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Volltext LG Düsseldorf liegt vor: Inhaber der Unionsmarke Malle kann Dritten die Durchführung von "Malle-Partys" untersagen -Marke nicht offenkundig schutzunfähig

LG Düsseldorf
Urteil vom 29.11.2019
38 O 96/19


Wir hatten bereits in dem Beitrag LG Düsseldorf: Inhaber der Unionsmarke Malle kann Dritten die Durchführung von "Malle-Partys" untersagen - Marke nicht offenkundig schutzunfähig über die Entscheidung berichtet.

Die Entscheidungsgründe:

Die einstweilige Verfügung ist gemäß §§ 925 Abs. 2, 936 ZPO zu bestätigen.

I. Der Antragsteller geht – entgegen seiner missverständlichen Darstellung in der Antragsschrift – aus der unter der Nummer 002631166 bei dem EUIPO (European Union Intellectual Property Office) registrierten Unionsmarke „MALLE“ vor. In diesem Sinne ist die Bezugnahme des Antragstellers auf die „beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) eingetragene Wortmarke“ zu verstehen. Dementsprechend ist nicht auf die in der Antragsschrift genannten Vorschriften des MarkenG, sondern auf die Regeln der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (UMV) abzustellen.

II. Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung ist gemäß Art. 131 Abs. 1 UMV in Verbindung mit §§ 935, 940 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist der – gemäß §§ 935, 940 ZPO eine spezielle Verfahrensvoraussetzung für den erfolgreichen Abschluss eines auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichteten Eilverfahrens bildende (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Februar 2000 – IX ZB 31/99 [unter III 2 b]) – Verfügungsgrund gegeben. Sein Vorliegen wird gemäß Art. 129 Abs. 3 UMV in Verbindung mit § 140 Abs. 3 MarkenG vermutet. Diese Vermutung ist nicht entkräftet.

1. Der Antragsteller hat nach seinem unwiderlegten Vortrag erstmals im Mai von der Internetpräsenz „malle-auf-schalke.de“ Kenntnis erhalten. Er ist danach hinreichend zügig – nämlich innerhalb von etwa zwei Monaten (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 21. April 1998 – 20 U 155/97, NJWE-WettbR 1999, 15 [unter I 2]; Urteil vom 1. Juli 2014 – 20 U 231/13, GRUR-RR 2015, 65) – mit seinem am 6. Juni 2019 bei Gericht eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die dort von ihm beobachtete Zeichennutzung vorgegangen.

2. Die Dringlichkeit kann nicht mit Blick auf das von der Antragsgegnerin angesprochene Löschungsverfahren und die von ihr angesprochenen absoluten Schutzhindernisse des Art. 7 Abs. 1 lit. b und lit. c UMV verneint werden.

a) Vom Rechtsbestand dieser Marke ist in diesem Verfahren gemäß Art. 127 Abs. 1 UMV auszugehen. Damit ist der Kammer eine Prüfung der Rechtsgültigkeit der Unionsmarke des Antragstellers grundsätzlich verwehrt (vgl. BGH, Urteil vom 9. November 2017 – I ZR 110/16 – form-strip II [unter II 2 d aa]), wobei die Bindung alle Eintragungsvoraussetzungen und -hindernisse erfasst (vgl. BGH, Urteil vom 7. Oktober 2004 – I ZR 91/02 – Lila-Schokolade [unter II 1]). Die sich aus Art. 127 Abs. 1 UMV ergebende Verpflichtung der Unionsmarkengerichte, von der Rechtsgültigkeit einer eingetragenen Unionsmarke auszugehen, entfällt nur, wenn die Marke mit einer Widerklage auf Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit angefochten wird, was der Antragsgegnerin im einstweiligen Verfügungsverfahren jedoch nicht möglich ist.

Allerdings ist vor Einführung der Dringlichkeitsvermutung in § 140 Abs. 3 MarkenG in der seit dem 14. Januar 2019 geltenden Fassung der Einwand der Schutzunfähigkeit der Marke insoweit berücksichtigt worden, als mangels einer § 12 Abs. 2 UWG entsprechenden Regelung die Dringlichkeit im Markenrecht positiv durch eine Abwägung der Interessen der Parteien festgestellt werden musste und in diesem Rahmen die Erfolgsaussichten eines anhängigen Löschungsverfahrens insoweit berücksichtigt werden konnten, als in Fällen offenkundiger Schutzunfähigkeit der Marke der Verfügungsgrund verneint werden konnte (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. November 2001 – 20 U 114/01, GRUR-RR 2002, 212 [212 f.]; OLG Köln, Urteil vom 31. Oktober 2014 – 6 U 55/14, BeckRS 2015, 11697 [unter II 1]; OLG Hamburg, Urteil vom 13. Februar 2014 – 3 U 113/13, BeckRS 2014, 9531 [unter B I 1 b bb]). Nach Einführung von § 140 Abs. 3 MarkenG n.F. kann die Dringlichkeit jedenfalls nicht unter weniger strengen Voraussetzungen verneint werden, also allenfalls dann, wenn ein Erfolg des Löschungsverfahrens so gut wie feststeht.

b) Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

Zwar mag davon auszugehen sein, dass das Wort „Malle“ den deutschsprachigen Verkehrskreisen in der Union als umgangssprachliche Kurzform für Mallorca bekannt ist. Auch mag angenommen werden können, dass eine solche umgangssprachliche Kurzform markenrechtlich als geografische Angabe zu behandeln ist, sie von den beteiligten Verkehrskreisen mit Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke eingetragen ist, in Verbindung gebracht werden kann und geeignet ist, bei diesen positiv besetzte Vorstellungen im Sinne einer besonderen Qualität der so gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen hervorzurufen (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 4. Mai 1999 – C-108 und 109/97, Windsurfing Chiemsee Produktions- und Vertriebs GmbH ./. Boots- und Segelzubehör Walter Huber u. Franz Attenberger [Rn. 26 ff.]; EuG, Urteil vom 20. Juli 2016 – T-11/15, Internet Consulting GmbH ./. EUIPO [Rn. 26 ff.]), nämlich in Bezug auf mit dem Wort „Malle“ gekennzeichnete Unterhaltungsveranstaltungen Erwartungen an eine Party zu wecken, bei der ohne unnötige Zurückhaltung und Angst vor Peinlichkeit ein sich intellektuell unkompliziert gebendes Publikum mit Tiefgang an Flasche und Glas ausgelassen auf eine Weise feiert, wie sie auf der Insel Mallorca im Freien beobachtet werden kann.

Auf den Umstand, dass das Wort „Malle“ heute in der Alltagssprache als umgangssprachliche Kurzform für die Insel Mallorca gebraucht wird, kommt es jedoch nicht entscheidend an. Die absoluten Schutzhindernisse des Art. 7 Abs. 1 lit. b und lit. c UMV sind bezogen auf die Sachlage zum Zeitpunkt der Anmeldung zu prüfen (vgl. EuGH, Beschluss vom 23. April 2010 – C-332/09 P, HABM ./. Frosch Touristik GmbH u.a. [Rn. 40 ff.]), also bezogen auf den 29. April 2002. Unabhängig von der Frage, ob sich der hieraus für den Streitfall ergebenden Notwendigkeit, dem Stand des Umgangssprachgebrauchs vor mehr als 17 Jahren nachzugehen, in einem einstweiligen Verfügungsverfahren überhaupt sinnvoll entsprochen werden kann, gestattet der Vortrag der Antragsgegnerin nicht die Feststellung, dem Löschungsantrag käme eine hohe Erfolgsaussicht zu. Die Antragsgegnerin hat in der mündlichen Verhandlung einen Schriftsatz aus dem Löschungsverfahren vorgelegt. Abgesehen davon, dass dieser auf umfangreiche Anlagen Bezug nimmt, die die Antragsgegnerin nicht beigebracht hat, konnte sich der Antragsteller auf diesen Schriftsatz ac hoc nicht einlassen. Ihm müsste Gelegenheit gegeben werden, den vorgelegten Schriftsatz nebst Anlagen auswerten und anschießend zu dem Stand der Umgangssprache zum Anmeldezeitpunkt vorzutragen. Das war jedenfalls in Anbetracht des Standes der Verfahrens nicht möglich.

III. Der Antrag ist aus Artt. 9 Abs. 2 lit. b und Abs. 3 lit. b und lit. e, 130 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 UMV begründet.

1. Nach Art. 9 Abs. 2 lit. b UMV kann der Inhaber einer Unionsmarke Dritten verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr ein Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, wenn das Zeichen mit der Unionsmarke identisch oder ihr ähnlich ist und für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die mit denjenigen identisch oder ihnen ähnlich sind, für die die Unionsmarke eingetragen ist, und für das Publikum die Gefahr einer Verwechslung besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

Ob diese Voraussetzungen vorliegen, beurteilt sich aus Sicht der Verkehrskreise, die durch die in Rede stehenden Zeichen angesprochen sind, mithin als Abnehmer der betroffenen Waren und Dienstleistungen, für die Markenschutz beansprucht oder die Marke genutzt wird, in Frage kommen (vgl. BGH, Urteil vom 17. November 2014 – I ZR 114/13 – PINAR [unter II 2 c aa]; EuGH, Urteil vom 26. April 2007 – C-412/05, P Alcon Inc./HABM [Rn. 55 f.]; Urteil vom 9. März 2006 – C-421/04, Matratzen Concord AG/Hukla Germany SA [Rn. 24]). Stehen – wie hier der Fall – (auch) für Verbraucher bestimmte Waren und Dienstleistungen in Rede, ist Beurteilungsgrundlage für das Vorliegen der markenrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen – insoweit gelten für die Prüfung der markenmäßigen Nutzung, der Kennzeichnungskraft, der Zeichenähnlichkeit und der Verwechslungsgefahr die ursprünglich zum Verbraucherschutzrecht entwickelten Grundsätze – die mutmaßliche Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen, dessen Aufmerksamkeit je nach Art der betroffenen Produkte unterschiedlich hoch sein kann (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Juni 1999 – C-342/97, Lloyd Schuhfabrik Meyer & Co. GmbH/Klijsen Handel BV. [Rn. 26 f.]; Urteil vom 12. Februar 2004 – C-218/01, Henkel KGaA [Rn. 50]; BGH, Urteil vom 13. Januar 2000 – I ZR 223/97 – ATTACHÉ/TISSERAND [unter II 2 d]; s.a. EuGH, Urteil vom 16. September 2015 – C-215/14, Société des Produits Nestlé SA ./. Cadbury UK Ltd – KitKat [Rn. 61]; BGH, Urteil vom 27. März 2013 – I ZR 100/11 – AMARULA/Marulablu [unter B VI 1 b bb (2)]; Urteil vom 17. Oktober 2018 – I ZR 136/17 – Tork [unter B II 3]). Dabei beruht der Begriff des Durchschnittsverbrauchers nicht auf statistischen, sondern auf normativen Maßstäben und bezeichnet einen fiktiven typischen Verbraucher, dessen mutmaßliche Reaktion von den Gerichten regelmäßig aufgrund eigener Sachkunde und Lebenserfahrung ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens oder einer Verbraucherbefragung unter Berücksichtigung sozialer, kultureller und sprachlicher Faktoren durch Anwendung speziellen Erfahrungswissens festzustellen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Juli 1998 – Rs. C-210/96, Gut Springenheide GmbH und Rudolf Tusky ./. Oberkreisdirektor des Kreises Steinfurt [Rn. 31 f., 35 f. und 37]; EuGH, Urteil vom 26. Oktober 2016 – Rs. C-611/14 Canal Digital Danmark A/S [Rn. 39 f.]; BGH, Urteil vom 2. Oktober 2003 – I ZR 150/01 – Marktführerschaft [unter II 2 a]; BGH, Urteil vom 13. September 2012 – I ZR 230/11 – Biomineralwasser [unter II 2 c aa und unter II 3 a aa]; BGH, Urteil vom 18. September 2014 – I ZR 34/12 [unter II 2]). Letzteres gilt grundsätzlich unabhängig davon, ob die entscheidenden Richter selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen zählen (vgl. BGH, Urteil vom 2. Oktober 2003 – I ZR 150/01 – Marktführerschaft [unter II 2 b]; Urteil vom 29. März 2007 – I ZR 122/04 – Bundesdruckerei [unter III 1]; Urteil vom 18. September 2014 – I ZR 34/12 [unter II 2]; Urteil vom 20. September 2018 – I ZR 71/17 – Industrienähmaschinen [unter B II 1 e dd (1)]).

2. Der Antragsteller ist Inhaber der im Tatbestand genannten Unionsmarke, von deren Rechtsbestand die Kammer – wie oben unter II 2 bereits erörtert – gemäß Art. 127 Abs. 1 UMV auszugehen hat. Die von der Antragsgegnerin angeregte Aussetzung des Verfügungsverfahrens bis zur Entscheidung über das Löschungsverfahren scheidet aus (vgl. KG, Beschluss vom 22. Juli 2019 – 2 W 1/19, NJW-RR 2019, 1344 [unter II 2]).

3. Eine Zustimmung zur Verwendung seiner Marke durch die Antragsgegnerin hat der Antragsteller nicht erteilt.

4. Die Antragsgegnerin hat – wie für die Annahme einer Markenrechtsverletzung erforderlich – die Wendung „Malle auf Schalke“ auf ihrer Internetpräsenz gleichen Namens im geschäftlichen Verkehr markenmäßig verwandt.

a) Eine Benutzung des angegriffenen Zeichens im geschäftlichen Verkehr liegt vor, wenn die Benutzung im Zusammenhang mit einer auf einen wirtschaftlichen Vorteil gerichteten kommerziellen Tätigkeit und nicht im privaten Bereich erfolgt, wobei es auf die erkennbar nach außen tretende Zielrichtung des Handelnden ankommt und im Interesse des Markenschutzes an dieses Merkmal keine hohen Anforderungen zu stellen sind (vgl. BGH, Urteil vom 28. April 2016 – I ZR 82/14 – profitbricks.es [unter B II 1 b aa]).

Ferner ist Voraussetzung einer Rechte des Markeninhabers beeinträchtigenden Zeichennutzung eine markenmäßige Verwendung der beanstandeten Bezeichnung oder – was dem entspricht – eine Verwendung als Marke, was voraussetzt, dass die beanstandete Bezeichnung im Rahmen des Produkt- oder Leistungsabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer dient, so dass die Rechte aus der Marke auf diejenigen Fälle beschränkt ist, in denen die Benutzung des Zeichens durch einen Dritten die Hauptfunktion der Marke, das heißt die Gewährleistung der Herkunft der Ware oder Dienstleistung gegenüber dem Verbraucher, beeinträchtigt oder immerhin beeinträchtigen könnte (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2019 – I ZR 195/17 – SAM [unter B II 3 a]; Urteil vom 15. Februar 2018 – I ZR 138/16 – ORTLIEB [unter C II 2 a]; Urteil vom 12. Januar 2017 – I ZR 253/14 – World of Warcraft II [unter B IV 2 b]).

Wie bereits unter III 1 angesprochen, beurteilt sich die Frage, ob ein Zeichen markenmäßig benutzt worden ist, nach dem Verständnis des angesprochenen Verkehrs, und damit nach der mutmaßlichen Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsmitgliedes der Verkehrskreise, die als Abnehmer oder Interessen der fraglichen Waren oder Dienstleistungen in Betracht kommen (vgl. BGH, Urteil vom 17. Oktober 2018 – I ZR 136/17 – Tork [unter B II 3]). Das Verkehrsverständnis wird einerseits von etwa vorhandenen branchenüblichen Bezeichnungen oder Kennzeichnungsgewohnheiten des maßgeblichen Waren- oder Dienstleistungssektors mitgeprägt (vgl. BGH, Urteil vom 17. Oktober 2018 – I ZR 136/17 – Tork [unter B II 3]; Urteil vom 5. Februar 2009 – I ZR 167/06 – METROBUS [unter B I 3 b aa (2)]; Urteil vom 14. Januar 2010 – I ZR 92/08 – DDR-Logo [unter II 1 c]; Urteil vom 10. November 2016 – I ZR 191/15 – Sierpinski-Dreieck [unter B I 1 b bb]) und andererseits durch die konkrete Aufmachung bestimmt, in der die angegriffene Bezeichnung dem Publikum entgegentritt (vgl. BGH, Urteil vom 3. November 2016 – I ZR 101/15 – MICRO COTTON [unter III 1 b bb]; Urteil vom 9. Februar 2012 – I ZR 100/10 – pjur/pure [unter II 2 a dd]). An einer kennzeichenmäßigen Verwendung einer Bezeichnung kann es fehlen, wenn sie vom Verkehr als beschreibende Angabe und nicht als Hinweis auf ein Unternehmen oder auf eine bestimmte betriebliche Herkunft der im Zusammenhang mit der Bezeichnung angebotenen Produkte verstanden wird (vgl. BGH, Urteil vom 13. März 2008 – I ZR 151/05 – Metrosex [unter II 2 a bb (1)]).

b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Antragsgegnerin die Wendung „Malle auf Schalke“ im geschäftlichen Verkehr markenmäßig benutzt.

aa) Die Bereitstellung ihrer Internetpräsenz zum Abruf stellt ein Handeln im geschäftlichen Verkehr dar. Die Antragsgegnerin nutzt die Internetpräsenz zur Bewerbung ihrer geschäftlichen Tätigkeit. Zwar mag die im oberen Bildteil erwähnte Party beendet sein, sie stellt aber eine Referenz für ihre Tätigkeit dar. Außerdem zeigte die Antragsgegnerin auf ihrer Seite ein Werbebanner, das mit der Party „Olé auf Schalke“ eine künftig stattfindende Veranstaltungen bewarb und auf weiterführende Webseiten verlinkt war. Damit förderte die Antragsgegnerin mit ihrer Internetseite kommerzielle Tätigkeit.

Der Umstand, dass die Antragsgegnerin die Internetpräsenz nach Aufgabe der Nutzung der Wendung „Malle auf Schalke“ infolge der Umbenennung der Party in „Olé auf Schalke“ im Jahr 2014 „vergessen“ haben mag, ist unerheblich. Bei der Bereitstellung des Seiteninhalts zum Abruf über das Internet handelt es sich rechtlich gesehen nicht lediglich um eine einmalige Handlung, die (nur) in der erstmaligen Einspielung des Seiteninhalts durch Hochladen auf dem Server bestünde, sondern um eine Dauerhandlung die darin besteht, den Seiteninhalt fortwährend zum jederzeitigen Abruf von dem Server bereitzuhalten.

bb) Außerdem sind die aufgezeigten Voraussetzungen einer markenmäßigen Benutzung erfüllt. Der Verkehr wird die Benutzung der Worte „Malle auf Schalke“ in der Webpräsenz der Antragsgegnerin zumindest auch als Unterscheidungszeichen für die beworbene Veranstaltung ansehen, was für die Annahme einer markenmäßigen Verwendung des Zeichens genügt.

Dem Verkehr ist bekannt, dass öffentliche Veranstaltungen teilweise unter Nennung rein beschreibender, auf ihr Motto bezogener Begriffe beworben werden (etwa als Karnevals Party, Christmas Party oder Beach Party), dass teilweise für öffentliche Partys gewählte Bezeichnungen aber auch herkunftshinweisende Funktion haben, indem sie Bezüge zu dem Veranstalter, einem Lizenzgeber oder einer Veranstaltungsreihe herstellen (vgl. OLG München, Urteil vom 27. September 2018 – 6 U 1304/18, GRUR-RR 2019, 12 [unter A 2 a bb]).

Die Wendung „Malle auf Schalke“ wird der angesprochene Verkehr in der bildlichen Darstellung im oberen Bereich der Internetseite der Antragsgegnerin trotz der durch sie geweckten Assoziationen mutmaßlich nicht als rein beschreibende Angabe wahrnehmen, sondern ihr auch eine herkunftshinweise Funktion beimessen. So ist der Slogan „Malle auf Schalke“ nach Art einer Marke prominent aufgemacht und hervorgehoben dargestellt, wobei das Wort „Malle“ zweifarbig rot-gelb ausgeführt ist und sich von dem blauen „auf Schalke“ abhebt. Zu dieser für Markennennungen typischen blickfangmäßigen Herausstellung der Wortfolge „Malle auf Schalke“ tritt der Kontext, in den sie gestellt ist. Etwas oberhalb von ihr bindet sich – teilweise überschrieben von der Datumsangabe – der Schriftzug „Sommer adé – Party olé“, der aufgrund seiner deutlich kleineren Darstellung und seiner Länge eher als rein beschreibende Angabe eingeordnet werden wird. Genannt sind in der bildlichen Darstellung außerdem zwei Werbepartner sowie – direkt unterhalb des Bildes – drei Getränkehersteller als „Gastro-Partner“. Eine Angabe zum Veranstalter findet sich hingegen nicht. Unter diesen Umständen liegt es nahe, dem prominenten Schriftzug „Malle auf Schalke“ im Unterschied zu der kleineren Erläuterung „Sommer adé – Party olé“ und in Ermangelung sonstiger eindeutiger Herkunftshinweise eine nicht lediglich rein beschreibende Bedeutung beizumessen.

5. Zwischen den einander gegenüber stehenden Zeichen des Antragstellers und dem angegriffenen Zeichen der Antragsgegnerin besteht Verwechslungsgefahr.

a) Die Frage, ob die von Art. 9 Abs. 2 lit. b UMV geforderte markenrechtliche Verwechslungsgefahr vorliegt, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, wobei zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren – insbesondere der Identität oder der Ähnlichkeit der Zeichen einerseits und der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen andererseits sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke – eine Wechselwirkung besteht, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt; abzustellen ist auf den Gesamteindruck der Zeichen aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise, wobei insbesondere die unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind und davon auszugehen ist, dass der Durchschnittsverbraucher sich regelmäßig auf das unvollkommene Bild verlassen muss, das er von den verschiedenen Marken im Gedächtnis behalten hat, und er eine Marke normalerweise als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Juni 1999 – C-342/97, Lloyd Schuhfabrik Meyer & Co. GmbH/Klijsen Handel BV. [Rn. 25 ff.]; Urteil vom 11. November 1997 – C-251/95 – Sabèl BV / Puma AG und Rudolf Dassler Sport [Rn. 22 ff.]; BGH, Urteil vom 9. November 2017 – I ZR 110/16 – form-strip II [unter II 2 c bb]; Urteil vom 24. Februar 2011 – I ZR 154/09 – Enzymax/Enzymix [unter II]). Letzteres verbietet regelmäßig eine zergliedernde und analysierende Betrachtung eines Zeichens, schließt es aber nicht aus, zunächst seine einzelnen Elemente nacheinander zu prüfen um anschließend den durch sie hervorgerufenen Gesamteindruck zu untersuchen (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 2017 – I ZR 30/16 – Medicon-Apotheke/MediCo Apotheke [unter B I 2 c cc (1)]; Urteil vom 28. April 2016 – I ZR 254/14 – Kinderstube [unter B III 4 b bb (1)]).

b) In Rede stehen identische Dienstleistungen, nämlich Unterhaltungsveranstaltungen. Für solche beansprucht die Unionsmarke des Antragstellers Schutz und für den Vertrieb solcher Waren hat die Antragsgegnerin das angegriffene Zeichen genutzt.

c) Die Unionsmarke des Antragstellers verfügt aufgrund ihrer Eintragung jedenfalls über geringe Kennzeichnungskraft.

d) Zwischen der Marke des Antragstellers und dem von der Antragsgegnerin verwendeten Zeichen besteht Zeichenähnlichkeit.

aa) Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist auf den jeweiligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen abzustellen, der bei mehrgliedrigen Zeichen durch einzelne Bestandteile geprägt sein kann, was allerdings erfordert, dass die anderen Bestandteile weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck des Zeichens nicht mitbestimmen (vgl. BGH, Urteil vom 22. April 2004 – I ZR 189/01 – URLAUB DIREKT [unter II 2 c]). So sind etwa rein beschreibende Zusätze, die auf den Gesamteindruck keinen Einfluss haben, für den Zeichenvergleich nicht maßgeblich (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2019 – I ZR 195/17 – SAM [unter B II 2 e cc]). Weil Zeichen auf die angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken können, ist die Frage der Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen grundsätzlich nach deren Ähnlichkeit im Klang, im (Schrift-)Bild und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, wobei für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit in der Regel bereits die Ähnlichkeit in einem dieser Wahrnehmungsbereiche ausreicht, doch kann ein abweichender Sinngehalt – sofern er klar erkennbar und eindeutig ist – eine bildliche und/oder klangliche Zeichenähnlichkeit neutralisieren (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 2017 – I ZR 30/16 – Medicon-Apotheke/MediCo Apotheke [unter B I 2 d bb]).

Das Kriterium der Zeichenidentität ist restriktiv auszulegen und setzt grundsätzlich eine vollständige Übereinstimmung der kollidierenden Zeichen voraus; unschädlich sind jedoch so geringfügige Unterschiede zwischen den Zeichen, dass sie einem Durchschnittsverbraucher entgehen können, weshalb der Identitätsbereich regelmäßig noch nicht verlassen ist, wenn sich die Unterschiede der zu vergleichenden Zeichen auf die Groß- oder Kleinschreibung einer Buchstabenfolge beschränken (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2019 – I ZR 195/17 – SAM [unter B II 2 e aa]). Auch bei Prüfung der Zeichenidentität sind deutlich abgesetzte oder rein beschreibende Zusätze, die vollständig hinter dem Zeichen zurücktreten und auf den Gesamteindruck keinen Einfluss haben, für den Zeichenvergleich nicht maßgeblich (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2019 – I ZR 195/17 – SAM [unter B II 2 e cc]).

bb) Hier stehen sich die Wortmarke „MALLE“ des Antragstellers und das angegriffene Zeichen „Malle auf Schalke“ der Antragsgegnerin gegenüber.

Zwischen beiden Zeichen besteht jedenfalls eine starke schriftbildliche, klangliche und begriffliche Ähnlichkeit. Die Worte „auf Schalke“ in dem angegriffenen Zeichen der Antragsgegnerin tritt im Gesamteindruck hinter dem ersten Wort „Malle“ zurück. Dies gilt schon optisch aufgrund der kleineren Schriftgröße des Wortes „auf“ und der für beide Worte gewählten und angesichts des blauen Untergrundes unauffälligen Farbe Blau. Außerdem wird sie der Verkehr rein beschreibend verstehen, da die Party in der Veltins-Arena in Gelsenkirchen – dem Stadion des Vereins Schalke 04 – durchgeführt wurde und die Bezeichnung „auf Schalke“ dem Verkehr als (Ort-)Bezeichnung dieses Stadions bekannt ist.

Mithin sind zwei Zeichen zu vergleichen, die entweder nur aus dem Wort „MALLE“ bestehen oder deren Gesamteindruck durch das Wort „Malle“ geprägt wird. Daraus ergibt sich zumindest eine hohe Zeichenähnlichkeit. Ob nach den aufgezeigten Kriterien sogar Zeichenidentität vorliegt, kann offenbleiben.

e) In der Gesamtbetrachtung liegt trotz zugunsten der Antragsgegnerin unterstellter nur geringer Kennzeichnungskraft der Marke des Antragstellers angesichts gegebener Dienstleistungsidentität und und hoher Zeichenähnlichkeit Verwechslungsgefahr vor.

6. Der Anspruch des Antragstellers ist nicht verjährt. Eine Verjährung scheidet schon deshalb aus, weil es sich – wie oben unter III 4 b aa bereits ausgeführt – bei der fortlaufenden Bereitstellung des Seiteninhalts zum Abruf im Internet um eine Dauerhandlung handelt.

IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Ein Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ist entbehrlich, da sich die Vollstreckbarkeit eines Urteils, mit dem eine einstweilige Verfügung bestätigt wird, bereits aus der Natur des auf sofortige Vollziehung ausgerichteten einstweiligen Rechtsschutzes (vgl. §§ 936, 929 ZPO) ergibt.

Streitwert: € 80.000




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