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OLG Düsseldorf: Gaststättenbetreiber kann für Verstoß gegen Marktverhaltensregel § 20 Abs. 1 S. 2 GlüSpVO NRW als Teilnehmer auf Unterlassung haften

OLG Düsseldorf
Urteil vom 27.03.2019
15 U 18/18


Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass ein Gaststättenbetreiber für einen Verstoß gegen die Marktverhaltensregel § 20 Abs. 1 S. 2 GlüSpVO NRW als Teilnehmer auf Unterlassung haften kann.

Aus den Entscheidungsgründen:

Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht dem Kläger gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch gem. §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, 3 Abs. 1, 3a UWG iVm § 20 Abs. 1 S. 2 GlüSpVO NRW zuerkannt. Allerdings fällt der Beklagten insoweit kein täterschaftliches Handeln zur Last, sondern sie ist als Gehilfin iSv §§ 830 Abs. 2 BGB, 27 StGB für den Wettbewerbsverstoß der A GmbH verantwortlich.

1. Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht die Aktivlegitimation des Klägers gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG bejaht. Hiergegen hat die Beklagte in zweiter Instanz zu Rechts nichts erinnert, so dass sich ergänzende Ausführungen des Senats erübrigen.

2. Die Regelung des § 20 Abs. 1 S. 2 GlüSpVO NRW ist eine Marktverhaltensregelung iSv § 3a UWG.

a) Gesetzliche Vorschrift iSd § 3a UWG ist jede Rechtsnorm (vgl. Art. 2 EGBGB), die in Deutschland gilt (BGH GRUR 2005, 960 (961) – Friedhofsruhe). Unter den Begriff der gesetzlichen Vorschrift fallen nicht nur Gesetze im formellen Sinne, sondern auch Rechtsverordnungen (BGH GRUR 2005, 960 (961) – Friedhofsruhe; OLG Stuttgart WRP 2018, 1252 Rn. 25). Dass ihr territorialer Anwendungsbereich - wie etwa bei landesrechtlichen Regelungen - begrenzt ist, ist unerheblich (vgl. BGH WRP 2017, 426 Rn. 28 – ARD-Buffet). Demzufolge steht es der Annahme einer „gesetzlichen Vorschrift“ iSv § 3a UWG nicht entgegen, dass es sich hier um eine landesrechtliche Verordnung handelt, die ausschließlich im Bundesland Nordrhein-Westfalen gilt.

b) Die Regelung des § 20 Abs. 1 S. 2 GlüSpVO NRW ist dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.

Das in ihr zum Ausdruck kommende räumliche Trennungsgebot, wonach u.a. in einer Gaststätte, in der Geld- oder Warenspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit bereitgehalten werden, eine Wettvermittlungsstelle nicht betrieben werden darf, beruht auf der Erwägung, dass eine Kumulation von Sportwettenangeboten mit dem Angebot gewerblichen Glücksspiels nicht nur in Spielhallen, sondern auch in Gaststätten, in denen nach § 3 Abs. 1 der Spielverordnung bis zu drei Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit aufgestellt sind, vermieden werden soll. Damit verfolgt der nordrhein-westfälische Gesetz- und Verordnungsgeber in Erweiterung der Regelung des § 5 Abs. 3 NWAGGlüStV a.F. das Ziel weiter, keine Gelegenheit zum Wetten in einer Umgebung zu eröffnen, in der sich Personen aufhalten, von denen eine beträchtliche Zahl anfällig für die Entwicklung einer Spiel- oder Wettsucht ist (OVG Münster NVwZ-RR 2015, 536, 536). Folglich soll § 20 Abs. 1 S. 2 GlüSpVO NRW der Förderung der Spielsucht entgegen wirken und dient damit dem Verbraucherschutz.

c) Es handelt sich überdies um eine verfassungskonforme Regelung in Gestalt einer verhältnismäßigen Berufsausübungsregelung i.S.v. Art. 12 GG (OVG Münster NVwZ-RR 2015, 536, 536; bestätigt durch OVG Münster (4. Senat), Beschluss vom 07.10.2016 - 4 B 177/16 = BeckRS 2016, 53402).

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2) Nur im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht einen Verstoß der Beklagten gegen § 20 Abs. 1 S. 2 GlüSpVO NRW festgestellt.

Das Landgericht hat zu Unrecht angenommen, die Beklagte sei selbst Adressatin der Verbotsnorm des § 20 Abs. 1 S. 2 GlüSpVO NRW, und es hat infolge dieser unzutreffenden Ausgangsbasis verfehlt eine täterschaftliche Haftung der Beklagten bejaht.

a) Tatsächlich ist die Beklagte - womit sich das Landgericht nicht befasst hat - im konkreten Falle nicht Normadressatin und kann daher nur nach den im allgemeinen Deliktsrecht und im Lauterkeitsrecht entsprechend geltenden strafrechtlichen Bestimmungen der §§ 26 f. StGB als Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe) haften; das gilt auch nach Aufgabe der Störer-Haftung im Wettbewerbsrecht (vgl. BGHZ 177, 150 - Kommunalversicherer; BGH GRUR 2015, 1025 Rn 16 - TV-Wartezimmer).

aa) Schon der Wortlaut des § 20 Abs. 1 S. 2 GlüSpVO NRW bringt unmissverständlich zum Ausdruck, dass - unter näher geregelten Voraussetzungen - das Betreiben einer Wettvermittlungsstelle untersagt ist.

„Insbesondere in einer Spielhalle oder einem ähnlichen Unternehmen im Sinne des § 33i Gewerbeordnung, einer Spielbank oder einer Gaststätte, in der Geld- oder Warenspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit bereitgehalten werden, darf eine Wettvermittlungsstelle nicht betrieben werden.“ (Fettdruck durch Senat hinzugefügt)

Normadressat ist daher nur derjenige, welcher selbst eine Wettvermittlungsstelle betreibt. Wer nicht selbst Wettvermittlungsstelle ist bzw. eine Wettannahmestelle betreibt, kann mangels seiner Eigenschaft als Normadressat jedenfalls nicht täterschaftlich gegen diese Marktverhaltensregelung verstoßen.

Dieses am Wortlaut der Norm orientierte Verständnis wird anhand der systematischen Stellung des § 20 Abs. 1 S. 2 GlüSpVO NRW bestätigt. Denn die Norm ist im Teil 4 der Glücksspielverordnung NRW („Annahme- und Wettvermittlungsstellenordnung“) verortet, der sich exklusiv den Annahme- und Wettvermittlungsstellen widmet, wobei die Wettannahmestellen insbesondere in §§ 20 - 22 GlüSpVO NRW geregelt werden.

bb) Nach der Legaldefinition in § 20 Abs. 1 S. 1 GlüSpVO NRW sind „Wettannahmestellen“ „besondere Geschäftsräume der Konzessionsnehmer, in denen ausschließlich Sportwetten als Hauptgeschäft vermittelt werden“.

Es lässt sich indes nicht tatrichterlich feststellen, dass die Beklagte selbst in der von ihr betriebenen Gaststätte auch entsprechende Wetten vermittelt bzw. vermittelt hat.

Die Beklagte hat schon erstinstanzlich dargetan: Sie sei zwar Inhaberin der für den Geschäftsbetrieb ordnungsbehördlich erteilten Schank- uns Speisekonzession. Auch betreibe sie zwar die „Geldspielautomaten in der Wirtschaft“, jedoch sei sie nicht der Aufsteller von Wettterminals in der Gaststätte. Die Unbedenklichkeitsbescheinigungen in Bezug auf das Aufstellen von Geldspielgeräten und Wettterminals seien zugunsten eines anderen Unternehmens - der A GmbH - erteilt worden. Zudem sei sie nur Untermieterin der Räumlichkeiten.

Grundsätzlich muss der Anspruchsteller den Verstoß gegen eine Marktverhaltensregelung als anspruchsbegründende Tatsache darlegen / ggf. beweisen (BGH GRUR 2008, 834 Rn. 11 – HBM-Kapseln). Steht allerdings das beanstandete Verhalten - wie hier - unter einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, muss er lediglich darlegen und beweisen, dass dieses Verhalten von dem generellen Verbot erfasst wird. Dann muss der Anspruchsgegner darlegen und beweisen, dass es ausnahmsweise zulässig ist (BGHZ 163, 265 (273 f.) – Atemtest; BGH WRP 2010, 250 Rn. 15 – Quizalofop). Der Kläger hat insoweit bloß erwidert, dass „die Beklagte für die Verstöße in der Lokalität verantwortlich sei, da sie das Gewerbe angemeldet habe.“ und sich im Übrigen auf ein schlichtes Bestreiten des Tatsachenvortrages der Beklagten beschränkt. Demnach steht gerade nicht fest, dass die Beklagte das beanstandete Verhalten - scil.: das Vermitteln von Wetten - überhaupt selbst begeht bzw. begangen hat. Der Kläger ist für diese Behauptung - auch nach entsprechendem Hinweis durch den Senat zu Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 07.03.2019 - beweisfällig geblieben.

b) Allerdings haftet die Beklagte als Gehilfin für den Wettbewerbsverstoß der A GmbH.

aa) Wer selbst nicht Normadressat ist, aber gesetzesunterworfene Dritte dazu anstiftet oder sie dabei unterstützt, gegen Marktverhaltensregelungen zu verstoßen, um damit den Absatz oder Bezug deren oder seines eigenen Unternehmens zu fördern (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG), handelt unlauter iSd § 3a UWG (BGH WRP 2015, 1085 Rn. 15 – TV-Wartezimmer; OLG Stuttgart GRUR-RR 2008, 429 (430); OLG Celle WRP 2010, 1565 (1566)). Denn Anstifter und Gehilfen stehen dem Täter gleich (§ 830 Abs. 2 BGB); allerdings ist insoweit Vorsatz erforderlich (BGH WRP 2015, 1085 Rn. 17 – TV-Wartezimmer).

bb) Dies vorausgeschickt, sind im vorliegenden Falle sämtliche Voraussetzungen einer Beihilfe (§§ 830 Abs. 2 BGB, 27 StGB) tatrichterlich feststellbar.

(1) Für den verschuldensunabhängigen Abwehranspruch gem. § 8 Abs. 1 UWG ist die strafrechtlich geprägte Definition einer „Beihilfe“ nach ihrer Funktion derart zu modifizieren, dass eine vorsätzliche Zuwiderhandlung des Haupttäters nicht erforderlich ist (BGH GRUR 2008, 810 Rn. 15 – Kommunalversicherer mwN). Ausreichend, aber auch notwendig, ist somit eine vorsätzliche Mitwirkung des Teilnehmers an der Verwirklichung des objektiven Tatbestands der Zuwiderhandlung durch einen anderen. Zum Teilnehmervorsatz gehört dabei neben der Kenntnis der objektiven Tatumstände auch der zumindest bedingte Vorsatz in Bezug auf die Haupttat, der das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit der Haupttat einschließt (BGHZ 180, 134 = GRUR 2009, 597 Rn 14 – Halzband; BGH WRP 2013, 491 Rn. 47). Der Handelnde muss also wissen, dass der Täter einen Wettbewerbsverstoß begeht oder dies für möglich halten und billigend in Kauf nehmen (BGH GRUR 2008, 810 Rn. 45 – Kommunalversicherer). Die erforderliche „Bösgläubigkeit“ des Teilnehmers lässt sich durch eine substanziierte Aufklärung, insbesondere in einer plausibel begründeten Abmahnung seitens des Verletzten herbeiführen (BGH GRUR 2008, 810 Rn. 47 – Kommunalversicherer).

Das bei der Teilnehmerhaftung bestehende Vorsatzerfordernis kann zwar dazu führen, dass der Dritte, der nicht Normadressat der jeweiligen Marktverhaltensregelung ist, zunächst nicht mit Aussicht auf Erfolg wettbewerbsrechtlich in Anspruch genommen werden kann. Es besteht für denjenigen, der sich durch ein entsprechendes Verhalten in seinen wettbewerbsrechtlich geschützten Interessen verletzt sieht, aber die Möglichkeit, den Handelnden zunächst auf die Rechtslage hinzuweisen. Ein entsprechender Hinweis wird regelmäßig zur Folge haben, dass der Adressat der Mitteilung sein Verhalten im Weiteren korrigiert oder dass bei Fortsetzung der Verhaltensweise von einem Teilnehmervorsatz auszugehen ist (BGH WRP 2015, 1085 Rn 17 – TV-Wartezimmer).

(2) Die notwendige objektive Mitwirkung der Beklagten an der Haupttat der A-GmbH liegt hier darin begründet, dass die Beklagte unstreitig die Gaststätte und - wie sie zu Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht zugestanden hat - dort selbst Geldspielautomaten betreibt. Das Leisten von Beihilfe erfordert nach der Rechtsprechung in objektiver Hinsicht bloß die tatsächliche Förderung der Haupttat, indem diese ermöglicht oder verstärkt oder ihre Durchführung erleichtert wird (BGH NStZ 1985, 318, 95, 28; NStZ-RR 2015, 34). Erst das Betreiben von Geldspielautomaten in der Gaststätte ermöglicht es der A-GmbH, durch das Vermitteln von Wetten gegen die Marktverhaltensregelung zu verstoßen, da diese nur dann einschlägig ist, wenn in der Gaststätte (und sei es von einem Dritten wie hier der Beklagten) zugleich Geld- oder Warenspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit bereitgehalten werden.

Auch der notwendige doppelte Gehilfenvorsatz der Beklagten liegt vor: Jedenfalls mit Zugang der Abmahnung durch den Kläger erfuhr die Beklagte, dass die A-GmbH wettbewerbswidrig handelte und ihr war aufgrund dessen bewusst, dass ihr eigenes Handeln diese wettbewerbswidrige Haupttat förderte. Unschädlich ist insoweit, dass die Abmahnung von einer täterschaftlichen Begehung ausging. Denn die Abmahnung des Klägers begründete zugleich zumindest einen bedingten Teilnehmervorsatz auf Seiten der Beklagten (vgl. BGH WRP 2015, 1085 Rn 19 – TV-Wartezimmer). Bedingter Vorsatz ist bereits dann anzunehmen, wenn der Handelnde so leichtfertig handelt, dass er den für möglich gehaltenen Verstoß billigend in Kauf genommen haben muss (vgl. BGHZ 176, 281 Rn. 46; BGH WM 2011, 749 Rn. 39), oder wenn er sich bewusst einer Kenntnisnahme von der Unlauterkeit des von ihm veranlassten oder geförderten Verhaltens verschließt (BGH GRUR 2008, 810 Rn. 45 – Kommunalversicherer).

cc) Ein etwaiger Verbotsirrtum der Beklagten - ob vorwerfbar oder nicht - ist ebenfalls unbeachtlich (vgl. BGH WRP 2017, 418 Rn. 36 – Motivkontaktlinsen). Der Unlauterkeitsvorwurf ist nämlich kein Schuldvorwurf, sondern knüpft an das objektive Marktverhalten an. Dass die Beklagte wegen (behaupteter) behördlicher Billigung in nicht vorwerfbarer Weise trotz der Abmahnung durch den Kläger darauf vertraut haben mag, ihr Verhalten sei objektiv rechtmäßig, kann sie also allenfalls vor einem (hier nicht streitgegenständlichen) Schadensersatzanspruch bewahren (vgl. BGH GRUR 2005, 778 (779) – Atemtest).

In diesem Zusammenhang ist auch Folgendes zu beachten: Die Geltendmachung eines auf § 3a UWG gestützten lauterkeitsrechtlichen Anspruchs kann zwar zu einem Normauslegungskonflikt mit den für die Durchsetzung der gesetzlichen Vorschrift zuständigen Behörden und Fachgerichten führen, wenn diese die gesetzliche Vorschrift anders als das Wettbewerbsgericht auslegen möchte (sog. Normauslegungskonflikt; vgl. Doepner GRUR 2003, 825 (829 ff.)). Im Grundsatz braucht das Wettbewerbsgericht darauf jedoch keine Rücksicht zu nehmen, weil keine Bindungswirkung besteht. Wenn das Wettbewerbsgericht von der Richtigkeit seiner Auslegung überzeugt ist, muss es auch nach dieser Überzeugung entscheiden. Die Rechtsauffassung der zuständigen Verwaltungsbehörden ist für die Beurteilung der objektiven Rechtswidrigkeit eines Verhaltens nicht maßgeblich (BGHZ 163, 265 (271) = GRUR 2005, 778 (779) – Atemtest; BGH GRUR 2006, 82 Rn. 21 – Betonstahl; OLG Köln GRUR-RR 2014, 342 (344)). Im Übrigen liegt die hier vertretene Senatsauffassung auf einer Linie mit der oben erwähnten Rechtsprechung des OVG Münster, so dass sich auch nicht die Frage nach einem Vertrauensschutz für die Beklagte stellt (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, a.a.O., § 3a Rn 1.45).

Zuletzt kann sich ein Unternehmer nicht mit Erfolg darauf berufen, die zuständige Verwaltungsbehörde sei gegen einen von ihr erkannten Gesetzesverstoß nicht vorgegangen, sondern habe ihn geduldet (sog. Normvollzugskonflikt: BGH GRUR 2010, 251 - Versandkosten bei Froogle; OLG Stuttgart WRP 2018, 1252 Rn. 34). Denn Vertrauensschutz kann es insoweit nur gegenüber der betreffenden Behörde geben, aber nicht gegenüber den betroffenen Marktteilnehmern, deren Interessen durch die Wettbewerbsgerichte zu wahren sind. Aus der Sicht des Lauterkeitsrechts geht es allein darum, den Wettbewerbsprozess in die richtigen Bahnen zu lenken.

c) Mit Blick auf die in der Vergangenheit begangenen Verstöße der Beklagten steht die notwendige Begehungsgefahr in Gestalt der Wiederholungsgefahr außer Frage. Unerheblich ist, dass die Beklagte ihr Verhalten trotz Abmahnung (weiterhin) für rechtmäßig gehalten haben mag. Zwar kann nicht ohne weiteres angenommen werden kann, dass der Handelnde nach Belehrung über die wahre Rechtslage (z.B. in einer Abmahnung) sein Verhalten fortsetzen wird. Jedoch ist auch hier dem Handelnden zuzumuten, die Wiederholungsgefahr durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auszuschließen (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, a.a.O., § 3a Rn 1.89).

d) Die Zuwiderhandlung der Beklagten ist auch geeignet, die Interessen von Verbrauchern, Mitbewerbern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen.

Bei Vorschriften, die dem Schutz der Gesundheit oder Sicherheit der Verbraucher dienen (vgl. Art. 3 III UGP-RL), ist die Spürbarkeit zu vermuten (BGH GRUR 2016, 213 Rn. 20 – Zuweisung von Verschreibungen; OLG Frankfurt GRUR-RR 2018, 199 Rn. 18). So liegt der Fall hier, da § 20 Abs. 1 S. 2 GlüSpVO NRW - wie ausgeführt - der Förderung der Spielsucht von Verbrauchern entgegen treten will. Unerheblich für die Frage der Spürbarkeit ist es, dass die Marktverhaltensregelung des § 20 Abs. 1 S. 2 GlüSpVO NRW auch von Verwaltungsbehörden durchgesetzt werden könnte und diese einen Ermessensspielraum besitzen (vgl. BGH GRUR 2010, 251 Rn. 20 – Versandkosten bei Froogle).

e)Soweit die Beklagte auf Rechtsprechung der Gerichte anderer Bundesländer verweist, kann dies a priori keinen Erfolg haben. Dies verkennt schon im rechtlichen Ansatz, dass die hier allein streitgegenständliche Marktverhaltensregelung des § 20 Abs. 1 S. 2 GlüSpVO NRW eine landesrechtliche Verordnung darstellt und es gerade nicht um die Auslegung von Regelungen des (bundesrechtlichen) Glücksspielstaatsvertrages geht. Von der Ermächtigung zur Schaffung einer ergänzenden landesrechtlichen Verordnung haben nicht alle Bundesländer entsprechenden Gebrauch gemacht.

II. Abzuändern ist das Urteil des Landgerichts allerdings mit Blick auf die Verurteilung der Beklagten zur Erstattung der Abmahnkosten.

Ein solcher Anspruch besteht weder aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG noch aus sonstigen denkbaren Anspruchsgrundlagen. Die Abmahnung war insbesondere (noch) nicht „berechtigt“ iSv § 12 Abs. 1 S. 2 UWG, sondern ging ins Leere. Denn es lässt sich nicht tatrichterlich feststellen, dass im Zeitpunkt der Abmahnung bereits ein Wettbewerbsverstoß der Beklagten vorlag.

Es ist nämlich nicht erkennbar, dass das bei der Teilnehmerhaftung bestehende doppelte Vorsatzerfordernis im betreffenden Zeitpunkt schon erfüllt war. Vielmehr lässt sich lediglich feststellen, dass die Beklagte nach Zugang der Abmahnung bösgläubig (im Sinne eines jedenfalls bedingten Vorsatzes) in Bezug auf eine rechtswidrige Haupttat der A GmbH war und bis dahin folglich noch nicht mit Erfolg auf Unterlassung in Anspruch genommen werden konnte (vgl. BGH WRP 2015, 1085 Rn 17 – TV-Wartezimmer). Die Klägerin hat trotz des zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erteilten Hinweises keine früheren tatsächlichen Umstände aufzuzeigen vermocht, aus denen sich das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit der Haupttat der A GmbH ableiten ließe.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:





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