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BGH: Kein Widerrufsrecht auf Grundlage von § 312b BGB wenn Verbraucher am Vortag unterbreitetes Angebot am Folgetag außerhalb von Geschäftsräumen lediglich annimmt

BGH
Urteil vom 06.07.2023
VII ZR 151/22
BGB § 312b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Nr. 2


Der BGH hat entschieden, dass kein Widerrufsrecht auf Grundlage von § 312b BGB besteht, wenn ein Verbraucher ein am Vortag unterbreitetes Angebot am Folgetag außerhalb von Geschäftsräumen lediglich annimmt.

Leitsatz des BGH:
Ein Vertragsschluss bei gleichzeitiger Anwesenheit der Parteien außerhalb von Geschäftsräumen im Sinne des § 312b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB liegt nicht vor, wenn der Verbraucher ein vom Unternehmer am Vortag unterbreitetes Angebot am Folgetag außerhalb von Geschäftsräumen lediglich annimmt.

BGH, Urteil vom 6. Juli 2023 - VII ZR 151/22 - LG Hannover - AG Hameln

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Brandenburg: Keine Informationspflichten auslösende Garantieerklärung nach § 479 BGB wenn auf einem Produktbild beiläufig eine Garantiekarte erwähnt wird

OLG Brandenburg
Beschluss. vom 18.04.2023
6 W 31/23


Das OLG Brandenburg hat entschieden, dass keine Informationspflichten auslösende Garantieerklärung nach § 479 BGB vorliegt, wenn auf einem Produktbild beiläufig eine Garantiekarte erwähnt wird

Aus den Entscheidungsgründen:
Sie ist allerdings unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht einen Anspruch des Antragstellers gegenüber dem Antragsgegner auf Unterlassung nach § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG in Zusammenhang mit der beanstandeten Werbung verneint.

1. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ist die Werbung zunächst nicht wegen Verstoßes gegen § 312d Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 246a § 1 Nr. 12 EGBGB in der ab dem 28.05.2022 gültigen Fassung (inhaltsgleich zu der bis dahin in Ziff. 9 enthaltenen, vom Landgericht und dem Antragsteller in Bezug genommenen Regelung) unlauter, wobei die Unlauterkeit in diesem Zusammenhang allerdings nicht nach § 3a, sondern nach § 5a UWG zu bewerten ist (BGH, Urteil vom 10.11.2022 - I ZR 241/19 - Herstellergarantie IV, juris, Rn 16).

§ 312d Abs. 1 S. 1 BGB, Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 12 EGBGB verpflichten den Unternehmer, dem Verbraucher bei Fernabsatzverträgen vor Vertragsschluss Informationen über das Bestehen von Garantien zur Verfügung zu stellen. Diese stellt eine wesentliche Information im Sinne von Art. 7 Abs. 5 RL 2005/29/EG, § 5b Abs. 4 UWG in der ab dem 28.05.2022 gültigen Fassung dar (BGH, a.a.O., Rn. 23, 26).

Die vorvertragliche Informationspflicht wird allerdings nicht bereits durch das Bestehen einer Garantie als solche ausgelöst, sondern nur dann, wenn der Verbraucher ein berechtigtes Interesse daran hat, Informationen über die Garantie zu erhalten, um sich zu entscheiden, ob er den Vertrag abschließt (BGH, a.a.O., Rn. 35). Ein berechtigtes Interesse in diesem Sinne liegt vor, wenn der Unternehmer die Garantie zu einem zentralen oder entscheidenden Merkmal seines Angebots macht, wenn also der Unternehmer die Aufmerksamkeit des Verbrauchers ausdrücklich auf das Bestehen einer gewerblichen Garantie des Herstellers lenkt, um daraus ein Verkaufs- oder Werbeargument herzuleiten und damit die Wettbewerbsfähigkeit oder die Attraktivität seines Angebots im Vergleich zu den Angeboten seiner Wettbewerber zu verbessern. In diesem Fall ist zu vermeiden, dass der Verbraucher durch unklare, mehrdeutige oder unvollständige Informationen über verschiedene Garantien in die Irre geführt wird und ist zu seinem Schutz die Erkenntnis sicherzustellen, von wem die Garantie stammt. Erwähnt das Angebot des Unternehmers die Garantie des Herstellers hingegen nur beiläufig oder in belangloser oder vernachlässigbarer Weise, sodass sie im Hinblick auf Inhalt und Ausgestaltung des Angebots objektiv weder als Geschäftsargument angesehen werden noch einen Irrtum beim Verbraucher hervorrufen kann, besteht keine Informationspflicht. Maßgeblich für die Abgrenzung sind Inhalt und allgemeine Gestaltung des Angebots hinsichtlich der Ware, Bedeutung der Erwähnung der gewerblichen Garantie als Verkaufs- oder Werbeargument, Positionierung der Erwähnung der Garantie im Angebot, die Gefahr eines Irrtums oder einer Verwechslung bei einem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher, Vorliegen von Erläuterungen zu weiteren, mit der Ware verbundenen Garantien und jeder weitere Gesichtspunkt, der eine objektive Schutzbedürfnisses Verbrauchers begründen kann (BGH, a.a.O., Rn. 36 f.).

Dass die inkriminierte Werbung das Bestehen einer Garantie zu einem zentralen oder entscheidenden Merkmal des Angebots macht, hat das Landgericht zu Recht verneint. Die fragliche Anmerkung ist nicht Gegenstand des Angebotstextes, sondern lediglich sichtbar auf dem Foto der Umverpackung. Dort ist sie Bestandteil der Inhaltsangabe der Verpackung, die in kleiner Schrift am unteren Rand aufgedruckt und auf dem Foto erst nach Vergrößerung lesbar ist. Zudem stellt die inkriminierte Anmerkung lediglich einen Hinweis auf eine in der Verpackung enthaltene Garantiekarte dar, ohne dass erkennbar wird, wer Garantiegeber ist oder welche Laufzeit diese Garantie haben soll. Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, dass der Antragsgegner etwaige mit der Garantie verbundenen Vorteile zu einem zentralen oder entscheidenden Merkmal seines Angebots gemacht hätte.

2. Entgegen der Ansicht des Antragstellers liegt auch ein Verstoß gegen §§ 443, 479 BGB nicht vor, dessen Unlauterkeit nach Maßgabe des § 3a UWG zu beurteilen wäre. Insoweit fehlt es bereits an einer die Informationspflichten des § 479 BGB auslösenden Garantieerklärung im Sinne des § 443 BGB. Unter den Begriff der Garantieerklärung im Sinne des §§ 479 Abs. 1, 443 Abs. 1 BGB fallen Willenserklärungen, die zum Abschluss eines Kaufvertrages (unselbstständige Garantie) oder eines eigenständigen Garantievertrages führen, nicht dagegen eine Werbung, die den Verbraucher lediglich zur Bestellung auffordert und in diesem Zusammenhang eine Garantie angekündigt ohne sie bereits rechtsverbindlich zu versprechen (BGH, a.a.O., Rn. 54 mit weiteren Nachweisen). Als Garantieerklärung, die den in § 479 Abs. 1 bestimmten Erfordernissen entsprechen muss, ist im Falle einer selbstständigen Garantie die auf den Abschluss eines Garantievertrags gerichtete Willenserklärung des Unternehmers und bei einer unselbständigen Garantie dessen auf die Modifikation der gesetzlichen Rechtsbehelfe des Verbrauchers gerichteten Willenserklärung anzusehen (BGH, Urteil vom 05.12.2012 - I ZR 88/11 - Werbung mit Herstellergarantie bei eBay, juris, Rn. 10 mit weiteren Nachweisen). Die Fälle, in denen ein Unternehmer gegenüber einem Verbraucher eine Garantieerklärung in diesem Sinne abgibt, sind von einer Werbung danach abzugrenzen, ob der Unternehmer nur eine invitatio ad offerendum ausgesprochen oder aber bereits ein rechtsverbindliches Angebot im Sinne des § 145 BGB abgegeben hat und der Verbraucher damit zu entscheiden hat, ob er dieses annehmen soll (vgl. BGH, Urteil vom 10.11.2022 - I ZR 241/19 - Herstellergarantie IV, juris, a.a.O., Rn. 59).

Eine entsprechende, auf den Abschluss eines Garantievertrags gerichtete Willenserklärung des Antragsgegners lässt sich vorliegend nicht feststellen. Die bloße Erwähnung einer Garantiekarte in der Inhaltsangabe der abfotografierten Verpackung stellt kein Angebot auf Abschluss eines Garantievertrages dar. Ein entsprechendes Angebot nach § 145 BGB setzt voraus, dass Gegenstand und Inhalt des angebotenen Vertrages so bestimmt oder so (im Wege der Auslegung nach dem Empfängerhorizont nach Maßgabe der §§ 133, 157 BGB) bestimmbar angegeben werden, dass die Annahme durch ein einfaches „ja“ erfolgen kann (vgl. Grüneberg-Ellenberger, BGB, 82. Aufl. § 145 Rn. 1). Daran fehlt es. Der Verweis auf die innenliegende Garantiekarte lässt weder den Vertragspartner des möglichen Garantievertrages erkennen - sei es der Hersteller, der Antragsgegner oder ein Dritter - noch den Vertragsgegenstand, nämlich Umfang und Dauer der Garantie. Der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt unterscheidet sich deshalb maßgeblich von denjenigen, die den Entscheidungen des OLG Hamm (Urteil vom 14.02.2013 - I-4 U 182/12, 4 U 182/12 - Garantiewerbung bei eBay; juris) und des OLG Nürnberg (Urteil vom 10.12.2019 - 3 U 1021/19 - 5 Jahre Garantie; juris) zu beurteilen waren. Zwar lag hier - wie dort - bezüglich der angebotenen Ware ein rechtsverbindliches Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrages vor, nachdem der Antragsteller den zum Verkauf gestellten Rückenwärmegurt auf der Auktionsplattform eBay auch über die „sofort-Kaufen-Option“ angeboten hat (vgl. BGH, GRUR 2013, 851 - Herstellergarantie II, Rn. 12). In den dem OLG Hamm und dem OLG Nürnberg vorliegenden Fällen war allerdings, anders als hier, jeweils im Angebot mit einer dem jeweiligen Anbieter zuzurechnenden „5 Jahre Garantie“ geworben. Daran fehlt es hier, so dass der Antragsgegner entgegen der Ansicht des Antragstellers vorliegend den Informationspflichten nach § 479 BGB nicht unterlag.


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AG München: Benachrichtigung über Datenschutzverstoß nach Art. 34 DSGVO genügt nicht um Schadensersatzanspruch nach Art 82 DSGVO schlüssig darzulegen und zu beweisen

AG München
Urteil vom 03.08.2023
241 C 10374/23

Das AG München hat entschieden, dass der Erhalt einer Benachrichtigung über einen Datenschutzverstoß nach Art. 34 DSGVO nicht genügt, um einen Schadensersatzanspruch nach Art 82 DSGVO schlüssig darzulegen und zu beweisen.

Aus den Entscheidungsgründen:
1. Die Klage ist hinsichtlich des Feststellungsantrags in Ziffer 2. unzulässig, im Übrigen aber zulässig.

Ein Feststellungsinteresse liegt bezüglich des Antrags Ziffer 2. nicht vor. Bei Vermögensschäden bedarf es für die Zulässigkeit der Klage der Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadenseintritts (BGH, Urteil vom 26.07.2018 – ZR 274/16, NJW-RR 2018, 1301 Rn. 20, beck-online). Der Kläger als Anspruchsteller hat die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, aus denen sich die Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadens ergibt. Vorliegend ist den Ausführungen des Klägers nicht zu entnehmen, welche Nachteile ihm drohen könnten, zumal seit dem Abgreifen der Daten bereits 3 Jahre verstrichen sind, ohne dass es zu einem Missbrauch der Daten gekommen ist. Es ist kein Grund ersichtlich, wieso jetzt mit dem Eintritt eines Schadens zu rechnen wäre.

2. Die Klage ist in Ziffer 1. unbegründet

a) Der Kläger hat keinen Anspruch auf Ersatz immateriellen Schadens in Höhe von mindestens 1 .OOO € gegen die Beklagte gem. Art. 82 DGSVO.

Nach dieser Vorschrift hat jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, Anspruch auf Schadensersatz gegen den Verantwortlichen.

Die Darlegungs- und Beweislast für die haftungsbegründenden Voraussetzungen trägt der Anspruchsberechtigte (Rn 51 zu Art.82 DS-GVO, BeckOK Datenschutzrecht, 44. Auflage, 01.05.2023, beck-online).

Trotz Hinweis des Gerichts in der mündlichen Verhandlung vom 13.07.2023 hat der Kläger weder dargelegt, welche Pflichtverletzung nach der DSGVO er der Beklagten vorwirft, noch welcher konkrete, immaterielle Schaden hierdurch eingetreten sein soll.

Aus dem Schreiben vom 19.10.202 folgt nicht ein vorheriger Verstoß der Beklagten gegen die DGSVO. Die Benachrichtigungspflicht gem. Art.34 DSGVO setzt eine „Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten“ gem. Art. 4 Nr. 12 DSGVO voraus. Auf ein Verschulden oder eine Mitverursachung durch den Verantwortlichen kommt es hierbei nicht an (Rn 23 zu Art. 34 DGSVO, BeckOK Datenschutzrecht, 01.02.2022, 44 Auflage, beck-online)

Selbst wenn ein Verstoß gegen die DSGVO vorgelegen hätte, führt der Datenschutzverstoß an sich nicht zu einem Ersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO, da der „Verstoß gegen diese Verordnung“ und der „Schaden“ zwei unterschiedliche Tatbestandsmerkmale der Vorschrift sind. Auch reicht der bloße Kontrollverlust über Daten nicht für das Vorliegen eines Schadens aus.

b) Mangels konkreten Schadens steht dem Kläger gegen die Beklagte auch kein Anspruch aus vertraglichen oder deliktischen Ansprüchen nach dem BGB zu.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-GRURRS-B-2023-N-20971?hl=true

LG München: Proteinangabe außerhalb der vorgeschriebenen Nährwerttabelle auf Milchreis-Produktverpackung wettbewerbswidrig nach § 3a UWG i.V.m. Art. 30 Abs. 3 LMIV

LG München
Urteil vom 28.07.2023
37 O 14809/22


Das LG München hat entschieden, dass die Proteinangabe außerhalb der vorgeschriebenen Nährwerttabelle auf Milchreis-Produktverpackungen nach § 3a UWG i.V.m. Art. 30 Abs. 3 LMIV wettbewerbswidrig ist. Geklagte hatte die Wettbewerbszentrale.

OLG Hamm: Direktnachrichten über Soziale Medien, Portale und Messengerdienste sind elektronische Post im Sinne von § 7 UWG und ohne Einwilligung des Empfängers unzulässig

OLG Hamm
Hinweisbeschluss vom 17.05.2023
18 U 154/22


Das OLG Hamm hat in einem Hinweisbeschluss ausgeführt, dass auch Direktnachrichten über Soziale Medien, Portale und Messengerdienste elektronische Post im Sinne von § 7 UWG darstellen und ohne Einwilligung des Empfängers unzulässig sind.

Aus den Gründen:
Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, nach der die Klägerin aus der Akquise-Vereinbarung keine Rechte herleiten kann, weil der Vertrag nichtig ist.

Gemäß § 134 BGB können Verträge nichtig sein, die zur Begehung unlauteren Wettbewerbs verpflichten. Voraussetzung hierfür ist, dass der rechtsgeschäftlichen Verpflichtung selbst das wettbewerbswidrige Verhalten innewohnt (vgl. BGH, Urteil vom 14.05.1998 - I ZR 10/96, GRUR 1998, 945, beckonline; Senatsbeschluss vom 25.10.2021- 18 U 110/21, Rn. 46, juris; OLG; Frankfurt/M., Urteil vom 24.01.2018 - 13 U 165/16, NJW-RR 2018, 887, Rn. 43). Dies ist hier der Fall, weil die Akquise-Vereinbarung darauf gerichtet ist, unzulässige geschäftliche Handlungen nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG a.F. durchzuführen und damit zu einem wettbewerbswidrigen Handeln verpflichtet.

Um Wiederholungen zu vermeiden, wird zunächst auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Die Berufungsbegründung der Klägerin gibt Anlass zu folgenden ergänzenden Ausführungen:

a)

Auch hinsichtlich der Dienstleistung Chiffre-Kontakt liegt eine unzulässige geschäftliche Handlung gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG a.F. vor.

Die erstmalige Kontaktierung der Inserenten über die einzelnen Portale seitens der Mitarbeiter der Klägerin, wie es in § 5 der Akquise-Vereinbarung vorgesehen ist und mit einem Anschreiben über die Kontaktformulare der jeweiligen Immobilienportale geschieht, verstößt gegen § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG a.F., weil die Inserenten die für eine solche Kontaktaufnahme per elektronischer Post erforderliche vorherige ausdrückliche Einwilligung nicht erteilt haben (vgl. Senatsbeschluss vom 23.12.2021- 18 U 110/21, Rn. 9, juris).

Die Auffassung der Klägerin, das Anschreiben über ein Internetportal stelle keine elektronische Post im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG a.F. dar, weil die Nachrichten nicht direkt an die potenziellen Verkäufer der Immobilien, sondern an die Internetportale verschickt würden, und aus dem gleichen Grund die Verbraucher auch nicht Adressaten im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG a.F. seien, geht fehl; sie ist insbesondere nicht mit dem Schutzzweck der Vorschrift vereinbar.

aa)

Der Begriff der "elektronischen Post" in § 7 Abs. Nr. 3 UWG a.F. ist unionsrechtskonform in Einklang mit Art. 2 S. 2 lit. h der RL 2002/58/EG (EK-DSRL - Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) auszulegen und umfasst daher "jede über ein öffentliches Kommunikationsnetz verschickte Text-, Sprach-, Ton- oder Bildnachricht, die im Netz oder im Endgerät des Empfängers gespeichert werden kann, bis sie von diesem abgerufen wird". Durch die Bestimmung in Art. 13 Abs. 1 der RL 2002/58/EG, die den Begriff der elektronischen Post aufgreift und deren Verwendung reglementiert, sollen die Nutzer vor einer Verletzung ihrer Privatsphäre durch unerbetene Nachrichten für Zwecke der Direktwerbung geschützt werden (vgl. ErwG 40 der RL 2002/58/EG). Angesichts dieses Schutzzwecks befürworten sowohl der Bundesgerichtshof als auch der Europäische Gerichtshof bei Beantwortung der Frage, welche elektronischen Kommunikationsmittel unter elektronische Post zu fassen sind, eine weite und an die Entwicklung der Technologie angepasste Auslegung.

Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 30.01.2020 (Az. I ZR 25/19, GRUR 2020, 420 - Inbox-Werbung I) dem Europäischen Gerichtshof zur Auslegung von Art. 2 S. 2 lit. h und Art. 13 Abs. 1 der RL 2002/58/EG sowie Nr. 26 des Anh. I der RL 2005/29/EG mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. In diesem Zusammenhang hat er auch Ausführungen zum Begriff der elektronischen Post gemacht: Es sei nicht ersichtlich, dass der Richtliniengeber angesichts der absehbar rasch fortschreitenden technischen Entwicklung den Begriff der elektronischen Post statisch auf die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Richtlinie bekannten "klassischen" Formen der E-Mail, der SMS oder der MMS festschreiben wollte. Näherliegend sei, dass er im Interesse des Schutzes der Privatsphäre der Nutzer einen dynamischen und technikneutralen Begriff gewählt habe (vgl. Mankowski in Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, 3. Aufl., § 7 Rn. 186), der es beispielsweise ermögliche, auch die erst in jüngerer Zeit relevant gewordenen elektronischen Mitteilungen im Rahmen von sozialen Netzwerken zu erfassen (vgl. Büscher/Büscher, § 7 Rn. 200; Ohly in Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl., § 7 Rn. 65; Mankowski in Fezer/Büscher/Obergfell, § 7 Rn. 186). Denn die Privatsphäre der Nutzer elektronischer Kommunikationsmittel könne nicht nur durch im Wege der klassischen Formen der elektronischen Individualkommunikation wie E-Mail, SMS oder MMS übersandten unerbetene Nachrichten beeinträchtigt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 30.01.2020 - I ZR 25/19, GRUR 2020, 420 Rn. 29, beckonline).

Der Europäische Gerichtshof hat anlässlich der Vorlagefragen durch Urteil vom 25.11.2021 diese Auffassung bestätigt und klargestellt, dass der Begriff der elektronischen Kommunikationsmittel aus technologischer Sicht entwicklungsfähig und mit Blick auf das Regelungsziel, dass den Nutzern der öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienste der gleiche Grad des Schutzes personenbezogener Daten und der Privatsphäre geboten werden soll, weit auszulegen sei (vgl. EuGH, Urteil vom 25.11.2021 - C-102/20, GRUR 2022, 87 Rn. 38, 39, beckonline).

Daher fallen unter den Begriff der elektronische Post im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG a.F. neben E-Mails, SMS und MMS auch sämtliche Nachrichten über Social Media-Dienste wie Xing, Facebook, LinkedIn oder WhatsApp (vgl. OLG Nürnberg, Urteil vom 15.01.2019 - 3 U 724/18, GRUR-RR 2019, 170 Rn. 59, beckonline; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 41. Aufl. 2023, UWG § 7 Rn. 264; Ohly/Sosnitza/Ohly, 8. Aufl. 2023, UWG § 7 Rn. 86).

Zwar handelt es sich bei dem Nachrichtendienst eines Immobilienportals nicht um einen Social-Media-Dienst. Die Funktionsweise des Postfachs ist jedoch dieselbe. Auch hier werden Nachrichten asynchron übermittelt und auf dem Server des jeweiligen Portalbetreibers für den jeweiligen Inserenten gespeichert, bis dieser sie abruft. Die Nachrichten erreichen den Nutzer in seinem eingerichteten und lediglich privat zugänglichen Postfach, das er über einen Nachrichten-Manager abrufen kann. Dementsprechend handelt es sich gleichermaßen um eine Art elektronischen Briefkasten. Angesichts des oben dargelegten Schutzzwecks des Art. 13 Abs. 1 RL 2002/58/EG kann daher für Nachrichten über Immobilienportale nichts anderes gelten als für Nachrichten über Social-Media-Dienste (oder per E-Mail).

bb)

Die Verbraucher sind weiter Adressaten im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG a.F. Die Argumentation der Klägerin, das Internetportal, an das die Nachrichten geschickt würden, sei der Adressat ihrer Nachrichten, ist nicht nachvollziehbar.

Adressat im Sinne der Vorschrift ist der Nutzer des Immobilienportals, den die Nachricht erreichen soll. Der Nutzer eines Immobilienportals erhält erst Zugang zu seinem Nachrichtenbereich, nachdem er seine Zugangsdaten und ein Passwort eingeben hat. Ihn erreichen die Nachricht also - wie oben dargelegt - in einem privaten Bereich, der ihm vorbehalten und für die Konsolidierung der privaten Inhalte in der Form der an ihn versandten Nachrichten bestimmt ist. Es ist ohne Belang, dass die Nachricht der Klägerin die Inserenten nicht "direkt", sondern über den Server des jeweiligen Internetportals erreicht.

cc)

Kontaktaufnahmen seitens der Klägerin, die darauf gerichtet sind, den Inserenten Maklerdienste anzubieten, sind auch bei Vorliegen eines grundsätzlichen Interesses des potentiellen Immobilienverkäufers an einer Kontaktaufnahme nicht von einer entsprechenden Einwilligung gedeckt. Grundsätzlich gilt: Hat ein Verbraucher eine Anzeige geschaltet, in der er eine Eigentumswohnung zum Verkauf anbietet und dabei zur Kontaktaufnahme seine Telefonnummer angibt, erklärt er seine ausdrückliche Einwilligung in Telefonanrufe von Kaufinteressenten, auch in solche von Maklern, die sich für ihre Suchkunden für die angebotene Wohnung interessieren. Telefonanrufe von Maklern, die darauf gerichtet sind, dem Inserenten Maklerdienste anzubieten oder mit diesem gar einen Maklervertrag zu schließen, sind von einer solchen Einwilligung nicht gedeckt (vgl. Senatsbeschluss vom 23.12.2021 - 18 U 110/21, Rn. 9, juris; OLG Karlsruhe, Urteil vom 12.6.2018 - 8 U 153/17, NJW-RR 2018, 1263, beckonline). Auch die Bestimmungen der jeweiligen Portale sind nicht geeignet, die erforderliche Einwilligung des jeweiligen Nutzers zu ersetzen (vgl. Senatsbeschluss, a.a.O.).

b) Die Verschaffung der sog. Opt-Ins erfolgt ebenso unter Verstoß gegen die Vorschriften des UWG. Auch soweit sich auf die - wettbewerbswidrigen - Anschreiben die Inserenten melden und mit einer telefonischen Kontaktaufnahme einverstanden sind, kann sich die Klägerin nicht auf eine vorherige ausdrückliche Einwilligung gem. § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F. in einen Telefonanruf zur Herbeiführung eines Opt-In berufen. Auf die nicht ergänzungsbedürftigen Ausführungen des Landgerichts wird Bezug genommen.

c) Die in § 14 der Akquise-Vereinbarung enthaltene salvatorische Klausel steht der Gesamtnichtigkeit des Vertrags nach § 139 BGB nicht entgegen. Der nichtige Vertragsteil ist von derart grundlegender Bedeutung, dass die Aufrechterhaltung nur des Restgeschäfts nicht mehr als vom durch Vertragsauslegung zu ermittelnden Willen der Vertragsparteien umfasst angesehen werden kann. Denn hier sind gerade die entscheidenden wesentlichen Vertragsbestimmungen unwirksam. Ohne diese verliert der Vertrag seinen Inhalt.


BGH: Geltendmachung des Widerspruchsrechts nach § 5a VVG a.F. bei fehlender oder fehlerhafter Widerspruchsbelehrung kann gegen Treu und Glauben verstoßen

BGH
Urteil vom 19.07.2023
IV ZR 268/21
BGB §§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, 242
VVG vom 21. Juli 1994 § 5a Abs. 1 Satz 1


Der BGH hat entschieden, dass die Geltendmachung des Widerspruchsrechts nach § 5a VVG a.F. bei fehlender oder fehlerhafter Widerspruchsbelehrung gegen Treu und Glauben verstoßen kann.

Leitsätze des BGH:
a) Der Senat hält auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Urteile vom 24. Februar 2022, u.a. [Unit-Linked-Versicherungsverträge], C-143/20 und C-213/20,EU:C:2022:118 = NJW 2022, 1513; vom 9. September 2021, Volkswagen
Bank u.a., C-33/20, C-155/20 und C-187/20, EU:C:2021:736 = NJW 2022, 40; vom 19. Dezember 2019, Rust-Hackner u.a., C-355/18 bis C-357/18 und C-479/18, EU:C:2019:1123 = NJW 2020, 667) daran fest, dass die Geltendmachung des Widerspruchsrechts gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG (hier in der Fassung vom 21. Juli 1994) auch bei einer fehlenden oder fehlerhaften Widerspruchsbelehrung ausnahmsweise Treu und Glauben (§ 242 BGB) widersprechen und damit unzulässig sein kann, wenn besonders gravierende Umstände des Einzelfalles vorliegen, die vom Tatrichter festzustellen sind (Fortführung des Senatsurteils vom 15. März 2023 - IV ZR 40/21,
VersR 2023, 631 Rn. 21).

b) Zum Einwand von Treu und Glauben ist keine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union geboten (Fortführung des Senatsurteils vom 15. Februar 2023 - IV ZR 353/21, r+s 2023, 298 Rn. 27 ff.).

BGH, Urteil vom 19. Juli 2023 - IV ZR 268/21 - OLG Karlsruhe in Freiburg - LG Freiburg

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OLG Köln: Entfernung von Meta-Daten aus Bilddatei zwar keine Urheberrechtsverletzung aber Anspruch nach §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 95c Abs. 1 und 3 UrhG möglich

OLG Köln
Urteil vom 02.06.2023
6 U 17/23

Das OLG Köln hat entschieden, dass die Entfernung von Meta-Daten aus einer Bilddatei zwar keine Urheberrechtsverletzung ist, aber ein Anspruch nach §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 95c Abs. 1 und 3 UrhG bestehen kann. In dem hier vorliegenden Fall hat das Gericht aber einen Anspruch aufgrund der vertraglichen Regelung zwischen den Parteien verneint.

Aus den Entscheidungsgründen:
2. Anders als das Landgericht angenommen hat besteht ein Unterlassungsanspruch des Antragstellers in der Sache nicht. Unschädlich ist es zwar, dass die vom Landgericht herangezogene Anspruchsgrundlage des § 97 Abs. 1 UrhG nicht einschlägig ist (dazu a)). Mit dem Landgericht geht der Senat auch von einer Entfernung der Metadaten durch den Antragsgegner bzw. einen von diesem beauftragten Dienstleister aus (dazu b)). Die Voraussetzungen des § 95c UrhG sind jedoch jedenfalls hinsichtlich des Merkmals der Unbefugtheit nicht erfüllt bzw. ist insoweit eine Duldungspflicht des Antragstellers anzunehmen (dazu c)).

a) Soweit das Landgericht als Anspruchsgrundlage § 97 Abs. 1 UrhG herangezogen hat (so auch bereits LG Köln, Urteil vom 23.11.2005, 28 S 6/05, BeckRS 2006, 3836 zur Verletzung der Vorschrift des § 95a UrhG), teilt der Senat diese Auffassung nicht.

Der Bundesgerichtshof hat zu einem auf die Verletzung des § 95a UrhG gestützten Auskunftsanspruch ausgeführt, dass es sich bei letzterer Bestimmung zwar um ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 S. 1 BGB zu Gunsten der Inhaber von Urheberrechten und Leistungsschutzrechten handele, die wirksame technische Maßnahmen zum Schutz ihrer urheberrechtlich geschützten Werke und Leistungen einsetzen. Die Regelung begründe jedoch weder ein Urheberrecht noch ein anderes nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht dieser Rechtsinhaber. Zu den anderen nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechten im Sinne von §§ 97 Abs. 1 S. 1, 98 Abs. 1 S. 1 UrhG zählten nur absolute Rechte. Die Bestimmung des § 95a UrhG schaffe jedoch kein absolutes Recht, sondern regele lediglich Verhaltenspflichten, die unmittelbar dem Schutz technischer Maßnahmen und mittelbar dem Schutz der durch diese technischen Maßnahmen urheberrechtlich geschützten Werke und Leistungen dienten. Ein Verstoß gegen § 95a Abs. 3 UrhG verletzt daher weder das Urheberrecht noch ein anderes nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht im Sinne von §§ 97 Abs. 1 S. 1, 98 Abs. 1 S. 1 UrhG (BGH GRUR 2015, 672, 678 Rn. 68 - Nintendo II).

Diese Auffassung ist zwar nicht gänzlich unumstritten (zum Streitstand Wandtke/Ohst, in: Wandtke/Bullinger, UrhG, 6. Aufl. 2022, § 95a Rn. 89), überzeugt aber angesichts des Wortlauts und Sinngehalts des § 97 Abs. 1 UrhG, weshalb sich der Senat ihr anschließt. Die zu § 95a UrhG angestellten Erwägungen des Bundesgerichtshofs lassen sich auch ohne weiteres auf die durch § 95c geschützten Informationen für die Rechtewahrnehmung übertragen, da diese ebenfalls mittelbar dem Schutz der urheberrechtlich geschützten Werke und Leistungen dienen, indem sie die Manipulation von in digitale Dateien eingebetteten elektronischen Informationen verbieten und diesbezüglich Verhaltenspflichten begründen.

Selbst bei fehlender Einschlägigkeit des § 97 Abs. 1 UrhG kommt jedoch ein auf §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 95c Abs. 1 und 3 UrhG gestützter Unterlassungsanspruch grundsätzlich in Betracht (vgl. Specht-Riemenschneider, in: Dreier/Schulze, UrhG, 7. Aufl. 2022, § 95c Rn. 3). Denn die Frage der Schutzgesetzeigenschaft ist bei § 95c UrhG nicht anders zu beurteilen als bei § 95a UrhG (vgl. Lindhorst, in: BeckOK UrhR, 37. Ed. 1.2.2023, § 95c Rn. 13). § 1004 BGB schützt zwar nach seinem Wortlaut unmittelbar nur das Eigentum, wird jedoch nach einhelliger Auffassung entsprechend auf durch § 823 Abs. 2 BGB geschützte Rechte angewendet (Grünewald/Herrler, BGB, 82. Aufl. 2023, § 1004 Rn. 4 m.w.N.).


b) Die Annahme des Landgerichts, wonach die Benennung des Antragstellers in den Metadaten der streitgegenständlichen Fotografien einerseits und die Löschung dieser Daten andererseits § 95c UrhG unterfällt und glaubhaft gemacht ist, hält den Angriffen der Berufung stand.

Die in Rede stehenden Metadaten sind „Informationen für die Rechtewahrnehmung“ im Sinne von § 95c Abs. 2 UrhG. Dies hat der Senat für EXIF-Daten wie hier bereits entschieden (Senat GRUR-RR 2017, 212, 214 Rn. 24 sowie Urteil vom 01.04.2022, 6 U 149/21, S. 10, nicht veröffentlicht). Unzulässig ist zum einen deren Entfernung oder Veränderung an einem Vervielfältigungsstück eines Werks (§ 95c Abs. 1 UrhG), wenn diese wissentlich unbefugt erfolgt und dem Handelnden bekannt ist oder sein muss, dass er hierdurch die Verletzung von Urheberrechten veranlasst, ermöglicht, erleichtert oder verschleiert. Zum anderen verbietet § 95c Abs. 3 UrhG u.a. die wissentlich unbefugte Verbreitung, öffentliche Wiedergabe und - hier einschlägig - öffentliche Zugänglichmachung von Werken, bei denen diese Informationen unbefugt entfernt oder geändert wurden.

Der Antragsteller hat durch Vorlage der eidesstattlichen Versicherung des Herrn J. vom 16.06.2022 (Anlage A6, Bl. 176 GA) glaubhaft gemacht, dass Herr J. die Dateien vom Server bzw. der Webseite des Antragsgegners heruntergeladen hat und diese keine Metadaten (mehr) enthielten, während dies zuvor, wie der Antragsteller selbst eidesstattlich unter dem 15.06.2022 versichert hat (Anlage A2, Bl. 159 GA), der Fall war.

Soweit der Antragsgegner bereits erstinstanzlich eingewandt hat, dass der Antragsteller nicht klar dargelegt habe, bei welchen Vervielfältigungsstücken er überhaupt Metadaten eingefügt habe (S. 25 der Widerspruchsbegründung, Bl. 1654 GA) und dies auch mit der Berufung wiederholt (S. 9 der Berufungsbegründung, Bl. 111 eA), greift dies nicht durch. Denn wie aus dem Vortrag des Antragstellers hervorgeht (S. 138 der Antragsschrift, Bl. 147 GA) geht es bei den Bildern, die Gegenstand des Verbotsantrages sind, nicht um die automatisiert erstellten verkleinerten Versionen derselben, die sich auch auf dem Server finden. Der Antragsteller hat insoweit erläutert und durch eidesstattliche Versicherung des Herrn J. (Anlage A6, Bl. 176 GA) auch glaubhaft gemacht, dass sich auf der Webseite eine Vielzahl von Bildern finden, die vom Motiv identisch mit den antragsgegenständlichen Bildern sind, die jedoch eine unterschiedliche Auflösung aufweisen, weil sie vom Content Management System (CMS), hier WordPress bzw. einem entsprechenden Plugin, automatisiert verkleinert (herunterskaliert) und separat abgespeichert worden sind, um etwa Ladezeiten zu optimieren. Gegenstand des Antrags sind jedoch nicht diese automatisiert erstellten Versionen, sondern die vom Antragsteller hochgeladenen 268 „Originale“, die keine Zusätze im Dateinamen (der in der Regel aus einer Kombination von drei Buchstaben, gefolgt von einer vierstelligen Zahl besteht) tragen. Dagegen sind die Dateinamen der verkleinerten Versionen – bei grundsätzlicher Beibehaltung des ursprünglichen Dateinamens – dadurch gekennzeichnet, dass diesen ein Zahlenzusatz hinzugefügt wird, der auf die Auflösung des Bildes hindeutet (beispielhaft etwa Anlage A7 mit dem Originalnamen „N01.jpg“, Bl. 177 GA gegenüber Anlage A8 mit dem Namen „N01-600x400.jpg“, Hervorhebung durch den Senat). Da in der Antragsschrift jeweils nur die „Original“-Dateinamen abgebildet sind (z.B. findet sich auf der Darstellung S. 2, Bl. 11 GA, der Dateiname „N01.jpg“ im Programmfenster), ergibt sich hieraus in Verbindung mit dem entsprechenden Vortrag des Antragstellers (S. 11 ff. des Schriftsatzes vom 30.11.2022, Bl. 1775 ff. GA), dass der Antragsteller sich genau auf diese von ihm hochgeladenen Dateien bezieht, hinsichtlich derer er auch die jeweiligen Bearbeitungszeitpunkte dargelegt hat (Anlage A 23, Bl. 477 ff. GA, wo ebenfalls der „Original“-Dateiname Verwendung findet).

Durch die vorbezeichnete Aufstellung, mit der anhand eines Online-Tools der Zeitpunkt der letzten Bearbeitung des in Rede stehenden Bildes abgefragt werden kann, hat der Antragsteller auch glaubhaft gemacht, dass die Löschung der zuvor vorhandenen Metadaten aus der Sphäre des Antragsgegners stammen muss und nicht durch den Antragsteller selbst vorgenommen wurde. Soweit der Antragsgegner eine durch den Antragsteller selbst vorgenommene Löschung vermutet (S. 27 der Widerspruchsbegründung, Bl. 1656 GA), hat der Antragsteller durch Vorlage des WhatsApp-Verlaufs vom 14.12.2021 glaubhaft gemacht, dass er zu diesem Zeitpunkt bereits keinen Zugriff mehr auf das System hatte (Anlage A 21, Bl. 475 f. GA). Dem hat der Antragsgegner nicht widersprochen, sondern vielmehr vorgerichtlich in Reaktion auf die Abmahnung selbst vorgetragen, dass er nach Ausscheiden des Antragstellers die U. (bzw. „einen externen IT-Dienstleister“) damit beauftragt habe, unter anderem die Passwörter zu ändern (Anlage A 15, dort S. 4, Bl. 338 GA). Da sich aus der bereits erwähnten Anlage A 23 (Bl. 477 ff. GA) jedoch ergibt, dass die Original-Dateien, bei denen die Metadaten zuvor vorhanden waren und nunmehr fehlen, am 17.12.2021 bzw. am 19.12.2021 und damit zu einem Zeitpunkt zuletzt bearbeitet wurden, als der Antragsteller bereits keinen Zugriff mehr auf die Webseite hatte, begründet dies ein starkes Indiz dafür, dass die Änderungen durch den Antragsgegner erfolgten oder von ihm veranlasst wurden. Denn wie aus der vorgerichtlichen Reaktion des Antragsgegners auf die Abmahnung weiter hervorgeht (a.a.O.), wurden die auf der Webseite befindlichen Bilder durch den externen Dienstleister komprimiert, weil sie nach dessen Einschätzung zu groß waren und zu lange Ladezeiten bewirkten.

Unerheblich ist es im Lichte der vorstehenden Ausführungen, wenn der Antragsgegner darauf abstellen will, dass bei einigen auf dem Server befindlichen Bildern die Metadaten noch vorhanden seien (S. 22 der Widerspruchsbegründung, Bl. 1651 GA). Zwar trifft es zu, dass die verkleinerten Bilder, was der Antragsteller auch selber vorgetragen hat, zum Teil bzw. ganz überwiegend noch die Metadaten beinhalten. Hierauf kommt es jedoch nicht entscheidend an, weil – wie der Antragsgegner zutreffend an anderer Stelle ausführt (S. 25 der Widerspruchsbegründung, Bl. 1654 GA) – im Rahmen von § 95c UrhG auf die jeweils konkreten Vervielfältigungsstücke und nicht auf das abgebildete Motiv abzustellen ist. § 95c Abs. 2 UrhG setzt voraus, dass die Informationen physisch mit dem Werk verbunden sein müssen (Spindler, in: Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 4. Auflage 2019, § 95c Rn. 9), sodass stets eine Betrachtung des jeweiligen (digitalen) Vervielfältigungsstücks stattfinden muss. Im Übrigen belegt gerade der Umstand, dass die Metadaten bei den automatisch hergestellten verkleinerten Versionen noch vorhanden sind, dass sie auch bei dem Original, von dem die verkleinerten Versionen lediglich abgeleitet sind, vorhanden gewesen sein müssen. Dass sie beim Original nun nicht mehr vorhanden sind, deutet in Zusammenschau mit dem Umstand, dass der IT-Dienstleister des Antragsgegners nach dem Ausscheiden des Antragstellers „die Bilder“ komprimierte (Bl. 1799, 1818 GA und Anlage A15, dort S. 4, Bl. 338 GA), stark darauf hin, dass bei diesem Kompressionsvorgang eine Entfernung der Metadaten der Originaldateien stattgefunden hat. Hierfür spricht auch, dass die kleineren Versionen der Bilder ausweislich Anlage A 27 (Bl. 768 ff. GA) jeweils eine letzte Bearbeitung am 05.08.2021 aufweisen, während dies bei den Originalen, wie bereits ausgeführt, ein Zeitpunkt nach dem Ausscheiden des Antragstellers im Dezember 2021 ist. Demnach ist auch das Argument des Antragsgegners, er könne nur dann Metadaten entfernt haben, wenn diese bei allen Bilddateien fehlten (Bl. 1654 GA), nicht überzeugend, denn für eine Komprimierung auch der kleineren Dateien bestand kein Anlass.

Auch der Vortrag des Antragsgegners, wonach die Anzeige von Metadaten von Browser und Internet-Verbindung abhänge (Bl. 391 ff., 1647 ff. GA und Anlage MK6, 7, Bl. 400 ff., und Anlage MK19, Bl. 1694 ff. GA), überzeugt nicht, weil es nicht darauf ankommt, wie ein dem Browser hinzugefügtes Programm (Internetbrowser beherrschen von sich aus gerichtsbekannt nicht die Darstellung von EXIF-Daten) die Metadaten darstellt, sondern wie sie, soweit sie Gegenstand des Antrags sind, auf dem Server des Antragsgegners (insoweit als konkrete Vervielfältigungsstücke, siehe oben) abgespeichert sind. Aus diesem Grund stellt die von Herrn J. gewählte Vorgehensweise, die Bilder zunächst – identifiziert anhand des jeweiligen Dateinamens – lokal zu speichern und sodann mit einem von dem Kamerahersteller bereitgestellten Tool die Metadaten auszulesen (Anlage A24, dort S. 17 f., Bl. 761 f. GA), eine grundsätzlich nachvollziehbare Methode zur Überprüfung des Vorhandenseins von Metadaten dar.

Weiterhin verfängt es nicht, wenn der Antragsgegner geltend macht, ein von dem Antragsteller in das CMS WordPress integriertes Plugin zur Verkleinerung von Bildern („Imagify“) sei für das Fehlen von Metadaten verantwortlich (Bl. 1641 GA). Denn dies erklärt nicht, warum die im Nachgang erstellten verkleinerten Versionen die Metadaten noch aufweisen, während diese im Original fehlen. Insbesondere führt das Plugin „Imagify“ ausweislich des von dem Antragsgegner selbst vorgelegten Gutachten des Sachverständigen R. (Anlage MK 18, dort S. 4, Bl. 1718 GA) in der unveränderten Voreinstellung lediglich dazu, dass es zwar alle Metadaten bei der Verkleinerung löscht, jedoch das Originalbild unberührt lässt. Im Übrigen verfehlt das Gutachten R. die entscheidende Frage, denn es geht darum, ob die auf dem Server befindlichen Fotografien (und nicht diejenigen, die in unterschiedlichen Situationen vom Browser für die Anzeige ausgewählt werden) die Metadaten enthalten. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Zudem betrachtet der Sachverständige stets nur die verkleinerten Versionen und nicht die Originale, auf die sich die Wirkungsweise von „Imagify“ nach seinen eigenen Ausführungen jedoch gerade nicht bezieht.

c) Allerdings liegt keine objektiv unbefugte Entfernung der Metadaten im Sinne von § 95c Abs. 1 UrhG und entsprechend auch keine unbefugte öffentliche Zugänglichmachung ohne Metadaten (§ 95c Abs. 3 UrhG) vor. Handlungen sind dann unbefugt, wenn sie von den Rechteinhabern nicht gestattet oder gesetzlich, z.B. aus Datenschutzgründen, nicht erlaubt sind (Wandtke/Ohst , in: Wandtke/Bullinger, UrhG, 6. Aufl. 2022, § 95c Rn. 16). Zwar dürften, was hier offen bleiben kann, dem Antragsgegner nach § 43 UrhG für die innerhalb seines Betriebes entstandenen Lichtbilder umfassende ausschließliche Nutzungsrechte zustehen (vgl. Dreier, in: Dreier/Schulze, UrhG, 7. Aufl. 2022, § 43 Rn. 20 m.w.N.). Dies beinhaltet allerdings nicht das Recht, die durch § 95c UrhG geschützten Informationen zu entfernen (Senat, GRUR-RR 2017, 212, 214 Rn. 24).

Jedoch steht die vertragliche Abrede betreffend die zu unterlassende Namensnennung des Antragstellers auf der Webseite des Antragsgegners bzw. die Verhinderung einer möglichen Verbindung zwischen Antragsteller und Antragsgegner über die Webseite der Annahme unbefugten Handelns des Antragsgegners gegenüber. Denn der Antragsteller war nach dem Inhalt dieser Abrede nicht berechtigt, die Metadaten in die in Rede stehenden Fotografien einzutragen. Der Antragsgegner hat in seinen eidesstattlichen Versicherungen vom 28.06.2022 und 29.06.2022 (Anlage MK 2, Bl. 403 GA, Anlage MK 10, Bl. 442 GA) sowie vom 24.11.2022 (Anlage MK 14, Bl. 1672 GA) ausgeführt, dass man auf eigene Initiative des Antragstellers wegen der von diesem begangenen Straftaten übereingekommen sei, dass dessen Name nicht auf der Webseite selbst auftauchen oder im Zusammenhang damit zu finden sein sollte. Dies hat auch Frau L. (eidesstattliche Versicherungen vom 28.06.2022, Anlage MK3, Bl. 405 GA, 29.06.2022, Anlage MK9, Bl. 441 GA und vom 24.11.2022, Anlage MK13, Bl. 1671 GA) bestätigt. Auf dieser Grundlage ist es ohne weiteres nachvollziehbar, dass dies – auch wenn nicht ausdrücklich darüber gesprochen wurde –das Verbot umfasste, sich in die Metadaten der Fotografien mit Klarnamen einzutragen. Dass das Landgericht ein entsprechendes Anonymisierungsinteresse mit Blick auf den Inhalt der Metadaten nicht für erkennbar gehalten hat (S. 10 LGU, Bl. 1862 GA), überzeugt demgegenüber nicht und schöpft den Streitstoff nicht aus. Denn der Antragsteller hatte in seiner Abmahnung vom 07.06.2022 (Anlage A 14, dort S. 136, Bl. 332 GA) selbst ausgeführt: „Unser Mandant hat die Nennung in den Meta-Daten bewusst aufgeführt, um für Interessenten als Urheber wahrgenommen zu werden. Denn (nur) so wird er z.B. in der Google-Bildersuche als Bildersteller und Urheber angezeigt.“. Gerade dies sollte jedoch unter Zugrundelegung der eidesstattlichen Versicherung des Antragsgegners und der Frau L. verhindert werden. Soweit in der Berufungserwiderung bestritten wird (Bl. 127 eA), dass über die reguläre Suchfunktion von Google die Meta-Daten überhaupt „erfasst“ werden und als direktes Suchergebnis erscheinen, ist dem entgegenzuhalten, dass genau eine solche Auffindbarkeit ausweislich des vorherigen Vortrags des Antragstellers (s.o., Bl. 146 GA) der Zweck seines Vorgehens war. Auch folgt dies aus dem von dem Antragsteller selbst eingereichten Screenshot (Anlage A5, Bl. 175 GA), wo es ausdrücklich heißt: „Sie finden Bilddetails in der Google Suche, wenn der Inhaber des Bildes diese angibt. Die Details können Bildnachweise, Urheberrechtshinweise und Lizenzdetails enthalten.“ und dazu ausgeführt ist, dass diese Informationen aus Metadaten im IPTC-Standard stammen.

Demgegenüber hat der Antragsteller lediglich pauschal bestritten, dass bei der Abrede über die Auffindbarkeit seines Namens über Suchmaschinen oder Metadaten gesprochen worden sei (Bl. 464, 1772 GA). Letzteres kann angesichts der geschilderten Zielsetzung der Abrede ohnehin nicht entscheidend sein, weil es (worauf die Berufung zu Recht hinweist, Bl. 112 eA) ersichtlich nicht auf von dem Antragsgegner möglicherweise überhaupt nicht zu überblickende technische Details, sondern allein auf das Ergebnis (kein Auffinden des Namens des Antragstellers auf der Webseite des Antragsgegners bzw. keine herzustellende Verbindung zwischen beiden) ankam. Die eidesstattliche Versicherung des Antragstellers vom 21.06.2022 (Anlage A 18, Bl. 361 GA) ist darüber hinaus auch nicht geeignet, die Darstellung des Antragsgegners und von Frau L. durchgreifend in Zweifel zu ziehen: Denn an dieser Stelle führt der Antragsteller zu der Abrede lediglich aus, er sei in der Haft regelmäßig nicht unerheblich bedroht worden und habe nur aus diesem Grund mit dem Antragsgegner vereinbart, dass er nicht mit Bild in der Mitarbeiter-Galerie erscheinen müsse und eine Urheberbenennung im Impressum mittels Link zu seiner Webseite erfolgen könne. Diese Darstellung steht bereits in Widerspruch zu der bereits erwähnten Abmahnung, wonach es der Antragsteller mit der Eintragung in die Metadaten gerade darauf angelegt hatte, namentlich aufgefunden zu werden (was er im Rechtsstreit wieder in Abrede gestellt hat, Bl. 1773 GA). Soweit der Antragsteller darstellt, nach Entlassung aus der Haft habe er mit dem Antragsgegner ein Gespräch gehabt, in dem er die Nennung nur im Impressum mittels Link thematisiert und als unzureichend angesprochen habe (Bl. 361 GA letzter Absatz, der Satz ist unvollständig, seinem Sinn nach aber wohl so zu verstehen), geht hieraus nicht hervor, welches Ergebnis das Gespräch hinsichtlich der Metadaten oder einer sonstigen Nennung des Namens des Antragstellers gehabt haben sollte. Von daher muss, da es auch unstreitig ist, dass bis zuletzt nur ein Verweis auf die Webseite des Antragstellers im Impressum stand, davon ausgegangen werden, dass es bei der ursprünglichen Abrede geblieben ist und der Antragsteller durch die erhöhte Bezahlung (2.400,00 € brutto statt zuvor 1.800,00 € brutto) hierfür kompensiert wurde.

Zudem ist der Inhalt der von dem Antragsgegner und Frau L. geschilderten Abrede deutlich plausibler als die vom Antragsteller in den Raum gestellte bloße Motivation des eigenen Schutzes, denn die Taten des Antragstellers waren Gegenstand der Berichterstattung in einer überregionalen Zeitung (Anlage MK 1, Bl. 400 ff. GA) und sein Name dürfte jedenfalls innerhalb seiner Gemeinde, unter Umständen auch darüber hinaus, vielfach bekannt gewesen sein, nachdem er durch seine schulische und seelsorgerische Tätigkeit vielfach mit Menschen in Berührung kam. Deshalb lag und liegt die Gefahr nicht fern, dass Mitglieder dieser Gemeinde oder auch Pressevertreter den Namen des Antragstellers über Google suchten (was auch die Bildersuche einschließt), was wiederum der Reputation des Antragsgegners - ob gerechtfertigt oder nicht - hätte erheblichen Schaden zufügen können. Dass eine solche Recherche gegebenenfalls mehr als einen Klick oder die Eingabe eines Suchbegriffs erfordert hätte, ist in Ansehung dieser Gefährdungslage und des erheblichen öffentlichen Interesses, das die Straftaten des Antragstellers ausweislich der vorgelegten Berichterstattung ausgelöst haben, nicht entscheidend.

Die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat von dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers vorgebrachten Argumente rechtfertigen keine andere Beurteilung. Insbesondere kommt es bei objektiver Auslegung der vertraglichen Vereinbarung über die Namensnennung nicht entscheidend darauf an, ob ein außenstehender Dritter aus der Nennung des Namens des Antragstellers in den Metadaten der Fotografien auf der Webseite des Antragsgegners auf das tatsächlich vormals zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis oder lediglich auf eine - ggf. einmalige - Auftragsarbeit schließen konnte. Denn angesichts des Gewichts und der Natur der von dem Antragsteller begangenen Straftaten waren beide Varianten geeignet, sich erheblich rufschädigend zulasten des Antragsgegners auszuwirken, was jedoch gerade vermieden werden sollte. Soweit der Antragstellervertreter ausgeführt hat, dass die Gefahr der Herstellung einer Verbindung zwischen dem Namen des Antragstellers und dem Betrieb des Antragsgegners in gleicher Weise durch den unstreitig mit Einverständnis des Antragsgegners auf dessen Webseite enthaltenen Hinweis auf die Webseite des Antragstellers (www.G..de) entstanden sei, was der durch den Senat vorgenommenen Auslegung der Abrede entgegenstehe, vermag sich der Senat dem ebenfalls nicht anzuschließen. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner ausweislich seiner eidesstattlichen Versicherung vom 28.06.2022 (Anlage MK2, Bl. 403 GA) selbst keine fundierten Kenntnisse betreffend die Bearbeitung von Webseiten und die Möglichkeit des Vorhandenseins von Metadaten in Fotos hatte und deshalb davon ausging, dass die Nennung der Webseite des Antragstellers bereits deshalb nicht geeignet sei, eine Verbindung zu seinem Betrieb herzustellen, weil diese den Namen des Antragstellers nicht in der URL führte. Da dem Antragsteller, der eigens zur Betreuung der Webseite des Antragsgegners eingestellt wurde, bekannt sein musste, dass dem Antragsgegner solche Kenntnisse über die näheren Zusammenhänge fehlten, konnte er bei der gebotenen Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) nicht davon ausgehen, dass der vereinbarte Verweis auf seine (vermeintlich oder tatsächlich anonyme) Homepage zugleich ein „Freibrief“ dafür war, sich zusätzlich mit Klarnamen in die Metadaten der Fotografien eintragen zu dürfen, zumal auch nicht klar ist, ob die Webseite des Antragstellers überhaupt ein Impressum enthielt oder in sonstiger Weise mit seinem Namen verbunden war.

Insofern ist auch kein Dissens festzustellen, der der Wirksamkeit der Abrede entgegenstünde. Ein versteckter Einigungsmangel im Sinne von § 155 BGB liegt nur vor, wenn der Inhalt der abgegebenen Erklärungen nicht übereinstimmt. Für die Feststellung der vorliegenden oder mangelnden Erklärungsübereinstimmung ist vom objektiven Inhalt der Erklärung auszugehen, wie er durch Auslegung ermittelt wird. Stimmen nach erfolgter Auslegung die Vertragserklärungen überein, so kommt nur ein - ggf. zur Anfechtung berechtigender - Willensmangel, insbesondere ein Irrtum desjenigen in Betracht, der mit seiner Erklärung einen anderen als den erklärten Sinn verbinden wollte (Senat, NJW-RR 2000, 1720 m.w.N. - Best-of-Album). Allenfalls der letztere Fall liegt hier vor, weil die Auslegung anhand der objektiven Interessenlage, wie sie der Senat soeben dargelegt hat, einen eindeutigen Inhalt der Abrede ergibt. Die von dem Antragsteller favorisierten Deutungen der Reichweite der Abrede sind demgegenüber aus den dargestellten Gründen weder naheliegend noch plausibel.

Ist nach alldem davon auszugehen, dass der Antragsteller von vornherein aufgrund einer vertraglichen Abrede mit dem Antragsgegner nicht berechtigt war, seinen Namen in die Metadaten der von ihm aufgenommenen Bilder einzutragen, fehlt es an dem Tatbestandsmerkmal „unbefugt“. Zwar liegt eine ausdrückliche Gestattung des Antragstellers nicht vor. Hierauf kann es jedoch in der vorliegenden Fallgestaltung nicht entscheidend ankommen. Denn da die Abrede bereits das Verbot für den Antragsteller beinhaltete, seinen Namen in die Metadaten einzutragen, kann die im Nachgang erfolgte Entfernung sich insofern auf einen Rechtfertigungsgrund stützen, der unbefugtes Handeln bei der gebotenen normativen Betrachtung ebenfalls ausschließt und im Kontext des § 1004 Abs. 2 BGB eine Duldungspflicht des Antragstellers begründet. Solche Duldungspflichten können sich auch aus schuldrechtlichen Verträgen ergeben (Fritzsche, in: BeckOK BGB, 65. Ed. 1.2.2023, § 1004 Rn. 111). Überdies ist mit der Berufungsbegründung anzunehmen, dass die Umstände des Falles auch die Annahme eines nach § 242 BGB untersagten Rechtsmissbrauchs in Gestalt des widersprüchlichen Verhaltens seitens des Antragstellers (dolo agit-Einrede) rechtfertigen. Denn angesichts des Umstandes, dass er sich gegenüber dem Antragsgegner verpflichtet hatte, dafür zu sorgen, dass sein Name nicht mit demjenigen des Antragsgegners bzw. von dessen Betrieb in Verbindung gebracht werden konnte, hat der Antragsteller sich nach seiner eigenen Darstellung bewusst mit seinem Namen in die Metadaten eingetragen, um seine Auffindbarkeit über die Google-Bildersuche zu erreichen. Die Rechtsmissbräuchlichkeit ergibt sich mithin daraus, dass der Antragsteller etwas getan hat, zu dessen Unterlassung er vertraglich verpflichtet war und aus dem Umstand, dass der Antragsgegner sich der Sache nach auf diese vertragliche Verpflichtung berufen hat, indem er die abredewidrig eingetragenen Metadaten entfernt hat, nunmehr eigene Unterlassungsansprüche herleitet (zutreffend S. 20 des Schriftsatzes des Antragsgegners, Bl. 398 GA).


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LG Leipzig: Dating-Portal darf Fotos der Nutzer ohne ausdrückliche Einwilligung nicht für Mahnschreiben verwenden

LG Leipzig
Urteil vom 31.05.2023
05 O 666/22


Das LG Leipzig hat entschieden, dass ein Dating-Portal Fotos der Nutzer ohne ausdrückliche Einwilligung nicht für Mahnschreiben verwenden darf.

Aus den Entscheidungsgründen:
Der Unterlassungsanspruch folgt aus § 3a UWG i.V.m. Art. 5 Abs. 1 a), b), Art. 6 DSGVO.

aa) Art. 5 Abs. (1) a) DSGVO verlangt eine Verarbeitung personenbezogener Daten aufrechtmäßige Weise, nach Treu und Glauben und in transparenter Form. Nach Art, 5 Abs. (1) b) DSGVO müssen personenbezogene Daten für festgelegte, eindeutige und legitime Zwecke erhoben werden und dürfen nicht in einer mit diesen Zwecken nicht zu vereinbarenden Weise weiterverarbeitet (Art. 4 Nr. 2 DSGVO) werden. Die Vorschriften der DSGVO sind anhand einer Einzelfallbetrachtung auf ihre Marktrelevanz hin zu untersuchen. Die Regelungen des Art. 5 DSGVO stellen Marktverhaltensregeln i.S.d. § 3a UWG dar und weisen einen Marktbezug auf, denn es geht um eine geschäftsmäßige Datenverarbeitung, die Zulässigkeit der Erhebung und Weiterverarbeitung von Daten von Verbrauchern (vgl. BGH I ZR 223/19; OLG Sachsen-Anhalt,9 U 39/18). Auswirkungen auf den Markt sind dabei nicht nur Reflexe des Schutzes individueller Rechte, denn eine Datenverarbeitung für nicht eindeutig bestimmte und festgelegte und nicht legitime Zwecke kann die Entscheidungsfreiheit und das Verhalten in Bezug auf eine Marktteilnahme des Verbrauchers beeinflussen; das Vertrauen in den Datenschutz im Rahmen der digitalen Wirtschaft ist daher als Zweck besonders hervorgehoben (vgl. Art. 1 DSGVO). Die Information über die Zwecke, für die die personenbezogenen Daten verarbeitet werden sollen sowie darüber, ob diese für einen Vertragsabschluss erforderlich sind und eine Pflicht zur Mitteilung besteht, hat wettbewerblichen Bezug (vgl. OLG Stuttgart, 2 U 257/19).

bb) Zwar hat die Person im Streitfall durch Anklicken des entsprechenden Kästchens beim Besuch der Internetseite der Beklagten die Einwilligung in die Datenschutzerklärung zur Abwicklung des Vertrages erteilt. In deren Ziffer 4 wird auf die Möglichkeit der Aufforderung zur Bereitstellung von personenbezogenen Daten, u.a. eines Nutzerfotos, hingewiesen und unter deren Ziffer 5 erläutert, dass personenbezogene Daten erfasst und verwendet werden, „um sämtliche Zahlungen zu verarbeiten, die Sie im Austausch für einen Zugriff auf die Dienstleistung zu errichten haben“ (Anlage K3). Durch Einwilligung per Opt-In-Funktion hat der Verbraucher jedoch nicht in die Nutzung seines Fotos im Zusammenhang mit der Verarbeitung von Zahlungen eingewilligt (Art. 6 Abs. 1 a DSGVO). Die Verwendung des Fotos auf Forderungsschreiben ist weder für die Erfüllung des Vertrages notwendig noch liegt ein überwiegendes berechtigtes Interesse der Beklagten an einer diesbezüglichen Verwendung vor (Art. 6 (1) b, f DSGVO). Als die für das Abonnement der Mitgliedschaft erforderlichen personenbezogenen Daten sind nur Name, Passwort, Zahlungsmethode, Telefonnummer und Rechnungsadresse genannt; das Zusenden eines Fotos wird lediglich zur Vervollständigung des Dating-Profils in die freiwillige Entscheidung des Nutzers gestellt (Ziffer 4 der Datenschutzerklärung). Damit handelt es sich bereits aus dem Zusammenhang der Regelung in Ziffer 4 auch nicht um die personenbezogenen Daten, auf die Ziffer 5 der Datenschutzerklärung im Zusammenhang mit einer Zahlungsverarbeitung Bezug nimmt. Ferner liegt in der Versendung von Forderungsschreiben nicht auch eine Verarbeitung von Zahlungen; zu einer solchen kam es gerade nicht, das Mahnschreiben dient (vorangehend) zur Zahlungserinnerung /-aufforderung. Eine Einwilligung zu einer „Verarbeitung“ des Nutzerfotos auf Forderungsschreiben wurde durch Anklicken des entsprechenden Kästchens auf der Website daher nicht erteilt. Nach Ziffer 4 der Datenschutzerklärung ist der Zweck eines - nach Entscheidung des Nutzers - übergebenen Fotos die Vervollständigung des Dating-Profils; eine Verarbeitung / Nutzung zu anderen Zwecken ist nicht „legitim“ i.S.d. Art. 5 Abs. 1 b) i.V.m. Art. 6 (1) a). b) DSGVO und erfolgt ohne Einwilligung und ohne Rechtsgrundlage, weshalb ein Verstoß gegen §§ 3, 3a UWG, Art. 5 Abs. 1, Art. 6 abs. 1 DSGVO vorliegt.


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Volltext BVerwG liegt vor: Social Media-Auftritte der öffentlichen Verwaltung mit Kommentarfunktion können mitbestimmungspflichtig sein

BVerwG
Beschluss vom 04.05.2023
5 P 16.21


Wir hatten bereits in dem Beitrag BVerwG: Social Media-Auftritte der öffentlichen Verwaltung mit freigeschalteter Kommentarfunktion können mitbestimmungspflichtige Überwachungseinrichtungen sein über die Entscheidung berichtet.

Leitsatz des Bundesverwaltungsgerichts:
Betreibt eine Stelle der öffentlichen Verwaltung in sozialen Medien eigene Seiten oder Kanäle, kann wegen der für alle Nutzer bestehenden Möglichkeit, dort eingestellte Beiträge zu kommentieren, eine technische Einrichtung zur Überwachung des Verhaltens und der Leistung von Beschäftigten vorliegen, deren Einrichtung oder Anwendung der Mitbestimmung des Personalrats unterliegt. Diese Frage entzieht sich einer generellen Beantwortung, sondern ist nur nach Maßgabe der Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu beurteilen.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


LG Düsseldorf: Verstoß gegen SEPA-Verordnung setzt keinen Vertragsabschluss voraus - Ablehnung eines Kontos aus EU-Ausland durch Plattform für Ankauf gebrauchter Unterhaltungselektronik

LG Düsseldorf
Urteil 02.06.2023
38 O 162/22


Das LG Düsseldorf hat entschieden, dass ein wettbewerbswidriger Verstoß gegen die SEPA-Verordnung keinen Vertragsabschluss voraussetzt. Vorliegend ging es um die Ablehnung eines Kontos aus dem EU-Ausland durch eine Plattform für den Ankauf gebrauchter Unterhaltungselektronik. Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale.


BGH legt EuGH vor: Gutscheine oder Rabatte einer Versandapotheke aus einem anderen EU-Mitgliedsstaat beim Kauf verschreibungspflichtiger Arzneimittel für nachfolgende Käufe

BGH
Beschluss vom 13.07.2023
I ZR 182/22
Gutscheinwerbung
Richtlinie 2001/83/EG Art. 86, Art. 87 Abs. 3; ZPO § 945; AMG § 78 Abs. 1; HWG § 7 Abs. 1; UWG § 4 Nr. 11


BGH hat dem EuGH erneut Fragen zur Zulässigkeit von Werbegaben in Form von Gutscheinen und Rabatten beim Kauf verschreibungspflichtiger Arzneimittel einer Versandapotheke aus einem anderen EU-Mitgliedsstaat vorgelegt.

Leitsatz des Entscheidung:
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311 vom 28. November 2001, S. 67 ff.), zuletzt geändert durch die Richtlinie (EU) 2022/642 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. April 2022 zur Änderung der Richtlinien 2001/20/EG und 2001/83/EG in Bezug auf Ausnahmen von bestimmten Verpflichtungen für bestimmte im Vereinigten Königreich bereitgestellte Humanarzneimittel in Bezug auf Nordirland und in Bezug auf Zypern, Irland und Malta (ABl. L 118 vom 20. April 2022, S. 4), folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Unterliegt Werbung für den Bezug verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus dem gesamten Warensortiment einer Apotheke dem Anwendungsbereich der Regelungen zur Werbung für Arzneimittel in der Richtlinie 2001/83/EG (Titel VIII und VIIIa, Art. 86 bis 100)?

2. Für den Fall, dass Frage 1 zu bejahen ist:
Steht es mit den Bestimmungen des Titels VIII und insbesondere mit Art. 87 Abs. 3 der Richtlinie 2001/83/EG in Einklang, wenn eine nationale Vorschrift (hier: § 7 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 Nr. 2 Teilsatz 1 Buchst. a HWG) dahin ausgelegt wird, dass sie die Werbung für das gesamte Sortiment verschreibungspflichtiger Arzneimittel einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Versandapotheke mit Werbegaben in Gestalt von Gutscheinen über einen Geldbetrag oder einen prozentualen Rabatt für den nachfolgenden Erwerb weiterer Produkte verbietet ?

3. Weiter für den Fall, dass Frage 1 zu bejahen ist:
Steht es mit den Bestimmungen des Titels VIII und insbesondere mit Art. 87 Abs. 3 der Richtlinie
2001/83/EG in Einklang, wenn eine nationale Vorschrift (hier: § 7 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 Nr. 2
Teilsatz 1 Buchst. a HWG) dahin ausgelegt wird, dass sie die Werbung für das gesamte Sortiment
verschreibungspflichtiger Arzneimittel einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Versandapotheke mit Werbegaben in Gestalt unmittelbar wirkender Preisnachlässe und Zahlungen gestattet ?

BGH, Beschluss vom 13. Juli 2023 - I ZR 182/22 - OLG Düsseldorf - LG Düsseldorf

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LG München: Auftragsmaler Götz Valien ist Miturheber der Gemälde "Paris Bar 1" und "Paris Bar 2" des Künstlers Martin Kippenberger

LG München
Urteil vom 07.08.2023
42 O 7449/22


Das LG München hat entschieden, das Auftragsmaler Götz Valien Miturheber der Gemälde "Paris Bar 1" und "Paris Bar 2" des Künstlers Martin Kippenberger ist.

„Urheberschaft der Gemälde Paris Bar Version 1-3“
Die für das Urheber- und Designrecht zuständige 42. Zivilkammer des Landgerichts München I hat heute im Rechtsstreit zwischen dem Künstler Götz Valien und der Nachlassverwalterin des Künstlers Martin Kippenberger ein Urteil gefällt (Az. 42 O 7449/22).

Sie hat entschieden, Götz Valien ist neben Martin Kippenberger nach § 8 Abs. 1 UrhG Miturheber verschiedener Versionen des Gemäldes „Paris Bar“ und daher als solcher namentlich zu nennen, § 13 UrhG. Ob sich aus der festgestellten Miturheberschaft weitere Ansprüche ergeben, ist nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen und folglich ist hierüber auch keine Entscheidung getroffen worden. Auf die Widerklage der Beklagten hin hat der Kläger den Anspruch der Beklagten anerkannt, das Gemälde „Paris Bar Version 3“ nicht als Alleinurheber auszustellen.

Folgender Sachverhalt lag dem Rechtsstreit zugrunde: Martin Kippenberger beauftragte ein Berliner Kinoplakatmalunternehmen, seine auf einem Foto festgehaltene Ausstellungshängung in der Paris Bar in Berlin auf eine große Leinwand zu malen. Der Kläger, Götz Valien, fertigte 1992 das gewünschte Gemälde („Paris Bar Version 1“), welches bis 2004 in der Paris Bar hing.


„Paris Bar Version 1“, Kippenberger / Valien (Bild am Ende der PM)

Ein halbes Jahr später erstellte er im Auftrag nach Fotovorlage ein weiteres Gemälde, das das erste Gemälde als Bild-im-Bild an der Wand der Paris Bar darstellt („Paris Bar Version 2“).

„Paris Bar Version 2“, Kippenberger / Valien (Bild am Ende der PM)

Der Kläger malte ab 1993 ein drittes Gemälde, „Paris Bar Version 3“, das geringfügige Änderungen gegenüber der „Paris Bar Version 1“ enthält. Dieser stellte er 2022 in einer Ausstellung in Berlin aus, wobei er sich als Alleinurheber des Gemäldes benannte.

Die Beklagte nannte weder den Kläger in dem von ihr herausgegebenen Werksverzeichnis zum Oeuvre Kippenbergers noch in ihren im Internet wiedergegebenen Reproduktionsgenehmigungen zu Werken Kippenbergers als Miturheber der Gemälde „Paris Bar 1“ und „Paris Bar 2“.

Die erkennende Kammer urteilte, der Kläger sei neben Kippenberger als Miturheber der Gemälde im Sinne des § 8 Abs. 1 UrhG anzusehen. Dem Kläger sei bei der Schaffung der Gemälde ein hinreichend großer Spielraum für eine eigenschöpferische Leistung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG geblieben, welcher von ihm genutzt worden sei. Er habe mit dem Gemälde „Paris Bar Version 1“ eine einladende, lebendige und warme Atmosphäre der Ausstellung in der Paris Bar gefertigt, die sich so auf der fotografischen Vorlage der Ausstellung nicht finde und ihm auch nicht von Kippenberger vorgegeben worden sei. Diese eigentümliche Atmosphäre habe der Kläger bei der Erstellung des Gemäldes „Paris Bar Version 2“ wieder aufgegriffen und damit auch diesem Werk seine individuelle Handschrift verliehen.

Als Folge des Urteils hat die Beklagte bei Verwertungshandlungen in Bezug auf die Werke „Paris Bar Version 1“ und „Paris Bar Version 2“ den Kläger neben Kippenberger als Miturheber namentlich anzuführen. Weitere Ansprüche hat der Kläger gegenüber der Beklagten nicht geltend gemacht.

Der Kläger seinerseits hat anerkannt, das Gemälde „Paris Bar 3“ nicht als Alleinurheber ausstellen zu dürfen.

Zum Hintergrund:

Martin Kippenberger, geboren am 25.02.1953, gestorben am 07.03.1997, war ein deutscher Maler, Installationskünstler sowie u.a. Fotograf und Bildhauer. Die Gemälde „Paris Bar Version 1“ und „Paris Bar Version 2“ sind als Werke Kippenbergs bekannt geworden. Bei einer Auktion durch das Auktionshaus Christie’s erzielte die „Paris Bar Version 1“ einen Versteigerungspreis von 2.281.250 englischen Pfund.


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OLG Nürnberg: Einmaliges Fordern einer überhöhten Vertragsstrafe führt nicht zum Rechtsmissbrauch nach § 8c Abs. 2 Nr. 4 UWG

OLG Nürnberg
Urteil vom 18.07.2023
3 U 1092/23


Das OLG Nürnberg hat entschieden, dass das einmalige Fordern einer überhöhten Vertragsstrafe nicht zum Rechtsmissbrauch nach § 8c Abs. 2 Nr. 4 UWG führt.

Aus den Entscheidungsgründen:
b) Es liegt auch keine Vereinbarung oder Forderung überhöhter Vertragsstrafen i.S.v. § 8c Abs. 2 Nr. 4 UWG vor.

aa) Nach der bisherigen Rechtsprechung lag ein starkes Indiz für einen Missbrauch im Sinne einer im Vordergrund stehenden Einnahmeerzielungsabsicht vor, wenn der Abmahnende systematisch überhöhte Vertragsstrafen verlangt (BGH, GRUR 2012, 286 Rn. 13 – Falsche Suchrubrik; BGH, GRUR 2016, 961 Rn. 15 – Herstellerpreisempfehlung bei Amazon). Das Regelbeispiel übernimmt die Forderung nach „systematisch“ überhöhten Vertragsstrafen zwar nicht. Nach dem Wortlaut müssen aber (mehrere) „offensichtlich überhöhte Vertragsstrafen“ vereinbart oder gefordert werden. Es bleibt also unter Geltung des neuen § 8c Abs. 2 Nr. 4 UWG dabei, dass eine einzige offensichtlich überhöhte Vertragsstrafe einen Missbrauch nicht indiziert (Goldmann, in Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 5. Aufl. 2021, § 8c Rn. 192).

Durch den in § 8c Abs. 2 Nr. 4 UWG verwendeten Begriff „offensichtlich“ soll verdeutlicht werden, dass nur eindeutige und ohne Weiteres erkennbare Fälle erfasst werden sollen und nicht Konstellationen, in denen dem Abmahnenden bloße Flüchtigkeitsfehler unterlaufen sind oder seine Forderung sich aus der Sicht e. noch im üblichen Rahmen hielt (Beschlussempfehlung, BT-Drs. 19/22238, S. 17).

bb) Im vorliegenden Fall fügte die Verfügungsklägerin der Abmahnung zum einen eine vorformulierte Unterlassungserklärung bei, durch welche sich die Verfügungsbeklagte zur Zahlung einer Vertragsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung zum einen unter Ausschluss der Einrede der natürlichen Handlungseinheit verpflichtete. Bei Vorliegen von natürlicher Handlungseinheit werden mehrere Verhaltensweisen zusammengefasst, die auf Grund ihres räumlich-zeitlichen Zusammenhangs so eng miteinander verbunden sind, dass sie bei natürlicher Betrachtungsweise als ein einheitliches, zusammengehörendes Tun erscheinen (BGH, GRUR 2009, 427 Rn. 13 – Mehrfachverstoß gegen Unterlassungstitel).

In Allgemeinen Geschäftsbedingungen wäre eine Vertragsklausel, nach der eine Zusammenfassung einer Vielzahl von Einzelverstößen von vornherein ausgeschlossen wird, nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB grundsätzlich unwirksam, falls nicht besondere Umstände vorliegen, die die Unangemessenheit der Benachteiligung ausschließen (Bornkamm/Feddersen a.a.O. § 13a Rn. 27). Dagegen können die Parteien in einer Individualabrede vereinbaren, dass eine Zusammenfassung mehrerer oder aller Verstöße zu einer einzigen Zuwiderhandlung nach den Grundsätzen der natürlichen Handlungseinheit oder einer Handlung im Rechtssinne nicht erfolgen soll (BGH, GRUR 2009, 181 Rn. 39 – Kinderwärmekissen).

Vor diesem Hintergrund kann das Begehren der Verfügungsklägerin in der Abmahnung, dass die Verfügungsbeklagte auf die Einrede der natürlichen Handlungseinheit verzichten solle, nicht ein Indiz für die Rechtsmissbräuchlichkeit darstellen. Zwar mag dieses Ansinnen dazu führen, dass die Verfügungsbeklagte eine derartige Vertragsstrafe gemäß § 13a Abs. 4 UWG nicht schulden würde. Die Schwelle zur Offensichtlichkeit einer überhöhten Vertragsstrafe ist hingegen nicht überschritten, da eine Individualvereinbarung, wonach mehrere Verstöße nicht zu einer Einheit zusammengefasst werden sollen, nicht per se unzulässig ist, zumal es nach der neueren Rechtsprechung für sich allein nicht ausreicht, wenn der Abmahnende einen Verzicht auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs fordert (BGH, GRUR 2012, 286 Rn. 15 – Falsche Suchrubrik; a.A. BGH, NJW 1993, 721 – Fortsetzungszusammenhang).

cc) Darüber hinaus hat die Verfügungsklägerin im Streitfall gefordert, dass im Fall von Dauerhandlungen, etwa durch eine Zuwiderhandlung im Internet, jede angefangene Woche der Zuwiderhandlung als einzelner Verstoß gilt.

(1) Für Rechtsmissbräuchlichkeit spricht, dass diese Forderung über den Verzicht auf die Einrede der natürlichen Handlungseinheit deutlich hinaus geht und einen erheblichen Verstoß gegen wesentliche Grundgedanken des Vertragsstrafenrechts darstellt. Denn in der Regel ist eine einheitliche Handlung anzunehmen, wenn dem Schuldner eine Handlung vorgeworfen wird, wie etwa das Einstellen einer Werbung in das Internet (OLG Köln, GRUR-RR 2020, 224 Rn. 78 – Arzneimittelfamilie). Durch die ausdrückliche Vereinbarung, dass Dauerhandlungen als ein Verstoß pro Woche anzusehen sein sollen, kann ein potenziell mit leichter Fahrlässigkeit begangener Verstoß – z B. wegen einer versehentlich nicht gelöschten Werbeaussage – als eine Vielzahl von Verstößen mit einer Aufsummierung zu erheblichen Vertragsstrafen geahndet werden.

(2) Gegen Rechtsmissbrauch spricht hingegen, dass nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 UWG bei der Festlegung der Angemessenheit einer Vertragsstrafe die Art und das Ausmaß der Zuwiderhandlung maßgeblich sein sollen. Eine entscheidende Rolle spielt dabei auch die Dauer der Verletzungshandlung, weshalb bei einer längeren Zuwiderhandlung im Internet die Vertragsstrafe höher angesetzt werden kann als bei nur kurzen Verstößen von lediglich einer Woche.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass bei der vorliegenden Vertragsstrafenvereinbarung gemäß § 315 Abs. 1 BGB der Verfügungsklägerin für den Fall einer künftigen Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungspflicht die Bestimmung der Strafhöhe nach ihrem billigen Ermessen überlassen bleiben sollte („Hamburger Brauch”) und nach § 315 Abs. 3 S. 2 BGB eine gerichtliche Überprüfung der von der Verfügungsklägerin vorgenommenen Bestimmung der Vertragsstrafenhöhe in der Vereinbarung vorgesehen war (vgl. BGH, GRUR 2010, 355 Rn. 30 – Testfundstelle). Ihre Festsetzung muss daher insgesamt billigem Ermessen entsprechen (§ 315, § 316 BGB). Ist das nicht der Fall, ist die Festsetzung nicht verbindlich und unterliegt dann der gerichtlichen Bestimmung (§ 315 Abs. 3, § 319 BGB). Diese Art der Vertragsstrafenbestimmung kompensiert in einem gewissen Umfang die willkürliche Aufspaltung von Dauerverstößen pro Woche.

(3) Der Senat kann im Streitfall offenlassen, ob die Aufspaltung einer Dauerhandlung in einzelne Zuwiderhandlungen pro Wocheneinheit den Rechtsmissbrauch indizieren kann. Denn der Verfügungsklägerin kann vorliegend allenfalls ein Fall der Forderung einer überhöhten Vertragsstrafe vorgeworfen werden kann. Und eine einzige (offensichtlich) überhöhte Vertragsstrafe ist kein Indiz für einen Missbrauch i.S.v. § 8c Abs. 2 Nr. 4 UWG.


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OLG Frankfurt: In Google-Shopping-Anzeigen für Photovoltaikprodukte sind Bruttopreise anzugeben auch wenn nach § 12 Abs. 3 USt. für Verbraucher regelmäßig keine USt. anfällt

OLG Frankfurt
Beschluss vom 05.05.2023
6 W 28/23


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass in Google-Shopping-Anzeigen für Photovoltaikanlage Bruttopreise incl. USt. anzugeben sind, auch wenn nach § 12 Abs. 3 USt. für Verbraucher regelmäßig keine USt. anfällt

Aus den Entscheidungsgründen:
A) Der Verfügungsgrund der Dringlichkeit besteht gemäß § 12 Abs. 1 UWG. Die dort statuierte Dringlichkeitsvermutung ist nicht widerlegt. Der Geschäftsführer der Antragstellerin hat von der Verletzungshandlung nach seinen unwidersprochen gebliebenen Angaben am 10.2.2023 Kenntnis erlangt; der Eilantrag datiert vom 1.3.2023.

B) Der Verfügungsanspruch besteht gemäß §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 3, 3a UWG in Verbindung mit §§ 1, 3 Abs. 1 PAngV.

Danach ist die Antragsgegnerin verpflichtet, Verbrauchern gegenüber den Gesamtpreis anzugeben, wenn sie - wie hier - mit Preisen wirbt. „Gesamtpreis“ ist gemäß § 2 Nr. 3 PAngV der Preis, der einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile für eine Ware oder eine Leistung zu zahlen ist. Der in der Anzeige bei Google Shopping, die allein Gegenstand dieses Eilverfahrens ist, angegebene Preis enthält keine Umsatzsteuer und verstößt daher gegen die Vorschriften der PAngV. Die Antragsgegnerin kann sich nicht darauf berufen, dass gemäß § 12 Abs. 3 UStG der Verbraucher, der bei der Antragsgegnerin das beworbene Photovoltaik-Produkt bestellt, „praktisch“ immer in den Genuss der dort normierten Steuersenkung auf null Prozent komme. Denn § 12 Abs. 3 UStG befreit nicht generell jeden Verbraucher, der das streitgegenständliche Photovoltaik-Produkt bestellt, von der Umsatzsteuer. In § 12 Abs. 3 UStG heißt es:

„Die Steuer ermäßigt sich auf null Prozent für die folgenden Umsätze:

1. Die Lieferung von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage, …, wenn die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. …“

Die Norm knüpft also nicht an die Eigenschaft des Erwerbers als Letztverbraucher an, sondern an die Zweckbestimmung des Photovoltaik-Produkts. Dementsprechend kann ein Verbraucher den beworbenen Batteriespeicher für Photovoltaikanlagen nicht automatisch zu dem beworbenen Preis erwerben, sondern erst nachdem er sich auf der Internetseite der Antragsgegnerin ein Dokument heruntergeladen hat, in welchem er das Vorliegen der Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 UStG bestätigen muss und welches er der Antragsgegnerin zusenden muss. Es liegt keine der BGH-Entscheidung „Wir helfen im Trauerfall“ (Urteil vom 14.1.2016, I ZR 61/14) vergleichbare Fallgestaltung vor. Danach müssen mit dem Abschluss eines Vertrages verbundene Kosten, die nicht bezifferbar, insbesondere zeit- oder verbrauchsabhängig sind, nicht in einen einheitlichen Endpreis einbezogen werden. Im Streitfall steht die Höhe der zu zahlenden Umsatzsteuer fest, diese reduziert sich lediglich auf null Prozent, wenn die in § 12 Abs. 3 UStG normierten Voraussetzungen erfüllt sind.

Bei dem gerügten Verstoß gegen die PAngV handelt es sich nicht um einen Bagatellverstoß. Entscheidend ist, dass die Preisvergleichsmöglichkeiten der Verbraucher mit Angeboten von Anbietern, die sich rechtstreu verhalten, erheblich erschwert werden (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2010, I ZR 99/08 - Preiswerbung ohne Umsatzsteuer - Rdn. 27, juris).

Darüber hinaus folgt ein Verfügungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 3, 5 Abs. 2 Nr. 2 UWG. Die Anzeige bei Google Shopping richtet sich nicht nur an private Letztverbraucher, sondern auch an Gewerbetreibende. Diese werden davon ausgehen, dass es sich bei dem angegebenen Preis - wie üblich bei einer Werbung, die sich an die Allgemeinheit richtet - um einen Bruttopreis handelt und der Batteriespeicher für sie tatsächlich günstiger zu erwerben ist.

Gegen das Bestehen des Verfügungsanspruchs kann die Antragsgegnerin nicht einwenden, ihr stehe auf der Plattform „Google Shopping“ nicht genügend Platz zur Verfügung, um über den Sachverhalt aufzuklären. Wie das Landgericht in der angegriffenen Entscheidung bereits zutreffend auf Seite 3 ausgeführt hat, darf eine Plattform für eine Werbung mit Preisangaben schlicht nicht verwendet werden, wenn sie keinen Raum für rechtmäßiges Handeln bietet.

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VG Berlin: Fotografiert ein Schüler einen Lehrer heimlich im Unterricht und verbreitet der Schüler die Fotos weiter so rechtfertigt dies einen schriftlichen Verweis

VG Berlin
Urteil vom 21.07.2023
VG 3 K 211/22

Das VG Berlin hat entschieden, dass ein schriftlicher Verweis gerechtfertigt ist, wenn ein Schüler einen Lehrer heimlich im Unterricht und verbreitet der Schüler die Fotos weiter so rechtfertigt dies schriftlichen Verweis

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Schriftlicher Verweis wegen Fotoaufnahmen vom Lehrer

Einem Schüler, der während der Unterrichtszeit von seinem Lehrer ohne dessen Einverständnis Fotos machte und diese versendete, ist zurecht ein schriftlicher Verweis erteilt worden. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden.

Der Achtklässler fotografierte seinen Klassenlehrer – nach seinen Angaben aus Langeweile – heimlich während des Unterrichts mit seinem Tablet und versendete die Fotos an eine unbekannte dritte Person. Die Bilder wurden sodann über Nachrichtendienste in der Schülerschaft der Schule digital weiterverbreitet. Eine einberufene Klassenkonferenz unter Leitung des Klassenlehrers beschloss einstimmig, dem Schüler einen schriftlichen Verweis zu erteilen, und mehrheitlich, den Verweis auf dem Schuljahreszeugnis einzutragen. Der Widerspruch des Schülers gegen den Verweis blieb ohne Erfolg.

Die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts hat die daraufhin eingereichte Klage des Schülers abgewiesen. Der schriftliche Verweis habe als schulische Ordnungsmaßnahme keinen Strafcharakter, sondern sei eine pädagogische Maßnahme, die neben der Erziehung des betroffenen Schülers vornehmlich der Sicherung der Funktionsfähigkeit der Schule, insbesondere des Schulunterrichts, diene. Voraussetzung seien objektive Pflichtverletzungen des betreffenden Schülers. Bei der Verhängung einer Ordnungsmaßnahme komme der Schule ein pädagogischer Beurteilungsspielraum zu, der nur sehr begrenzt einer gerichtlichen Kontrolle unterliege, insbesondere dahingehend, ob der Sachverhalt zutreffend ermittelt worden sei, die Maßnahme willkürfrei sei und die Grenzen der Verhältnismäßigkeit wahre. Dies sei hier gegeben. Der Schüler habe eingeräumt, die Fotos vom Klassenlehrer ohne dessen Einverständnis angefertigt und versendet zu haben. Damit habe er gegen die Hausordnung der Schule verstoßen, den Unterrichtsablauf gestört sowie das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Lehrers verletzt. Der schriftliche Verweis sei als mildeste Ordnungsmaßnahme angesichts der viralen Verbreitung der Fotos in der Schule, der damit verbundenen Nachahmungsgefahr und des uneinsichtigen Verhaltens des Schülers verhältnismäßig. Der Schule stehe es frei, sich wegen desselben Vorfalls ggf. sowohl erzieherischer Maßnahmen – etwa in Form eines erzieherischen Gesprächs mit dem Schüler – als auch förmlicher Maßnahmen – wie hier dem Verweis – zu bedienen. Auch die Eintragung des Verweises auf dem Zeugnis sei vor dem Hintergrund der Pflichtverletzung des Schülers, der durch das Versenden der ungenehmigten Fotos erst das Risiko ihrer Verbreitung geschaffen habe, nicht zu beanstanden, zumal es sich nicht um ein Abschlusszeugnis handle.

Gegen das Urteil kann Antrag auf Zulassung der Berufung zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg gestellt werden.

Urteil der 3. Kammer vom 21. Juli 2023 (VG 3 K 211/22)