Skip to content

OLG Nürnberg: Plattformbetreiber wie YouTube haften auch nach Art. 6 Abs.1 Digital Services Act (DSA) nur bei unschwer erkennbareren Persönlichkeitsrechtsverletzungen auf Unterlassung

OLG Nürnberg
Urteil vom 23.07.2024
3 U 2469/23


Das OLG Nürnberg hat entschieden, dass Plattformbetreiber wie YouTube auch nach Art. 6 Abs.1 Digital Services Act (DSA) nur bei unschwer erkennbareren Persönlichkeitsrechtsverletzungen auf Unterlassung haften.

Aus den Entscheidungsgründen:
b) Diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Störerhaftung steht in Einklang mit den Vorgaben des nunmehr geltenden Art. 6 Abs. 1 des Gesetzes über digitale Dienste (DSA), der die bisherigen Haftungsbeschränkungen des § 10 S. 1 TMG ersetzt.

aa) Bei der Beklagten handelt es sich um einen Vermittlungsdienstleister i.S.v. Art. 2 Abs. 1 DSA, weil sie einen „Hosting“- Dienst betreibt, der darin besteht, von einem Nutzer bereitgestellte Informationen in dessen Auftrag zu speichern (Art. 3 lit. g) iii) DSA). Es ist nicht dargetan, dass die Beklagte beim Hochladen des Videos ihre neutrale Rolle verlassen und eine aktive Rolle eingenommen hat (vgl. Erwägungsgrund 18 S. 1 DSA), insbesondere dass sie bewusst mit einem Nutzer zusammenarbeitet, um rechtswidrige Tätigkeiten auszuüben (vgl. Erwägungsgrund 18 S. 1 DSA). Insbesondere genügt allein die Bereitstellung der technischen Infrastruktur samt Such- und Rankingfunktion nicht, um eine aktive Rolle des Diensteanbieters zu begründen (vgl. EuGH GRUR 2021, 1054 Rn. 95, 107 ff. – YouTube und Cyando).

bb) Anbietern von Vermittlungsdiensten wird keine allgemeine Verpflichtung auferlegt, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder aktiv nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hindeuten (Art. 8 DSA, vgl. § 7 Abs. 2 TMG a.F.).

Darüber hinaus enthält die Vorschrift des Art. 6 DSA einen Haftungsausschluss für Hostingdienste, um die Haftungsrisiken für diese Dienste im Rahmen zu halten. Deren Anwendungsbereich ist eröffnet, da weder der Nutzer Herr J. der Beklagten untersteht oder von ihr beaufsichtigt wird, noch es sich bei dem Video um eigene oder zu eigen gemachte Inhalte der Beklagten handelt. Daher haftet die Beklagte als Diensteanbieterin nicht für die im Auftrag des Nutzers Herrn J. in dem Video gespeicherten Informationen, sofern sie keine tatsächliche Kenntnis von rechtswidrigen Inhalten hat, und sobald sie diese Kenntnis oder dieses Bewusstsein erlangt, zügig tätig wird, um den Zugang zu den rechtswidrigen Inhalten zu sperren oder diese zu entfernen. Dabei ist die Kenntnis von einer konkreten rechtswidrigen Information erforderlich, weshalb der Hinweis auf eine behauptete Persönlichkeitsrechtsverletzung so präzise sein muss, dass der Diensteanbieter die beanstandeten Inhalte leicht auffinden und deren Rechtswidrigkeit ohne Weiteres feststellen kann (BeckOK IT-Recht/Sesing-Wagenpfeil, 14. Ed. 1.4.2024, DSA Art. 6 Rn. 52).

Auch nach Art. 6 DSA muss somit ein Anlass für den Diensteanbieter bestehen, einen Inhalt auf seine Rechtswidrigkeit hin zu überprüfen. Ein solcher Anlass kann insbesondere durch hinreichend präzise und begründete Nutzermeldungen im Verfahren nach Art. 16 DSA entstehen, wobei sich die Unaufklärbarkeit der Rechtswidrigkeit nicht zulasten des Diensteanbieters auswirken darf (BeckOK IT-Recht/Sesing-Wagenpfeil, 14. Ed. 1.4.2024, DSA Art. 6 Rn. 41). Auch in einem vorzusehenden Meldeverfahren muss nach Art. 16 Abs. 3 DSA die Information es einem sorgfältig handelnden Anbieter von Hostingdiensten ermöglichen, ohne eingehende rechtliche Prüfung festzustellen, dass die einschlägige Tätigkeit oder Information rechtswidrig ist. Sie darf es nicht erforderlich machen, dass der Hostingdiensteanbieter den Kontext eigenständig einschätzen und einer detaillierten juristischen Prüfung unterziehen muss (NK-DSA/Raue, 1. Aufl. 2023, DSA Art. 16 Rn. 51).

cc) Die Haftungsbeschränkung des § 10 S. 1 TMG galt nicht für Unterlassungsansprüche, die ihre Grundlage in einer vorangegangenen Rechtsverletzung haben (BGH a.a.O. Rn. 21 – Hotelbewertungsportal). Es kann dahinstehen, ob dies auch für Art. 6 DSA angenommen werden kann (vgl. BeckOK IT-Recht a.a.O. Art. 6 Rn. 61 ff.; NK-DSA/F. Hofmann, 1. Aufl. 2023, DSA Art. 6 Rn. 27 f.). Denn jedenfalls lässt Art. 6 Abs. 4 DSA – ebenso wie zuvor schon Art. 14 Abs. 3 der E-Commerce-Richtlinie – die Möglichkeit unberührt, dass eine Justizbehörde nach dem Rechtssystem eines Mitgliedstaats vom Diensteanbieter verlangt, eine Zuwiderhandlung abzustellen oder zu verhindern (vgl. (BGH a.a.O. Rn. 20 – www.jameda.de). Betroffen hiervon sind vor allem zivilrechtliche Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche. Materiell fußen derartige Anordnungen im deutschen Recht bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen auf den Grundsätzen der Haftung als mittelbare Störer analog § 1004 BGB (BeckOK IT-Recht a.a.O. Art. 6 Rn. 64).

dd) Ob die vom Bundesgerichtshof begründete grundsätzliche Notwendigkeit zur Einholung einer Stellungnahme des Nutzers durch den Hostprovider den Vorgaben des DSA widerspricht (so Müller-Terpitz/Köhler/Barudi, DSA, 1. Aufl. 2024, Art. 16 Rn. 33; auch kritisch zur Vermischung der Kenntniserlangung nach § 10 TMG und den Prüfpflichten im Rahmen der Störerhaftung MüKoStGB/Altenhain, 4. Aufl. 2023, TMG § 10 Rn. 17), kann im Streitfall offenbleiben. Allerdings sprechen nach Auffassung des Senats verschiedene Umstände gegen einen solchen Widerspruch, zumal Erwägungsgrund 50 S. 1 des DSA auf die besonders wichtige Rolle des Hostingdiensteanbieters beim Umgang mit rechtswidrigen Online-Inhalten verweist.

Zum einen steht die Kenntniserlangung i.S.v. Art. 6 Abs. 1 lit. b DSA in Wechselwirkung mit dem nach Art. 16 DSA einzurichtenden Meldeverfahren. Diese Meldungen von rechtswidrigen Inhalten sollen nach Art. 16 Abs. 3 DSA bewirken, dass für die Zwecke des Art. 6 DSA von einer tatsächlichen Kenntnis oder einem Bewusstsein in Bezug auf die betreffende Einzelinformation ausgegangen wird, wenn sie es einem sorgfältig handelnden Anbieter von Hostingdiensten ermöglichen, ohne eingehende rechtliche Prüfung festzustellen, dass die einschlägige Tätigkeit oder Information rechtswidrig ist. Auch Art. 16 Abs. 6 DSA enthält eine Verpflichtung zu einer Beschwerdeentscheidung, die sorgfältig, frei von Willkür und objektiv ist (vgl. NK-DSA/Raue, a.a.O. Art. 16 Rn. 62). Und die Pflicht zur sorgfältigen Bearbeitung einer Meldung nach Art. 16 Abs. 3 DSA kann eine Beteiligung des Verfassers des Betrags implizieren.

Zum anderen kann diese Obliegenheit zur Einholung einer Stellungnahme des Nutzers durch den Hostprovider unter die Regelung des Art. 6 Abs. 4 DSA subsumiert werden. Nach dieser Vorschrift lässt die in Abs. 1 enthaltene Privilegierung die Möglichkeit unberührt, dass eine Justizbehörde nach dem Rechtssystem eines Mitgliedstaats vom Diensteanbieter verlangt, eine Zuwiderhandlung abzustellen oder zu verhindern. Dies kann auch eine auf der Störerhaftung beruhende und aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls begründete Pflicht des Providers zur Klärung der Berechtigung der Beanstandung des Betroffenen unter Einbeziehung einer Stellungnahme des Nutzers umfassen.

c) Vor dem Hintergrund dieser materiellen Anforderungen an ein Tätigwerden des Hostproviders trifft den Portalbetreiber in prozessualer Hinsicht bezüglich der für die Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange maßgeblichen Tatsachen eine sekundäre Darlegungslast, wenn der Klagepartei insoweit eine nähere Darlegung nicht möglich ist und sie auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung hat. Dabei kann der Portalbetreiber auch eine Recherchepflicht haben. Diese ist ihm grundsätzlich zumutbar, da er auf Grund seiner materiellen Prüfpflicht ohnehin gehalten sein kann, vom User zusätzliche Angaben und Belege zu den Tatsachen zu fordern. Dem entspricht in prozessualer Hinsicht seine Obliegenheit, im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast vom Nutzer entsprechende Informationen zu fordern. Kommt der Portalbetreiber dieser Obliegenheit nicht nach, sind die Tatsachenbehauptungen der Klagepartei nach den allgemeinen Regeln über die sekundäre Darlegungslast nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden zu bewerten (vgl. BGH, a.a.O. Rn. 47-49 – www.jameda.de).

Dieser Grundsatz aus dem „Jameda-Urteil“ zur Darlegungslast entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach den Prozessgegner eine sekundäre Darlegungslast dann trifft, wenn die primär darlegungsbelastete Partei keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstände und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachverhaltsaufklärung hat, während dem Prozessgegner nähere Angaben dazu ohne weiteres möglich und zumutbar sind. Sie führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast hinausgehenden Verpflichtung des Prozessgegners, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen (BGH GRUR 2014, 657, Rn. 17, 18 – BearShare; BGH GRUR 2009, 871, Rn. 27 – Ohrclips).

Daraus folgt, dass die sekundäre Darlegungslast des Hostproviders und die daran anknüpfende Geständnisfiktion des § 138 Abs. 3 ZPO nicht greifen, wenn entweder die Tatsachen aus dem angegriffenen Beitrag aus der Sphäre des Betroffenen stammen oder dem Betroffenen eine weitere Sachverhaltsaufklärung – beispielsweise durch eine eigene Kontaktierung des Nutzers – möglich und zumutbar ist.

2. Im vorliegenden Fall können unter Berücksichtigung des zugrundezulegenden rechtlichen Maßstabs (nachfolgend unter Buchstabe a)) die behaupteten Persönlichkeitsrechtsverletzungen auf der Grundlage der Darlegungen des Klägers nicht unschwer bejaht werden (nachfolgend unter Buchstabe b)). Daher wurde dadurch eine Pflicht der Beklagten, i.S.v. Art. 6 Abs. 1 DSA bzw. der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Haftung als mittelbare Störerin tätig zu werden, nicht ausgelöst (nachfolgend unter Buchstabe c)). Eine andere Beurteilung ist auch nicht vor dem Hintergrund der Grundsätze zur sekundären Darlegungslast veranlasst (nachfolgend unter Buchstabe d)).

a) Folgender Rechtsrahmen ist in Bezug auf die Voraussetzungen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung für den Senat streitentscheidend:

Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als Rahmenrecht liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (BGH a.a.O. Rn. 30 – www.jameda.de). Dabei sind das durch Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG (auch i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG) und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse der bewerteten Partei am Schutz ihrer sozialen Anerkennung und ihrer (Berufs) Ehre mit der in Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 10 EMRK verankerten Meinungsäußerungsfreiheit des Bewertenden abzuwägen.

Bei Tatsachenbehauptungen hängt die Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen insbesondere vom Wahrheitsgehalt ab. Wahre Tatsachenbehauptungen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht (BGH GRUR 2013, 312 Rn. 12 – IM „Christoph“). Bei unwahren Tatsachenbehauptungen hat die Meinungsfreiheit des sich Äußernden regelmäßig hinter dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen zurückzutreten, denn an der Verbreitung unwahrer Tatsachen besteht grundsätzlich kein schutzwürdiges Interesse.

Bei Meinungsäußerungen verlangt Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG eine Gewichtung der Beeinträchtigung, die der Meinungsfreiheit des sich Äußernden einerseits und dem geschützten Rechtsgut andererseits droht (BVerfG NJW 2018, 770 Rn. 18). Lässt sich die Äußerung weder als Angriff auf die Menschenwürde noch als Formalbeleidigung oder Schmähung einstufen, so kommt es für die Abwägung auf die Schwere der Beeinträchtigung der betroffenen Rechtsgüter an (BVerfG NJW 1995, 3303 [3304] – Soldaten sind Mörder).

Bei Äußerungen, in denen sich wertende und tatsächliche Elemente in der Weise vermengen, dass die Äußerung insgesamt als Werturteil anzusehen ist, fällt bei der Abwägung maßgeblich der Wahrheitsgehalt der tatsächlichen Bestandteile ins Gewicht. Enthält die Meinungsäußerung einen erwiesen falschen oder bewusst unwahren Tatsachenkern, so tritt das Grundrecht der Meinungsfreiheit regelmäßig hinter die Schutzinteressen des von der Äußerung Betroffenen zurück. Denn an der Aufrechterhaltung und Weiterverbreitung herabsetzender Tatsachenbehauptungen, die unwahr sind, besteht unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit kein schützenswertes Interesse. Wahre Tatsachenbehauptungen müssen dagegen in der Regel hingenommen werden (BGH NZG 2018, 797 Rn. 38).

Die zutreffende Sinndeutung einer Äußerung ist dabei unabdingbare Voraussetzung für die richtige rechtliche Würdigung ihres Aussagegehalts. Maßgeblich für die Deutung einer Äußerung ist die Ermittlung ihres objektiven Sinns aus der Sicht eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums. Ausgehend vom Wortlaut, der allerdings den Sinn nicht abschließend festlegen kann, ist bei der Deutung der sprachliche Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht, zu berücksichtigen. Bei der Erfassung des Aussagegehalts muss die beanstandete Äußerung ausgehend von dem Verständnis eines unbefangenen Durchschnittslesers und dem allgemeinen Sprachgebrauch stets in dem Gesamtzusammenhang beurteilt werden, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (BGH NZG 2018, 797 Rn. 20).

Ein Anspruch steht grundsätzlich nur demjenigen zu, der durch den Beitrag individuell und unmittelbar betroffen ist. Die Äußerung muss sich, so wie sie vom Verkehr verstanden wird, mit dem Anspruchstellenden befassen oder in enger Beziehung zu seinen Verhältnissen, seiner Betätigung oder gewerblichen Leistungen stehen (Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Aufl. 2018, Kap. 5 Rn. 262). Das ist primär derjenige, der in der Äußerung erwähnt ist. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kann in Konstellationen angenommen werden, die auf einem sehr engen Näheverhältnis beruhen (Ehefrau und Ehemann / Eltern und Kinder), wobei in diesen Fällen nicht jede (ehrverletzende) Äußerung ausreicht, sondern die Äußerung sich auch jeweils auf das Persönlichkeitsbild der mittelbar betroffenen Person auswirken muss. Darüber hinaus kann bei einem Verband auch ein Verbandsmitglied betroffen sein, wenn durch die Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Verbands zugleich auch das eigene Persönlichkeitsbild des Mitglieds mit der Vorstellung eines Minderwertes belastet ist (vgl. Grüneberg/Grüneberg, BGB, 83. Aufl. 2024, § 823 Rn. 94). Schließlich kann bei juristischen Personen auch der unmittelbar Verantwortliche wie etwa der Alleingesellschafter und Geschäftsführer anspruchsberechtigt sein (BeckOK InfoMedienR/Söder, 44. Ed. 1.5.2024, BGB § 823 Rn. 74).

b) Unter Berücksichtigung dieses rechtlichen Maßstabs können die angegriffenen Äußerungen nicht als unschwer zu bejahende Persönlichkeitsrechtsverletzungen qualifiziert werden. Entweder handelt es sich dabei um – eine Abwägung notwendig machende – Meinungsäußerungen, keine unzutreffenden Tatsachenbehauptungen oder nicht den Kläger unmittelbar betreffende Aussagen.

aa) Bei der explizit den Kläger namentlich nennenden Aussage
„Herr W., der überall als Manager von W. genannt wird – zusammen mit Herrn Prof. R. – sind nur Teilhaber der Gesellschaft“
handelt es sich um eine zulässige Tatsachenbehauptung. Denn der Kläger behauptet selbst, Gesellschafter der W. GmbH zu sein. Dies entspricht der umgangssprachlichen Formulierung „Teilhaber der Gesellschaft“.

Gleiches gilt für die Behauptung, dass Herr W. nach außen als Manager der W. GmbH auftrete. Auch diese Äußerung ist nach dem Klägervortrag zutreffend, da der Kläger in der Klageschrift ausführt, dass Herr W. in der Außendarstellung der Gesellschaft tätig sei und die Tätigkeiten der Gesellschaft bei Veranstaltungen im Iran vorstelle.

bb) Bei der unmittelbar auf den Kläger bezogenen Äußerung
„Diese Personen (L., R., W.), die in die Taschen (der Menschen im Iran) greifen und ihnen das Geld herausziehen (rauben) […]“
handelt es sich um ein Werturteil, welches – da es nicht als Schmähkritik einzustufen ist – eine Abwägung der Grundrechtsbelange erfordert und deshalb nicht eine unschwer bejahbare Persönlichkeitsrechtsverletzung darstellt.

(1) Es handelt sich insgesamt um eine Meinungsäußerung, da die angegriffene Aussage Tatsachen und Meinungen derart vermengt, dass sie insgesamt durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt werden und durch die Trennung der tatsächlichen und der wertenden Bestandteile einer Äußerung ihr Sinn verfälscht würde.

Denn die Ermittlung des objektiven Sinns der Aussagen, deren Unterlassung der Kläger begehrt, aus der Sicht eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums, zeigt, dass es dem sich in dem Video Äußernden maßgeblich darum geht, sein subjektives Empfinden über das Geschäftsgebaren der W. GmbH insgesamt auszudrücken. Mit der Aussage wird nicht etwa ein konkreter Sachverhalt geschildert, in dem der Kläger anderen Personen „in die Taschen“ greife und so im Wege des Diebstahls oder Betrugs Geld aus diesen Taschen an sich nehme. Es wird vielmehr deutlich, dass hier eine wertende Äußerung, nämlich die subjektive Ansicht des sich Äußernden zum Ausdruck kommt. Er vermittelt sein eigenes Werturteil, indem er zeigt, dass nach seiner Auffassung das gerügte Verhalten der W. GmbH unredlich ist, weil die Betroffenen keine angemessene Gegenleistung für ihre Bezahlung erhalten. Das ist eine subjektive Einschätzung und damit eine Meinungsäußerung.

In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass es in der Rechtsprechung anerkannt ist, dass selbst die Verwendung von Wörtern wie „Betrug“ oder auch „betrügerisch“ oder „Machenschaften“ nicht als Tatsachenbehauptung einer Strafbarkeit anzusehen ist, sondern als Werturteil im alltagssprachlichen Sinne (vgl. nur BGH GRUR 2015, 289, Rn. 10 – Hochleistungsmagneten; OLG Hamburg MMR 2011, 685 [688]; BGH NJW 2002, 1192 [1193]). In seiner Entscheidung Hochleistungsmagneten hielt der BGH etwa die Bezeichnungen als „groß angelegten Schwindel“ oder „Betrug“ für (zulässige) Meinungsäußerungen, da sie die Missbilligung des geschäftlichen Verhaltens der dortigen Klägerin zum Ausdruck brachten und damit eine subjektive Wertung. Selbst wenn man diese Begriffe als Entäußerung einer Rechtsauffassung verstehen wollte, änderte dies nichts an deren Zulässigkeit, denn nach ständiger Rechtsprechung des BGH sind rechtliche Bewertungen in der Regel als Meinungsäußerungen und nicht als Tatsachenbehauptung zu qualifizieren (BGH a.a.O. Rn. 10 – Hochleistungsmagneten).

(2) Die für die Feststellung der Persönlichkeitsrechtsverletzung erforderliche Abwägung ist nicht deshalb entbehrlich, weil die angegriffene Äußerung als Schmähkritik zu qualifizieren wäre und deshalb nicht am Schutz der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG teilhätte.

Wegen seines die Meinungsfreiheit verdrängenden Effekts ist der Begriff der Schmähkritik eng auszulegen. Auch eine überzogene, ungerechte oder gar ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Hinzutreten muss vielmehr, dass bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung des Betroffenen im Vordergrund steht, der jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll. Eine wertende Kritik an der gewerblichen Leistung eines Wirtschaftsunternehmens ist in der Regel auch dann vom Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt, wenn sie scharf und überzogen formuliert ist; sie kann nur unter engen Voraussetzungen als Schmähkritik angesehen werden (BGH a.a.O. Rn. 18 – Hochleistungsmagneten).

Nach diesen Grundsätzen ist die angegriffene Äußerung im Gesamtzusammenhang, in dem sie gefallen ist, nicht als Schmähkritik zu qualifizieren, da ihr ein Sachbezug nicht abgesprochen werden kann. Der Beitrag bezieht sich – für den verständigen Durchschnittsrezipienten erkennbar – insgesamt auf den wirtschaftlichen Tätigkeitsbereich der W. GmbH. Diese Auseinandersetzung in der Sache tritt nicht, wie es bei der Schmähkritik der Fall wäre, vollständig in den Hintergrund, so dass die gesamte Kommentierung sich auch nicht in einer persönlichen Kränkung erschöpft. Die Äußerung stellt ebenso wenig eine Formalbeleidigung oder einen Angriff auf die Menschenwürde des Klägers dar, da sie noch nicht das absolute Mindestmaß menschlichen Respekts verlässt (vgl. BayObLG, Beschluss vom 15.08.2023 – 204 StRR 292/23, Rn. 30). Gerade im Geschäftsverkehr muss man sich auch scharfe und überzogen formulierte Kritik gefallen lassen (vgl. BGH NJW 2015, 773 Rn. 19).

(3) Über die Rechtswidrigkeit der angegriffenen Äußerung wäre somit im Rahmen einer Gesamtabwägung der Schutzinteressen des lediglich in seiner Sozialsphäre betroffenen Klägers und dem Recht des sich Äußernden auf Meinungsfreiheit zu entscheiden. Vor diesem Hintergrund kann der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptung des Klägers nicht unschwer bejaht werden.

cc) Die weitere unmittelbar auf den Kläger bezogene Äußerung
„Noch trauriger ist, dass weder Herr W. noch Prof. R. Fachkenntnisse in Arbeitsvermittlung haben.“
enthält ebenfalls keine unschwer zu bejahende Persönlichkeitsrechtsverletzung.

Auch wenn die Äußerung insgesamt auf einem – eine Abwägung bedingenden – Werturteil beruht, enthält sie die Tatsachenbehauptung, dass der Kläger über keine (besonderen) Fachkenntnisse in der Arbeitsvermittlung verfüge, weil sie insoweit beim Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorruft. Auch wenn der Begriff der „Fachkenntnisse“ nicht eindeutig ist, enthält die Aussage für den angesprochenen Verkehr den nachprüfbaren Tatsachenkern, dass der Kläger keine langjährige Berufserfahrung und/oder Schulung durch umfassende Praxis und fundierte theoretische Kenntnisse im Bereich der Arbeitsvermittlung hat.

Dieser Tatsachenkern ist bereits nach den Darlegungen des Klägers nicht unzutreffend. Denn der Kläger trägt lediglich vor, dass er Professor an der Fakultät Betriebswirtschaft der T. Hochschule und lange Koordinator für die Iran-Aktivitäten der T. Hochschule gewesen sei. Seit 2008 habe er den Iran häufig besucht und sei mit den kulturellen und institutionellen Gegebenheiten im Iran und mit der Lage am deutschen Arbeitsmarkt vertraut. Zudem betreue er in seiner Funktion als Hochschullehrer seit Jahren auch MBA-Studierende aus dem Iran. Aus diesen Darlegungen ergibt sich nicht, dass er über spezifische – entweder durch Schulungen oder langjährige Praxiserfahrungen erworbene – Fachkenntnisse in der Arbeitsvermittlung verfügen würde, mag er auch Kenntnisse und Erfahrungen auf verwandten Gebieten besitzen, die für derartige Tätigkeiten nützlich sind.

Soweit in der Aussage darüber hinaus die fachliche Eignung des Klägers in Frage gestellt wird, handelt es sich um ein Werturteil, bei dem eine umfassende Abwägung der grundgesetzlich geschützten Interessen erforderlich ist (vgl. BVerfG GRUR 2013, 1266 – Winkeladvokat), weshalb keine unschwer zu bejahende Persönlichkeitsrechtsverletzung gegeben ist.

dd) Auch die – nicht den Kläger unmittelbar persönlich, sondern lediglich die W. GmbH betreffende – Äußerung
„Die Katastrophe scheint noch viel größer zu sein, wenn wir feststellen, dass die Firma gar nicht existiert, und die Adresse, die sie auf ihrer Website angibt, eigentlich zu einer Versicherungsfirma gehört“
kann nicht unschwer als Persönlichkeitsrechtsverletzung qualifiziert werden.

Zum einen ist – da der Kläger nur mittelbar betroffen ist – eine komplizierte Rechtsprüfung in Bezug auf dessen Aktivlegitimation veranlasst. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein entsprechend enges Näheverhältnis zwischen dem Kläger und der W. GmbH weder dargelegt noch erkennbar ist. Vielmehr ist der Kläger unstreitig lediglich Teil des „Teams“ des Unternehmens, hat aber bereits nach seinem eigenen Vortrag keine repräsentative Rolle inne, da nicht er, sondern Herr W. „in der Außendarstellung der Gesellschaft tätig [ist] und […] die Tätigkeiten der Gesellschaft auch bei Veranstaltungen im Iran vor[stellt]“. Auch ist er nicht Geschäftsführer der Gesellschaft. Sonstige Umstände, aus denen sich ergeben könnte, dass der Kläger in einem besonders engen Zusammenhang zu der W. GmbH stehe, sind nicht dargetan. Insbesondere bleibt seine Tätigkeit für die W. GmbH auf seinem eigenen Internetauftritt unerwähnt. Vor diesem Hintergrund ist fraglich, ob sich die über die W. GmbH getroffenen Äußerungen abträglich auf das Persönlichkeitsbild des Klägers auswirken.

Zum anderen ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang des Videos, dass dieses nicht die rechtliche Existenz der W. GmbH in Abrede stellt, da der Beitrag – indem an anderer Stelle ausdrücklich auf die Handelsregistereintragung Bezug genommen wird – selbst davon ausgeht, dass die W. GmbH im Handelsregister eingetragen ist. Der unvoreingenommene und verständige Durchschnittsempfänger versteht die angegriffene Äußerung daher dahingehend, dass darin als Tatsachenkern behauptet wird, dass der Geschäftsbetrieb der W. GmbH unter der auf der Webseite angegebenen Adresse physisch nicht auffindbar ist. Dieser Tatsachenkern ist nicht offenkundig unzutreffend, da die W. GmbH unstreitig in Bürogemeinschaft mit der Versicherungsfirma O. ansässig ist und sich deren Büroräume mit dieser teilt.

Die in dem Beitrag getroffene Schlussfolgerung in Bezug auf die (physische) Inexistenz der GmbH stellt eine die Abwägung erfordernde Meinungsäußerung dar.

ee) In Bezug auf die Äußerung
„Die W. GmbH verfügt über keine Erlaubnis zur Arbeitsvermittlung in Deutschland. Um dies in Deutschland tun zu dürfen, ist aber eine Genehmigung der Bundesagentur für Arbeit eine zwingende Voraussetzung, die die W. GmbH jedoch nicht hat“
stehen dem Kläger ebenfalls keine Unterlassungsansprüche gegenüber der Beklagten zu.

Zum einen ist auch hinsichtlich dieser Aussage – da der Kläger nur mittelbar betroffen ist – eine komplizierte Rechtsprüfung zur Aktivlegitimation erforderlich. Auf die obigen Ausführungen unter B.III.2.b) dd) wird Bezug genommen.

Zum anderen ist unstreitig, dass die Aussage, wonach die W. GmbH über keine Erlaubnis zur Arbeitsvermittlung verfüge, an sich zutreffend ist. Zwischen den Parteien steht lediglich im Streit, ob eine solche Erlaubnis für die von der W. GmbH betriebene Arbeitsvermittlung rechtlich erforderlich ist oder nicht. Da die Beurteilung dieser Frage eine nicht unkomplizierte Rechtsprüfung notwendig macht, ist auch aus diesem Grund keine unschwer bejahbare Persönlichkeitsrechtsverletzung gegeben. Darüber hinaus handelt es sich bei der Einschätzung der Erlaubnispflichtigkeit der Tätigkeit der W. GmbH um eine rechtliche Bewertung, somit eine Meinungsäußerung.

ff) Die Äußerung
„Um die Wahrheit zu erfahren, reicht es nur, dass wir die Eintragung im Handelsregister der W. GmbH in Deutschland prüfen. Da entdecken wir einen Haufen Betrügereien und Lügen.“
ist als Meinungsäußerung in Bezug auf die W. GmbH zu qualifizieren, weshalb auch diesbezüglich die Beklagte nicht als mittelbare Störerin haftet. Auf die obigen Ausführungen wird Bezug genommen.

c) Vor diesem Hintergrund lag im Streitfall kein Hinweis auf unschwer zu bejahenden Persönlichkeitsrechtsverletzungen des Klägers vor, aufgrund dessen die Beklagte die Rechtswidrigkeit der beanstandeten Inhalte ohne Weiteres hätte feststellen können. Daher war auch unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur mittelbaren Störerhaftung keine Bewertung des gesamten Sachverhalts durch die Beklagte einschließlich der Einholung einer Stellungnahme des Journalisten Herrn J. veranlasst, weshalb – wie bereits ausgeführt – der Senat nicht entscheiden muss, ob diese vom Bundesgerichtshof begründete grundsätzliche Notwendigkeit der Durchführung eines „Anhörungsverfahrens“ durch den Hostprovider den Vorgaben des DSA widerspricht.

d) Im vorliegenden Fall kann – entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts – auch nicht angenommen werden, dass die Beklagte in prozessualer Hinsicht ihrer sekundären Darlegungslast nicht nachkam. Deshalb sind die tatsächlichen vom Kläger vorgetragenen Umstände in Bezug auf die Beanstandungen aus dem streitgegenständlichen Video auch nicht nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden zu bewerten.

Zum einen fehlt es – wie soeben ausgeführt – an einem die materielle Prüfpflicht auslösenden Hinweis auf eine klare Persönlichkeitsrechtsverletzung.

Zum anderen ist der Journalist Herr J., der das streitgegenständliche Video auf dem You-Tube-Kanal A. hochlud, den Gesellschaftern der W. GmbH bekannt. Vor Klageerhebung hatten sie mehrere E-Mails an ihn übersandt. Außerdem war das Video bereits zuvor der Geschäftsführerin der W. GmbH zugespielt worden. Anders als bei einem Bewertungsportal – bei dem der Nutzer zulässigerweise anonym auftreten kann, weshalb der bewertete Arzt diesen nicht kennt und sich die für seine Identifizierung erforderlichen Informationen selbst dann, wenn sie dem Portalbetreiber vorliegen sollten, mangels Auskunftsanspruchs gegen den Portalbetreiber jedenfalls nicht auf diesem Weg beschaffen kann (vgl. BGH a.a.O. Rn. 38 f. – www.jamede.de) – stehen dem Kläger in Bezug auf die Äußerungen im Video durchaus Möglichkeiten zur weiteren Sachverhaltsaufklärung zur Verfügung. Zwar sieht der Senat, dass der Journalist auf die ihm übersandten Mails nicht reagiert hatte. Es besteht jedoch beispielsweise die Möglichkeit, unmittelbar gegen diesen gerichtlich vorzugehen. Dass ein solches Vorgehen gegen den in den USA wohnhaften Journalisten unzumutbar ist, trägt der Kläger nicht vor.

Schließlich handelt es sich bei den streitgegenständlichen Tatsachenbehauptungen – anders als beispielsweise der behauptete Behandlungskontakt eines anonymen Nutzers – um solche aus der Sphäre des Klägers. Der Kläger hat den besten Einblick in die W. GmbH, seinen Aufgaben darin oder seinen Fachkenntnissen in der Arbeitsvermittlung. Ihm ist Vortrag dazu möglich und zumutbar.

Deshalb trifft die Beklagte im vorliegenden Fall keine sekundäre Darlegungslast hinsichtlich der tatsächlichen Anknüpfungspunkte für die zu treffende Abwägungsentscheidung.

IV. Auch aus Art. 17 DSGVO ergibt sich kein Unterlassungsanspruch des Klägers gegenüber der Beklagten.

1. Dabei unterstellt der Senat zugunsten des Klägers, dass sich aus Art. 17 DSGVO grundsätzlich ein Unterlassungsanspruch der betroffenen Person ergeben kann (vgl. dazu Vorlagefrage des BGH in GRUR 2023, 1724 – Bewerbungsprozess).

Auch sieht der Senat, dass die Anwendbarkeit der DSGVO vom Gesetz über digitale Dienste unberührt bleibt (Art. 2 Abs. 4 lit. g DSA). Der Schutz von Einzelpersonen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten soll sogar einzig durch die Vorschriften des Unionsrechts in diesem Bereich, insbesondere durch die DSGVO, geregelt werden (Erwägungsgrund 10 UA 3 S. 2 DSA).

Schließlich geht der Senat davon aus, dass das von dem Journalisten Herrn J. hochgeladene Video auch personenbezogene Daten des Klägers i.S.v. Art. 4 Nr. 1 DSGVO enthält.

2. Der Senat kann offenlassen, ob das Betreiben einer Videoplattform, auf der Dritte personenbezogene Daten hochladen können, eine Verarbeitung i.S.v. Art. 4 Nr. 2 DSGVO darstellt und der Hostprovider dafür als Verantwortlicher i.S.v. Art. 4 Nr. 7 DSGVO anzusehen ist. Dies könnte deshalb zweifelhaft sein, weil der Provider dadurch in Bezug auf die in dem von dem Nutzer hochgeladenen Video – anders als hinsichtlich der Daten der Nutzer und Besucher der Seiten (vgl. dazu EuGH NJW 2018, 2537 Rn. 30 – ULD/Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein) – lediglich Speicherplatz zur Verfügung stellt. Auch wird der Content vom Provider nicht wie von einer Suchmaschine automatisch indexiert und den Internetnutzern in einer bestimmten Rangfolge zur Verfügung gestellt (vgl. dazu BGH GRUR 2020, 1331 Rn. 13 – Recht auf Vergessenwerden).

3. Die Frage des Vorliegens einer Verarbeitung kann dahinstehen, weil unabhängig davon der Kläger aufgrund der nachfolgend genannten Umstände keinen Unterlassungsanspruch gegenüber der Beklagten als Hostproviderin geltend machen kann.

a) Begehrt ein Betroffener von dem Betreiber einer Internet-Suchmaschine wegen der (behaupteten) Unrichtigkeit eines gelisteten Inhalts dessen Auslistung, muss der Betroffene nachweisen, dass die in diesem Inhalt enthaltenen Informationen offensichtlich unrichtig sind oder zumindest ein für diesen gesamten Inhalt nicht unbedeutender Teil dieser Informationen offensichtlich unrichtig ist (BGH GRUR 2023, 1218 Rn. 33 – Recht auf Vergessenwerden II). Zwar hat der Bundesgerichtshof den für die Haftung eines Suchmaschinenbetreibers als mittelbarer Störer bestehenden Maßstab – wonach dieser aufgrund eines konkreten Hinweises Kenntnis von einer offensichtlichen und auf den ersten Blick klar erkennbaren Rechtsverletzung erlangt haben muss – für den Auslistungsanspruch nach Art. 17 Abs. 1 DSGVO zugunsten einer grundsätzlich gleichberechtigten Abwägung der sich gegenüberstehenden Grundrechte aufgegeben (BGH a.a.O. Rn. 36 – Recht auf Vergessenwerden II). Doch entspricht die Voraussetzung des bisher erforderlichen Hinweises auf eine offensichtliche und auf den ersten Blick klar erkennbare Rechtsverletzung letztlich der nunmehr maßgeblichen Voraussetzung eines relevanten und hinreichenden Nachweises, dass die in den gelisteten Inhalten enthaltenen Informationen offensichtlich unrichtig sind (BGH a.a.O. Rn. 36 – Recht auf Vergessenwerden II).

b) Die Anwendung dieses rechtlichen Maßstabs zum vom Bundesgerichtshof entwickelten Haftungsregime von Suchmaschinenbetreibern nach Art. 17 Abs. 1 DSGVO auf die Haftung von Hostprovidern führt im Streitfall dazu, dass aufgrund der erforderliche Abwägung der Unionsgrundrechte eine Löschung von der Beklagten nicht verlangt werden kann.

Zum einen gilt auch beim Provider, dass dieser – anders als der Inhalteanbieter, der den von ihm selbst generierten Inhalt unmittelbar zu verantworten hat – wie der Suchmaschinenbetreiber nur einen erleichterten Zugang zu diesem Content verschafft und damit mittelbar dessen Verbreitung fördert. Dieser unterschiedliche Grad an Einflussmöglichkeit auf die Richtigkeit des Inhalts bedingt auch bei der Haftung des Providers nach der DSGVO eine abgestufte, durch unterschiedliche Verhaltenspflichten gekennzeichnete Haftung. Auch beim Plattformprovider ergibt sich eine Auslistungspflicht nur als Folge der Verletzung nachgelagerter, durch eine initiale Meldung von Betroffenen ausgelösten Prüfungs- und Reaktionspflichten.

Zum anderen kann im Rahmen der nach Art. 17 Abs. 3 lit. a DSGVO durchzuführenden Abwägung unter Berücksichtigung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Information die Vorschrift des Art. 6 DSA – der die Frage der Haftung des Hostproviders explizit regelt – nicht außer Acht gelassen werden. Die darin geregelte Verantwortlichkeit des Plattformbetreibers mit entsprechenden Haftungsprivilegierungen in Gestalt eines notice and take down-Verfahrens – das dem Modell des Bundesgerichtshofs zur Haftung des mittelbaren Störers entspricht – muss auch für das unionale Datenschutzrecht gelten, sollte das Verhalten von Plattformen diesem unterliegen. Andernfalls würden die bewusst differenzierenden Regelungen des DSA umgangen, da bei entsprechendem Verständnis jedes Verhalten eines Host-Providers zugleich eine Datenverarbeitung wäre und damit einen Löschungsanspruch nach Art. 17 Abs. 1 DSA begründen würde.

c) Da – wie bereits ausgeführt – die Beklagte nicht als sogenannte mittelbare Störerin für eine Persönlichkeitsrechtsverletzung in Anspruch genommen werden kann, ist der geltend gemachte Unterlassungsanspruch auch nicht als Auslistungsverlangen in der Sache berechtigt.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Trackbacks

Keine Trackbacks

Kommentare

Ansicht der Kommentare: Linear | Verschachtelt

Noch keine Kommentare

Die Kommentarfunktion wurde vom Besitzer dieses Blogs in diesem Eintrag deaktiviert.

Kommentar schreiben

Umschließende Sterne heben ein Wort hervor (*wort*), per _wort_ kann ein Wort unterstrichen werden.
Standard-Text Smilies wie :-) und ;-) werden zu Bildern konvertiert.
Formular-Optionen