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OLG Brandenburg: Kein vorbeugender Unterlassungsanspruch gegen Weiterverbreitung einer bestimmten E-Mail ohne besondere Anhaltspunkte

OLG Brandenburg
Urteil vom 31.01.2019
6 W 9/19


Das OLG Brandenburg hat entschieden, dass kein vorbeugender Unterlassungsanspruch gegen die Weiterverbreitung einer bestimmten E-Mail ohne besondere Anhaltspunkte besteht.

Aus den Entscheidungsgründen:

"4. Dem Verfügungsantrag, mit welchem die Untersagung der Verbreitung des Inhalts der E-Mail vom 25.10.2018 an Dritte im Inland vorbeugend untersagt werden soll, kann nicht entsprochen werden. Der Verfügungsantrag ist unbegründet.

a. In Betracht kommt ein Verstoß gegen § 4 Nr. 2 bzw. Nr. 4 UWG, nicht hingegen ein solcher gegen den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (§ 823 BGB). Dieses Recht stellt einen Auffangtatbestand dar, auf eine Verletzung dieses Rechts kann sich der von einem Wettbewerbsverstoß betroffene Mitbewerber, abgesehen von dem Fall der unberechtigten Schutzrechtsverwarnung, nicht berufen (Köhler/Bornkamm, a.a.O., Einl. 7.4; BGH, Urteil vom 24.06.2004 - I ZR 26/02 Rn 40, Werbeblocker I - zit. nach juris).

b. Es fehlt an der für den vorbeugenden Unterlassungsanspruch notwendigen Erstbegehungsgefahr. Ein vorbeugender Unterlassungsanspruch kommt in Betracht, solange keine wettbewerbswidrige Einwirkung auf Kunden der Antragstellerin in Deutschland erfolgt ist. Die Begehungsgefahr ist eine materielle Anspruchsvoraussetzung. Für die Erstbegehungsgefahr müssen Tatsachen vorgetragen werden, die die in Rede stehende Verletzungshandlung künftig befürchten lassen. Es müssen greifbare Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das wettbewerbswidrige Verhalten in naher Zukunft bevor steht (Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 8 Rn 1.24) Dies beurteilt sich nach den Verhältnissen der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz (Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 8 Rn 1.12), bzw. hier nach dem Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde.

c. Es kann hier nicht davon ausgegangen werden, dass die Antragsgegner künftig die E-Mail mit dem Wortlaut vom 25.10.2018, wie aus dem Verfügungsantrag ersichtlich, an Kunden der Antragstellerin in Deutschland versenden werden.

Die Antragstellerin begehrt die Unterlassung der konkreten Verletzungsform, also das Verbot einer Handlung so wie sie begangen wurde, mithin die Versendung einer Mitteilung mit dem Inhalt der E-Mail vom 25.10.2018. Der Unterlassungsantrag enthält keine (zulässigen) Verallgemeinerungen, mit denen das nach Ansicht der Antragstellerin Charakteristische der konkreten Verletzungsform zum Ausdruck kommen soll dergestalt, dass eine Erweiterung des Antrages auf im Kern gleichartige Verletzungshandlungen in Betracht kommen könnte.

In der E-Mail vom 25.10.2018 kommt zum Ausdruck, dass zwischen dem Verfasser und Empfänger Streit herrscht im Zusammenhang mit dem Kauf oder der Herstellung eines Bootes, ferner, dass der Verfasser Gegenstände herausverlangt und dafür den Abholungstermin 5. November bestimmt hat. Für den Fall, dass es bei der Abholung der Gegenstände Schwierigkeiten geben sollte (Verstecken, Stehlen, Zutrittsverweigerung), wird das Einschalten der Polizei angekündigt. Der E-Mail kann weiter entnommen werden, dass der Ort der Abholung wohl in Polen liegt, denn es ist die Rede davon, dass Vertreter französischer Behörden aus S... am 5. November vor Ort sein sollen um zu prüfen, ob die in Besitz der Gegenstände befindliche Person betreffend die Herausgabe kooperiert.

Die Antragstellerin legt nicht hinreichend dar, die Antragsgegner würden auch künftig bei Änderung der tatsächlichen Verhältnisse, nämlich Ablauf des 5. November 2018, eine Nachricht eben dieses Inhaltes an Dritte verbreiten. Ein auf Erstbegehungsgefahr gestützter Anspruch setzt, wie bereits ausgeführt, voraus, dass ernsthafte und greifbare Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, der Wettbewerber werde sich in naher Zukunft der konkret bezeichneten wettbewerbswidrigen Maßnahme bedienen (BGH, Urteil vom 15.04.1999 - I ZR 83/97 Rn 23, Preissturz ohne Ende - zit. nach juris). Davon kann nicht ausgegangen werden. Nach Ablauf des 05.11.2018 ergäbe eine solche Mitteilung an Dritte keinen Sinn.

d. Eine erweiterte Auslegung des Unterlassungsantrages kommt nicht in Betracht, auch nicht unter Heranziehung des Zusatzes „wenn dies geschieht wie in Anlage PBP 1 wiedergegeben“. Durch diesen Zusatz wird lediglich deutlich gemacht, dass der angesprochene Empfänger (mit „Dear M. S...“) Herr S... ist und unter der Adresse s...@....com, i...@...com angeschrieben wird.

Zwar trägt die Antragstellerin mit der Antragsbegründung vor, die Antragsgegner erachteten Herrn S... als Schwindler, Lügner und Betrüger und wollten gemäß ihrer Ankündigung diesen gegebenenfalls wegen Diebstahls verklagen, dies falle auf die Antragstellerin zurück und verwirkliche den Tatbestand der rechtswidrigen Herabsetzung (§ 4 Nr. 2 UWG) sowie der gezielten Behinderung (§ 4 Nr. 4 UWG). Der Unterlassungsantrag enthält jedoch keine Beschreibung eines (zu befürchtenden) Verhaltens der Antragsgegner, das den Schluss auf die beschriebenen Verletzungshandlungen zuließe. Mit anderen Worten, das vorstehend bezeichnete Verhalten spiegelt sich nicht im Antrag wieder."


Den Volltext der Entscheidung finden sie hier:

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