Daten zum Zwecke der Missbrauchskontrolle vor. Da die Beklagte vorliegend bei der Auswertung des Browserverlaufs keine Stichprobenkontrolle, sondern eine Anlasskontrolle aufgrund eines sich nach Aussage des Zeugen B. aufgrund von Mitteilungen aus dem Kollegenkreis über die Internetnutzung des Klägers und der Nutzungsvolumenkontrolle im Firewall-Server der Beklagten ergebenden Missbrauchsverdachts erfolgte, stehen weder die Regelungen der Ziff. 3.3 der IT-Nutzerrichtlinie zur Stichprobenkontrolle noch der sich lediglich auf kollektive Maßnahmen beziehende § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG der Auswertung entgegen.

(e)

Vorschriften des TDG oder des TMG, auf die sich der Kläger beruft, stehen vorliegend der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung der Verlaufsdaten nicht entgegen. Das TDG ist am 01.03.2007 außer Kraft getreten. Auf das Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 12 Abs. 3, 15 Abs. 8, 16 Abs. 2 Nr. 2, 5 TMG kommt es nicht an, weil diese Vorschriften gem. § 1 Abs. 1 i. V. m. § 3 Nr. 24 TKG nicht einschlägig sind. Die reine Zugangsvermittlung im Bereich des Internets stellt als Transportleistung eine Telekommunikationsleistung dar (Hoeren, NJW 2007, 801 ff., 802).

Auch § 88 Abs. 3 TKG ist hier nicht einschlägig. Hiernach ist es Diensteanbietern im Sinne von § 3 Nr. 6 TKG verboten, sich oder anderen über das für die geschäftsmäßige Erbringung der Telekommunikationsdienste einschließlich des Schutzes ihrer technischen Systeme erforderliche Maß hinaus Kenntnis vom Inhalt oder den näheren Umständen der Telekommunikation zu verschaffen. Der Arbeitgeber, der – vorliegend zu Gunsten des Klägers im Hinblick auf Ziff. 9 Abs. 2 S. 3 seines Arbeitsvertrages vom 12.06.2008 unterstellt – seinen Arbeitnehmern auch die private Nutzung dienstlicher Telekommunikationseinrichtungen gestattet, ist kein Diensteanbieter im Sinne des TKG (LAG Berlin-Brandenburg v. 16.02.2011, 4 Sa 2132/10, Rz. 36). Es liegt kein geschäftsmäßiges Erbringen von Telekommunikationsdienstleistungen im Sinne des § 3 Nrn. 6 und 10 TKG vor, wenn der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern die private Nutzung der Dienstrechner gestattet. § 3 Nr. 10 TKG setzt voraus, dass das Angebot von Telekommunikation an außerhalb der Sphäre des Diensteanbieters liegende Dritte gerichtet ist (Schütz, Beck`scher TKG-Kommentar, § 3 TKG, Rz. 33). Arbeitnehmer des Arbeitgebers sind nicht außerhalb seiner Sphäre stehende Dritte in diesem Sinne. Unabhängig davon schützt § 88 TKG lediglich die unkörperliche Übermittlung von Informationen an individuelle Empfänger mit Hilfe des Telekommunikationsverkehrs. Nach Abschluss des Übertragungsvorgangs im Herrschaftsbereich des Kommunikationsteilnehmers gespeicherte Verbindungsdaten werden nicht durch § 88 TKG geschützt (LAG Berlin-Brandenburg a.a.O., Rz. 39; VGH Kassel v. 19.05.2009 – 6 A 2672/08.Z).

(f)

Doch selbst wenn vorliegend eine rechtswidrige Speicherung und Nutzung der in der Browserchronik des Rechners des Klägers gespeicherten Daten anzunehmen wäre, dürfen die Ergebnisse der durchgeführten Beweisaufnahme verwertet werden. Ein prozessuales Verwertungsverbot kommt auch bei rechtswidriger Beschaffung von Beweismitteln nur in Betracht, wenn in verfassungsrechtlich geschützte Grundpositionen des Beweisgegners eingegriffen werden, seine Einwilligung nicht vorliegt und durch die Verwertung von rechtswidrig erlangten Informationen oder Beweismitteln ein erneuter bzw. perpetuierender Eingriff in seine rechtlich geschützten, hochrangigen Positionen erfolgt und dies auch nicht durch schutzwürdige Interessen der Beklagten gerechtfertigt werden kann (LAG Hamm v. 10.07.2012 – 14 Sa 1711/10, Rz. 185). Das allgemeine Interesse an einer funktionstüchtigen Rechtspflege und das Interesse, sich ein Beweismittel für zivilrechtliche Ansprüche zu sichern, reichen dabei für sich betrachtet nicht aus, dem Verwertungsinteresse den Vorzug zu geben. Dafür bedarf es zusätzlicher Umstände. Sie können etwa darin liegen, dass sich der Beweisführer mangels anderer Erkenntnisquellen in einer Notwehrsituation oder einer notwehrähnlichen Lage befindet. Die besonderen Umstände müssen gerade die in Frage stehende Informationsbeschaffung und Beweiserhebung als gerechtfertigt ausweisen (BAG v. 20.06.2013 -2 AZR 546/12, Rz. 29). Gestattet der Arbeitgeber – was vorliegend zugunsten des Klägers erneut unterstellt werden kann – zwar die private Nutzung seiner elektronischen Ressourcen, weist aber zugleich – wie vorliegend in § 9 Abs. 4 S. 3 des Arbeitsvertrages vom 12.06.2008 – darauf hin, dass eine Überprüfung der entstehenden technischen Daten im Rahmen einer stichprobenartigen Kontrolle stattfindet, kann der Arbeitnehmer auch hinsichtlich der bei – ggf. zulässiger – Privatnutzung entstandenen Daten keine Vertraulichkeit erwarten. Für die Beurteilung einer Perpetuierung des Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht durch die Verwendung von entsprechenden Daten im Prozess ist von Bedeutung, dass seitens des Arbeitgebers die Gestattung einer Nutzung elektronischer Ressourcen im Verhältnis zum Mitarbeiter ausdrücklich nur in dieser Weise eingeschränkt erfolgte. Selbst wenn mangels Einwilligung oder datenschutzrechtlich einschlägiger Rechtsgrundlage von einer rechtswidrigen Datenerhebung auszugehen ist, überwiegt im Prozess das Interesse an der Verwertung der rechtswidrig erlangten Daten (LAG Hamm, a.a.O. Rz. 192 f.). Hinzu kommt, dass ein Missbrauch des dienstlichen Internetanschlusses jedenfalls im vorliegenden Falle nicht anders als durch die Verbindungsdaten nachgewiesen werden kann, da der Kläger das Internet in einem Einzelzimmer nutzte und Zeugen der Nutzung der Beklagten nicht zur Verfügung stehen. Gewährt der Arbeitgeber auf diese Weise einen Vertrauensvorschuss zur selbständigen und ordnungsgemäßen Erledigung der Arbeiten ohne soziale Kontrolle durch andere Arbeitnehmer, muss der Beschäftigte eine in der Auswertung personenbezogener Daten liegende Persönlichkeitsrechtsverletzung mit Rücksicht auf berechtigte Belange des Arbeitgebers hinnehmen (LAG Niedersachsen v. 31.05.2010 – 12 Sa 875/09, Rz. 46). Dass die Auswertung der Daten ohne Hinzuziehung des Klägers erfolgte, steht auch in diesem Zusammenhang ihrer Verwertung nicht entgegen, weil aus den genannten Gründen die Auswertung in dessen Beisein keinen milderen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht darstellen würde."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Frankfurt: Nestle Werbung für Kinderpudding mit "Zink und Calcium für starke Knochen und gesundes Wachstum" verstößt gegen Health-Claims-Verordnung

LG Frankfurt
Urteil vom 10.02.2016
2-06 O 337/15

Das LG Frankfurt hat entschieden, dass die Werbung des Lebensmittelskonzerns Nestle für für den Kinderpudding Alete Milch Minis mit den Werbeaussagen "Zink für starke Knochen & gesundes Wachstum" und "Calcium für starke Knochen" gegen die Health-Claims-Verordnung verstößt und somit wettbewerbswidrig ist. Zudem rügte das Gericht, dass auf der Verpackung nicht auf die Bedeutung einer abwechslungsreichen sowie ausgewogenen Ernährung und einer gesunden Lebensweise hingewiesen wurde. Geklagt hatte der vzbv.

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OLG Düsseldorf: Verstoß gegen Messe-AGB durch Verteilung von Werbung ist nicht wettbewerbswidrig

OLG Düsseldorf
Urteil vom 25.08.2015
I-20 U 22/14


Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass eine Verstoß gegen die AGB einer Messe durch Verteilung von Werbung auf der Messe nicht wettbewerbswidrig ist. Mitbewerber können daher nicht Unterlassung verlangen.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Der Unterlassungsanspruch besteht indes nicht. Die Klägerin hat gegen die Beklagte weder aus § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit den jeweiligen Geschäftsbedingungen des Messeveranstalters, noch – wie das Landgericht angenommen hat – aus § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 10 UWG einen Anspruch auf Unterlassung der beanstandeten Werbemaßnahmen.

Ein Anspruch aus § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG scheitert bereits daran, dass es sich bei den Geschäftsbedingungen der jeweiligen Messeveranstalter, die ein Verteilen von Werbemitteln außerhalb der eigenen Standfläche verbieten, schon nicht um gesetzliche Vorschriften im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG handelt. Gesetzliche Vorschriften im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG sind lediglich Rechtsnormen, die in Deutschland Geltung beanspruchen (BGH GRUR 2005, 960, 961 – Friedhofsruhe). Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der jeweiligen Messeveranstalter sind indes privatautonome Regelungen und keine Rechtsnormen. Sie mögen zwar unter Umständen das Marktverhalten der Aussteller regeln, es kommt ihnen aber schon keine Normqualität zu (OLG Hamm, GRUR-RR 2011, 218, 219 – Drei Angebote). Anders als Rechtsnormen gelten Allgemeine Geschäftsbedingungen nur im Verhältnis zwischen den jeweiligen Vertragsparteien und nur dann, wenn sie wirksam in den Vertrag einbezogen worden sind. Dann ist es aber Sache des jeweiligen Messeveranstalters, die Einhaltung der Vertragsbedingungen durchzusetzen. Ein einer allgemein gültigen Rechtsnorm vergleichbarer Fall liegt daher bei der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gerade nicht vor, so dass auch eine entsprechende Anwendung von § 4 Nr. 11 UWG ausscheidet (OLG Hamm, GRUR-RR 2011, 218, 219 – Drei Angebote). Es kommt daher nicht darauf an, dass die Regelung ausschließlich der Sicherheit (Freihalten von Fluchtwegen) dient und gerade keine Marktverhaltensregelung im Interesse der übrigen Marktteilnehmer darstellt.

Entgegen der Ansicht der Klägerin ist das Verhalten der Beklagten auch nicht nach § 4 Nr. 10 UWG unter dem Gesichtspunkt der gezielten Behinderung wettbewerbswidrig. Gemäß § 4 Nr. 10 UWG handelt insbesondere unlauter im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG, wer Mitbewerber gezielt behindert. Dabei reicht nicht eine bloße Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeit eines Wettbewerbers, denn der Wettbewerb ist darauf angelegt, auf Kosten der Mitbewerber einen Wettbewerbsvorsprung zu erzielen. Ihrer Natur nach ist damit jede geschäftliche Handlung gegenüber einem Mitbewerber geeignet, Mitbewerber in ihrer wettbewerblichen Entfaltung zu beeinträchtigen. Daher müssen weitere Umstände hinzukommen, die die Unlauterkeit begründen. Das Gesetz umschreibt diese Umstände als „gezielt“. Als „gezielt“ ist eine Behinderung anzusehen, wenn bei objektiver Würdigung aller Umstände des Einzelfalls die beanstandete Handlung in erster Linie nicht auf die Förderung der eigenen wettbewerblichen Entfaltung, sondern auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers gerichtet ist.

Zwar ist schon unstreitig, dass sich Mitarbeiter der Beklagten mit den sehr großflächigen und auffälligen Taschen zeitweise in der Nähe des Messestandes der Klägerin aufgehalten haben und es ist auch davon auszugehen, dass sie dort unter Umständen kürzere Zeit verweilt haben. Ob sie dabei die Taschen aktiv verteilt haben oder – wie die Beklagte behauptet – nur auf Anfrage weitergegeben haben, mag dahin stehen. Eine gezielte Behinderung der Klägerin in dem vorbeschriebenen Sinne kann nicht festgestellt werden.

Zwar wird eine unlautere Behinderung angenommen, wenn auf (potentielle) Kunden, die bereits dem Mitbewerber zuzurechnen sind, in unangemessener Weise eingewirkt wird, um sie als eigene Kunden zu gewinnen. Der Werbende darf sich nicht gleichsam zwischen den Interessenten und den Mitbewerber schieben, um ihm eine Änderung seiner geschäftlichen Entscheidung aufzudrängen (Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. § 4 Rn. 10.25). Dass sich die beanstandete Werbemaßnahme überhaupt an Personen richtete, die schon der Klägerin in diesem Sinne zuzurechnen waren, lässt sich nicht feststellen. Nach den übereinstimmenden Bekundungen der auf der Messe anwesenden Mitarbeiter der Klägerin und der Beklagten, nämlich der Zeugin H., des Zeugen F., des Zeugen S. und des Zeugen R. kann eben nur ein bloße Abgabe einzelner Taschen in der Nähe des Messestandes der Klägerin festgestellt werden. Die dort verkehrenden Messebesucher waren aber der Klägerin noch nicht zuzurechnen.

Ob an der älteren Rechtsprechung festzuhalten ist, dass eine Werbung in unmittelbarer Nähe eines Mitbewerbers schon allein unter diesem Gesichtspunkt als „Abfangen von Kunden“ eine gezielte Behinderung darstellt, kann hier offen bleiben (vgl. zu der Kritik: Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 4 Rn, 10.29a), denn auch nach dieser Rechtsprechung liegt eine gezielte Behinderung nur dann vor, wenn durch dieses „Abfangen“ das Aufsuchen des Geschäfts des Mitbewerbers verhindert wird (BGH GRUR 1986, 547, 548 – Handzettelverteilung). Wird hingegen lediglich potentiellen Interessenten deutlich gemacht, dass es mehrere Anbieter dieser Dienstleistung gibt, wie dies der Effekt der hier streitigen Werbung ist, bietet dies allenfalls Veranlassung, die Angebote der Parteien zu vergleichen, hindert also nicht die wettbewerbliche Entfaltung der Klägerin. Soweit die Klägerin insoweit behauptet hat, die Mitarbeiter der Beklagten hätten Kunden gleichsam vom Stand der Klägerin abgedrängt, hat die hierzu durchgeführte Beweisaufnahme dies nicht bestätigt. Die Zeugin H., am Stand tätige Mitarbeiterin der Klägerin, hat dies nicht beobachtet. Auch der Zeuge R. hat bekundet, dass seiner Beobachtung nach der Zugang zum Stand der Klägerin nicht behindert wurde. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist eine gezielte Behinderung der Klägerin nicht festzustellen."



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BGH: Verstoß eines Bestatters gegen Preisangabenverordnung - Hinsichtlich variabler Überführungskosten muss Berechnungsgrundlage angegeben werden

BGH
Urteil vom 14.01.2016
I ZR 61/14
Wir helfen im Trauerfall
UWG § 4 Nr. 11; PAngV § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 6 Satz 1; RL 2005/29/EG Art. 7
Abs. 4 Buchst. c


Der BGH hat nochmals klargestellt, dass nach der Preisangaben bei variablen Kosten (hier: Überführungskosten eines Bestatters ) die Berechnungsgrundlagen anzugeben sind.

Leitsätze des BGH:

a) Aus einer an Art. 7 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken orientierten Auslegung von § 1 Abs. 6 PAngV ergibt sich, dass bei einer Werbung unter Angaben von Preisen für Dienstleistungen, bei denen der Gesamtpreis aufgrund der Beschaffenheit des Produkts vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden kann, die Art der Preisberechnung für aufwandsabhängige Kosten mitzuteilen ist.

b) Ein Bestattungsunternehmer, der für seine Dienstleistungen unter Angabe von Preisen für einzelne Bestattungsarten wirbt, hat im Hinblick auf die bei jeder Beerdigung anfallenden, entweder in Form von Entfernungspauschalen oder anhand eines Kilometerpreises berechneten Überführungskosten die hierfür maßgeblichen Berechnungsparameter und deren Höhe anzugeben.

c) Die durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb mit Wirkung vom 10. Dezember 2015 neu eingeführte Bestimmung des § 3a UWG entspricht in ihrem Halbsatz 1 inhaltlich § 4 Nr. 11 UWG aF und ist in ihrem Halbsatz 2 um die Spürbarkeitsschwelle nach § 3 Abs. 1 und 2 Satz 1 UWG aF ergänzt worden. In der Sache hat sich durch die Gesetzesänderung für den Tatbestand des Rechtsbruchs nichts geändert.

BGH, Urteil vom 14. Januar 2016 - I ZR 61/14 - OLG München - LG Traunstein

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LG Heidelberg: Automatisches Hochladen von Fotos in private Cloud die Dritten nicht zugänglich ist stellt keine Verbreitungshandlung im Sinne des KunstUrhG dar

LG Heidelberg
Urteil vom 02.12.2015
1 O 54/15


Das LG Heidelberg hat entschieden, dass das automatische Hochladen von Fotos in eine private Cloud, die Dritten nicht zugänglich ist, keine Verbreitungshandlung im Sinne des KunstUrhG darstellt.

Aus den Entscheidungsgründen:

"bb) Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin besteht auch nicht, soweit sie rügt, der Beklagte habe Fotos von ihr in seine Internet-Cloud hochgeladen.

Zwar hat der Beklagte dieses Verhalten zugegeben, so dass die Klägerin hier einen Verletzungsunterlassungsanspruch gelten machen könnte, bei dem die Wiederholungsgefahr grundsätzlich vermutet wird. Es fehlt jedoch an einer Rechtsverletzung durch den Beklagten.

Das Hochladen von Bildern in eine Cloud stellt keine öffentliche Zurschaustellung der Bilder im Sinne des § 22 Abs. 1, 2. Alt. KunstUrhG dar. Beim sogenannten Cloud Computing wird dem Nutzer von Plattformbetreiber virtueller Speicherplatz zur Verfügung gestellt, wobei der Plattformbetreiber nicht selbst Eigentümer der physischen Server sein muss, sondern in der Regel die Serverkapazität nur angemietet hat. Der Nutzer kann dann von seinen Geräten auf diesen virtuellen Speicherplatz zugreifen, ohne selbst eigene physische Speichermedien vorhalten zu müssen. Zugriffsberechtigt ist grundsätzlich nur der Nutzer bezüglich des ihm zugewiesenen Speichers. Damit verstößt das Hochladen von Bildern in eine Cloud nicht gegen § 22 Satz 1, 2. Alt. KunstUrhG. Es fehlt an einer Öffentlichkeit, der das in die Cloud eingestellte Bild angeboten wird.

b) Auch der hilfsweise geltend gemachte Unterlassungsanspruch, Lichtbilder nicht an Dritte zu überlassen, steht der Klägerin nicht zu.

Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 97 Abs. 1 UrhG i.V.m. § 22 Satz 1, 1. Alt. KunstUrhG. Es fehlt an einer Rechtsverletzung durch den Beklagten. Das - automatische - Hochladen von Fotos in eine Internet-Cloud stellt keine rechtswidrige Verbreitung von Bildnissen gem. § 22 Satz 1, 1. Alt. KunstUrhG dar.

Verbreitung im Sinne des § 22 Satz 1, 1. Alt. KunstUrhG meint jede Form der körperlichen Weitergabe des Bildes oder eines Vervielfältigungsstücks, wobei auch die Weitergabe digitaler Kopien von Bildnissen selbst erfasst wird (Engels in BeckOK KunstUrhG, § 22 Rn. 51, 53). Sinn und Zweck ist es, den Rechteinhaber vor dem Risiko einer nicht mehr zu kontrollierenden Kenntnisnahme zu schützen; das Bild oder seine Kopie muss daher zumindest einer weiteren Person zur Verfügung gestellt werden. Daran fehlt es hier. Die Bilder der Klägerin wurden lediglich in die Cloud des Beklagten kopiert. Dass außer dem Beklagten noch andere Personen Zugriff auf die Cloud haben, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der Betreiber der Cloud Zugriff auf die von den Nutzern gespeicherten Inhalte hat. Selbst wenn ein solcher Zugriff durch den Cloud-Betreiber technisch möglich wäre, läge eine Rechtsverletzung des Beklagten nur vor, wenn ihm dieser Zugriff zurechenbar wäre, also von ihm veranlasst oder gar gewollt war. Auch dafür liegen keine Anhaltspunkte vor, es muss vielmehr davon ausgegangen werden, dass der Beklagte entsprechend den Grundsätzen des Cloud Computing nur mit seiner eigenen Zugriffsberechtigung rechnete."


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Ihr guter Ruf im Internet - Negative Bewertungen im Internet effektiv entfernen - schnelle Hilfe für betroffene Unternehmen

Die Bewertung von Unternehmen, Angeboten, Dienstleistungen und Produkten im Internet erfreut sich gerade in Deutschland großer Beliebtheit. Bewertungsportale aber auch Produktsuchmaschinen oder Shopping-Plattformen wie eBay oder Amazon bieten die Möglichkeit Anbieter und Produkte zu bewerten.

Negative Bewertungen im Internet können fatale Folge haben

Internetbewertungen sind zugleich ein wichtiger Bestandteil der Werbung für Anbieter von Waren und Dienstleistungen. Dies kann leider auch in das Gegenteil umschlagen. Mitunter kann schon eine einzelne negative Bewertung für ein Unternehmen existenzbedrohend werden oder zumindest erhebliche Umsatzeinbußen verursachen. Dies gilt umso mehr, als viele Einträge bei Bewertungsportalen bei Google & Co. oft an prominenter Stelle auf den Ergebnisseiten gelistet werden. Dies wissen natürlich auch die lieben Mitbewerber, so dass Bewertungsmöglichkeiten im Internet auch für gezielte Negativwerbung der Konkurrenz genutzt wird.

Rechtsanwalt zur Durchsetzung Ihrer Ansprüche bei negativen Bewertungen

Wir helfen Ihnen bei der Löschung unberechtigter Negativeinträge sowie der Entfernung aus Bewertungsportalen und Suchmaschinen. Neben einer fundierten rechtlichen Beratung und Beurteilung von Negativeinträgen, helfen wir Ihnen auch bei der Recherche und Beweissicherung.

Im zweiten Schritt kümmern wir uns um die Durchsetzung Ihrer Ansprüche gegen den Verfasser der Bewertung, die Bewertungsportalbetreiber und Suchmaschinen. Regelmäßig lässt sich außergerichtlich der gewünschte Erfolg erzielen und die ungewünschte Bewertung entfernen.

Sollte es dennoch zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommen, so entscheidet häufig schon die Auswahl des richtigen Gerichts über Erfolg oder Misserfolg, da je nach Gericht recht unterschiedliche Maßstäbe angesetzt werden. Bei unzulässigen Bewertungen kann im Regelfall nach dem Grundsatz des fliegenden Gerichtsstand jedes Gericht in Deutschland angerufen werden.

Noch Fragen ? Gerne können Sie uns unverbindlich telefonisch oder per Email kontaktieren und Ihr Anliegen schildern:

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LG Hamburg: Unrechtmäßige Nutzung des eBay VeRI-Programms zur Entfernung von Angeboten durch Rechteinhaber ist wettbewerbswidrig

LG Hamburg
Beschluss vom 04.11.2015
327 O 441/15


Das eBay VeRI-Programm ermöglicht es Inhabern von Markenrechten, Urheberrechten oder sonstigen gewerblicher Schutzrechte, Angebote bei eBay zu melden und zu entfernen von Angeboten, sofern diese die Rechteinhaber in ihren Rechten verletzen. Jedoch kann und wird dieses Verfahren nicht immer zu Recht genutzt und eigentlich zulässige Angebote entfernt.

Das LG Hamburg hat nun zutreffend entschieden, dass die unrechtmäßige Nutzung des VeRI-Programms durch einen Rechteinhaber einen Wettbewerbsverstoß (gezielte Behinderung eines Mitbewerbers) darstellt und betroffenen eBay-Händlern ein Unterlassungsanspruch zusteht.


LG Düsseldorf: Facebook Like / Gefällt Mir-Button auf Unternehmenswebseite ist ein abmahnfähiger Wettbewerbsverstoß

LG Düsseldorf
Urteil vom 09.03.2016
12 O 151/15


Es war nur eine Frage der Zeit. Das LG Düsseldorf hat entschieden, dass die Verwendung des Facebook Like-Buttons bzw. Gefällt-Mir-Buttons auf der Webseite eines Unternehmens einen abmahnfähigen Wettbewerbsverstoß darstellt. Ein entsprechender Hinweis in der Datenschutzerklärung reicht - so das Gericht - nicht aus.

Ob die in Deutschland beliebte 2-Klick-Lösung zulässig ist, hat das Gericht ausdrücklich offengelassen. Gleichwohl gilt, dass eine wirklich und unstreitig rechtskonforme Lösung schon deshalb scheitert, weil die gesetzlichen Grundlagen schlicht ungeeignet sind, um Social-Media-Plugins praxistauglich abzubilden.

Es ist bedenklich, dass die rechtlichen Streitfragen auf dem Rücken von Webseitenbetreibern ausgetragen und zukünftig stärker in das Blickfeld von (Serien-)Abmahnern geraten werden.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Nutzung des Facebook-Plugins „Gefällt mir" auf der Webseite der Beklagten, ohne dass die Beklagte die Nutzer der Internetseite vor der Übermittlung deren IP-Adresse und Browserstring an Facebook über diesen Umstand aufklärt, ist unlauter im Sinne des § 3a UWG i.V.m. § 13 TMG.

Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 TMG hat der Betreiber eines Telemediendienstes den Nutzer zu Beginn des Nutzungsvorgangs über Art, Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten sowie über die Verarbeitung seiner Daten in Staaten außerhalb des Anwendungsbereichs des EWR in allgemein verständlicher Form zu unterrichten. Dieser Pflicht ist die Beklagte hinsichtlich ihrer Internetseite in dem Stand, der der gerichtlichen Beurteilung unterliegt, nicht nachgekommen.
[...]
Eine Unterrichtung sah die Internetseite der Beklagten nicht vor, und zwar weder vor einer Weiterleitung von Daten an Facebook, noch während des Beginns des Nutzungsvorgangs. Der bloße Link zu einer Datenschutzerklärung in der Fußzeile der Webseite stellt keinen Hinweis zu Beginn bzw. vor Einleitung des Verarbeitungsvorgangs dar. Die von der Beklagten diesbezüglich aufgeführten Rechtsprechungsfundstellen befassen sich allein mit der jederzeitigen Abrufbarkeit der Belehrung, nicht aber mit dem Zeitpunkt in dem diese zu erfolgen hat.
[...]
Hinsichtlich der Rechtsverletzung indiziert die Begehung durch die Beklagte die Wiederholungsgefahr. Soweit die Beklagte ihren Webauftritt nunmehr auf die sog. "2-Klick-Lösung" umgestellt hat, braucht die Kammer nicht zu bewerten, ob diese den gesetzlichen Anforderungen genügt."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

VGH Mannheim: Wettbüros müssen keine Vergnügungssteuer zahlen - kommunale Satzungen unwirksam

VGH Mannheim
Urteile vom 28.01.2016
2 S 1019/15
2 S 2067/14


Der VGH Mannheim hat entschieden, dass kommunale Satzungen, die eine Vergnügungssteuerpflicht für Wettbüros vorsehen, unwirksam sind.

Die Pressemitteilung des VGH:

"Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat mit den Beteiligten bekannt gegebenen Urteilen vom 28.01.2016 in zwei Normenkontrollverfahren von Wettbürobetreibern (Antragsteller) die Satzungen der Städte Mannheim (Az. 2 S 1019/15) und Lahr (Az. 2 S 2067/14) über eine Vergnügungssteuer für Wettbüros für unwirksam erklärt. In parallelen Berufungsverfahren zur Vergnügungssteuer für Wettbüros in den Städten Rastatt (Az. 2 S 1231/15, 2 S 1232/15, 2 S 1233/15) und Kehl (Az. 2 S 1025/14, 2 S 1026/14, 2 S 1027/14) hat der VGH die gegenüber den klagenden Wettbüros ergangenen Steuerbescheide für rechtswidrig erklärt.

Die Antragsteller und Kläger der einzelnen Verfahren sind Betreiber von Wettbüros im Gebiet der genannten Gemeinden. Sie wenden sich gegen die Besteuerung von Wettbüros und machen insbesondere geltend, die Regelung und Erhebung einer Vergnügungssteuer sei mit höherrangigem Recht unvereinbar. Die kommunale Wettbürosteuer sei kompetenzwidrig, da es insoweit an einem mit einer Vergnügungssteuer besteuerbaren örtlichen Aufwand im Sinne von § 9 Abs. 4 Kommunalabgabengesetz (KAG) und Art. 105 Abs. 2a Grundgesetz (GG) mangele. Die Steuer sei im Übrigen gleichartig mit der bundesgesetzlichen Besteuerung von Sportwetten nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz (RennwLottG). Zudem verstoße die Steuer gegen den Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung, da sie die Zielsetzungen des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (GlüStV) und des Landesglücksspielgesetzes (LGlüG) konterkariere. Schließlich liege eine Ungleichbehandlung von Wettbüros gegenüber sonstiger Wettvermittlung (Wettannahmestelle, Onlinewette) und sonstigen Vergnügungsbetrieben vor.

Der 2. Senat des VGH gab den Normenkontrollanträgen und Klagen statt. Die kommunalen Satzungen über eine Wettbürosteuer seien unwirksam. Den Gemeinden stehe grundsätzlich das in § 9 Abs. 4 KAG und Art. 105 Abs. 2a GG normierte Recht zur Regelung örtlicher Verbrauch- und Aufwandsteuern zu, solange und soweit diese nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Die Kompetenz zum Erlass einer Aufwandsteuer im Sinne von § 9 Abs. 4 KAG setze jedoch als unverzichtbares Merkmal das Bestehen eines entgeltlichen Aufwands voraus, weil Anknüpfungspunkt einer solchen Steuer ein privater Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustands sei, für den finanzielle Mittel verwendet werden. Die Wettbürosteuer knüpfe an eine Kombination von Wettvermittlung/-veranstaltung und dem Ermöglichen, die Wettereignisse mit zu verfolgen, an. Daher fehle es an einem mit einer kommunalen Aufwandsteuer im Sinne von § 9 Abs. 4 KAG besteuerbaren entgeltlichen Aufwand. Insbesondere könne ein solcher Aufwand hinsichtlich des Ermöglichens des Mitverfolgens der Wettereignisse nicht im gewerblichen Aufwand des Wettbürobetreibers gesehen werden. Auf den entgeltlichen Aufwand in Form des Wetteinsatzes oder eines sonstigen Entgelts z.B. in Form von Eintrittsgeld könne hier nicht abgestellt werden. Denn die Steuer bemesse sich nach der Fläche des jeweiligen Wettbüros. Ein solcher Flächenmaßstab sei nicht hinreichend realitätsnah und verstoße daher gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

Die Revision wurde nicht zugelassen. Die Entscheidungen können innerhalb eines Monats nach Zustellung der vollständigen Urteile durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden."