OLG Nürnberg: Wettbewerbswidrige Irreführung durch Bezeichnung "Fachzentrum für medizinische Haarentfernung" wenn kein medizinisch qualifiziertes Fachpersonal vorhanden ist
OLG Nürnberg
Urteil vom 19.08.2025
3 U 562/25 UWG
Das OLG Nürnberg hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung durch die Bezeichnung "Fachzentrum für medizinische Haarentfernung" vorliegt, wenn kein medizinisch qualifiziertes Fachpersonal vorhanden ist.
Aus den Entscheidungsgründen:
4. Die Voraussetzungen eines lauterkeitsrechtlichen Unterlassungsanspruchs aus § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 3, § 5 Abs. 1 UWG liegen mit der im Verfügungsverfahren erforderlichen Gewissheit vor.
a) Die Parteien sind Mitbewerber i.S.v. § 8 Abs. 3 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 4 UWG. Zwischen ihnen besteht ein konkretes Wettbewerbsverhältnis, und zwar auch in räumlicher Hinsicht.
aa) Die Mitbewerbereigenschaft wird nicht bereits dadurch ausgeschlossen, dass die Verfügungsklägerin nicht selbst Betriebe zur Haarentfernung betreibt, sondern nur im Wege eines Franchisesystems Lizenzen an Dritte vergibt. Der Umstand, dass die Personen auf unterschiedlichen Handelsstufen oder in einer anderen Branche i.w.S. tätig sind, schließt einen Substitutionswettbewerb (ebenso wie einen Behinderungswettbewerb) nicht aus. Voraussetzung eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses in einem solchen Fall ist im Regelfall nur, dass die Personen versuchen, gleichartige Waren oder Dienstleistungen (letztlich) innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen (siehe nur BGH, Urteil vom 10. April 2014 – I ZR 43/13, GRUR 2914, 1114 Rn. 26 ff. – nickelfrei; BGH, Urteil vom 21. November 2024 – I ZR 107/23, GRUR 2024, 1897 Rn. 26 – DFL-Supercup BGH, Urteil vom 27. März 2025 – I ZR 64/24, GRUR 2025, 589 Rn. 24 – Fluggastrechteportal). Dies ist hier gegeben, da sowohl die Verfügungsklägerin mit ihren Franchisenehmerrinnen als auch die Verfügungsbeklagte Dienstleistungen derselben Art Endverbrauchern anbieten und sich die Entscheidung eines Kunden, die Haarentfernung bei einer Franchisenehmerin der Verfügungsklägerin oder bei der Verfügungsbeklagten durchführen zu lassen, unmittelbar wirtschaftlich nachteilig für die andere auswirkt.
bb) Der Senat berücksichtigt den von der Verfügungsbeklagten durch Zitat der Entscheidung des Landgerichts Bayreuth in das Verfahren eingeführten Umstand, dass eine Haarentfernungsbehandlung mindestens acht Besuche in längeren Zeitabständen erfordert.
In tatsächlicher Hinsicht hat der Senat ferner zugrundezulegen, dass die Verfügungsklägerin seit 2. Juli 2025 einen von einer Franchisenehmerin betriebenen Standort in Nürnberg unterhält und die Entfernung zwischen Amberg und Nürnberg 72,2 km beträgt. Darauf, dass zum Zeitpunkt der Abmahnung Filialen im Umkreis von Amberg nicht betrieben wurden und auch der auf Nürnberg bezogene Vertrag erst im Februar 2025 unterschrieben wurde, kommt es dabei im vorliegenden Zusammenhang nicht an. Maßgeblich für die materiellrechtliche Beurteilung des Unterlassungsanspruchs ist die Sachlage im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, vorliegend also am 5. August 2025. Ob die Mitbewerbereigenschaft bereits im Zeitpunkt der Abmahnung gegeben war, wäre lediglich dafür relevant, ob diese „berechtigt“ war und deshalb Kostenersatz geschuldet ist (vgl. § 13 Abs. 3 UWG); dieser Anspruch ist aber nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
cc) Die Entfernung von gut 70 km und der damit verbundene Fahrtaufwand von etwa 1 Stunde ist nach Einschätzung des Senats nicht so groß, dass derjenige, der eine Haarentfernung wünscht und dabei auf einen „medizinischen“ Charakter Wert legt, davon Abstand nehmen würde, auch wenn eine Haarentfernung ohne diese Eigenschaft in näherem Umkreis möglich wäre. Es ist – wobei der Senat auf seine Erwägungen zur Frage der Irreführung verweist – nach gegenwärtiger Einschätzung zu erwarten, dass entsprechende Personen der besseren Qualität wegen einen Mehraufwand an Zeit und Kosten dieses Umfangs auf sich nehmen, auch wenn dieser mehrfach erforderlich wird.
Zudem ist in den Blick zu nehmen, dass für Personen, die geographisch zwischen Nürnberg und Amberg wohnen, die denkbare Entfernungsdifferenz geringer ausfällt. Dafür, dass für Personen im nördlichen/östlichen Bereich des Nürnberger Landes oder des südlichen Landkreises Amberg Alternativen zur Verfügung stünden, ist nichts erkennbar, sodass diese ohnehin nur vor der Wahl zwischen beiden stehen. In einem solchen Fall entscheidet sich der Kunde regelmäßig – ein vergleichbares Preisniveau unterstellt – für den Anbieter einer Dienstleistung mit Körperbezug, der die höhere Qualität verspricht.
Insoweit unterscheidet sich die vorliegende Sachlage ganz erheblich von der, die Gegenstand der von der Verfügungsbeklagten genannten Entscheidung des OLG Rostock (OLG Rostock, Beschluss vom 12. März 2021 – 2 U 15/20, GRUR-RS 2021, 7122) war. Es bedarf keiner weiteren Ausführungen, dass die Bereitschaft, längere Wege auf sich zu nehmen, bei reinen Freizeitaktivitäten wie dem Besuch einer Glücksspielhalle wesentlich geringer ist.
dd) Auf die Frage, ob in Konstellationen der vorliegenden Art – Klage eines Franchisegebers mit bundesweiter Ausrichtung – eine Mitbewerbereigenschaft schon deshalb bundesweit gegeben ist, weil dieser bestrebt ist, flächendeckend Franchisenehmer zu finden, kommt es damit nicht mehr entscheidend an. Der Senat neigt aber dazu, sie zu bejahen, weil es naturgemäß schwerer fällt, Franchisenehmer für einen neuen Standort zu gewinnen, wenn dort bereits andere Personen auf dem Gebiet tätig sind und dazu lauterkeitswidrige Praktiken nutzen.
b) Der Senat kommt auch bei nochmaliger Würdigung der Argumente der Parteien zum Ergebnis, dass die Bezeichnung „Fachzentrum für medizinische Haarentfernung“ dann, wenn das eingesetzte Personal nicht über qualifizierte medizinische Kenntnisse oder Fähigkeiten verfügt, irreführend i.S.v. § 5 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 u. 3 UWG ist.
aa) Die Verfügungsbeklagte wendet sich mit der Bezeichnung an potentielle Kundinnen und Kunden, also Verbraucher. Abzustellen ist damit darauf, wie Verbraucher diesen Begriff verstehen oder verstehen können.
Der Senat, dessen Mitglieder Verbraucher sind und regelmäßig von Werbung für Waren oder Dienstleistungen aller Art angesprochen werden, erkennt eine Mehrzahl von Möglichkeiten, wie die Bezeichnung „medizinische Haarentfernung“, allein und in Kombination mit dem Begriff „Fachzentrum“, von Verbrauchern verstanden werden kann (vgl. die Überlegungen zum Bestandteil „med“ bei einer Zahnbürste in BGH, Urteil vom 7. März 1969 – I ZR 41/67, GRUR 1969, 546 (547) – „med“).
(1) Denkbar ist dabei durchaus die von den Landgerichten Amberg und Bayreuth referierte Bedeutung, die zur Haarentfernung angewandten Verfahren seien wissenschaftlich geprüft, auf ihre Wirksamkeit getestet und die Qualität insoweit gesichert, dass nur vertretbare Nebenwirkungen und Risiken bestehen. Bei diesem Verständnis würde es an einer unwahren Angabe i.S.v. § 5 Abs. 1 Var. 1 UWG fehlen, weil die eingesetzten Laser als Medizinprodukte diesen Anforderungen entsprechen. Hierfür spricht nicht zuletzt auch, dass die eingesetzten Geräte auch für dermatologische Behandlungen bei entsprechender medizinischer Indikation geeignet sind.
(2) Ebenso naheliegend ist aber ein Verständnis, dass die als „Medizinische Haarentfernung“ beworbene Behandlung einen gewissen medizinischen Charakter besitzt, weil das Personal vor Beginn der Behandlung und während dieser medizinische individuelle körperliche Umstände der Kunden/Patienten berücksichtigt. Der Verkehr erwartet danach eine irgendwie geartete Untersuchung und Beratung durch die eingesetzten Mitarbeiter dahingehend, ob unter Berücksichtigung individueller Umstände wie Hauttyp, Allgemeinzustand usw. eine Haarentfernung überhaupt vorgenommen sollte und – wenn ja – mit welchen der in Betracht kommenden Methoden. Weitergehend wird der Eindruck aufkommen, pathologische Zustände, die im Zusammenhang mit der Behaarung stehen, würden erkannt. Eine solche Deutung liegt nicht zuletzt deshalb nahe, weil nicht lediglich von einer „Haarentfernung mit medizinischen Geräten“ die Rede ist. Das Adjektiv „medizinisch“ bezieht sich erkennbar auf „Haarentfernung“ und damit den Vorgang insgesamt, nicht nur einzelne Aspekte wie die eingesetzten Instrumente.
Verstärkt wird dieser Eindruck – ohne dass es hierauf entscheidend ankäme – durch den Umstand, dass auf dem Türschild unter der Bezeichnung als Fachzentrum für medizinische Haarentfernung angegeben ist „SWT – Laser – Nadelepilation“. Offenbar kommen somit mehrere Verfahrensweisen infrage, sodass der potentielle Kunde eine qualifizierte Auswahl und vorangehende Beratung für erforderlich hält.
(3) Des Weiteren kommt ein Verständnis in Betracht, dass sich die Behandlung aufgrund der eingesetzten Methoden und/oder Personen von einer solchen unterscheidet, die gewöhnlich bei rein kosmetischer Zielrichtung angewandt würde. Auch dies ist aber nicht der Fall. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass, wie die Parteien in der mündlichen Verhandlung vorgebracht haben, es durchaus medizinische Indikationen für eine Haarentfernung gibt und bei einer solchen die gebotene Behandlung auch von der Verfügungsbeklagten durchgeführt wird. Maßgeblich ist, dass der angesprochene Verbraucher aufgrund der Bezeichnung die Erwartung hegen kann, die Methoden seien andere (und bessere), wie sie von anderen Anbietern von Haarentfernung zu kosmetischen Zwecken angewandt werden.
(4) Dafür, dass der angesprochene Verbraucher ein solches Verständnis hat, wie es unter (2) und (3) dargestellt wurde, spricht insbesondere auch, dass für den durchaus ähnlichen Bereich der Fußpflege nach § 1 S. 2 PodG eine Erlaubnis, Berechtigung oder staatliche Anerkennung erforderlich ist, wenn die Bezeichnung „Medizinische Fußpflegerin“ bzw. „Medizinischer Fußpfleger“ geführt wird. Diese setzen jeweils eine entsprechende Ausbildung voraus. Diese muss u.a. die Befähigung vermitteln, nicht nur allgemeine, sondern auch „spezielle fußpflegerische Maßnahmen selbständig auszuführen“ und dabei „pathologische Veränderungen oder Symptome von Erkrankungen am Fuß, die eine ärztliche Abklärung erfordern, zu erkennen“. Sowohl Fußpflege als auch Haarentfernung bewegen sich, je nach konkreter Situation, im Grenz-/Überschneidungsbereich zwischen kosmetischen und medizinischen Anwendungen, weswegen die Vorstellung, auch für den Bereich der Haarentfernung gebe es, wenn diese „medizinisch“ ist, eine entsprechende Ausbildung und Prüfung, keineswegs fern liegt. Insoweit es unerheblich, dass dies objektiv nicht der Fall ist.
(5) Die Deutung, dass „medizinisch“ nicht nur die medizinische Unbedenklichkeit der eingesetzten Geräte ausdrückt, sondern die besondere Art, Qualität und Qualifikation, liegt bei der vorliegend angegriffenen Bezeichnung zudem deshalb nahe, weil das Adjektiv „medizinisch“ in einem Zuge mit dem Begriff „Fachzentrum“ genutzt wird. Wenn es lediglich um die Benutzung medizinischer Geräte geht, bedarf es nicht der Einrichtung eines Fachzentrums.
Bei Begriffen wie „Zentrum“ oder „Zentrale“ setzt das Publikum regelmäßig eine gewisse Größe und Bedeutung des Anbieters voraus; bei entsprechender Wortverbindung kann der Bestandteil „Zentrum“ auch nur auf eine besondere fachliche Qualifikation des Anbieters hinweisen (vgl. MüKoUWG/Busche, 3. Aufl. 2020, UWG § 5 Rn. 631). Letzteres wird bei „Fachzentrums“ der Fall sein; impliziert wird somit eine besondere Fachkunde dort tätiger Personen, was im Zusammenschau mit „medizinischer Haarentfernung“ nur bedeuten kann, dass die Personen gesteigerte medizinische Fachkenntnisse besitzen, die über die hinausgehen, die bei Personen anzutreffen sind, die gewöhnlich oder ausdrücklich zu kosmetischen Zwecken Haarentfernungen vornehmen.
(6) Unerheblich ist insoweit, dass es objektiv zur Bedienung der bei der Verfügungsbeklagten eingesetzten Lasergeräte medizinischer Kenntnisse nicht bedarf, sondern lediglich eine Zertifizierung durchlaufen werden muss. Die verwendete Bezeichnung suggeriert, dass eine medizinische Qualifikation möglich, für den Kunden sinnvoll und bei der Verfügungsbeklagten gegeben ist.
Die Verfügungsbeklagte kann sich nicht darauf zurückziehen, dies sei nicht der Fall, weil sie dann letztlich einräumen würde, unzulässigerweise (vgl. BeckOK UWG/Rehart/Ruhl/ Isele, 28. Ed. 1.4.2025, UWG § 5 Rn. 218) mit einer Selbstverständlichkeit zu werben; wenn nämlich die Zertifizierung der Personen erforderlich ist, aber auch ausreicht, ist diese bei jeder rechtmäßigen Behandlung dieser Art gegeben, sodass auf eine bloß Selbstverständlichkeit in einer Weise hingewiesen wird, die den Anschein erweckt, es liege eine Besonderheit vor.
(7) Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Verfügungsbeklagte mit dem Begriff „Fachzentrum“ als solchen werben darf. Dies kann vorliegend offen bleiben. Der Senat stellt auf dem Begriff nur insoweit ab, als er das beschriebene Verständnis von „medizinischer Haarentfernung“ verstärkt.
(8) Auch aus den Überlegungen des LG Essen (Urteil vom 6. Dezember 2019, 45 O 27/19, GRUR-RE 2019, 52562) kann die Verfügungsbeklagte nichts Günstiges für sich herleiten. Gegenstand jener Entscheidung war bereits nicht das Wort „medizinisch“ als solches, sondern die Verwendung von Begriffen, die üblicherweise im medizinischen oder ärztlichen Kontext gebraucht werden. Die Irreführung wurde dort auch deshalb ausgeschlossen, weil klar erkennbar gewesen sei, dass die Anbieterin ein (gewöhnlicher) Friseurbetrieb war. Vorliegend wird aber gerade durch die Bezeichnung suggeriert, dass Unternehmen der Verfügungsbeklagten hebe sich von üblichen Betrieben, die die Haarentfernung zu kosmetischen Zwecken betreiben, ab.
bb) Die Bezeichnung als „Fachzentrum für medizinische Haarentfernung“ ist damit entweder als „mehrdeutig“ oder als „unklar“ einzuordnen. Beides führt vorliegend zu einer Irreführung:
(1) Der Senat kann im vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren zumindest nicht mit der erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit annehmen, alle oder zumindest ein hinreichend großer Teil der Verbraucher verstünden die Bezeichnung in dem Sinn, wie ihn die Verfügungsbeklagte und das Erstgericht für zutreffend halten und bei dem eine Fehlvorstellung nicht gegeben wäre. Vielmehr hält es der Senat aufgrund der beschriebenen Umstände für überwiegend wahrscheinlich, dass ein so großer Teil der angesprochenen Bevölkerung diese Deutung entweder nicht zugrundelegt oder zumindest nicht zu einer Präferenz zwischen den denkbaren Deutungen kommt, dass die maßgebliche Irreführungsquote überschritten ist.
(2) Im Falle einer Mehrdeutigkeit muss der Werbende die verschiedenen Bedeutungen gegen sich gelten lassen, unabhängig davon, ob er es auf die Mehrdeutigkeit angelegt hat oder nicht (siehe nur Köhler/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, 43. Aufl. 2025, UWG § 5 Rn. 1.108 f. m.w.N.; Fezer/Büscher/Obergfell/Peifer/Obergfell, 3. Aufl. 2016, UWG § 5 Rn. 248). An einer Irreführung würde es daher nur dann fehlen, wenn jede der in Betracht kommenden Bedeutungen mit der Wirklichkeit übereinstimmt; dies ist aber, wie gezeigt, nicht der Fall (Ohly/Sosnitza/Sosnitza, 8. Aufl. 2023, UWG § 5 Rn. 191). Die für eine Irreführung in einem solchen Fall erforderliche Voraussetzung, dass ein erheblicher Teil des Verkehrs die Angabe in einem Sinn versteht, der nicht den objektiven Gegebenheiten entspricht (Ohly/Sosnitza/Sosnitza, 8. Aufl. 2023, UWG § 5 Rn. 191), ist, wie dargestellt, mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen.
(3) Ordnet man die Bezeichnung als unklar ein, weil der Verkehr mit ihr zwar keine klare Vorstellung verbindet, der beworbenen Dienstleistung aber gerade diejenigen Merkmale fehlen, in denen der Verkehr aufgrund der Werbung den Vorteil des Angebots erblickt, ist ebenfalls Unlauterkeit gegeben. In diesen Fällen verbindet der Verkehr, auch wenn klare Vorstellungen fehlen, immerhin gewisse Erwartungen, die objektiv nicht erfüllt werden (Köhler/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, 43. Aufl. 2025, UWG § 5 Rn. 1.110; Fezer/Büscher/Obergfell/Peifer/Obergfell, 3. Aufl. 2016, UWG § 5 Rn. 247; BGH, Urteil vom 7. März 1969 – I ZR 41/67, GRUR 1969, 546 (547 f.) – „med“). Auf eine genaue Vorstellung des Verkehrs von solchen Eigenschaften und Merkmalen kommt es mithin nicht an. Erforderlich hierzu ist nur, dass bei den angesprochenen Kunden Erwartungen aufkommen, die über vage, verschobene Vorstellungen oder Gedankenassoziationen hinausgehen (Ohly/Sosnitza/Sosnitza, 8. Aufl. 2023, UWG § 5 Rn. 172). Anerkannt ist, dass eine derartige Unklarheit insbesondere im auch hier betroffenen Bereich des Gesundheitswesens aufkommen kann (BGH, Urteil vom 7. März 1969 – I ZR 41/67, GRUR 1969, 546 (548) – „med“; Köhler/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, 43. Aufl. 2025, UWG § 5 Rn. 1.110).
Letzteres ist, wie dargestellt, der Fall, weil sich die angesprochenen Verbraucher hinreichend konkrete Vorstellungen bilden, es würden Handlungen und Prüfungen vorgenommen, wie sie auch bei medizinischen Behandlungen durch einen Arzt, Heilpraktiker, Physiotherapeuten o.Ä. unternommen werden, wenn auch spezifiziert für den Bereich der Haut und Behaarung.
cc) Zu bedenken ist hierbei jeweils, dass Verbraucher bei gesundheitsbezogenen Aussagen besonders schützenswert sind und daher strenge Anforderungen an Richtigkeit und Klarheit zu stellen sind (Köhler/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, 43. Aufl. 2025, UWG § 5 Rn. 2.215; Ohly/Sosnitza/Sosnitza, 8. Aufl. 2023, UWG § 5 Rn. 310). Da Verbraucher naturgemäß auf ihre eigene Gesundheit bedacht sind, sind Aussagen, die eine gesundheitsfördernde Wirkung oder zumindest eine gesundheitliche Unbedenklichkeit suggerieren, von besonderer Bedeutung für ihre geschäftlichen Entscheidungen. Gesundheitsbezogene Werbeaussagen sind dementsprechend der Erfahrung nach besonders wirksam; eine irreführende Werbung kann erhebliche Gefahren für die Gesundheit des einzelnen Kunden, aber auch der Allgemeinheit zur Folge haben (Ohly/Sosnitza/Sosnitza, 8. Aufl. 2023, UWG § 5 Rn. 310 m.w.N.; aus der BGH-Rechtsprechung zuletzt BGH, Urteil vom 11. Februar 2021 – I ZR 126/19, GRUR 2021, 746 Rn. 32 – Dr. Z; BGH, Urteil vom 27. Juni 2024 – I ZR 98/23, GRUR 2024, 1122 Rn. 23 – klimaneutral). Im Bereich der Gesundheitswerbung gelten deshalb zu Recht besonders strenge Anforderungen für den Ausschluss einer Irreführungsgefahr (BGH, Urteil vom 11. Februar 2021 – I ZR 126/19, GRUR 2021, 746 Rn. 32 – Dr. Z)
Dementsprechend müssen Bezeichnungen, die den Eindruck erwecken können, die Wahl eines bestimmten Unternehmers sei in gesundheitlicher Hinsicht vorteilhaft, besonders kritisch daraufhin geprüft werden, welche Missverständnisse und Fehlvorstellungen drohen und ob solche Vorteile tatsächlich gegeben sind. Für den Verbraucher spielt es insoweit nach Einschätzung des Senats eine nicht unerhebliche Rolle, ob lediglich medizinisch geprüfte Geräte von geschulten Personen eingesetzt werden, oder eine medizinische Qualifikation und Kompetenz vorhanden ist, die eine weitergehende Beratung und gesteigerte Qualität mit sich bringt.
dd) Diese Erwägungen führen dazu, dass im vorliegenden Verfügungsverfahren von einer Irreführung auszugehen ist. Es ist hinreichend wahrscheinlich, dass zumindest ein hinreichend großer Teil der Adressaten mit der Bezeichnung eine Vorstellung verbindet, die objektiv nicht gerechtfertigt ist.
c) Auch die weiteren Voraussetzungen eines lauterkeitsrechtlichen Unterlassungsanspruchs liegen vor.
Wie mündlich ausgeführt, ist insbesondere unerheblich, ob die Verfügungsbeklagte gegenwärtig noch die angegriffene Bezeichnung benutzt. Die einmal unternommene Verletzung begründet die Vermutung einer Wiederholungsgefahr, die vorliegend weder durch besondere Umstände widerlegt ist noch durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung oder ein anderes taugliches Mittel ausgeräumt wurde. Auf ein Verschulden kommt es bei quasi diktatorischen Ansprüchen wie dem Unterlassungsanspruch nicht an.
Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:
Urteil vom 19.08.2025
3 U 562/25 UWG
Das OLG Nürnberg hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung durch die Bezeichnung "Fachzentrum für medizinische Haarentfernung" vorliegt, wenn kein medizinisch qualifiziertes Fachpersonal vorhanden ist.
Aus den Entscheidungsgründen:
4. Die Voraussetzungen eines lauterkeitsrechtlichen Unterlassungsanspruchs aus § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 3, § 5 Abs. 1 UWG liegen mit der im Verfügungsverfahren erforderlichen Gewissheit vor.
a) Die Parteien sind Mitbewerber i.S.v. § 8 Abs. 3 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 4 UWG. Zwischen ihnen besteht ein konkretes Wettbewerbsverhältnis, und zwar auch in räumlicher Hinsicht.
aa) Die Mitbewerbereigenschaft wird nicht bereits dadurch ausgeschlossen, dass die Verfügungsklägerin nicht selbst Betriebe zur Haarentfernung betreibt, sondern nur im Wege eines Franchisesystems Lizenzen an Dritte vergibt. Der Umstand, dass die Personen auf unterschiedlichen Handelsstufen oder in einer anderen Branche i.w.S. tätig sind, schließt einen Substitutionswettbewerb (ebenso wie einen Behinderungswettbewerb) nicht aus. Voraussetzung eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses in einem solchen Fall ist im Regelfall nur, dass die Personen versuchen, gleichartige Waren oder Dienstleistungen (letztlich) innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen (siehe nur BGH, Urteil vom 10. April 2014 – I ZR 43/13, GRUR 2914, 1114 Rn. 26 ff. – nickelfrei; BGH, Urteil vom 21. November 2024 – I ZR 107/23, GRUR 2024, 1897 Rn. 26 – DFL-Supercup BGH, Urteil vom 27. März 2025 – I ZR 64/24, GRUR 2025, 589 Rn. 24 – Fluggastrechteportal). Dies ist hier gegeben, da sowohl die Verfügungsklägerin mit ihren Franchisenehmerrinnen als auch die Verfügungsbeklagte Dienstleistungen derselben Art Endverbrauchern anbieten und sich die Entscheidung eines Kunden, die Haarentfernung bei einer Franchisenehmerin der Verfügungsklägerin oder bei der Verfügungsbeklagten durchführen zu lassen, unmittelbar wirtschaftlich nachteilig für die andere auswirkt.
bb) Der Senat berücksichtigt den von der Verfügungsbeklagten durch Zitat der Entscheidung des Landgerichts Bayreuth in das Verfahren eingeführten Umstand, dass eine Haarentfernungsbehandlung mindestens acht Besuche in längeren Zeitabständen erfordert.
In tatsächlicher Hinsicht hat der Senat ferner zugrundezulegen, dass die Verfügungsklägerin seit 2. Juli 2025 einen von einer Franchisenehmerin betriebenen Standort in Nürnberg unterhält und die Entfernung zwischen Amberg und Nürnberg 72,2 km beträgt. Darauf, dass zum Zeitpunkt der Abmahnung Filialen im Umkreis von Amberg nicht betrieben wurden und auch der auf Nürnberg bezogene Vertrag erst im Februar 2025 unterschrieben wurde, kommt es dabei im vorliegenden Zusammenhang nicht an. Maßgeblich für die materiellrechtliche Beurteilung des Unterlassungsanspruchs ist die Sachlage im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, vorliegend also am 5. August 2025. Ob die Mitbewerbereigenschaft bereits im Zeitpunkt der Abmahnung gegeben war, wäre lediglich dafür relevant, ob diese „berechtigt“ war und deshalb Kostenersatz geschuldet ist (vgl. § 13 Abs. 3 UWG); dieser Anspruch ist aber nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
cc) Die Entfernung von gut 70 km und der damit verbundene Fahrtaufwand von etwa 1 Stunde ist nach Einschätzung des Senats nicht so groß, dass derjenige, der eine Haarentfernung wünscht und dabei auf einen „medizinischen“ Charakter Wert legt, davon Abstand nehmen würde, auch wenn eine Haarentfernung ohne diese Eigenschaft in näherem Umkreis möglich wäre. Es ist – wobei der Senat auf seine Erwägungen zur Frage der Irreführung verweist – nach gegenwärtiger Einschätzung zu erwarten, dass entsprechende Personen der besseren Qualität wegen einen Mehraufwand an Zeit und Kosten dieses Umfangs auf sich nehmen, auch wenn dieser mehrfach erforderlich wird.
Zudem ist in den Blick zu nehmen, dass für Personen, die geographisch zwischen Nürnberg und Amberg wohnen, die denkbare Entfernungsdifferenz geringer ausfällt. Dafür, dass für Personen im nördlichen/östlichen Bereich des Nürnberger Landes oder des südlichen Landkreises Amberg Alternativen zur Verfügung stünden, ist nichts erkennbar, sodass diese ohnehin nur vor der Wahl zwischen beiden stehen. In einem solchen Fall entscheidet sich der Kunde regelmäßig – ein vergleichbares Preisniveau unterstellt – für den Anbieter einer Dienstleistung mit Körperbezug, der die höhere Qualität verspricht.
Insoweit unterscheidet sich die vorliegende Sachlage ganz erheblich von der, die Gegenstand der von der Verfügungsbeklagten genannten Entscheidung des OLG Rostock (OLG Rostock, Beschluss vom 12. März 2021 – 2 U 15/20, GRUR-RS 2021, 7122) war. Es bedarf keiner weiteren Ausführungen, dass die Bereitschaft, längere Wege auf sich zu nehmen, bei reinen Freizeitaktivitäten wie dem Besuch einer Glücksspielhalle wesentlich geringer ist.
dd) Auf die Frage, ob in Konstellationen der vorliegenden Art – Klage eines Franchisegebers mit bundesweiter Ausrichtung – eine Mitbewerbereigenschaft schon deshalb bundesweit gegeben ist, weil dieser bestrebt ist, flächendeckend Franchisenehmer zu finden, kommt es damit nicht mehr entscheidend an. Der Senat neigt aber dazu, sie zu bejahen, weil es naturgemäß schwerer fällt, Franchisenehmer für einen neuen Standort zu gewinnen, wenn dort bereits andere Personen auf dem Gebiet tätig sind und dazu lauterkeitswidrige Praktiken nutzen.
b) Der Senat kommt auch bei nochmaliger Würdigung der Argumente der Parteien zum Ergebnis, dass die Bezeichnung „Fachzentrum für medizinische Haarentfernung“ dann, wenn das eingesetzte Personal nicht über qualifizierte medizinische Kenntnisse oder Fähigkeiten verfügt, irreführend i.S.v. § 5 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 u. 3 UWG ist.
aa) Die Verfügungsbeklagte wendet sich mit der Bezeichnung an potentielle Kundinnen und Kunden, also Verbraucher. Abzustellen ist damit darauf, wie Verbraucher diesen Begriff verstehen oder verstehen können.
Der Senat, dessen Mitglieder Verbraucher sind und regelmäßig von Werbung für Waren oder Dienstleistungen aller Art angesprochen werden, erkennt eine Mehrzahl von Möglichkeiten, wie die Bezeichnung „medizinische Haarentfernung“, allein und in Kombination mit dem Begriff „Fachzentrum“, von Verbrauchern verstanden werden kann (vgl. die Überlegungen zum Bestandteil „med“ bei einer Zahnbürste in BGH, Urteil vom 7. März 1969 – I ZR 41/67, GRUR 1969, 546 (547) – „med“).
(1) Denkbar ist dabei durchaus die von den Landgerichten Amberg und Bayreuth referierte Bedeutung, die zur Haarentfernung angewandten Verfahren seien wissenschaftlich geprüft, auf ihre Wirksamkeit getestet und die Qualität insoweit gesichert, dass nur vertretbare Nebenwirkungen und Risiken bestehen. Bei diesem Verständnis würde es an einer unwahren Angabe i.S.v. § 5 Abs. 1 Var. 1 UWG fehlen, weil die eingesetzten Laser als Medizinprodukte diesen Anforderungen entsprechen. Hierfür spricht nicht zuletzt auch, dass die eingesetzten Geräte auch für dermatologische Behandlungen bei entsprechender medizinischer Indikation geeignet sind.
(2) Ebenso naheliegend ist aber ein Verständnis, dass die als „Medizinische Haarentfernung“ beworbene Behandlung einen gewissen medizinischen Charakter besitzt, weil das Personal vor Beginn der Behandlung und während dieser medizinische individuelle körperliche Umstände der Kunden/Patienten berücksichtigt. Der Verkehr erwartet danach eine irgendwie geartete Untersuchung und Beratung durch die eingesetzten Mitarbeiter dahingehend, ob unter Berücksichtigung individueller Umstände wie Hauttyp, Allgemeinzustand usw. eine Haarentfernung überhaupt vorgenommen sollte und – wenn ja – mit welchen der in Betracht kommenden Methoden. Weitergehend wird der Eindruck aufkommen, pathologische Zustände, die im Zusammenhang mit der Behaarung stehen, würden erkannt. Eine solche Deutung liegt nicht zuletzt deshalb nahe, weil nicht lediglich von einer „Haarentfernung mit medizinischen Geräten“ die Rede ist. Das Adjektiv „medizinisch“ bezieht sich erkennbar auf „Haarentfernung“ und damit den Vorgang insgesamt, nicht nur einzelne Aspekte wie die eingesetzten Instrumente.
Verstärkt wird dieser Eindruck – ohne dass es hierauf entscheidend ankäme – durch den Umstand, dass auf dem Türschild unter der Bezeichnung als Fachzentrum für medizinische Haarentfernung angegeben ist „SWT – Laser – Nadelepilation“. Offenbar kommen somit mehrere Verfahrensweisen infrage, sodass der potentielle Kunde eine qualifizierte Auswahl und vorangehende Beratung für erforderlich hält.
(3) Des Weiteren kommt ein Verständnis in Betracht, dass sich die Behandlung aufgrund der eingesetzten Methoden und/oder Personen von einer solchen unterscheidet, die gewöhnlich bei rein kosmetischer Zielrichtung angewandt würde. Auch dies ist aber nicht der Fall. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass, wie die Parteien in der mündlichen Verhandlung vorgebracht haben, es durchaus medizinische Indikationen für eine Haarentfernung gibt und bei einer solchen die gebotene Behandlung auch von der Verfügungsbeklagten durchgeführt wird. Maßgeblich ist, dass der angesprochene Verbraucher aufgrund der Bezeichnung die Erwartung hegen kann, die Methoden seien andere (und bessere), wie sie von anderen Anbietern von Haarentfernung zu kosmetischen Zwecken angewandt werden.
(4) Dafür, dass der angesprochene Verbraucher ein solches Verständnis hat, wie es unter (2) und (3) dargestellt wurde, spricht insbesondere auch, dass für den durchaus ähnlichen Bereich der Fußpflege nach § 1 S. 2 PodG eine Erlaubnis, Berechtigung oder staatliche Anerkennung erforderlich ist, wenn die Bezeichnung „Medizinische Fußpflegerin“ bzw. „Medizinischer Fußpfleger“ geführt wird. Diese setzen jeweils eine entsprechende Ausbildung voraus. Diese muss u.a. die Befähigung vermitteln, nicht nur allgemeine, sondern auch „spezielle fußpflegerische Maßnahmen selbständig auszuführen“ und dabei „pathologische Veränderungen oder Symptome von Erkrankungen am Fuß, die eine ärztliche Abklärung erfordern, zu erkennen“. Sowohl Fußpflege als auch Haarentfernung bewegen sich, je nach konkreter Situation, im Grenz-/Überschneidungsbereich zwischen kosmetischen und medizinischen Anwendungen, weswegen die Vorstellung, auch für den Bereich der Haarentfernung gebe es, wenn diese „medizinisch“ ist, eine entsprechende Ausbildung und Prüfung, keineswegs fern liegt. Insoweit es unerheblich, dass dies objektiv nicht der Fall ist.
(5) Die Deutung, dass „medizinisch“ nicht nur die medizinische Unbedenklichkeit der eingesetzten Geräte ausdrückt, sondern die besondere Art, Qualität und Qualifikation, liegt bei der vorliegend angegriffenen Bezeichnung zudem deshalb nahe, weil das Adjektiv „medizinisch“ in einem Zuge mit dem Begriff „Fachzentrum“ genutzt wird. Wenn es lediglich um die Benutzung medizinischer Geräte geht, bedarf es nicht der Einrichtung eines Fachzentrums.
Bei Begriffen wie „Zentrum“ oder „Zentrale“ setzt das Publikum regelmäßig eine gewisse Größe und Bedeutung des Anbieters voraus; bei entsprechender Wortverbindung kann der Bestandteil „Zentrum“ auch nur auf eine besondere fachliche Qualifikation des Anbieters hinweisen (vgl. MüKoUWG/Busche, 3. Aufl. 2020, UWG § 5 Rn. 631). Letzteres wird bei „Fachzentrums“ der Fall sein; impliziert wird somit eine besondere Fachkunde dort tätiger Personen, was im Zusammenschau mit „medizinischer Haarentfernung“ nur bedeuten kann, dass die Personen gesteigerte medizinische Fachkenntnisse besitzen, die über die hinausgehen, die bei Personen anzutreffen sind, die gewöhnlich oder ausdrücklich zu kosmetischen Zwecken Haarentfernungen vornehmen.
(6) Unerheblich ist insoweit, dass es objektiv zur Bedienung der bei der Verfügungsbeklagten eingesetzten Lasergeräte medizinischer Kenntnisse nicht bedarf, sondern lediglich eine Zertifizierung durchlaufen werden muss. Die verwendete Bezeichnung suggeriert, dass eine medizinische Qualifikation möglich, für den Kunden sinnvoll und bei der Verfügungsbeklagten gegeben ist.
Die Verfügungsbeklagte kann sich nicht darauf zurückziehen, dies sei nicht der Fall, weil sie dann letztlich einräumen würde, unzulässigerweise (vgl. BeckOK UWG/Rehart/Ruhl/ Isele, 28. Ed. 1.4.2025, UWG § 5 Rn. 218) mit einer Selbstverständlichkeit zu werben; wenn nämlich die Zertifizierung der Personen erforderlich ist, aber auch ausreicht, ist diese bei jeder rechtmäßigen Behandlung dieser Art gegeben, sodass auf eine bloß Selbstverständlichkeit in einer Weise hingewiesen wird, die den Anschein erweckt, es liege eine Besonderheit vor.
(7) Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Verfügungsbeklagte mit dem Begriff „Fachzentrum“ als solchen werben darf. Dies kann vorliegend offen bleiben. Der Senat stellt auf dem Begriff nur insoweit ab, als er das beschriebene Verständnis von „medizinischer Haarentfernung“ verstärkt.
(8) Auch aus den Überlegungen des LG Essen (Urteil vom 6. Dezember 2019, 45 O 27/19, GRUR-RE 2019, 52562) kann die Verfügungsbeklagte nichts Günstiges für sich herleiten. Gegenstand jener Entscheidung war bereits nicht das Wort „medizinisch“ als solches, sondern die Verwendung von Begriffen, die üblicherweise im medizinischen oder ärztlichen Kontext gebraucht werden. Die Irreführung wurde dort auch deshalb ausgeschlossen, weil klar erkennbar gewesen sei, dass die Anbieterin ein (gewöhnlicher) Friseurbetrieb war. Vorliegend wird aber gerade durch die Bezeichnung suggeriert, dass Unternehmen der Verfügungsbeklagten hebe sich von üblichen Betrieben, die die Haarentfernung zu kosmetischen Zwecken betreiben, ab.
bb) Die Bezeichnung als „Fachzentrum für medizinische Haarentfernung“ ist damit entweder als „mehrdeutig“ oder als „unklar“ einzuordnen. Beides führt vorliegend zu einer Irreführung:
(1) Der Senat kann im vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren zumindest nicht mit der erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit annehmen, alle oder zumindest ein hinreichend großer Teil der Verbraucher verstünden die Bezeichnung in dem Sinn, wie ihn die Verfügungsbeklagte und das Erstgericht für zutreffend halten und bei dem eine Fehlvorstellung nicht gegeben wäre. Vielmehr hält es der Senat aufgrund der beschriebenen Umstände für überwiegend wahrscheinlich, dass ein so großer Teil der angesprochenen Bevölkerung diese Deutung entweder nicht zugrundelegt oder zumindest nicht zu einer Präferenz zwischen den denkbaren Deutungen kommt, dass die maßgebliche Irreführungsquote überschritten ist.
(2) Im Falle einer Mehrdeutigkeit muss der Werbende die verschiedenen Bedeutungen gegen sich gelten lassen, unabhängig davon, ob er es auf die Mehrdeutigkeit angelegt hat oder nicht (siehe nur Köhler/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, 43. Aufl. 2025, UWG § 5 Rn. 1.108 f. m.w.N.; Fezer/Büscher/Obergfell/Peifer/Obergfell, 3. Aufl. 2016, UWG § 5 Rn. 248). An einer Irreführung würde es daher nur dann fehlen, wenn jede der in Betracht kommenden Bedeutungen mit der Wirklichkeit übereinstimmt; dies ist aber, wie gezeigt, nicht der Fall (Ohly/Sosnitza/Sosnitza, 8. Aufl. 2023, UWG § 5 Rn. 191). Die für eine Irreführung in einem solchen Fall erforderliche Voraussetzung, dass ein erheblicher Teil des Verkehrs die Angabe in einem Sinn versteht, der nicht den objektiven Gegebenheiten entspricht (Ohly/Sosnitza/Sosnitza, 8. Aufl. 2023, UWG § 5 Rn. 191), ist, wie dargestellt, mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen.
(3) Ordnet man die Bezeichnung als unklar ein, weil der Verkehr mit ihr zwar keine klare Vorstellung verbindet, der beworbenen Dienstleistung aber gerade diejenigen Merkmale fehlen, in denen der Verkehr aufgrund der Werbung den Vorteil des Angebots erblickt, ist ebenfalls Unlauterkeit gegeben. In diesen Fällen verbindet der Verkehr, auch wenn klare Vorstellungen fehlen, immerhin gewisse Erwartungen, die objektiv nicht erfüllt werden (Köhler/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, 43. Aufl. 2025, UWG § 5 Rn. 1.110; Fezer/Büscher/Obergfell/Peifer/Obergfell, 3. Aufl. 2016, UWG § 5 Rn. 247; BGH, Urteil vom 7. März 1969 – I ZR 41/67, GRUR 1969, 546 (547 f.) – „med“). Auf eine genaue Vorstellung des Verkehrs von solchen Eigenschaften und Merkmalen kommt es mithin nicht an. Erforderlich hierzu ist nur, dass bei den angesprochenen Kunden Erwartungen aufkommen, die über vage, verschobene Vorstellungen oder Gedankenassoziationen hinausgehen (Ohly/Sosnitza/Sosnitza, 8. Aufl. 2023, UWG § 5 Rn. 172). Anerkannt ist, dass eine derartige Unklarheit insbesondere im auch hier betroffenen Bereich des Gesundheitswesens aufkommen kann (BGH, Urteil vom 7. März 1969 – I ZR 41/67, GRUR 1969, 546 (548) – „med“; Köhler/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, 43. Aufl. 2025, UWG § 5 Rn. 1.110).
Letzteres ist, wie dargestellt, der Fall, weil sich die angesprochenen Verbraucher hinreichend konkrete Vorstellungen bilden, es würden Handlungen und Prüfungen vorgenommen, wie sie auch bei medizinischen Behandlungen durch einen Arzt, Heilpraktiker, Physiotherapeuten o.Ä. unternommen werden, wenn auch spezifiziert für den Bereich der Haut und Behaarung.
cc) Zu bedenken ist hierbei jeweils, dass Verbraucher bei gesundheitsbezogenen Aussagen besonders schützenswert sind und daher strenge Anforderungen an Richtigkeit und Klarheit zu stellen sind (Köhler/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, 43. Aufl. 2025, UWG § 5 Rn. 2.215; Ohly/Sosnitza/Sosnitza, 8. Aufl. 2023, UWG § 5 Rn. 310). Da Verbraucher naturgemäß auf ihre eigene Gesundheit bedacht sind, sind Aussagen, die eine gesundheitsfördernde Wirkung oder zumindest eine gesundheitliche Unbedenklichkeit suggerieren, von besonderer Bedeutung für ihre geschäftlichen Entscheidungen. Gesundheitsbezogene Werbeaussagen sind dementsprechend der Erfahrung nach besonders wirksam; eine irreführende Werbung kann erhebliche Gefahren für die Gesundheit des einzelnen Kunden, aber auch der Allgemeinheit zur Folge haben (Ohly/Sosnitza/Sosnitza, 8. Aufl. 2023, UWG § 5 Rn. 310 m.w.N.; aus der BGH-Rechtsprechung zuletzt BGH, Urteil vom 11. Februar 2021 – I ZR 126/19, GRUR 2021, 746 Rn. 32 – Dr. Z; BGH, Urteil vom 27. Juni 2024 – I ZR 98/23, GRUR 2024, 1122 Rn. 23 – klimaneutral). Im Bereich der Gesundheitswerbung gelten deshalb zu Recht besonders strenge Anforderungen für den Ausschluss einer Irreführungsgefahr (BGH, Urteil vom 11. Februar 2021 – I ZR 126/19, GRUR 2021, 746 Rn. 32 – Dr. Z)
Dementsprechend müssen Bezeichnungen, die den Eindruck erwecken können, die Wahl eines bestimmten Unternehmers sei in gesundheitlicher Hinsicht vorteilhaft, besonders kritisch daraufhin geprüft werden, welche Missverständnisse und Fehlvorstellungen drohen und ob solche Vorteile tatsächlich gegeben sind. Für den Verbraucher spielt es insoweit nach Einschätzung des Senats eine nicht unerhebliche Rolle, ob lediglich medizinisch geprüfte Geräte von geschulten Personen eingesetzt werden, oder eine medizinische Qualifikation und Kompetenz vorhanden ist, die eine weitergehende Beratung und gesteigerte Qualität mit sich bringt.
dd) Diese Erwägungen führen dazu, dass im vorliegenden Verfügungsverfahren von einer Irreführung auszugehen ist. Es ist hinreichend wahrscheinlich, dass zumindest ein hinreichend großer Teil der Adressaten mit der Bezeichnung eine Vorstellung verbindet, die objektiv nicht gerechtfertigt ist.
c) Auch die weiteren Voraussetzungen eines lauterkeitsrechtlichen Unterlassungsanspruchs liegen vor.
Wie mündlich ausgeführt, ist insbesondere unerheblich, ob die Verfügungsbeklagte gegenwärtig noch die angegriffene Bezeichnung benutzt. Die einmal unternommene Verletzung begründet die Vermutung einer Wiederholungsgefahr, die vorliegend weder durch besondere Umstände widerlegt ist noch durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung oder ein anderes taugliches Mittel ausgeräumt wurde. Auf ein Verschulden kommt es bei quasi diktatorischen Ansprüchen wie dem Unterlassungsanspruch nicht an.
Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:
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