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Neue Regeln für Verwertungsgesellschaften - Verwertungsgesellschaftengesetz tritt am 01.06.2016 in Kraft

Das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/26/EU über die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen für Rechte an Musikwerken für die Online-Nutzung im Binnenmarkt sowie zur Änderung des Verfahrens betreffend die Geräte- und Speichermedienvergütung (VG-Richtlinie-Umsetzungsgesetz) wurde heute im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.

Das Verwertungsgesellschaftengesetz (VGG) tritt am 1. Juni 2016 in Kraft.

Die Pressemitteilung des DPMA:

Das Verwertungsgesellschaftengesetz tritt am 1. Juni 2016 in Kraft - Neue Rechtsgrundlage für die Aufsicht über Verwertungsgesellschaften durch das DPMA

München. Das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) ist seit mehr als 50 Jahren die Aufsichtsbehörde über Verwertungsgesellschaften in Deutschland. Ab morgen stützt das DPMA diese Tätigkeit auf das neue "Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten durch Verwertungsgesellschaften (Verwertungsgesellschaftengesetz - VGG)". Das Gesetz ist am 31. Mai 2016 im Bundesgesetzblatt (BGBl. I S. 1190) verkündet worden. Zeitgleich mit dem Inkrafttreten des VGG wird das Urheberrechtswahrnehmungsgesetz aus dem Jahr 1965 aufgehoben.

Cornelia Rudloff-Schäffer, Präsidentin des DPMA: "Das heute verkündete Verwertungsgesellschaftengesetz (VGG) erweitert unsere Aufgaben und Befugnisse, und die Verwertungsgesellschaften müssen umfassendere Informations- und Transparenzpflichten erfüllen. Wir freuen uns auch auf den künftigen Austausch mit anderen nationalen Aufsichtsbehörden, der einer der wesentlichen Bausteine der erweiterten Zusammenarbeit in Europa sein wird."

Der Bundestag hat mit dem VGG die "Richtlinie 2014/26/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen für Rechte an Musikwerken für die Online-Nutzung im Binnenmarkt" (VG-Richtlinie) in deutsches Recht umgesetzt. Das VGG regelt die Rechte und Pflichten der Verwertungsgesellschaften, der Rechtsinhaber (z.B. Urheber und ausübende Künstler) und der Nutzer (z.B. Sendeunternehmen) detailliert, beispielsweise bei der Mitwirkung der Wahrnehmungsberechtigten in der Verwertungsgesellschaft. Neu sind Regelungen für die gebietsübergreifende Vergabe von Online-Rechten an Musikwerken durch Verwertungsgesellschaften.

Das DPMA als Aufsichtsbehörde des Bundes hat darauf zu achten, dass die Verwertungsgesellschaften ihren gesetzlichen Verpflichtungen ordnungsgemäß nachkommen. Von der Aufsicht umfasst sind jetzt auch weitere Organisationen - die so genannten abhängigen und unabhängigen Verwertungseinrichtungen. Mit den Aufsichtsbehörden anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union arbeitet das DPMA künftig zusammen und tauscht Informationen aus.


BVerfG: Kunstfreiheit kann Verwendung fremder Samples in Musikstücken rechtfertigen - Kraftwerk vs Moses Pelham - Metall auf Metall

Bundesverfassungsgericht
Urteil vom 31.05.2016
1 BvR 1585/13


Das Bundesverfassungsgericht hat im Rechtsstreit zwischen der Band Kraftwerk und dem Musikproduzenten Moses Pelham entschieden, dass die Kunstfreiheit die Verwendung fremder Samples in Musikstücken und somit einen Eingriff in Urheber- und Leistungsschutzrechte rechtfertigen kann.

Der BGH hatte noch darauf abgestellt, ob die Sequenzen nachgespielt werden können (siehe BGH-Entscheidung zur Unzulässigkeit der Verwendung fremder Samples in einem Musikstück liegt im Volltext vor - Metall auf Metall II ). Dies ist nach Ansicht des BVerfG kein taugliches Kriterium.

Die Pressemitteilung des BVerfG:

Die Verwendung von Samples zur künstlerischen Gestaltung kann einen Eingriff in Urheber- und Leistungsschutzrechte rechtfertigen

Steht der künstlerischen Entfaltungsfreiheit ein Eingriff in das Tonträgerherstellerrecht gegenüber, der die Verwertungsmöglichkeiten nur geringfügig beschränkt, können die Verwertungsinteressen des Tonträgerherstellers zugunsten der Freiheit der künstlerischen Auseinandersetzung zurückzutreten haben. Dies hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts mit heute verkündetem Urteil entschieden. Er hat damit einer Verfassungsbeschwerde stattgegeben, die sich gegen die fachgerichtliche Feststellung wendete, dass die Übernahme einer zweisekündigen Rhythmussequenz aus der Tonspur des Musikstücks „Metall auf Metall“ der Band „Kraftwerk“ in den Titel „Nur mir“ im Wege des sogenannten Sampling einen Eingriff in das Tonträgerherstellerrecht darstelle, der nicht durch das Recht auf freie Benutzung (§ 24 Abs. 1 UrhG) gerechtfertigt sei. Das vom Bundesgerichtshof für die Anwendbarkeit des § 24 Abs. 1 UrhG auf Eingriffe in das Tonträgerherstellerrecht eingeführte zusätzliche Kriterium der fehlenden gleichwertigen Nachspielbarkeit der übernommenen Sequenz ist nicht geeignet, einen verhältnismäßigen Ausgleich zwischen dem Interesse an einer ungehinderten künstlerischen Fortentwicklung und den Eigentumsinteressen der Tonträgerproduzenten herzustellen.

Sachverhalt:

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, inwieweit sich Musikschaffende bei der Übernahme von Ausschnitten aus fremden Tonträgern im Wege des sogenannten Sampling gegenüber leistungsschutzrechtlichen Ansprüchen der Tonträgerhersteller auf die Kunstfreiheit berufen können.

Auf die Pressemitteilung Nr. 77/2015 vom 28. Oktober 2015 wird ergänzend verwiesen.

Wesentliche Erwägungen des Senats:

Die angegriffenen Entscheidungen verletzen drei der insgesamt zwölf Beschwerdeführer in ihrer Freiheit der künstlerischen Betätigung (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG).

1. Die den angegriffenen Urteilen zugrunde gelegten gesetzlichen Vorschriften über das Tonträgerherstellerrecht (§ 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG) und das Recht auf freie Benutzung (§ 24 Abs. 1 UrhG) sind mit der Kunstfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG und dem Eigentumsschutz aus Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar. Sie geben den mit ihrer Auslegung und Anwendung betrauten Gerichten hinreichende Spielräume, um zu einer der Verfassung entsprechenden Zuordnung der künstlerischen Betätigungsfreiheit einerseits und des eigentumsrechtlichen Schutzes des Tonträgerherstellers andererseits zu gelangen. Die grundsätzliche Anerkennung eines Leistungsschutzrechts zugunsten des Tonträgerherstellers, das den Schutz seiner wirtschaftlichen, organisatorischen und technischen Leistung zum Gegenstand hat, ist auch mit Blick auf die Beschränkung der künstlerischen Betätigungsfreiheit verfassungsrechtlich unbedenklich. Umgekehrt führt allein die Möglichkeit von Künstlerinnen und Künstlern, sich unter näher bestimmten Umständen auf ein Recht auf freie Benutzung von Tonträgern zu berufen, nicht schon grundsätzlich zu einer unverhältnismäßigen Beschränkung des durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Kerns des Tonträgerherstellerrechts.

Mit den Anforderungen des Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar ist auch, dass § 24 Abs. 1 UrhG durch den Verzicht auf eine entsprechende Vergütungsregelung auch das Verwertungsrecht der Urheber oder Tonträgerhersteller beschränkt. Die Entscheidung des Gesetzgebers, die enge Ausnahmeregelung nicht durch eine Vergütungspflicht zu ergänzen, die den Urheber oder Tonträgerhersteller an den Einnahmen teilhaben ließe, die im Rahmen der freien Benutzung seines Werks oder Tonträgers erst in Verbindung mit der schöpferischen Leistung eines anderen entstehen könnten, hält sich in den Grenzen des dem Gesetzgeber zustehenden Gestaltungsspielraums. Dem Gesetzgeber wäre es allerdings zur Stärkung der Verwertungsinteressen nicht von vornherein verwehrt, das Recht auf freie Benutzung mit einer Pflicht zur Zahlung einer angemessenen Vergütung zu verknüpfen. Hierbei könnte er der Kunstfreiheit beispielsweise durch nachlaufende, an den kommerziellen Erfolg eines neuen Werks anknüpfende Vergütungspflichten Rechnung tragen.

2. Dagegen verletzen die angegriffenen Entscheidungen die beiden Komponisten und die Musikproduktionsgesellschaft des Titels „Nur mir“ in ihrer durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG garantierten Freiheit der künstlerischen Betätigung.

a) Die Zivilgerichte haben bei der Auslegung und Anwendung des Urheberrechts die im Gesetz zum Ausdruck kommende Interessenabwägung zwischen dem Eigentumsschutz der Tonträgerhersteller und den damit konkurrierenden Grundrechtspositionen nachzuvollziehen und dabei unverhältnismäßige Grundrechtsbeschränkungen zu vermeiden. Die Schwelle eines Verstoßes gegen Verfassungsrecht, den das Bundesverfassungsgericht zu korrigieren hat, ist erst dann erreicht, wenn die Auslegung der Zivilgerichte Fehler erkennen lässt, die auch in ihrer materiellen Bedeutung für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht sind.

b) Bei der rechtlichen Bewertung der Nutzung von urheberrechtlich geschützten Werken steht dem Interesse der Urheberrechtsinhaber, die Ausbeutung ihrer Werke zu fremden kommerziellen Zwecken ohne Genehmigung zu verhindern, das durch die Kunstfreiheit geschützte Interesse anderer Künstler gegenüber, ohne finanzielle Risiken oder inhaltliche Beschränkungen in einen Schaffensprozess im künstlerischen Dialog mit vorhandenen Werken treten zu können. Steht der künstlerischen Entfaltungsfreiheit ein Eingriff in die Urheberrechte gegenüber, der die Verwertungsmöglichkeiten nur geringfügig beschränkt, so können die Verwertungsinteressen der Urheberrechtsinhaber zugunsten der Freiheit der künstlerischen Auseinandersetzung zurückzutreten haben. Diese Grund­sätze gelten auch für die Nutzung von nach § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG geschützten Tonträgern zu künstlerischen Zwecken.

c) Die Annahme des Bundesgerichtshofs, die Übernahme selbst kleinster Tonsequenzen stelle einen unzulässigen Eingriff in das Tonträgerherstellerrecht der Kläger dar, soweit der übernommene Ausschnitt gleichwertig nachspielbar sei, trägt der Kunstfreiheit nicht hinreichend Rechnung. Wenn der Musikschaffende, der unter Einsatz von Samples ein neues Werk schaffen will, nicht völlig auf die Einbeziehung des Sample in das neue Musikstück verzichten will, stellt ihn die enge Auslegung der freien Benutzung durch den Bundesgerichtshof vor die Alternative, sich entweder um eine Samplelizenzierung durch den Tonträgerhersteller zu bemühen oder das Sample selbst nachzuspielen. In beiden Fällen würden jedoch die künstlerische Betätigungsfreiheit und damit auch die kulturelle Fortentwicklung eingeschränkt.

Der Verweis auf die Lizenzierungsmöglichkeit bietet keinen gleichwertigen Schutz der künstlerischen Betätigungsfreiheit: Auf die Einräumung einer Lizenz zur Übernahme des Sample besteht kein Anspruch; sie kann von dem Tonträgerhersteller aufgrund seines Verfügungsrechts ohne Angabe von Gründen und ungeachtet der Bereitschaft zur Zahlung eines Entgelts für die Lizenzierung verweigert werden. Für die Übernahme kann der Tonträgerhersteller die Zahlung einer Lizenzgebühr verlangen, deren Höhe er frei festsetzen kann. Besonders schwierig gestaltet sich der Prozess der Rechteeinräumung bei Werken, die viele verschiedene Samples benutzen und diese collagenartig zusammenstellen. Die Existenz von Sampledatenbanken sowie von Dienstleistern, die Musikschaffende beim Sampleclearing unterstützen, beseitigen diese Schwierigkeiten nur teilweise und unzureichend.

Das eigene Nachspielen von Klängen stellt ebenfalls keinen gleichwertigen Ersatz dar. Der Einsatz von Samples ist eines der stilprägenden Elemente des Hip-Hop. Die erforderliche kunstspezifische Betrachtung verlangt, diese genrespezifischen Aspekte nicht unberücksichtigt zu lassen. Hinzu kommt, dass sich das eigene Nachspielen eines Sample als sehr aufwendig gestalten kann und die Beurteilung der gleichwertigen Nachspielbarkeit für die Kunstschaffenden zu erheblicher Unsicherheit führt.

d) Diesen Beschränkungen der künstlerischen Betätigungsfreiheit steht hier bei einer erlaubnisfreien Zulässigkeit des Sampling nur ein geringfügiger Eingriff in das Tonträgerherstellerrecht der Kläger ohne erhebliche wirtschaftliche Nachteile gegenüber. Eine Gefahr von Absatzrückgängen für die Kläger des Ausgangsverfahrens durch die Übernahme der Sequenz in die beiden streitgegenständlichen Versionen des Titels „Nur mir“ ist nicht ersichtlich. Eine solche Gefahr könnte im Einzelfall allenfalls dann entstehen, wenn das neu geschaffene Werk eine so große Nähe zu dem Tonträger mit der Originalsequenz aufwiese, dass realistischerweise davon auszugehen wäre, dass das neue Werk mit dem ursprünglichen Tonträger in Konkurrenz treten werde. Dabei sind der künstlerische und zeitliche Abstand zum Ursprungswerk, die Signifikanz der entlehnten Sequenz, die wirtschaftliche Bedeutung des Schadens für den Urheber des Ausgangswerks sowie dessen Bekanntheit einzubeziehen. Allein der Umstand, dass § 24 Abs. 1 UrhG dem Tonträgerhersteller die Möglichkeit einer Lizenzeinnahme nimmt, bewirkt ebenfalls nicht ohne weiteres - und insbesondere nicht im vorliegenden Fall - einen erheblichen wirtschaftlichen Nachteil des Tonträgerherstellers. Der Schutz kleiner und kleinster Teile durch ein Leistungsschutzrecht, das im Zeitablauf die Nutzung des kulturellen Bestandes weiter erschweren oder unmöglich machen könnte, ist jedenfalls von Verfassungs wegen nicht geboten.

e) Insoweit haben die Verwertungsinteressen der Tonträgerhersteller in der Abwägung mit den Nutzungsinteressen für eine künstlerische Betätigung zurückzutreten. Das vom Bundesgerichtshof für die Anwendbarkeit des § 24 Abs. 1 UrhG auf Eingriffe in das Tonträgerherstellerrecht eingeführte zusätzliche Kriterium der fehlenden gleichwertigen Nachspielbarkeit der übernommenen Sequenz ist nicht geeignet, einen verhältnismäßigen Ausgleich zwischen dem Interesse an einer ungehinderten künstlerischen Fortentwicklung und den Eigentumsinteressen der Tonträgerproduzenten herzustellen.

3. Der Bundesgerichtshof kann bei der erneuten Entscheidung die hinreichende Berücksichtigung der Kunstfreiheit im Rahmen einer entsprechenden Anwendung von § 24 Abs. 1 UrhG sicherstellen. Hierauf ist er aber nicht beschränkt. Eine verfassungskonforme Rechtsanwendung, die hier und in vergleichbaren Konstellationen eine Nutzung von Tonaufnahmen zu Zwecken des Sampling ohne vorherige Lizenzierung erlaubt, könnte beispielsweise auch durch eine einschränkende Auslegung von § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG erreicht werden. Soweit Nutzungshandlungen ab dem 22. Dezember 2002, auf welche die Urheberrechtsrichtlinie der Europäischen Union anwendbar ist, betroffen sind, hat der Bundesgerichtshof als zuständiges Fachgericht zunächst zu prüfen, inwieweit durch vorrangiges Unionsrecht noch Spielraum für die Anwendung des deutschen Rechts bleibt. Erweist sich das europäische Richtlinienrecht als abschließend, ist der Bundesgerichtshof verpflichtet, effektiven Grundrechtsschutz zu gewährleisten, indem er die Richtlinienbestimmungen mit den europäischen Grundrechten konform auslegt und bei Zweifeln über die Auslegung oder Gültigkeit der Urheberrechtsrichtlinie das Verfahren dem Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV vorlegt. Das Bundesverfassungsgericht überprüft, ob das Fachgericht drohende Grundrechtsverletzungen auf diese Weise abgewehrt hat und ob der unabdingbare grundrechtliche Mindeststandard des Grundgesetzes gewahrt ist."

OLG Düsseldorf: Notarielle Unterwerfungserklärung kann strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht ersetzen und reicht nicht aus um Wiederholungsgefahr auszuräumen

OLG Düsseldorf
Beschluss vom 04.05.2016
I-15 W 13/16

Das OLG Düsseldorf hat in Einklang mit der herrschenden Meinung ( siehe auch OLG Köln: Notarielle Unterwerfungserklärung reicht allein nicht um Wiederholungsgefahr auszuräumen und kann strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht ersetzen) entschieden, dass eine notarielle Unterwerfungserklärung nicht ausreicht, um nach einer Abmahnung die Wiederholungsgefahr für den Unterlassungsanspruch auszuräumen. Vielmehr ist die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung erforderlich.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die aufgrund dieser Wettbewerbsverstöße gemäß § 8 Abs. 1 UWG bestehende Wiederholungsgefahr ist durch die notariell beurkundete Unterlassungserklärung des Antragsgegners vom 04.04.2016 (Anlage JuS 7) nicht weggefallen.

Ist es – wie hier – zu einem Wettbewerbsverstoß gekommen, besteht eine tatsächliche Vermutung für die Wiederholungsgefahr. Ihre Fortdauer kann nur unter sehr engen Voraussetzungen widerlegt werden. Im Allgemeinen bedarf es dazu einer strafbewehrten Unterlassungserklärung des Verletzers (vgl. BGH, GRUR 1997, 379 – Wegfall der Wiederholungsgefahr II m. w. N.; Bornkamm in: Köhler/ Bornkamm, Kommentar zum UWG, 34. Aufl., § 8 UWG Rn. 1.34 und 1.38 m. w. N.). Eine notariell beurkundete Unterlassungserklärung, mit der sich der Schuldner hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwirft, ist damit nicht gleichzusetzen, weil eine Vollstreckung aus diesem Unterlassungstitel noch die gerichtliche Androhung von Ordnungsmitteln gemäß § 890 Abs. 2 ZPO voraussetzt und der Gläubiger bis zur Zustellung des Androhungsbeschlusses gegen Verletzungshandlungen nicht geschützt ist (OLG Köln, GRUR-RR 2015, 405 m. w. N.; Berneke/Schüttpelz, Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, 3. Aufl., Rn. 100; Bornkamm in: Köhler/Bornkamm, aaO, § 12 UWG Rn. 1.112d m. w. N.). Es gibt keinen überzeugenden Grund, warum die zeitliche Lücke zwischen dem Zugang der notariellen Urkunde und der Zustellung des Androhungsbeschlusses zu Lasten des Gläubigers gehen soll. Das gilt umso mehr, als der Schuldner alternativ die sogar gesetzlich in § 12 Abs. 1 UWG vorgesehene Möglichkeit zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung besitzt (OLG Köln, GRUR-RR 2015, 405 m. w. N.). Die Fortdauer der Wiederholungsgefahr richtet sich auch nicht danach, ob konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Schuldner den Zeitraum bis zur Zustellung des Androhungsbeschlusses für weitere Wettbewerbsverstöße nutzen wird. Bei Abgabe einer Unterlassungserklärung ohne Vertragsstrafeversprechen wird eine solche zusätzliche Voraussetzung zu Recht deshalb nicht aufgestellt, weil der Gläubiger keine Möglichkeit besitzt, den Unterlassungsanspruch durchzusetzen. Bis zur Zustellung des Androhungsbeschlusses ist die Interessenlage bei einer notariell beurkundeten Unterlassungserklärung vergleichbar, weil der Schuldner solange ebenfalls sanktionslos gegen die Unterlassungsverpflichtung verstoßen kann. Der Gläubiger darf somit in diesem Zeitraum nicht deshalb schlechter gestellt werden, weil der Schuldner diese Form der Unterlassungserklärung gewählt hat.

c)

In Anknüpfung an die vorstehenden Ausführungen besteht ferner ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung.

Das Rechtsschutzbedürfnis, das auch für einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bestehen muss (Berneke/Schüttpelz, aaO, Rn. 99), darf bei vorhandener Wiederholungsgefahr grundsätzlich nicht mit materiell-rechtlichen Erwägungen verneint werden, etwa unter Hinweis auf eine erfolgte Unterwerfung (Köhler in: Köhler/Bornkamm, aaO, § 12 UWG Rn. 2.15). Das Landgericht hat deshalb zu Unrecht ein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis damit begründet, dass es keine konkreten Anhaltspunkte für einen Verstoß des Antragsgegners gegen seine notarielle Unterlassungserklärung gebe, weil dies die materiell-rechtliche – hier zu bejahende – Frage betrifft, ob die Wiederholungsgefahr fortdauert (siehe oben b)).

Das Rechtsschutzbedürfnis entfällt vielmehr nur ausnahmsweise, wenn das Gericht unnütz, unlauter oder prozesszweckwidrig bemüht wird. Hat der Gläubiger mehrere gleichwertige Wege zur Durchsetzung seines Begehrens, so muss er grundsätzlich den prozessual einfacheren und billigeren wählen (Köhler in: Köhler/Bornkamm, aaO, § 12 UWG Rn. 2.15 m. w. N.). Da die einstweilige Verfügung eine Eilmaßnahme zur Sicherung eines Anspruchs oder zur Regelung eines Rechtsverhältnisses darstellt, ist eine alternative Rechtsschutzmöglichkeit für den Antragsteller darüber hinaus nur gleichwertig, wenn er damit ebenso schnell seinen Anspruch sichern oder das Rechtsverhältnis regeln kann. Gibt der Schuldner eine notarielle Unterwerfungserklärung nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO ab, hängt es vom Einzelfall ab, ob es dem Gläubiger zumutbar ist, einen Androhungsbeschluss nach § 890 Abs. 2 ZPO zu beantragen (Berneke/ Schüttpelz, aaO, Rn. 100). Dagegen wird in vielen Fällen sprechen, dass diese Alternative im Vergleich zu einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit einem nicht unerheblichen Zeitverlust verbunden ist. Häufig kann der Gläubiger ohne vorherige Anhörung des Schuldners und ohne mündliche Verhandlung innerhalb von wenigen Tagen eine einstweilige Verfügung erwirken. Demgegenüber vergeht bis zur Zustellung der Ordnungsmittelandrohung regelmäßig ein deutlich längerer Zeitraum, zumal der Schuldner gemäß § 891 ZPO vorher angehört werden muss und Streit darüber entstehen kann, welches Gericht für die Ordnungsmittelandrohung nach einer notariellen Unterwerfungserklärung zuständig ist (vgl. Bornkamm in: Köhler/ Bornkamm, aaO, § 12 UWG Rn. 1.112d m. w. N.). Dies zeigt gerade auch der vorliegende Fall, weil das zuerst von der Antragstellerin angerufene Amtsgericht Emmerich mit Hinweis vom 20.04.2016 seine sachliche Zuständigkeit verneint hat (Anlage JuS 7). Zu diesem Zeitpunkt, in dem somit im Verfahren auf Erlass eines Androhungsbeschlusses noch nicht einmal die Zuständigkeit geklärt ist, hätte die einstweilige Verfügung jedoch bereits erlassen sein können, da die Antragstellerin die (übrigen) Voraussetzungen dafür schlüssig dargelegt und glaubhaft gemacht hat. Inzwischen sind mehr als drei Wochen seit dem Zugang der notariellen Unterwerfungserklärung vergangen, ohne dass über den unverzüglich im Anschluss daran gestellten Antrag nach § 890 Abs. 2 ZPO entschieden worden ist. Bei dieser Sachlage ist ein Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin für den Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht zu verneinen, zumal sie aus den unter b) dargelegten Gründen ein schützenswertes Interesse daran besitzt, bis zur Zustellung des noch zu erlassenden Androhungsbeschlusses ihren Unterlassungsanspruch durchzusetzen."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Hamm: Nachvergütungsanspruch für Zeitungsfotografen nach § 32 UrhG - 10 EURO pro Bild sind keine angemessene Vergütung

OLG Hamm
Urteil vom 11.02.2016
4 U 40/15


Das OLG Hamm hat sich mit dem möglichen Nachvergütungsanspruch eines Zeitungsfotografen nach § 32 UrhG befasst und entschieden, dass 10 EURO pro Bild keine angemessene Vergütung darstellt.

Die Revision ist beim BGH unter dem Aktenzeichen I ZR 85/16 anhängig.

Die Pressemitteilung des OLG Hamm:

OLG Hamm stärkt das Urheberrecht von Zeitungsfotografen

Einem freien hauptberuflichen Journalisten, der einem Verlag in Tageszeitungen veröffentlichte Fotobeiträge für 10 Euro netto pro Beitrag zur Verfügung stellt, kann ein Nachvergütungsanspruch nach § 32 Urheberrechtsgesetz (UrhG) zustehen. Dieser kann auch für die Jahre 2010 bis 2012 entsprechend den Gemeinsamen Vergütungsregeln zu Bildhonoraren für freie hauptberufliche Journalisten und Journalistinnen zu berechnen sein. Das hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm mit Urteil vom 11.02.2016 unter weitgehender Bestätigung der erstinstanzlichen Entscheidung des Landgerichts Bochum entschieden.

Der Kläger, ein Journalist aus Hagen, war seit 2000 für den beklagten Zeitungsverlag aus Essen als Fotograf tätig. Er lieferte auf Aufforderung der Beklagten im Wesentlichen Bildbeiträge aus dem Märkischen Kreis, die die Beklagte in verschiedenen Ausgaben von ihr verlegter Tageszeitungen veröffentlichte. Für diese erhielt er unabhängig von der Größe des veröffentlichten Bildes und der Auflagenstärke der jeweiligen Zeitung ein Netto-Honorar von 10 Euro. Im Jahre 2010 veröffentlichte die Beklagte 1.329 Bildbeiträge des Klägers, 2011 1.277 Bildbeiträge und 2012 891 Bildbeiträge. Im Rechtsstreit hat der Kläger von der Beklagten eine Nachvergütung für diese Bildbeiträge gemäß § 32 UrhG verlangt und diese nach den Gemeinsamen Vergütungsregeln zu Bildhonoraren für freie hauptberufliche Journalisten und Journalistinnen - abzüglich der gezahlten Beträge - berechnet. Die Gemeinsamen Vergütungsregeln bemessen die Bildhonorare nach der Größe des Bildes und der Auflagenstärke der Zeitung, wobei die Netto-Honorare für Erstdruckrechte zwischen 19,50 Euro (kleiner als einspaltige Fotos in einer Auflage bis 10.000) und 75,50 Euro (vierspaltige Fotos und größer in einer Auflage über 200.000) liegen.

Die Vergütungsklage war erfolgreich. Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat dem Kläger gemäß § 32 UrhG eine Nachvergü-tung von insgesamt ca. 79.000 Euro zugesprochen. Der Kläger sei, so der Senat, Urheber der gelieferten Fotobeiträge, die Beklagte sein Vertragspartner.

Ein vorrangiger Tarifvertrag stehe dem Anspruch nicht entgegen. Bis 2012 sei der Kläger kein Mitglied des Deutschen Journalisten-Verbandes gewesen. Für die vom Kläger in den Jahren 2010 bis 2012 gelieferten Fotobeiträge habe die Beklagte mit netto 10 Euro pro Beitrag kein angemessenes Honorar gezahlt. Insoweit sei der Vertrag der Parteien anzupassen, wobei der Kläger unmittelbar auf Zahlung der angemessenen Vergütung klagen könne. Die Gemeinsamen Vergütungsregeln zu Bildhonoraren für freie hauptberufliche Journalisten und Journalistin-nen seien zwar erst im Jahre 2013 in Kraft getreten. Dennoch könnten sie als Vergleichsmaßstab einer angemessenen Vergütung herangezogen werden. Dabei seien im vorliegenden Fall die für das Einräumen eines Erstdruckrechts vorgesehenen Tarife maßgeblich. Denn die Beklagte habe dem Kläger die Aufträge ersichtlich in Erwartung einer ihr einzuräumenden Priorität der Veröffentlichung erteilt. Letztlich könnten sogar die tarifvertraglichen Vergütungsregeln als Orientierungshilfe dienen. Danach sei die vom Kläger verlangte Vergütung selbst dann angemessen, wenn ein Erstdruckrecht nicht vereinbart worden sei.


§ 32 Urhg

(1) Der Urheber hat für die Einräumung von Nutzungsrechten und die Erlaubnis zur Werknutzung Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Vergütung. Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, gilt die angemessene Vergütung als vereinbart. Soweit die vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist, kann der Urheber von seinem Vertragspartner die Einwilligung in die Änderung des Vertrages verlangen, durch die dem Urheber die angemessene Vergütung gewährt wird.

(2) Eine nach einer gemeinsamen Vergütungsregel (§ 36) ermittelte Vergütung ist angemessen. Im Übrigen ist die Vergütung angemessen, wenn sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses dem entspricht, was im Geschäftsverkehr nach Art und Umfang der eingeräumten Nutzungsmöglichkeit, insbesondere nach Dauer und Zeitpunkt der Nutzung, unter Berücksichtigung aller Umstände üblicher- und redlicherweise zu leisten ist.

(3) Auf eine Vereinbarung, die zum Nachteil des Urhebers von den Absätzen 1 und 2 abweicht, kann der Vertragspartner sich nicht berufen. Die in Satz 1 bezeichneten Vorschriften finden auch Anwendung, wenn sie durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden. Der Urheber kann aber unentgeltlich ein einfaches Nutzungsrecht für jedermann einräumen.

(4) Der Urheber hat keinen Anspruch nach Absatz 1 Satz 3, soweit die Vergütung für die Nutzung seiner Werke tarifvertraglich bestimmt ist.



Bundeskartellamt: Kartellrechtswidrige Behinderungspraktiken der Deutschen Bahn AG beim Vertrieb von Fahrkarten

Die Pressemitteilung des Bundeskartellamtes:

Deutsche Bahn AG verpflichtet sich zu Änderungen im Vertrieb von Fahrkarten

Aufgrund der Ermittlungen des Bundeskartellamtes wird die Deutsche Bahn AG umfangreiche Änderungen beim Fahrkartenvertrieb vornehmen. Die Maßnahmen werden die Vertriebsmöglichkeiten von Wettbewerbern der Deutschen Bahn verbessern. Das Bundeskartellamt hatte Anfang 2014 ein Verfahren gegen die Deutsche Bahn AG wegen des Verdachts des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung beim Vertrieb von Fahrkarten für den Schienenpersonenverkehr eingeleitet (vgl. Pressemitteilung vom 30.01.2014). Dieses Verfahren konnte nun aufgrund der Verpflichtungszusagen der Deutschen Bahn eingestellt werden.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Wettbewerb auf der Schiene setzt Wettbewerb beim Vertrieb, d.h. bereits beim Fahrkartenverkauf voraus. Um Behinderungspraktiken der Deutschen Bahn gerade beim Vertrieb ihrer Wettbewerber zu beenden, hatten wir ein Verfahren eingeleitet. Die Deutsche Bahn hat uns jetzt umfangreiche Zusagen beim Ticketverkauf angeboten, die den Wettbewerbern den Verkauf von Fahrkarten sehr erleichtern. So dürfen sie beispielsweise ihre Tickets künftig über Läden im Bahnhof verkaufen. Mietvertragsklauseln, die dies bislang erheblich behindert haben, wird es künftig nicht mehr geben. Der Wettbewerb im Bahnverkehr erhält hierdurch neue Impulse.“

Die Verpflichtungszusagen der Deutschen Bahn AG beinhalten folgende Punkte:

Provisionen, die zwischen der Deutsche Bahn AG und Wettbewerbern für den wechselseitigen Fahrkartenverkauf gezahlt werden, werden vereinheitlicht und überwiegend gesenkt. Die Deutsche Bahn AG hatte Wettbewerbern bislang einen niedrigeren Provisionssatz für deren Erbringung von Vertriebsleistungen für die Deutsche Bahn AG gezahlt als sie ihrerseits im Gegenzug von Wettbewerbern für die Erbringung eigener Vertriebsleistungen verlangt hat.
Wettbewerber der Deutsche Bahn AG im Schienenpersonennahverkehr dürfen künftig auch Fernverkehrstickets der Deutsche Bahn AG über eigene Fahrkartenautomaten verkaufen. Dies ist für Reisende insbesondere an solchen Bahnhöfen relevant, an denen die Deutsche Bahn AG selbst keinen Halt mehr hat und die Reisenden deshalb bislang keine Fernverkehrsfahrkarten mehr kaufen konnten.
Der Zugang der Wettbewerber der Deutschen Bahn zum Verkauf von Fahrkarten in Bahnhofsläden wird vereinfacht. Bislang beinhalteten Mietverträge für Bahnhofsläden Klauseln, die Dritten den Verkauf von Fahrkarten weitgehend unmöglich gemacht haben. Damit war den Wettbewerbern bislang diese vergleichsweise preisgünstige Alternative für den personenbedienten Fahrkartenverkauf nicht zugänglich.
Künftig werden die Wettbewerbsunternehmen mehr Freiheiten haben, den Vertrieb ihrer Fahrkarten selbst zu gestalten. Eisenbahnunternehmen sind gesetzlich zu einer Kooperation bei der Tarifgestaltung und in der Folge auch beim Fahrkartenvertrieb verpflichtet, allerdings nicht in der bisher praktizierten umfassenden Form.
Das Bundeskartellamt hat die von der Deutsche Bahn AG angebotenen Verpflichtungszusagen in einem Beschluss nach § 32b GWB für verbindlich erklärt. Diese Entscheidung hat das Bundeskartellamt bis zum 31.12.2023 befristet.



LAG Rheinland-Pfalz: Unbewusste Installation von Schadsoftware beim privaten Herunterladen von Software am Arbeitsplatz rechtfertigt fristlose Kündigung

LAG Rheinland-Pfalz
Urteil vom 12.11.2015
5 Sa 10/15


Das LAG Rheinland-Pfalz hat entschieden, dass die unbewusste Installation von Schadsoftware beim privaten Herunterladen von Software am Arbeitsplatz eine fristlose Kündigung rechtfertigt.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Zur Frage, wann bei einer vom Arbeitgeber nicht erlaubten privaten Nutzung des Internets oder des Dienst-PCs eine kündigungsrelevante Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten vorliegt, sind in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sowohl im Zusammenhang mit ordentlichen als auch mit außerordentlichen Kündigungen verschiedene Fallgestaltungen skizziert worden (vgl. BAG 31.05.2007 - 2 AZR 200/06 - Rn. 19 mwN, NZA 2007, 923). Eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Leistungspflicht sowie anderer vertraglicher Nebenpflichten kann sich bei der privaten Nutzung des Internets jedoch auch aus anderen Umständen ergeben.

bb) Das Verhalten des Klägers rechtfertigt eine außerordentliche Kündigung. Unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der mündlichen Verhandlungen und des Ergebnisses der zweitinstanzlichen Beweisaufnahme steht für die Berufungskammer gem. § 286 ZPO zweifelsfrei fest, dass der Kläger seine arbeitsvertraglichen Pflichten in erheblicher Weise verletzt hat, weil er am 03.04.2014 um 8:08 Uhr unter seinem Benutzeraccount zu privaten Zwecken eine Software, die zum Verkleinern und Konvertieren von Audiodateien geeignet ist ("Audiograbber" = "agsetup 183se"), auf seinem Dienst-PC installiert hat, obwohl ihm dies verboten war. In dieser Software verbarg sich ein Computervirus, der zur Installation der Schadsoftware "best-markit" und "Protegere" geführt hat. Der Kläger hat diese Schadsoftware bewusst heruntergeladen und installiert, weil er die Warnungen des Virenscanners willentlich übergangen ("weggedrückt") haben muss. Die Software "Protegere" hat dann weitere Schadsoftware, mindestens einen Backdoor-Virus, auf dem infizierten Rechner nachgeladen, der den unbefugten Zugriff von außerhalb des Netzwerks über das Internet und dadurch ggf. einen unkontrollierten Datenabfluss ermöglicht.

Der Zeuge E., der als externer EDV-Systembetreuer für die Beklagte tätig ist, hat bei seiner zweitinstanzlichen Vernehmung diesen von der Beklagten zur Begründung der fristlosen Kündigung vorgebrachten Sachverhalt in jeder Hinsicht glaubhaft geschildert. Die Berufungskammer hält den Zeugen nach dem persönlichen Eindruck für glaubwürdig. Seine Aussage war in sich stimmig und widerspruchsfrei sowie für die - sachverständig beratene - Berufungskammer plausibel nachvollziehbar. Der Zeuge hat ausgesagt, dass der Kläger unter seinem Benutzeraccount am 03.04.2014, um 8:08 Uhr, das Programm "best-markit" und das Programm "Protegere" aus dem Internet heruntergeladen und auf seinem Dienst-PC installiert habe. Er könne anhand des Internet-Protokolls erkennen, auf welcher Seite sich der Kläger bewegt und welche Downloads er ausgeführt habe. Von diesem Protokoll habe er den relevanten Zeitraum als Screenshot herauskopiert. Der Kläger habe das Programm "Audiograbber" gesucht, das sich unter dem Namen "agsetup 183se" verberge. Diese Software werde benutzt, um Audiodateien zu verkleinern und zu konvertieren. Der Kläger habe dieses Programm, das ihm [dem Zeugen] verdächtig klein erscheine, zunächst heruntergeladen. Darin sei wahrscheinlich der Virus enthalten gewesen, der am 03.04.2014 zur Installation der Schadsoftware "Protegere" geführt habe. Der Kläger müsse die Installation von "Protegere" von Hand angestoßen und auch bestätigt haben. "Protegere" habe dann mehrere andere Schadprogramme nachgeladen. Am 15.04.2014 habe er einen Virenscan durchgeführt, der diverse Bedrohungen angezeigt habe. Durch die Installation des Programms "Audiograbber" hätten sich, sozusagen als "Rattenschwanz", die Schadprogramme installiert. Der Kläger habe die Software "bewusst" geladen und installiert, weil er die Warnungen des Virenscanners übergangen haben müsse. Bei einem funktionierenden Virenscanner sei extra zu bestätigen, dass eine Aktion - trotz Warnung über eine potentielle Bedrohung - durchgeführt werden soll.

Es besteht kein Anhaltspunkt für die Annahme des Klägers, der Zeuge selbst oder der Geschäftsführer der Beklagten habe die Software heimlich - unter seinem Benutzeraccount und mit seinem Passwort - installiert. Der Zeuge E. hat in seiner Vernehmung glaubhaft bekundet, dass er das Programm "Audiograbber" zu keinem Zeitpunkt installiert habe. Dieses Programm sei im Betrieb der Beklagten nicht erforderlich. Auch der Geschäftsführer der Beklagten hat im Rahmen seiner förmlichen Parteivernehmung glaubhaft versichert, dass er zu keinem Zeitpunkt "irgendetwas am Rechner des Klägers gemacht" habe. Zwar hat der Kläger im Rahmen seiner förmlichen Parteivernehmung behauptet, dass er weder die Software "Audiograbber" noch "best-markit" noch "Protegere" heruntergeladen habe. Diese Angaben haben die Berufungskammer vor dem Hintergrund der Aussage des Zeugen E. jedoch nicht überzeugt. Die Berufungskammer schenkt der Aussage des Zeugen mehr Glauben als derjenigen des Klägers.

cc) Die Beklagte durfte in der mündlichen Berufungsverhandlung noch den ihr erst in der zweitinstanzlichen Beweisaufnahme bekannt gewordenen Umstand als Kündigungsgrund nachschieben, dass der Kläger bei der Installation der Software die Warnungen des Virenscanners bewusst übergangen haben muss. Es ist auch unschädlich, dass sie ihren laienhaften Sachvortrag zu EDV-technischen Vorgängen im Verlauf des Rechtsstreits präzisiert hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG und der herrschenden Meinung in der Literatur können Kündigungsgründe, die dem Kündigenden bei Ausspruch der Kündigung noch nicht bekannt waren, uneingeschränkt nachgeschoben werden, wenn sie bereits vor Ausspruch der Kündigung entstanden sind (vgl. BAG 23.05.2013 - 2 AZR 102/12 - Rn. 25, NZA 2013, 1416; BAG 06.09.2007 - 2 AZR 264/06 - Rn. 21, NZA 2008, 636). So liegt es hier. § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB steht der Berücksichtigung nachgeschobener Tatsachen nicht entgegen. Neu bekannt gewordene, bei Kündigungsausspruch objektiv aber bereits gegebene Gründe können noch nach Ablauf der Zweiwochenfrist in den Prozess eingeführt werden (vgl. BAG 23.05.2013 - 2 AZR 102/12 - Rn. 33 mwN, aaO).

dd) Eine Abmahnung des Klägers war nach den Umständen des vorliegenden Falls entbehrlich.

Zwar gilt das durch § 314 Abs. 2 BGB konkretisierte Erfordernis einer Abmahnung grundsätzlich auch bei Störungen im Vertrauensbereich. Die Abmahnung ist aber, wie § 314 Abs. 2 Satz 2 BGB iVm. § 323 Abs. 2 BGB zeigt, unter besonderen Umständen entbehrlich. Das ist ua. der Fall, wenn es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass die Hinnahme durch den Arbeitgeber offensichtlich - für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist (vgl. BAG 25.10.2012 - 2 AZR 495/11 - Rn. 15 mwN, NZA 2013, 319).

Danach war eine Abmahnung entbehrlich. Es bedurfte keiner Klarstellung der vertraglichen Pflichten. Der Kläger konnte keinesfalls damit rechnen, dass die Beklagte die Installation von Schadsoftware billigen oder ihr lediglich mit einer Abmahnung begegnen würde, zumal sie ihn in einem Jahr dreimal datenschutzrechtlich geschult hatte. Die private Nutzung des Internets war dem Kläger unstreitig verboten. Es kann ihn nicht entlasten, dass er einmal im Auftrag des Geschäftsführers der Beklagten ein Zubehörteil auf eBay bestellt hat. Auch das private Surfen im Internet, das - nach seinem Vortrag - von nahezu sämtlichen Mitarbeitern in der Mittagspause praktiziert worden sein soll, ist mit dem Fehlverhalten des Klägers nicht vergleichbar. Das Gefährdungsrisiko beim Installieren sog. Free- oder Shareware aus unbekannten Quellen ist wesentlich höher als das normale Surfen im Internet auf bekannten Seiten (zB. eBay). Im Übrigen hat die Beweisaufnahme ergeben, dass der Kläger den Warnhinweis des Virenscanners ignoriert, dh. bewusst "weggedrückt" haben muss, um die Software auf den Dienst-PC installieren zu können. Damit handelte er besonders verantwortungslos.

ee) Der Beklagten war es unter Beachtung der Besonderheiten des Einzelfalls und der gebotenen Abwägung der Interessen beider Vertragsteile nicht zuzumuten, das Arbeitsverhältnis noch bis zum Ablauf der Kündigungsfrist am 31.05.2014 fortzusetzen.

Zu Gunsten des 45-Jährigen, ledigen Klägers spricht seine Unterhaltspflicht gegenüber einem Kind. Allerdings war er im Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs erst ein Jahr bei der Beklagten beschäftigt, so dass er keinen nennenswerten sozialen Besitzstand erworben hat. Da er von Beruf staatlich geprüfter Elektrotechniker ist, dürfte es ihm auf dem Arbeitsmarkt schnell gelingen, eine neue Beschäftigung zu finden. Die für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauensgrundlage war unwiederbringlich zerstört. Die Beklagte betreibt ein kriminaltechnisches Sachverständigenbüro und fertigt Gutachten für Versicherungen, Staatsanwaltschaften und Gerichte. Ihr Betrieb muss daher hohen datenschutzrechtlichen Anforderungen genügen. Die Beklagte konnte sich nicht (mehr) darauf verlassen, dass der Kläger der Sicherheit ihres EDV-Systems gegenüber seinen privaten Interessen absolute Priorität einräumt. Es kann den Kläger nicht entlasten, dass er den Zeugen E. von sich aus über einen Befall des Dienst-PC mit aggressiven Werbeeinblendungen unterrichtet hat, denn die Installation der Software am 03.04.2014 hat er ihm - trotz Nachfrage - verschwiegen.

b) Die Beklagte hat die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt.

Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Im Streitfall begann die Frist nicht vor dem 14.04.2014. An diesem Tag hat der Zeuge E. den Geschäftsführer der Beklagten darüber unterrichtet, dass der Dienst-PC des Klägers, infolge der Installation von infizierter Software zu privaten Zwecken, von Schadsoftware, ua. von einem Backdoor-Virus, befallen war. Die Kündigung ist dem Kläger am 25.04.2015 und damit rechtzeitig zugestellt worden.

Entgegen der Ansicht des Klägers begann die Zweiwochenfrist nicht bereits am 08.04.2014. An diesem Tag hat er den externen EDV-Dienstleister telefonisch (nur) über lästige Werbeeinblendungen unterrichtet. Derartige Werbeeinblendungen können mannigfache Ursachen haben. Die ausdrückliche Frage des Zeugen E., ob er Programme installiert habe, hat der Kläger verneint. Nach den Umständen bestand für den Zeugen am 08.04.2014 noch kein Anlass, den Geschäftsführer zu unterrichten. Es braucht daher nicht geklärt zu werden, ob der Zeuge E. zu den Personen gehört, deren Kenntnis sich der Geschäftsführer der Beklagten zurechnen lassen müsste."



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BGH: Online-Händler haftet für irreführende geografische Herkunftsbezeichnung als Täter auch wenn Produktpräsentation vom Lieferanten stammt - Himalaya Salz

BGH
Urteil vom 31.03.2016
I ZR 86/13
Himalaya Salz
MarkenG §§ 126, 127 Abs. 1; Verordnung (EG) Nr. 510/2006 Erwägungsgrund 8
und Art. 2 Abs. 1 Buchst. b


Der BGH hat entschieden, dass ein Online-Händler für eine irreführende geografische Herkunftsbezeichnung auch dann als Täter haftet, wenn die Produktpräsentation vom Lieferanten stammt. Vorliegend ging es um Werbung für Himalaya-Salz.

Leitsätze des BGH:

a) Die in den §§ 126 ff. MarkenG enthaltenen Regelungen vermitteln nach der Novellierung des Markengesetzes durch das Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vom 7. Juli 2008 (BGBl. I, S. 1191) für geografische Herkunftsangaben keinen lauterkeitsrechtlich, sondern einen kennzeichenrechtlich begründeten Schutz.

b) Die Bestimmung des § 127 Abs. 1 MarkenG ist unionsrechtskonform dahingehend einschränkend auszulegen, dass bei der Beurteilung der Frage, ob eine Gefahr der Irreführung über die geografische Herkunft des Produkts besteht, bei Agrarerzeugnissen und Lebensmitteln mit der geografischen Herkunft etwa verbundene besondere Qualitäts- oder Eigenschaftsvorstellungen unberücksichtigt bleiben.

c) Ein Online-Händler ist für ein im eigenen Namen auf seiner Internetseite eingestelltes Verkaufsangebot als Täter verantwortlich, auch wenn er sich bei der Ausgestaltung der Produktpräsentation eines dritten Unternehmers - hier
seines Lieferanten - bedient.

BGH, Urteil vom 31. März 2016 - I ZR 86/13 - OLG Köln - LG Köln

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OLG Dresden: Spam - Unzumutbare Belästigung durch Zusendung von Emails zur Kundenbefragung an Kunden eines Online-Shops

OLG Dresden
Urteil vom 24.04.2016
12 U 1773/13


Das OLG Dresden hat entschieden, dass die Zusendung von Emails zur Kundenbefragung, die ohne ausdrückliche Zustimmung des Empfängers erfolgt, eine unzumutbare Belästigung darstellt und als Spam zu qualifizieren ist. Es reicht insbesondere nicht aus, wenn der angeschriebene Nutzer schon einmal in dem Online-Shop bestellt hatte.

OLG Schleswig-Holstein: Suchmerkmal Ehrenkodex für Zahnärzte in einer Praxissuche auf der Webseite einer berufsständischen Vereinigung der Zahnärzte unzulässig

OLG Schleswig-Holstein
Urteil vom 12.05.2016
6 U 22/15


Das OLG Schleswig-Holstein hat entschieden, dass das Suchmerkmal Ehrenkodex für Zahnärzte in einer Praxissuche auf der Webseite einer berufsständischen Vereinigung der Zahnärzte unzulässig ist.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Das Merkmal "Ehrenkodex" ist im Rahmen der Praxissuche kein geeignetes Suchkriterium

Die Verwendung des Merkmals "Ehrenkodex" als Suchkriterium im Rahmen der Funktion "Praxissuche" auf der Homepage der berufsständischen Vereinigung der Zahnärzte in Schleswig-Holstein ist wettbewerbswidrig und muss unterlassen werden. Das hat der 6. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in einem Eilverfahren entschieden.

Zum Sachverhalt: Der Kläger ist Zahnarzt in Schleswig-Holstein und klagt im Eilverfahren (einstweiliges Verfügungsverfahren) gegen die Zahnärztekammer Schleswig-Holstein (Beklagte). Diese bietet Verbrauchern auf ihrer homepage unter der Funktion "Praxissuche" die Möglichkeit, nach Zahnärzten zu suchen, die in Schleswig-Holstein ansässig sind. Dabei wird neben den Suchkriterien Name, Vorname, Ort, Postleitzahl, Fachzahnarzt und Praxisspezialitäten auch das Kriterium "Ehrenkodex" aufgeführt. Dieses Merkmal ist im Gegensatz zu den anderen Kriterien in der Suchmaske bereits mit einem Häkchen versehen. Der "Ehrenkodex" wurde im Jahre 2014 in einer Kammerversammlung der Beklagten beschlossen und soll den Kern des freiberuflichen, zahnärztlichen Berufsverständnisses gegenüber Patienten, Mitarbeitern, Kollegen und Geschäftspartnern verkörpern. Gegen die Verwendung des Merkmals "Ehrenkodex" wendet sich der Kläger, der den "Ehrenkodex" selbst nicht unterzeichnet hatte. Das Landgericht Kiel hat die Beklagte in erster Instanz verurteilt, die Verwendung des Suchkriteriums "Ehrenkodex" zu unterlassen. Das hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts nun bestätigt.

Aus den Gründen: Durch die Verwendung des Merkmals "Ehrenkodex" als Kriterium der "Praxissuche" hat die Beklagte Einfluss auf die Entscheidung der Verbraucher genommen, ihre Suche (auch) an diesem Kriterium zu orientieren. Damit hat sie denjenigen Zahnärztinnen und Zahnärzten, die den "Ehrenkodex" unterzeichnet haben, im Wettbewerb um Patientinnen und Patienten einen Vorteil verschafft. Durch die Verwendung des Merkmals "Ehrenkodex" neben den anderen Kriterien und die Vorbelegung in der Suchmaske wird der Eindruck erweckt, der "Ehrenkodex" sei als wichtiger Aspekt für die Praxissuche ebenso bedeutsam, wie z.B. die Qualifikation als Fachzahnarzt. Dieser Eindruck ist irreführend und stimmt mit den wirklichen Verhältnissen nicht überein. Bei allen Bestandteilen des "Ehrenkodex", die die zahnärztliche Behandlungstätigkeit selbst betreffen, handelt es sich nämlich um medizin- und standesrechtliche Selbstverständlichkeiten, mit denen aus Rechtsgründen isoliert gar nicht geworben werden darf. Der durchschnittliche Verbraucher kann das jedoch nicht erkennen. Die irreführende Wirkung entfällt auch nicht dadurch, dass der Verbraucher das vorbelegte Häkchen bei dem Merkmal "Ehrenkodex" entfernen und sich an anderer Stelle des Internetauftritts über den Inhalt des "Ehrenkodex" informieren kann. Der Verbraucher vertraut nämlich vielmehr darauf, dass die Beklagte die "Praxissuche" im Sinne der Verbraucher objektiv und sachgerecht gestaltet hat. Die irreführende Verwendung des Merkmals "Ehrenkodex" ist deshalb geeignet, den Verbraucher zum Abschluss eines Behandlungsvertrages nur mit denjenigen Zahnärztinnen oder Zahnärzten zu veranlassen, die den "Ehrenkodex" unterzeichnet haben, was der Verbraucher anderenfalls nicht getan hätte.



BGH-Entscheidung zur wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit der Werbung mit einen Pippi Langstrumpf-Kostüm liegt im Volltext vor

BGH
Urteil vom 19.11.2015
I ZR 149/14
Pippi-Langstrumpf-Kostüm II
UWG § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 9, § 9 Satz 1

Wir hatten bereits in dem Beitrag "BGH: Werbung mit Pippi Langstrumpf-Kostüm stellt keinen Wettbewerbsverstoß dar - zum wettbewerbsrechtlichen Schutz einer Romanfigur" über die Entscheidung berichtet,

Leitsätze des BGH:

a) Bei der Prüfung, ob eine literarische Figur (hier: Pippi Langstrumpf) durch Übernahme von äußeren Merkmalen in eine andere Produktart (hier: Karnevalskostüm) gemäß § 4 Nr. 9 UWG nachgeahmt wird, sind keine geringen
Anforderungen zu stellen.

b) Der Schutz der Verwertbarkeit einer fiktiven Figur außerhalb des Urheberrechts sowie der Schutz der vom Rechteinhaber im Bereich der wirtschaftlichen Verwertung dieser Figur erbrachten Investitionen ("character merchandising") in Form eines Schutzrechts über die Generalklausel nach § 3 Abs. 1 UWG ist angesichts der im Lauterkeits-, Marken- und Designrecht vorhandenen Schutzmöglichkeiten nicht geboten.

BGH, Urteil vom 19. November 2015 - I ZR 149/14 - OLG Köln - LG Köln

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BVerfG: Schockbilder auf Zigarettenpackungen - Keine einstweilige Anordnung gegen neue Regelungen im Tabakerzeugnisgesetz zum 20.05.2016

Bundesverfassungsgericht
Beschluss vom 18.05.2016
1 BvR 895/16


Das Bundesverfassungsgericht hat der Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Verpflichtung zu Anbringung von Schockbildern auf Zigarettenpackungen und die weiteren neuen Regelungen durch das Tabakerzeugnisgesetzes zum 20.05.2016 abgelehnt. Es fehlt bereits am Eilbedürfnis.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Die Pressemitteilung des BVerfG:

Erfolgloser Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen einzelne Regelungen des Tabakerzeugnisgesetzes

Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen einzelne Regelungen des am 20. Mai 2016 in Kraft tretenden Tabakerzeugnisgesetzes abgelehnt. Die Entscheidung der Kammer beruht auf einer Folgenabwägung. Die gesetzlichen Neuregelungen bezwecken primär eine Harmonisierung des europäischen Binnenmarkts zum Abbau von Markthemmnissen und dienen damit einem wichtigen Ziel der Europäischen Union. Daneben ist eine Förderung des Gesundheitsschutzes Ziel der Regelungen und damit ein überragend wichtiges Gemeinwohlziel von Verfassungsrang (Art. 2 Abs. 2 GG). Demgegenüber weisen die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten, mit der Umsetzung der Regelung verbundenen berücksichtigungsfähigen Nachteile kein deutlich überwiegendes Gewicht auf.

Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin, die verschiedene Tabakerzeugnisse herstellt, wendet sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde und dem damit verbundenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Wesentlichen gegen einzelne Regelungen des Tabakerzeugnisgesetzes vom 4. April 2016, das am 20. Mai 2016 in Kraft tritt. Sie beanstandet unter anderem die Vorschriften zur verpflichtenden Gestaltung von Verpackungen mit sogenannten „Schockfotos“, das Verbot des Inverkehrbringens von Zigaretten und Tabaken zum Selbstdrehen mit charakteristischen Aromen sowie das Verbot irreführender werblicher Informationen auf Verpackungen oder Tabakerzeugnissen, die sich auf Geschmack, Geruch, Aromastoffe und sonstige Zusatzstoffe oder deren Fehlen beziehen. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Grundrechte gemäß Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 GG.

Wesentliche Erwägungen der Kammer:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig, aber unbegründet.

1. Das Bundesverfassungsgericht kann einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist (§ 32 Abs. 1 BVerfGG). Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache haben außer Betracht zu bleiben, es sei denn, die in der Hauptsache begehrte Feststellung oder der in der Hauptsache gestellte Antrag erwiese sich als von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens muss das Bundesverfassungsgericht eine Folgenabwägung vornehmen.

2. Die Verfassungsbeschwerde ist weder von vornherein unzulässig noch offensichtlich unbegründet. Nach dem Ergebnis der Folgenabwägung kann aber eine einstweilige Anordnung nicht ergehen.

a) Soll der Vollzug eines Gesetzes ausgesetzt werden, gilt für die Beurteilung der Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 BVerfGG ein besonders strenger Maßstab, weil dies einen erheblichen Eingriff in die originäre Zuständigkeit des Gesetzgebers darstellt. Dieser Maßstab ist noch zu verschärfen, wenn eine einstweilige Anordnung begehrt wird, durch die der Vollzug einer Rechtsnorm ausgesetzt werden soll, die zwingende Vorgaben des Unionsrechts in das deutsche Recht umsetzt. Der Erlass einer solchen einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass den Betroffenen aus der Vollziehung des Gesetzes ein besonders schwerwiegender und irreparabler Schaden droht. Der anzulegende äußerst strenge Maßstab stellt außerdem sehr hohe Anforderungen an die Darlegung der drohenden Nachteile.

b) Der Beschwerdeführerin ist es weder gelungen, besonders schwerwiegende, insbesondere an die Schwelle der Existenzbedrohung heranreichende, irreparable Nachteile für die ganze Branche der Tabakhersteller oder zumindest eine erhebliche Anzahl an Unternehmen noch im Hinblick auf ihre eigene Situation darzulegen.

Die Folgen der Neuregelung für andere Marktteilnehmer stellt sie, wenngleich unter Verweis auf eine besondere Betroffenheit kleiner und mittlerer Unternehmen, im Wesentlichen nur pauschal dar. Im Hinblick auf ihre eigene Situation ist zu berücksichtigen, dass wirtschaftliche Nachteile, die lediglich Einzelnen durch den Vollzug eines Gesetzes entstehen, nur ganz ausnahmsweise geeignet sein können, die Aussetzung von Normen zu begründen. Zudem hat der Europäische Gerichtshof über die Verhältnismäßigkeit zentraler Vorgaben der EU-Tabakproduktrichtlinie II, auf denen die angegriffenen Vorschriften des Tabakerzeugnisgesetzes beruhen, nach Maßgabe des Unionsprimärrechts bereits mit Urteilen vom 4. Mai 2016 entschieden und diese Vorgaben nicht beanstandet. Damit sind die sich aus der Umsetzung der Richtlinie selbst ergebenden Nachteile grundsätzlich hinzunehmen und können für den Antrag auf Aussetzung der beanstandeten Vorschriften nicht mehr von durchgreifendem Gewicht sein.

Zu berücksichtigen wären allenfalls Nachteile, welche sich aus den als fehlend oder jedenfalls als unzureichend beanstandeten Übergangsregelungen ergeben, sei es aufgrund der zwingenden unionsrechtlichen Vorgaben zum Inkrafttreten der nationalen Umsetzungsakte oder aufgrund eines zu späten Tätigwerdens des deutschen Gesetzgebers. Dass ihr allein deswegen bereits nicht wieder gutzumachende und existenzbedrohende Schäden drohen würden, hat die Beschwerdeführerin indessen nicht hinreichend substantiiert dargelegt.

3. Ein deutliches Überwiegen der auf Seiten der Beschwerdeführerin allenfalls zu berücksichtigenden Nachteile lässt sich danach nicht feststellen. Die gesetzlichen Neuregelungen bezwecken primär eine Harmonisierung des europäischen Binnenmarkts zum Abbau von Markthemmnissen und dienen damit einem wichtigen Ziel der Europäischen Union. Daneben ist eine Förderung des Gesundheitsschutzes Ziel der Regelungen und damit ein überragend wichtiges Gemeinwohlziel von Verfassungsrang (Art. 2 Abs. 2 GG). Zwar würde im Falle eines Erfolges des Antrags auf einstweilige Anordnung die Verwirklichung dieser Ziele zeitlich zunächst nur aufgeschoben. Bereits eine solche zeitliche Verzögerung führte jedoch zu einer weiteren Einschränkung der Wirksamkeit der Neuregelung über die im Gesetz selbst enthaltenen Übergangsregelungen hinaus. Es ist im Hinblick darauf nicht erkennbar, dass die in Rede stehenden Nachteile ein solches Gewicht aufweisen, dass sie nach den dargelegten Maßstäben und in Anbetracht der überragenden Bedeutung der vom Gesetzgeber bezweckten Ziele eine weitergehende Effektivitätsbeeinträchtigung rechtfertigen könnten.




BGH: Preisangaben und Preibestandteile bei Flugreisen und Bearbeitungsentgelt für Stornierungen - Vorlagebeschluss an den EuGH

BGH
Beschluss vom 21. April 2016
I ZR 220/14
Flugpreise
UWG § 3a; BGB § 307 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 Cb; Verordnung (EG)
Nr. 1008/2008 Art. 22 Abs. 1, Art. 23 Abs. 1 Satz 3; Richtlinie 93/13/EWG Art. 3
Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 Halbs. 1

Leitsatz des BGH:


Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung von Art. 23 Abs. 1 Satz 3 und Art. 22 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1008/2008/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. September 2008 über gemeinsame
Vorschriften für die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft (ABl. Nr. L 2 93 vom 31. Oktober 2008, S. 3) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist die Bestimmung des Art. 23 Abs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 1008/2008/EG dahin auszulegen, dass Luftfahrtunternehmen die in den Buchstaben b, c und d genannten Steuern, Flughafengebühren und sonstigen
Gebühren, Zuschläge und Entgelte bei der Veröffentlichung ihrer Flugpreise in der ihnen tatsächlich entstehenden Höhe ausweisen müssen und daher nicht teilweise in ihre Flugpreise gemäß dem Buchstaben a dieser Bestimmung
einbeziehen dürfen?

2. Ist die Bestimmung des Art. 22 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1008/2008/EG dahin auszulegen, dass sie der Anwendung einer nationalen Regelung zum Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die ihre Grundlage im Unionsrecht
hat, entgegensteht, nach der von Kunden, die einen Flug nicht angetreten oder storniert haben, dafür kein gesondertes Bearbeitungsentgelt erhoben werden kann?

BGH, Beschluss vom 21. April 2016 - I ZR 220/14 - Kammergericht - LG Berlin

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Verbraucher trägt Darlegungs- und Beweislast dass Vertrag unter ausschließliche Verwendung von Fernkommunikationsmitteln geschlossen wurde - Fernabsatzgeschäft - Widerrufsrecht

BGH
Urteil vom 12.11.2015 - I ZR 168/14
BGB § 312b Abs. 1 Satz 1 und 2 in der Fassung vom 2. Dezember 2004, § 312d Abs. 1 in der Fassung vom 29. Juli 2009, § 355 Abs. 2 in der Fassung vom 2. Dezember 2004, § 425 Abs. 1 und 2


Der BGH hat entschieden, dass der Verbraucher die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass ein Vertrag unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln geschlossen wurde und ein Fernabsatzgeschäft vorliegt.

Leitsätze des BGH:

a) Die Darlegungs- und Beweislast für die ausschließliche Verwendung von Fernkommunikationsmitteln beim Vertragsschluss trägt nach allgemeinen Grundsätzen der Verbraucher. Soweit die ausschließliche Verwendung von Fernkommunikationsmitteln beim Vertragsschluss feststeht, hat der Unternehmer darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass dem Vertragsschluss
ein persönlicher Kontakt vorausgegangen ist, oder dass der Vertrag nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt ist.

b) Die Vorschriften über Fernabsatzgeschäfte finden auf Sicherungsgeschäfte wie den Schuldbeitritt eines Verbrauchers keine Anwendung, wenn nach den getroffenen Vereinbarungen der Unternehmer keine vertragscharakteristische Leistung schuldet. Dem steht nicht entgegen, dass die Vorschriften über den Haustürwiderruf auf den von einem Verbraucher erklärten Schuldbeitritt anwendbar sind und der Schuldbeitritt eines Verbrauchers zu einem Darlehensvertrag nach den Vorschriften über den Verbraucherkredit widerrufen werden kann.

c) Der Kläger genügt seiner hinsichtlich der Klageforderung bestehenden Darlegungslast im Prozess gegen einen Gesamtschuldner nicht automatisch dadurch, dass er das gegen einen anderen Gesamtschuldner ergangene rechtskräftige Urteil vorlegt.

d) Aufgrund des Schuldbeitritts haftet der Beitretende nur für Kosten der Rechtsverfolgung gegen den anderen Schuldner und für diesem gegenüber bestehende Zinsansprüche, wenn derartige Ansprüche von der Beitrittserklärung umfasst sind.

BGH, Urteil vom 12. November 2015 - I ZR 168/14 - OLG München - LG Passau

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BGH: Allgemeine Verwirkungsgrundsätze gelten neben Anspruchsverwirkung nach § 21 MarkenG - Widersprüchlicher Antrag durch insbesondere-Zusatz

BGH
Urteil vom 05.11.2015
I ZR 50/14
ConText
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 286 A; MarkenG § 5 Abs. 2 Satz 1, § 15 Abs. 2, § 21 Abs. 2 und 4; BGB § 242


Der BGH hat entschieden, dass die allgemeinen Grundsätze für die Verwirkung von Ansprüchen neben der Anspruchsverwirkung nach § 21 MarkenG bei der Verletzung von Marken und Unternehmenskennzeichen anwendbar sind.

Weiter hat der BGH entschieden, dass ein Unterlassungsantrag unbestimmt ist, wenn zwischen einem "insbesondere"-Zusatz und dem vorangestellten abstrakten Teil ein Widerspruch besteht.

Leitsätze des BGH:

a) Ein Unterlassungsantrag, der im vorangestellten abstrakten Teil die Verwendung eines Zeichens in Alleinstellung zum Gegenstand hat, im angefügten "Insbesondere"-Teil aber das Zeichen innerhalb einer aus mehreren Bestandteilen bestehenden Gesamtbezeichnung aufführt, ist widersprüchlich und daher unbestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

b) Soll die Nutzung eines Firmenbestandteils untersagt werden, muss eine Begehungsgefahr nicht nur für die Verwendung der Gesamtbezeichnung, sondern für die Benutzung des Firmenbestandteils bestehen.

c) Hat eine Partei ihr Vorbringen im Laufe des Rechtsstreits oder im Hinblick auf in einem Vorprozess gehaltenen Vortrag geändert, insbesondere präzisiert, ergänzt oder berichtigt, kann dies im Rahmen der Beweiswürdigung (§ 286 ZPO) Bedeutung erlangen.

d) Die allgemeinen Grundsätze über die Verwirkung von Ansprüchen (§ 21 Abs. 4 MarkenG in Verbindung mit § 242 BGB) sind bei der Durchsetzung von Ansprüchen aus einem Unternehmenskennzeichen neben der Regelung über die Anspruchsverwirkung in § 21 Abs. 2 MarkenG anwendbar.

BGH, Urteil vom 5. November 2015 - I ZR 50/14 - OLG Zweibrücken - LG Frankenthal (Pfalz)

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BGH: Schadensersatz nach § 945 ZPO wegen unberechtigter einstweiliger Verfügung umfasst auch Kosten für Rückruf der Produkte aus Vertriebswegen

BGH
Urteil vom 19.11.2015
I ZR109/14
Hot Sox
UWG § 4 Nr. 9; ZPO § 945


Der BGH hat entschieden, dass der Schadensersatz nach § 945 ZPO wegen einer unberechtigten einstweiligen Verfügung auch die Kosten für Rückruf der streitgegenständlichen Produkte aus den Vertriebswegen umfasst.

Leitsätze des BGH:

a) Die Merkmale und die Gestaltung eines Produkts sind regelmäßig nicht geeignet, einen Rückschluss auf seine betriebliche Herkunft zu ermöglichen, wenn es sich bei dem angesprochenen Verkehr um den Endverbraucher handelt und identische Produkte unter verschiedenen Herstellermarken angeboten werden.

b) Zu dem nach § 945 ZPO ersatzfähigen Schaden können Kosten gehören, die dadurch entstehen, dass ein Unternehmen zur Befolgung eines Unterlassungsgebots Produkte aus den Vertriebswegen zurückruft.

BGH, Urteil vom 19. November 2015 - I ZR 109/14 - OLG Oldenburg - LG Osnabrück

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