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OLG Frankfurt: Verwendung eines Vornamens (hier: SAM) für ein Bekleidungsstück ist regelmäßig eine markenmäßige Benutzung und kein bloßes Bestellzeichen

OLG Frankfurt
Urteil vom 04.12.2014
6 U 141/14

Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass die Verwendung eines Vornamens (hier: SAM) für ein Bekleidungsstück regelmäßig eine markenmäßige Benutzung ist und kein bloßes Bestellzeichen darstellt.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Eine markenmäßige Benutzung im Sinne des § 14 II Nr. 2 MarkenG setzt bei richtlinienkonformer Auslegung voraus, dass das angegriffene Zeichen wie eine Marke benutzt wird, d.h. die Benutzung des Zeichens durch den Dritten die Hauptfunktion der Marke, den Verbrauchern die Herkunft der Waren oder Dienstleistungen zu garantieren, beeinträchtigt oder beeinträchtigen kann (vgl. EuGH, GRUR 2009, 756 Rdnr. 58 = WRP 2009, 930 L'Oréal/Bellure; BGH GRUR 2010, 726 Rn. 16 - Opel-Blitz II). Die Herkunftsfunktion ist beeinträchtigt, sofern das Zeichen zur Kennzeichnung der Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen verwendet wird (BGH GRUR 2014, 1101 Rn. 23 - Gelbe Wörterbücher). Daran fehlt es, wenn das Zeichen nur als dekoratives Gestaltungsmittel oder in einem rein beschreibenden Sinn verwendet wird.

(1) Ein beschreibender Sinn der Bezeichnung „SAM“ für Wollmäntel oder Wollblazer ist nicht feststellbar. Die Bezeichnung steht weder für ein gängiges Schnittmuster noch für sonstige Produkteigenschaften. Die Bezeichnung wird auch nicht rein dekorativ verwendet. Dies könnte angenommen werden, wenn sie blickfangmäßig auf dem Kleidungsstück selbst angebracht wäre (BGH GRUR-RR 2010, 359 Rn. 20 - CCCP). Hierfür gibt es keine Anhaltspunkte.

(2) Die Bezeichnung „SAM“ wird auch nicht als bloßes Bestellzeichen aufgefasst. Eine die markenmäßige Benutzung ausschließende Verwendung als reines Bestellzeichen wurde zum Teil angenommen, wenn aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs die Modellbezeichnung - ähnlich einer Bestellnummer - allein dazu dienen soll, dieses Modell von anderen Modellen desselben Herstellers zu unterscheiden, die Bezeichnung also nach dem Verständnis des Verkehrs gar nicht den Anspruch erhebt, nur von einem einzigen Hersteller verwendet zu werden und damit auf die Herkunft von diesem Hersteller hinzuweisen. Soweit der Bundesgerichtshof in älteren Entscheidungen eine solche Verwendung als reines Bestellzeichen bejaht oder in Erwägung gezogen hat (vgl. die Nachweise bei Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl., Rdz. 196 zu § 14), sind Fälle angesprochen, in denen gebräuchliche Vornamen im Rahmen eines branchenüblichen Bestellzeichensystems (etwa „Gaby“ für Damenschuhe; vgl. BGH GRUR 1988, 307 - Gaby) in dieser Weise benutzt und vom Verkehr damit auch als reines Bestellzeichen angesehen werden.

(3) Solche Umstände liegen im Streitfall nicht vor. Hierfür genügt insbesondere nicht, dass - wie die Antragsgegnerin glaubhaft gemacht hat - die Verwendung von Vornamen im Modebereich üblich ist und auch die Bezeichnung „SAM“ von einigen Herstellern für unterschiedliche Kleidungsstücke (z.B. Desigual Kleid Sam, TommyHilfiger Herrenhemd Sam, Anlage AG10) verwendet wird. Die Funktion, dass das angegriffene Zeichen zur Kennzeichnung eines bestimmten Modells benutzt wird, steht der Einordnung als markenmäßige Verwendung nicht entgegen (Senat, Beschl. v. 23.04.2013 - 6 W 41/13 m.w.N.). Denn der Verkehr sieht in der angegriffenen Verwendungsform des Zeichens „SAM“ nicht allein ein Bestellzeichen, sondern zugleich auch einen Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen. Der Verbraucher geht davon aus, dass der „Wollmantel SAM“ stets einem bestimmten Herstellungsunternehmen zuzuordnen ist. Er nimmt nicht ohne weiteres an, dass auch andere Hersteller ihre Mäntel mit „SAM“ kennzeichnen.

b) Zwischen der Wortmarke „SAM“ und dem angegriffen Zeichen „SAM“ besteht Verwechslungsgefahr im Sinne des § 14 II Nr. 2 MarkenG. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

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