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Wir wünschen einen guten Rutsch sowie ein gutes, gesundes und erfolgreiches Jahr 2026 - Anke Norda und Marcus Beckmann - Beckmann und Norda - Rechtsanwälte

Wir wünschen einen guten Rutsch sowie ein gutes, gesundes und erfolgreiches Jahr 2026 !

Anke Norda und Marcus Beckmann

BGH: Personenbezogene Daten im Sinne von Art. 15 Abs. 1 DSGVO und Art. 4 Nr. 1 DSGVO liegen nur vor wenn sie mit einer bestimmten Person verknüpft sind

BGH
Urteil vom 18.11.2025
I ZR 115/25
DSGVO Art. 4 Nr. 1, Art. 15 Abs. 1 und 3


Der BGH hat entschieden, dass personenbezogene Daten im Sinne von Art. 15 Abs. 1 DSGVO und Art. 4 Nr. 1 DSGVO nur dann vorliegen, wenn sie mit einer bestimmten Person verknüpft sind. Es reicht nicht aus, wenn allgmeine Informationen Auswirkungen auf eine Person haben.

Leitsatz des BGH:
Informationen zum Beitragsverlauf eines privaten Krankenversicherungsvertrags (nämlich zu Zeitpunkt und Höhe des Alt- und Neubeitrags für jede stattgefundene Beitragsanpassung, zum Zeitpunkt erfolgter Tarifwechsel unter Angabe des Herkunftsund Zieltarifs und zum Zeitpunkt erfolgter Tarifbeendigungen) stellen nur dann personenbezogene Daten im Sinne von Art. 15 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 4 Nr. 1 DSGVO dar, wenn sie mit einer bestimmten Person verknüpft sind, die Person also auf Grundlage der Informationen identifiziert ist oder (direkt oder indirekt) identifiziert werden kann (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Oktober 2016 - C-582/14, NJW 2016, 3579 [juris Rn. 47 bis 49] - Breyer; Urteil vom 7. März 2024 - C-604/22, EuGRZ 2024, 111 [juris Rn. 37 bis 39] - IAB Europe/Gegevensbeschermingsautoriteit). Dass eine Information einen Sachverhalt betrifft, der Auswirkungen auf eine bestimmte Person hat, reicht für die Annahme eines personenbezogenen Datums allein nicht aus.

BGH, Urteil vom 18. Dezember 2025 - I ZR 115/25 - LG Leipzig - AG Borna

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Wir wünschen frohe Weihnachten und schöne Feiertage ! Anke Norda und Marcus Beckmann - Beckmann und Norda Rechtsanwälte


Wir wünschen frohe Weihnachten und schöne Feiertage !

Anke Norda und Marcus Beckmann

Beckmann und Norda Rechtsanwälte

BFH: Finanzgerichtliche Klage auf Schadensersatz aus Art. 82 DSGVO nur zulässig wenn der Anspruch zuvor von der Finanzbehörde abgelehnt wurde

BFH
Beschluss vom 15.09.2025
IX R 11/23


Der BFH hat entschieden, dass eine finanzgerichtliche Klage auf Schadensersatz aus Art. 82 DSGVO nur zulässig ist, wenn der Anspruch zuvor von der Finanzbehörde abgelehnt wurde.

Leitsatz des BFH:
Die (finanzgerichtliche) Klage auf Schadenersatz nach Art. 82 der Datenschutz-Grundverordnung ist unzulässig, wenn es an einer vorherigen Ablehnung des Anspruchs seitens der Finanzbehörde und damit an einer für die Klageerhebung notwendigen Beschwer fehlt.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BMJV: Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer IP-Adressspeicherung und Weiterentwicklung der Befugnisse zur Datenerhebung im Strafverfahren

Das BMJV hat den Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer IP-Adressspeicherung und Weiterentwicklung der Befugnisse zur Datenerhebung im Strafverfahren vorgelegt.

Aus dem Entwurf:
A. Problem und Ziel
Straftaten weisen häufig digitale Bezüge auf, zum Beispiel bei der Kommunikation von Tatverdächtigen über Messengerdienste, der Verbreitung von Kinderpornographie, bei kriminellen Handelsplattformen, die Betäubungsmittel oder Cybercrime-as-a-Service (CaaS) anbieten, sowie bei echt wirkenden Onlineshops, die Waren verkaufen, die gar nicht existieren (sogenannte Fakeshops). Die Täter hinterlassen dabei digitale Spuren, zum Beispiel die von ihnen verwendete Internetprotokoll-Adresse (IP-Adresse). Diese Spuren sind nicht selten flüchtig, da die Internetzugangsdiensteanbieter die IP-Adressen – wenn überhaupt – nur wenige Tage speichern. Eine Abfrage der Strafverfolgungsbehörden und Polizeibehörden bei den Internetzugangsdiensteanbietern hat deshalb nur dann Erfolg, wenn die abgefragten Daten noch gespeichert sind. Ferner ist nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs eine Funkzellenabfrage nicht mehr bei Straftaten von erheblicher Bedeutung möglich. Ziel des Entwurfs ist, die Erfolgsaussichten der Abfragen der Strafverfolgungsbehörden und Polizeibehörden zu verbessern und der Strafverfolgungspraxis die Funkzellenabfrage im Umfang wie vor der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu ermöglichen.

B. Lösung Es wird erstens eine Pflicht zur Speicherung von IP-Adressen eingeführt, um den Strafverfolgungsbehörden und Polizeibehörden die zuverlässige Identifikation eines Anschlussinhabers anhand einer IP-Adresse zu ermöglichen. Die Behörden können damit ein Instrument nutzen, das es ihnen erlaubt, dem häufig einzigen, aber nahezu immer effizientesten Ermittlungsansatz zu folgen. Zweitens wird im Bereich der Strafverfolgung für Verkehrsdaten das Instrument der Sicherungsanordnung geschaffen. Damit können die Strafverfolgungsbehörden die Sicherung von Verkehrsdaten veranlassen, sofern und solange die rechtlichen oder tatsächlichen Voraussetzungen einer Datenerhebung noch nicht vorliegen. Für den Bereich der Gefahrenabwehr sieht der Entwurf eine entsprechende Befugnis für das Bundeskriminalamt vor. Drittens wird der Strafverfolgungspraxis wieder ermöglicht, bei Straftaten von erheblicher Bedeutung, insbesondere solchen nach § 100a Absatz 2 der Strafprozessordnung, eine Funkzellenabfrage durchzuführen.


Den vollständigen Entwurf finden Sie hier:


OLG Frankfurt: Zur Abgrenzung von zulässiger und unzulässiger Bildbericherstattung in der Presse über Prominente - Tankstellenfoto und Balkonfoto von Boris Becker mit Ehefrau

OLG Frankfurt
Urteil vom 06.11.2025
16 U 156/24


Das OLG Frankfurt hat sich in diesem Rechsstreit mit der Abgrenzung von zulässiger und unzulässiger Bildbericherstattung in der Presse über Prominente befasst (vorliegend: Tankstellenfoto und Balkonfoto von Boris Becker mit Ehefrau).

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Bildberichterstattung - Veröffentlichung von Fotos

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute veröffentlichter Entscheidung anhand von zwei angegriffenen Bildern einer Berichterstattung über den Urlaub des ehemaligen Profi-Tennisspielers Boris Becker und seiner Ehefrau die Grenzen zwischen noch zulässiger, die Privatsphäre berührender Bebilderungen, und unzulässiger Bebilderungen herausgestellt.

Die klagende Ehefrau des ehemaligen Profi-Tennisspielers Boris Becker wendet sich gegen Bildberichterstattung der beklagten bundesweiten Tageszeitung im Sommer 2023. Gegenstand ist zum einen ein Foto, welches die Klägerin und Boris Becker auf dem Balkon ihres Hotels im Urlaub in Italien zeigt, zum anderen ein Bild des Ehepaars beim Tanken an einer Tankstelle in Italien. Das Landgericht hatte die Beklagte antragsgemäß verurteilt, die Veröffentlichung beider Bilder zu unterlassen. Die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten hatte vor dem zuständigen 16. Zivilsenat des OLG (Pressesenat) hinsichtlich des sog. Tankstellenfotos Erfolg.

Zutreffend habe das Landgericht die Veröffentlichung des Fotos der Klägerin und Boris Becker auf dem Balkon ihres Hotels untersagt, führte der Senat aus. Das Foto diene nicht der Bebilderung von Berichterstattung über ein Ereignis der Zeitgeschichte. Der Presseartikel befasse sich zwar mit dem Hotel, dessen Preisen und Essen und betone die auf dem Bild ersichtliche „Rauchpause“ des Paares. Zwar dürfte sich das Interesse eines nicht unerheblichen Teils der Öffentlichkeit auf den im Bericht „angedeuteten (vermeintlichen) Kontrast zwischen dem Insolvenzverfahren von Boris Becker einerseits und dem „Luxus-Urlaub“ des Paares andererseits erstrecken“, erläuterte der Senat. Dies erfasse aber bereits nicht die Klägerin als Ehefrau von Boris Becker. Zu bewerten sei zudem, dass die Bildberichterstattung ihre Privatsphäre betreffe. Das Foto zeige die Klägerin in einem Erholungsurlaub und dabei in einer Situation, „in der die Klägerin nach den Umständen typischerweise die berechtigte Erwartung haben durfte, nicht in den Medien abgebildet zu werden“. Unabhängig von der Frage der Einsehbarkeit des Balkons habe sie die berechtigte Erwartung haben dürfen, in diesem Moment der Entspannung außerhalb der Pflichten des Berufs und Alltags nicht fotografiert zu werden. Sie habe den zum Hotelzimmer gehörenden Balkon mit einem Bademantel bekleidet aufgesucht, um dort mit ihrem Partner zu verweilen. Es handele sich ersichtlich um eine private Situation.

Zu Unrecht habe das Landgericht dagegen auch das sog. Tankstellenfoto untersagt. Hier handele es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte. Gezeigt werde eine alltägliche Situation im Urlaub. Es zeige die Klägerin im öffentlichen Raum und zudem in einer weniger privaten Situation als im Bademantel auf dem Balkon. Soweit das Foto dennoch in den Randbereich ihrer Privatsphäre eingreife, sei zu berücksichtigen, dass die zugrundeliegende Wortberichterstattung einen Beitrag zu einer Diskussion allgemeinen Interesses leiste. Der Bericht befasse sich mit dem Kontrast zwischen dem Insolvenzverfahren von Boris Becker und dem luxuriösen Lebensstil des Paares. Das Foto, auf dem auch ein Porsche Cayenne zu sehen sei, mache dies sichtbar und diene zugleich als Beleg. Damit sei es kontextgerecht.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde können beide Parteien die Zulassung der Revision beim BGH begehren.

Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 6.11.2025, Az. 16 U 156/24
(vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 17.10.2024, Az. 2-03 O 651/23)



OVG Schleswig-Holstein: Facebook / Meta verstößt voraussichtlich gegen Transparenzpflichten nach § 93 Medienstaatsvertrag

OVG Schleswig-Holstein
Beschluss vom 18.12.2025
6 MB 24/25


Das OVG Schleswig-Holstein hat in einem Eilverfahren entschieden, dass Facebook / Meta voraussichtlich gegen die Transparenzpflichten nach § 93 Medienstaatsvertrag (MStV) verstößt.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Beschwerde zurückgewiesen – Meta muss Facebook vorerst transparenter machen

Der 6. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat am Donnerstag (18. Dezember 2025) in einem Eilverfahren die Beschwerde von Meta Platforms Ireland Limited gegen einen Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts zurückgewiesen (Az. 6 MB 24/25). Darin ging es um die Frage, ob die Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein einen Verstoß gegen sogenannte Transparenzpflichten durch den Dienst „Facebook“ feststellen und vorerst deren Einhaltung fordern darf.

Die im Medienstaatsvertrag der Länder vorgeschriebenen Transparenzinformationen sichern die Meinungsvielfalt. Sie sollen den Nutzerinnen und Nutzern von Angeboten wie „Facebook“ in Grundzügen erklären, wie Inhalte zusammengestellt werden. Dies basiert zumeist auf Algorithmen. So sollen Nutzende sensibilisiert werden.

Das Gericht hat in seinem ausführlich begründeten Beschluss für einen Verstoß gegen diese Transparenzpflichten gewichtige Indizien gesehen. So seien die zum Zeitpunkt der Beanstandung auf der „Facebook“-Seite abrufbaren Transparenzinformationen weder leicht wahrnehmbar noch unmittelbar erreichbar gewesen. Dies betraf zum Beispiel das „Transparency Center“. Auch die unter der Funktion „Warum sehe ich diesen Beitrag?“ abgelegten Transparenzinformationen seien weder unmittelbar erreichbar noch ständig verfügbar gewesen, denn diese Funktion sei auf die App-Anwendung beschränkt. Außerdem sei die inhaltliche Ausgestaltung der Funktion als oberflächlich und phrasenhaft zu beschreiben.

Besonders schwierig waren allerdings die europarechtlichen Fragestellungen. Meta hatte argumentiert, dass die im Streit stehende Regelung im Medienstaatsvertrag gegen Europarecht verstoße und daher gar nicht anwendbar sei. Konkret macht Meta Verstöße gegen die E‑Commerce-Richtlinie, den Digital Services Act und die Platform-to-Business-Verordnung geltend. Dem ist das Gericht im Ergebnis nicht gefolgt. Zwar hat es ausführlich begründet, dass die Frage, ob § 93 des Medienstaatsvertrages mit Europarecht vereinbar ist, eine „höchst umstrittene und hier entscheidungserhebliche Rechtsfrage“ darstellt. Es hat die Klärung dieser Frage aber dem gerichtlichen Hauptsacheverfahren überlassen. Nur von dort aus könne eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof erfolgen. Im Eilverfahren hat das Gericht stattdessen eine so genannte Folgenabwägung vorgenommen, die wie schon beim Verwaltungsgericht zulasten von Meta ausgegangen ist.

Hierbei hat es vor allem berücksichtigt, dass Diensten wie „Facebook“ bei der Bereitstellung von Inhalten im Internet immer mehr eine zentrale Rolle als sogenannte „Gatekeeper“ zukomme. Vor allem durch Angebote, wie dem „Facebook Newsfeed“, sei das soziale Netzwerk für die öffentliche Meinungsbildung wichtig. Der steigende Einfluss sei dabei im Wesentlichen auf das werbefinanzierte Geschäftsmodell zurückzuführen, das auf eine möglichst schnell wachsende Nutzerreichweite angewiesen sei. Aufgrund der bei der Inhaltsauswahl verwendeten Algorithmen seien die Transparenzziele besonders wichtig, um der Gefahr verengender und verzerrender Inhaltsauswahl zu begegnen, etwa infolge sogenannter „Filterblasen“ und „Echokammern“. Im Eilverfahren hat das Gericht dieses öffentliche Interesse höher als die wirtschaftlichen Interessen von Meta gewichtet.

Das darüber hinaus erforderliche besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung ergebe sich aus der herausragenden Bedeutung von „Facebook“ und dessen Reichweite am Markt.



EuGH: Informationspflichten nach der DSGVO beim Einsatz von Bodycams im Zusammenhang mit Fahrscheinkontrollen

EuGH
Urteil vom 18.12.2025
C-422/24
Storstockholms Lokaltrafik


Der EuGH hat sich vorliegend mit den Informationspflichten nach der DSGVO beim Einsatz von Bodycams im Zusammenhang mit Fahrscheinkontrollen befasst.

Die Pressemitteilung des EuGH:
DSGVO: Beim Einsatz einer Körperkamera anlässlich der Fahrscheinkontrolle müssen dem betroffenen Fahrgast bestimmte Informationen unmittelbar zur Verfügung gestellt werden

Die wichtigsten Informationen können auf einem Hinweisschild angezeigt werden, während die weiteren an einem leicht zugänglichen Ort zur Verfügung gestellt werden könne.

Ein öffentlicher Verkehrsbetrieb in Stockholm (Schweden) stattet seine Fahrkartenkontrolleure mit Körperkameras aus, um anlässlich der Fahrkartenkontrollen die Fahrgäste zu filmen.

Die schwedische Datenschutzbehörde verhängte gegen dieses Unternehmen wegen Verstößen gegen mehrere Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)1 eine Geldbuße. Unter anderem ist sie der Auffassung, dass der Einsatz von Körperkameras die Erhebung personenbezogener Daten unmittelbar bei den gefilmten Personen, die hierüber nur mangelhaft unterrichtet worden seien, ermöglicht habe.

Das Unternehmen bestreitet eine Verletzung der Informationspflicht. Die personenbezogenen Daten seien indirekt erhoben worden, und bei einer solchen Art der Erhebung würden Zeitpunkt und Umfang dieser Verpflichtung anders definiert, so dass die Geldbuße ungerechtfertigt sei.

Das mit diesem Rechtsstreit befasste schwedische Gericht hat den Gerichtshof um Auslegung der DSGVO ersucht.

Nach Auffassung des Gerichtshofs müssen betroffene Personen bestimmte Informationen unmittelbar erhalten, da die mit Körperkameras erlangten Daten unmittelbar4 bei diesen Personen erhoben werden.

Die Einstufung einer Datenerhebung als „unmittelbar“ setzt nämlich weder voraus, dass die betroffene Person Daten wissentlich zur Verfügung stellt, noch bedarf es einer besonderen Handlung dieser Person. Daten, die bei der Beobachtung der Person, die die Quelle dieser Daten ist, gewonnen wurden, werden daher als unmittelbar bei dieser Person erhoben angesehen.

Die zweite Fallgestaltung, in der Daten indirekt erhoben werden, findet Anwendung, wenn der Verantwortliche keinen direkten Kontakt zur betroffenen Person hat und die Daten aus einer anderen Quelle erhält.

Werden die Daten unmittelbar bei der betroffenen Person erhoben, können die Informationspflichten im Rahmen eines mehrstufigen Verfahrens erfüllt werden. Die wichtigsten Informationen können auf einem Hinweisschild angezeigt werden. Die weiteren obligatorischen Informationen können der betroffenen Person in geeigneter und vollständiger Weise an einem leicht zugänglichen Ort zur Verfügung gestellt werden.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Es bleibt dabei - EncroChat-Daten sind ein zulässiges Beweismittel im Strafverfahren und unterliegen keinem Beweisverwertungsverbot

BGH
Urteil vom 17.12.2025
5 StR 413/25


Das BGH hat seine bisherige Rechtsprechung bestätigt und erneut entschieden, dass EncroChat-Daten ein zulässiges Beweismittel im Strafverfahren sind und keinem Beweisverwertungsverbot unterliegen.

Die Pressemitteilung des BGH:
Freispruch in Berliner Encrochat-Verfahren aufgehoben

Der in Leipzig ansässige 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die Revision der Staatsanwaltschaft ein Urteil des Landgerichts Berlin I vom 19. Dezember 2024 aufgehoben, soweit der Angeklagte vom Vorwurf des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen und des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vierzehn Fällen aus tatsächlichen Gründen freigesprochen worden ist. Im Übrigen hat er das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft verworfen.

Den Freispruch betreffend hat die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten zur Last gelegt, in der Zeit von Anfang April bis Ende Mai 2020 in drei Fällen jeweils mehrere hundert Gramm Kokain besessen und in vierzehn Fällen mit Kokain und Marihuana im Umfang von einem bis zu hundert Kilogramm Handel getrieben zu haben. Das Landgericht hat sich nicht von den Tatvorwürfen zu überzeugen vermocht. Zwar habe der einschlägig vorbestrafte Angeklagte im Tatzeitraum ein Encrochatgerät verwendet und hierüber mit verschiedenen Personen über den An- und Verkauf sowie den Konsum von Kokain und Cannabis kommuniziert. Es hat sich aber außerstande gesehen, Feststellungen zu den konkreten Tatvorwürfen zu treffen, weil die von französischen Behörden aufgrund richterlicher Anordnungen gewonnenen und auf der Grundlage von Europäischen Ermittlungsanordnungen nach Deutschland übermittelten Encrochatdaten einem Beweisverwertungsverbot unterlägen.

Der Bundesgerichtshof hat das Urteil insoweit auf die Sachrüge aufgehoben, weil das Landgericht den rechtlichen Anforderungen an die Beweiswürdigung nicht genügt hat. Insbesondere hat es die Angaben des Angeklagten im Rahmen einer Haftprüfung, er habe die der Anklage zugrundeliegenden Textnachrichten verfasst, mit spekulativen Erwägungen als unglaubhaft bewertet. Auf die Frage der Verwertbarkeit der Encrochatdaten kam es daher für die Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht mehr an. Der 5. Strafsenat hat indes klargestellt, dass ihm die Erwägungen des Landgerichts keinen Anlass gegeben haben, von seinen die Verwertbarkeit von Encrochatdaten bejahenden Entscheidungen abzuweichen, die er unter Beachtung der insofern vom Bundesverfassungsgericht und Europäischen Gerichtshof aufgestellten Maßstäbe getroffen hat. Es wird nun eine andere Strafkammer des Landgerichts erneut über die Tatvorwürfe verhandeln und entscheiden müssen.

Die weitergehende Revision der Staatsanwaltschaft hat der Bundesgerichthof als unbegründet verworfen. Sie betraf die Verurteilung des Angeklagten wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Besitz von insgesamt mehr als sechzig Gramm Cannabis (Tatzeit: März 2022) zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten. Die Staatsanwaltschaft hat mit ihrer Revision lediglich die Verhängung einer höheren Strafe erstrebt. Insoweit hat die rechtliche Nachprüfung des Urteils weder Rechtsfehler zugunsten noch zulasten des Angeklagten ergeben. In diesem Umfang ist das Urteil rechtskräftig.

Vorinstanz:
Landgericht Berlin I - Urteil vom 19. Dezember 2024 - 525 KLs 8/22 279 Js 30/22



BGH: Schufa muss erledigte Zahlungsstörungen nicht unverzüglich löschen - kürzere Speicherdauer bei besonderem Löschungsinteresse des Betroffenen

BGH
Urteil vom 18.12.2025
I ZR 97/25


Der BGH hat entschieden, dass Wirtschaftsauskunfteien wie die Schufa erledigte Zahlungsstörungen nicht unverzüglich löschen müssen. Ein Anspruch auf vorzeitige Löschung kann aber bei einem besonderem Löschungsinteresse des Betroffenen bestehen.

Die Pressemitteilung des BGH:
Von Vertragspartnern einer Wirtschaftsauskunftei eingemeldete Daten über Zahlungsstörungen müssen
nicht sofort nach dem Forderungsausgleich gelöscht werden

Die längstmögliche Speicherungsdauer von Daten über Zahlungsstörungen, die private Wirtschaftsauskunfteien durch Einmeldungen ihrer Vertragspartner sammeln, wird nicht durch die Löschungsfrist von Eintragungen anderer Art über die jeweilige Forderung im öffentlichen Register vorgegeben. Daher müssen solche Daten nicht - wie für die im öffentlichen Schuldnerverzeichnis gespeicherten Daten vorgesehen - sofort mit dem Nachweis des Ausgleichs der betreffenden Forderung gelöscht werden. Das hat der unter anderem für Rechtsstreitigkeiten aus dem Datenschutzrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs heute entschieden und eine Abgrenzung zu einem vom Gerichtshof der Europäischen Union entschiedenen Fall der Übernahme von Daten aus einem öffentlichen Register vorgenommen. Für die Festlegung der Speicherungsdauer bei nicht aus einem öffentlichen Register übernommenen Daten können von der Aufsichtsbehörde genehmigte Verhaltensregeln herangezogen werden, soweit sie typisiert zu einem angemessenen Interessenausgleich führen und die Besonderheiten des Einzelfalls bei der konkret vorzunehmenden Interessenabwägung hinreichend berücksichtigt werden.

Sachverhalt:

Die beklagte SCHUFA Holding AG betreibt eine Wirtschaftsauskunftei. Sie bewertet die Gefahr eines Zahlungsausfalls der von ihr erfassten natürlichen Personen mit einem Scorewert und gewährt der kreditgebenden Wirtschaft gegen Entgelt Einsicht in ihre Datenbanken. Unter anderem speichert die Beklagte auch Daten zu erledigten Forderungen ihrer Einmelder automatisiert ab.

Die Beklagte speicherte drei gegen den Kläger gerichtete Forderungen für die Dauer von mehreren Jahren nach dem Ausgleich dieser Forderungen. Auf dieser Grundlage ermittelte die Beklagte für den Kläger einen Score-Wert, der die Gefahr eines Zahlungsausfalls als "sehr kritisch" einstufte.

Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte habe mit dieser Datenspeicherung gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verstoßen. Hinsichtlich der Löschungsansprüche haben die Parteien den Rechtsstreit nach der zwischenzeitlich erfolgten Datenlöschung durch die Beklagte für erledigt erklärt. Der Kläger nimmt die Beklagte weiterhin auf Zahlung eines immateriellen Schadensersatzes sowie auf Erstattung von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Anspruch.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat das landgerichtliche Urteil teilweise abgeändert und die Beklagte zur Zahlung von 1.040,50 € nebst Zinsen verurteilt.

Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Wirtschaftsauskunfteien wie die der Beklagten werden zur Wahrung von berechtigten Interessen im Sinn von Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f DSGVO tätig. Dem stehen gewichtige Interessen einer von dieser Datenspeicherung betroffenen Person wie dem Kläger gegenüber.

In seinem Urteil "SCHUFA Holding (Restschuldbefreiung)" vom 7. Dezember 2023 - C- 26/22 und C-64/22 - hat der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden, dass Art. 5 Abs. 1 Buchst. a DSGVO in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f DSGVO einer Praxis privater Wirtschaftsauskunfteien entgegensteht, die darin besteht, in ihren eigenen Datenbanken aus einem öffentlichen Register stammende Informationen über die Erteilung einer Restschuldbefreiung zugunsten natürlicher Personen zum Zweck der Lieferung von Auskünften über die Kreditwürdigkeit dieser Personen für einen Zeitraum zu speichern, der über die Speicherdauer der Daten im öffentlichen Register hinausgeht.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts folgt daraus nicht, dass bei Daten über Zahlungsstörungen, die private Wirtschaftsauskunfteien aufgrund von Einmeldungen ihrer Vertragspartner speichern, um sie zur Grundlage von Bonitätsbeurteilungen zu machen, die längstmögliche Speicherungsdauer durch die Löschungsfrist von Eintragungen anderer Art über die jeweilige Forderung im öffentlichen Register - hier im Schuldnerverzeichnis - vorgegeben wird. Die Regelung des § 882e Abs. 3 Nr. 1 ZPO, die bei Nachweis der vollständigen Befriedigung des Gläubigers eine sofortige Löschung von Einträgen im Schuldnerverzeichnis (zu deren Inhalt vgl. § 882b Abs. 2 und 3 ZPO) anordnet, ist nicht auf die Speicherung anderer Daten über Zahlungsstörungen natürlicher Personen (wie Informationen über Gläubiger, Höhe und Inhalt der zugrundeliegenden Forderungen) durch Wirtschaftsauskunfteien anzuwenden. Die vorliegend in Rede stehende Datenspeicherung der Beklagten unterscheidet sich bereits dadurch wesentlich von derjenigen im Vorlageverfahren an den Gerichtshof der Europäischen Union, dass die Beklagte dort Daten aus dem öffentlichen Register - den Insolvenzbekanntmachungen - übernommen und parallel gespeichert hatte, während sie hier nicht auf Daten aus dem Schuldnerverzeichnis zurückgegriffen, sondern von ihren Vertragspartnern gemeldete Daten über Zahlungsstörungen gespeichert hat. Die Erwägung, dass die für die ursprüngliche Datenspeicherung geltende Löschungsfrist nicht durch eine längere Speicherung an anderer Stelle konterkariert werden soll, greift daher im Streitfall nicht.

Für das wiedereröffnete Berufungsverfahren weist der Senat darauf hin, dass es ihm möglich erscheint, bestimmte Speicherungsfristen als Ergebnis einer typisierten Abwägung festzulegen, soweit dabei die Besonderheiten des Einzelfalls hinreichend berücksichtigt werden. Die vom Hessischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit zum 1. Januar 2025 genehmigte Ziffer IV.1. Buchst. b der Verhaltensregeln für die Prüf- und Speicherfristen von personenbezogenen Daten durch die deutschen Wirtschaftsauskunfteien nimmt aus Sicht des Senats grundsätzlich einen angemessenen Interessenausgleich vor. Im Ausgangspunkt (Satz 1) sieht diese Regelung eine Speicherung von personenbezogenen Daten über ausgeglichene Forderungen für drei Jahre vor. Die Speicherung endet jedoch abweichend davon bereits nach 18 Monaten (Satz 2), wenn (1) der Auskunftei bis zu diesem Zeitpunkt keine weiteren Negativdaten gemeldet worden sind, (2) keine Informationen aus dem Schuldnerverzeichnis oder aus Insolvenzbekanntmachungen vorliegen und (3) der Ausgleich der Forderung innerhalb von 100 Tagen nach Einmeldung erfolgte. Dem Schuldner muss es zudem möglich sein, besondere Umstände vorzubringen, die seinem Löschungsinteresse ein wesentlich überdurchschnittliches Gewicht verleihen. In diesem Fall kann die Interessenabwägung ausnahmsweise dazu führen, dass allein eine noch kürzere Speicherungsdauer als angemessen anzusehen ist.

War die von der Beklagten vorgenommene Datenspeicherung nicht über ihren gesamten Zeitraum rechtmäßig, kommt ein Schadensersatzanspruch des Klägers nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO grundsätzlich in Betracht und sind dessen weitere Voraussetzungen zu prüfen.

Vorinstanzen:

Landgericht Bonn - Urteil vom 21. Juni 2024 - 20 O 10/24

Oberlandesgericht Köln - Urteil vom 10. April 2025 - 15 U 249/24



LG München: Einseitige Abschaffung der Werbefreiheit auf der Streamingplattform "Prime Video" durch Amazon unzulässig - Amazon muss irreführende E-Mail an Kunden richtigstellen

LG München
Urteil vom 16.12.2025
33 O 3266/24


Das LG München hat entschieden, dass die einseitige Abschaffung der Werbefreiheit auf der Streamingplattform "Prime Video" durch Amazon unzulässig war und Amazon eine irreführende E-Mail an die Kunden richtigstellen muss.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Einseitige Abschaffung der Werbefreiheit durch Streaming-Anbieter

Die unter anderem auf Rechtsstreitigkeiten aus dem unlauteren Wettbewerb spezialisierte 33. Zivilkammer des Landgerichts München I hat mit Urteil vom 16.12.2025 einer Klage des Bundesverbands der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände gegen Amazon stattgegeben (Az.: 33 O 3266/24).

Das Urteil betrifft eine als „Änderung zu Prime Video“ deklarierte E-Mail der Beklagten vom 03.01.2024 an die Kunden der Streamingplattform „Prime Video“. Die Beklagte informierte ihre Kunden in dieser E-Mail darüber, dass ab dem 05.02.2024 Titel bei „Prime Video“ in begrenztem Umfang Werbung enthalten könnten. Dabei wies die Beklagte die Adressaten ausdrücklich darauf hin, dass für diese kein weiterer Handlungsbedarf bestünde. In der gleichen E-Mail verwies die Beklagte auf die Möglichkeit, künftig eine neue werbefreie Vertragsoption für zusätzlich 2,99 € pro Monat abzuschließen.

Der Kläger ist ein Dachverband von Verbraucherzentralen und argumentierte, die E-Mail sei als irreführend im Sinne des § 5 Abs. 2 UWG anzusehen, da sie den Kunden suggeriere, dass die Beklagte künftig nur noch ein Streamingangebot mit Werbung schulde. Dies stelle jedoch eine unzulässige einseitige Vertragsänderung dar. Die Werbefreiheit sei für die meisten Kunden ein zentraler Aspekt für die Entscheidung gewesen, das Streamingabonnement abzuschließen.

Die Beklagte ist Streaminganbieterin der Plattform Prime Video. Sie war der Auffassung, dass sie auch in der Vergangenheit auf Grundlage ihrer Nutzungsbedingungen nicht dazu vertraglich verpflichtet gewesen sei, das Programm werbefrei anzubieten. Sie betreibe eine rundfunkähnliches Telemedium, bei dem nach der gesetzlichen Regelung Werbung Teil des Programms sein könne.

Nach der Entscheidung der erkennenden Kammer stehen dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung vergleichbarer Mitteilungen zur „Änderung von Prime Video“ sowie auf Richtigstellung gegenüber den Kunden zu.

Nach Ansicht der Kammer ergibt sich ein entsprechender Unterlassungsanspruch aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Die E-Mail der Beklagten vom 03.01.2024 stelle eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 UWG dar, da sie die Vertragsbeziehung zwischen der Beklagten und ihren Kunden, insbesondere die Angebotszusammensetzung, betreffe. Diese geschäftliche Handlung sei auch als irreführend anzusehen, weil sie unwahre Angaben enthalte: Der angesprochene Verkehrskreis, d.h. die von der Beklagten angesprochenen Kunden, würden die E-Mail so verstehen, dass sie keinen Einfluss auf die Werbefreiheit des Videoangebots hätten und die Wirksamkeit der anstehenden Änderung nicht von ihrer Zustimmung abhänge. Tatsächlich habe die Beklagte ohne Berechtigung eine einseitige Vertragsänderung vorgenommen und den Kunden dabei vorgespiegelt, dazu berechtigt zu sein.

Eine entsprechende Berechtigung zur Vertragsänderung ergebe sich, so die entscheidende Kammer, weder aus den eigenen Nutzungsbedingungen der Beklagten noch aus dem Gesetz. Nach den eigenen Nutzungsbedingungen könnten nur die angebotenen Videoinhalte selbst (also welche Film- und Serientitel angeboten werden), nicht jedoch die Art der Bestandteile der abonnierten Inhalte (mit oder ohne Werbung) geändert werden. Auch aus den gesetzlichen Regelungen, insbesondere aus den Vorschriften der §§ 327 ff. BGB, ergebe sich kein Anspruch auf einseitige Vertragsanpassung: Bei Vertragsschluss hätten sich die Kunden darauf eingestellt, das Videoangebot werbefrei nutzen zu können. Dass die „Werbefreiheit“ dabei nicht ausdrücklich von der Beklagten beworben und in den Nutzungsbedingungen festgeschrieben worden sei, sei unerheblich. Die Werbefreiheit des Videostreamingangebots und damit der „ungestörte Werkgenuss“ stelle einen wesentlichen Wertfaktor für die Kunden dar. Auch auf die in Art. 5 GG garantierte Programmfreiheit, die den Rundfunkanbieter vor staatlicher Einmischung schützen soll, könne sich die Beklagte nicht berufen, da die Beklagte selbst ursprünglich ein werbefreies Streamen zum Vertragsgegenstand gemacht habe und sich nun auch daran festhalten lassen müsse.

Die Kammer stellte weiter fest, dass die Beklagte zusätzlich dazu verpflichtet sei, gegenüber den Kunden ein Berichtigungsschreiben zu versenden.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Zum Hintergrund:

Normen:
§§ 8 Abs.1, Abs. 3 Nr. 3, 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 u. 7 UWG

§§ 327, 327e, 327r BGB


KG Berlin: Kündigungsschaltfläche bzw. Kündigungsbutton nach § 312k Abs. 2 BGB muss auch ohne Login mit Passwort zugänglich sein

KG Berlin
Urteil vom 18.11.2025
5 UKl 10/25


Das KG Berlin hat entschieden, dass die Kündigungsschaltfläche bzw. der Kündigungsbutton nach § 312k Abs. 2 BGB auch ohne Login mit Passwort zugänglich sein muss.

Aus den Entscheidungsgründen:
1. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UKlaG i.V.m. § 312k Abs. 2 Satz 3 und 4 BGB zu.

a) Bei § 312k BGB handelt es sich um ein Verbraucherschutzgesetz im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 UKlaG.

aa) Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UKlaG kann im Interesse des Verbraucherschutzes auf Unterlassung und Beseitigung in Anspruch genommen werden, wer in anderer Weise als durch Verwendung oder Empfehlung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen Vorschriften zuwiderhandelt, die dem Schutz der Verbraucher dienen (Verbraucherschutzgesetze). Eine Norm dient dem Schutz der Verbraucher, wenn der Verbraucherschutz ihr eigentlicher Zweck ist. Sie kann auch anderen Zwecken dienen; es genügt aber nicht, wenn der Verbraucherschutz in der Norm nur untergeordnete Bedeutung hat oder eine nur zufällige Nebenwirkung ist. Die Norm muss Verhaltenspflichten des Unternehmers gegenüber dem Verbraucher begründen (vgl. zum Ganzen BGH, Urteil vom 6. Februar 2020 - I ZR 93/18, NJW 2020, 1737 [juris Rn. 15] - SEPA-Lastschrift, mwN).

bb) Die für den Streitfall maßgebliche Vorschrift des § 312k BGB fällt unter den Beispielskatalog des § 2 Abs. 2 UKlaG. Es handelt sich bei § 312k Abs. 1 Satz 1 BGB um eine Vorschrift des Bürgerlichen Rechts, die im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c) UKlaG für Verträge gilt, die im elektronischen Rechtsverkehr (§ 312i Abs. 1 Satz 1 BGB) geschlossen werden können (vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 2025 - I ZR 161/24, NJW 2025, 2462 [juris Rn. 13]; Senat, Urteil vom 21. Januar 2025 - 5 UKl 8/24, MMR 2025, 538 [juris Rn. 31]).

b) Die Beklagte hat gegen § 312k Abs. 2 Satz 3 und 4 BGB verstoßen.

aa) Der Anwendungsbereich des § 312k BGB ist vorliegend eröffnet. Nach § 312k Abs. 1 Satz 1 BGB hat ein Unternehmer die sich aus § 312k BGB ergebenden Pflichten zu erfüllen, wenn Verbrauchern über eine Webseite ermöglicht wird, einen Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr zu schließen, der auf die Begründung eines Dauerschuldverhältnisses gerichtet ist, das den Unternehmer zu einer entgeltlichen Leistung verpflichtet; es kommt nicht darauf an, dass der Vertrag tatsächlich auf diesem Wege abgeschlossen wurde (vgl. etwa Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 26. September 2024 - 5 UKI 1/23, juris Rn. 50). Im Streitfall ermöglicht die Beklagte es (auch) Verbrauchern über die von ihr betriebene Webseite unter Einsatz digitaler Dienste und damit im elektronischen Geschäftsverkehr (§ 312k Abs. 1 Satz 1, § 312i Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 1 Abs. 4 Nr. 1 DDG) ein Dauerschuldverhältnis abzuschließen, durch das sie in Ausübung ihrer gewerblichen Tätigkeit als Unternehmerin (§ 14 BGB) gegen Zahlung eines monatlichen Entgeltes verpflichtet ist, bestimmte digitale Leistungen (Webhosting oder Online-Speicherdienste) zu erbringen.

bb) Die Beklagte hat die sich aus § 312k Abs. 2 Satz 3 und 4 BGB ergebenden Pflichten nicht erfüllt.

(1) Der Kündigungsprozess gemäß § 312k BGB ist mehrstufig aufgebaut. Nach § 312k Abs. 2 Satz 1 BGB hat der Unternehmer sicherzustellen, dass der Verbraucher auf der Webseite gemäß § 312k Abs. 1 Satz 1 BGB eine Erklärung zur ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung eines auf der Webseite abschließbaren Vertrags über eine Kündigungsschaltfläche abgeben kann (vgl. dazu bereits Senat, Urteil vom 21. Januar 2025 - 5 UKl 8/24, MMR 2025, 538 [juris Rn. 37 ff.]). Die Kündigungsschaltfläche muss gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern "Verträge hier kündigen" oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet sein (§ 312k Abs. 2 Satz 2 BGB). Sie muss den Verbraucher nach § 312k Abs. 2 Satz 3 BGB unmittelbar zu einer Bestätigungsseite führen, auf der er die Angaben gemäß § 312k Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 BGB machen und die Kündigung über die Betätigung einer Bestätigungsschaltfläche erklären kann (§ 312k Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BGB). Die Schaltflächen und die Bestätigungsseite müssen gemäß § 312k Abs. 2 Satz 4 BGB ständig verfügbar sowie unmittelbar und leicht zugänglich sein.

Der Begriff der "Schaltfläche" entspricht demjenigen des § 312j Abs. 3 Satz 2 BGB; dieser ist grundsätzlich weit zu verstehen und erfasst jedes grafische Bedienelement, das es dem Anwender erlaubt, eine Aktion in Gang zu setzen oder dem System eine Rückmeldung zu geben (Senat, Urteil vom 21. Januar 2025 - 5 UKl 8/24, MMR 2025, 538 [juris Rn. 36], mwN).

(2) Im Streitfall stellt die Beklagte auf der von ihr betriebenen Webseite zwar eine Kündigungsschaltfläche bereit, die mit der Formulierung "Vertragsbeendigung" beschriftet ist. Um eine Kündigung zu erklären, muss der Verbraucher aber nach dem Betätigen der Schaltfläche seine Kundennummer und sein Passwort eingeben. Die Kündigungsschaltfläche führt den Verbraucher damit nicht gemäß § 312k Abs. 2 Satz 3 BGB unmittelbar zu einer gemäß § 312k Abs. 2 Satz 4 BGB ständig verfügbaren Bestätigungsseite.

(a) Unmittelbarkeit im Sinne von § 312k Abs 2 Satz 3 BGB ist gewährleistet, wenn der Verbraucher allein durch Betätigen der Kündigungsschaltfläche und ohne weitere Zwischenschritte auf die Bestätigungsseite gelangt (vgl. BeckOK IT-Recht/Föhlisch, BGB [1.7.2025], § 312k Rn. 13; Staudinger/Thüsing, BGB (2024), § 312k Rn. 22; vgl. auch OLG Düsseldorf Urteil vom 23. Mai 2024 - 20 UKl 3/23, NJW 2024, 2767 [juris Rn. 18]; LG Hamburg, Urteil vom 25. April 2024 - 312 O 148/23, MMR 2024, 892 [juris Rn. 32]), auf der er die Angaben gemäß § 312k Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 BGB tätigen und im Anschluss die Kündigungserklärung durch Betätigung der Bestätigungsschaltfläche gemäß § 312k Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BGB abgeben kann.

Das Tatbestandsmerkmal der ständigen Verfügbarkeit ist an das entsprechende Erfordernis in § 5 Abs. 1 TMG aF (jetzt: § 5 Abs. 1 DDG) angelehnt (vgl. BT-Drucks. 19/30840 S. 18). Nach dieser Vorschrift sind die dort genannten Informationen zur Anbieterkennzeichnung unter anderem ständig verfügbar zu halten. Für eine ständige Verfügbarkeit in diesem Sinne wird es als erforderlich angesehen, dass der Nutzer jederzeit und ohne Hindernisse auf die Pflichtangaben nach § 5 Abs. 1 TMG aF (bzw. § 5 Abs. 1 DDG) zugreifen kann (vgl. etwa BeckOK IT-Recht/Sesing-Wagenpfeil [1.7.2024], § 5 TMG Rn. 53), wobei eine nur vorübergehende technisch bedingte Unerreichbarkeit etwa wegen Wartungsarbeiten unschädlich ist (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 4. November 2008 - I-20 U 125/08, MMR 2009, 266 [juris Rn. 18] und hierauf verweisend BT-Drucks. 19/30840 S. 18). An einer ständigen Verfügbarkeit im Sinne des § 5 Abs. 1 TMG aF bzw. § 5 Abs. 1 DDG fehlt es dagegen, wenn die Informationen erst nach Eingabe der persönlichen Daten, Kundenregistrierung, Hinzufügen eines Produktes zum virtuellen Warenkorb oder Abgabe einer Bestellung abrufbar sind (Föhlisch in Hoeren/Sieber/Holznagel, MMR-HdB [62. EL Juni 2024], Teil 13.4 Rn. 64).

Hiervon ausgehend meint der Begriff der ständigen Verfügbarkeit in § 312k Abs. 2 Satz 4 BGB nicht nur eine technische Erreichbarkeit, sondern auch eine einschränkungslose Möglichkeit zur Nutzung der Schaltflächen und der Bestätigungsseite. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll durch das Tatbestandsmerkmal vor allem sichergestellt werden, dass der Verbraucher jederzeit und ohne vorherige Anmeldung auf die Schaltflächen und die Bestätigungsseite zugreifen kann (vgl. BT-Drucks. 19/30840 S. 18; BeckOK IT-Recht/Föhlisch [1.7.2025], § 312k BGB Rn. 20; Staudinger/Thüsing, BGB (2024), § 312k Rn. 32). Dafür muss grundsätzlich die Verfügbarkeit der Website und währenddessen auch die einschränkungslose Kündigungsmöglichkeit bestehen (vgl. Buschmann/Panfili in Brönneke/Föhlisch/Tonner, Das neue Schuldrecht [2022], § 7 Rn. 40). Dies bedeutet allerdings nicht, dass der Verbraucher jederzeit auch auf die Bestätigungsschaltfläche zugreifen können muss. Denn nach der gesetzlichen Konzeption handelt es sich bei der Bestätigungsschaltfläche um eine nachgelagerte Schaltfläche (vgl. auch BeckOK IT-Recht/Föhlisch [1.7.2025], § 312k BGB Rn. 20; Güster/Booke, MMR 2022, 450, 451). Erforderlich ist es zunächst, dass der Verbraucher die Kündigungsschaltfläche bedienen und sodann ohne weitere Hindernisse auf die Bestätigungsseite gelangen kann, um dort die für die Kündigung erforderlichen Daten gemäß § 312k Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 BGB einzugeben. Bei funktionaler Betrachtungsweise ist es daher jedenfalls ausreichend, wenn der Verbraucher erst dann auf die Bestätigungsschaltfläche zugreifen kann, wenn dies für die Abgabe der Kündigungserklärung erforderlich ist.

(b) Das im Streitfall bestehende Erfordernis, nach dem Betätigen der Kündigungsschaltfläche eine Kundenummer und ein Passwort einzugeben, stellt dagegen einen Zwischenschritt dar, der bei typisierender Betrachtung grundsätzlich geeignet ist, den Verbraucher etwa dann von der Kündigung abzuhalten, wenn die entsprechenden Daten zum Zeitpunkt der beabsichtigten Kündigung nicht oder nicht ohne Weiteres bereitstehen (so etwa auch LG Köln, Beschluss vom 29. Juli 2022 - 33 O 355/22, MMR 2023, 381 [juris Rn. 4]). Ein solcher Zwischenschritt ist dem Gesetz nicht zu entnehmen und läuft dem Anliegen des Gesetzgebers entgegen, eine einfache und leicht zugängliche Kündigungsmöglichkeit ohne hohe Hürden zu schaffen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 22. Mai 2025 - I ZR 161/24, NJW 2025, 2462 [juris Rn. 26]; Senat, Urteil vom 21. Januar 2025 - 5 UKl 8/24, MMR 2025, 538 [juris Rn. 45]; OLG München, Urteil vom 20. März 2025 - 6 U 4336/23, NJW-RR 2025, 817 [juris Rn. 37]; BT-Drucks. 19/30840 S. 15). Aufgrund des erforderlichen Zwischenschrittes führt ein Betätigen der Kündigungsschaltfläche nicht unmittelbar zu einer Bestätigungsseite, und die Bestätigungsseite ist auch nicht ständig verfügbar, weil eine Eingabe der Angaben gemäß § 312k Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 BGB sowie ein Betätigen der Bestätigungsschaltfläche (§ 312k Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BGB) jedenfalls dann nicht (sofort) möglich ist, wenn die angeforderten Daten bei dem Verbraucher nicht vorhanden sind.

(c) Eine andere Betrachtung ist nicht deshalb geboten, weil dem Verbraucher nach § 312k Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 Buchst. b BGB auf der Bestätigungsseite ermöglicht werden soll, Angaben zu seiner eindeutigen Identifizierbarkeit zu machen. Denn auch insoweit dürfen keine unnötigen Hürden aufgebaut werden; unzulässig ist auch insoweit etwa die Angabe eines Kundenkennworts, die Beantwortung von Sicherheitsfragen, die Identifizierung über Dienste Dritter, die dem Verbraucher möglicherweise nicht oder nicht mehr zugänglich sind. Es muss vielmehr immer auch eine Möglichkeit bestehen, durch Angabe von Namen und ggf. weiteren gängigen Identifizierungsmerkmalen - etwa der Wohnanschrift und dergleichen - eine Kündigung zu erklären (vgl. MüKoBGB/Wendehorst, 10. Aufl. 2025, § 312k Rn. 21; BT-Drucks. 19/30840 S. 17).

Soweit die Beklagte dagegen darauf abstellt, dass die Eingabe von Kundennummer und Passwort der eindeutigen Identifizierbarkeit diene und eine irrtümliche oder missbräuchliche Kündigung verhindere, übersieht sie, dass Identifizierbarkeit gemäß § 312k Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 Buchst. b BGB gerade nicht meint, dass die Angaben für den Unternehmer auch eindeutig verifizierbar sind. Für den Unternehmer muss es vielmehr ausreichen, dass er den kündigungswilligen Verbraucher von anderen Verbrauchern unterscheiden kann (vgl. Halder, jurisPR-ITR 2/2023 Anm. 3; BeckOK BGB/Maume [1.8.2025], § 312k Rn. 26) und durch die Angaben nach § 312k Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 Buchst. c BGB eine Zuordnung zu dem zu kündigenden Vertrag vornehmen kann. Der Beklagten dient die Abfrage des Passwortes aber nicht der Identifizierung des Verbrauchers. Es handelt sich vielmehr um eine Maßnahme der Missbrauchskontrolle, die keine Identifizierung, sondern eine Verifizierung bezweckt.

Nach dem in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers, der in dem Tatbestandsmerkmal der Identifizierbarkeit (§ 312k Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 Buchst b BGB) seinen Niederschlag gefunden hat, ist die Eingabe von Login-Daten für eine Zuordnung der Kündigungserklärung zu einem bestimmten Verbraucher nicht erforderlich und dementsprechend auch nicht in § 312k Abs. 2 Satz 3 BGB enthalten. Die Angaben, die der Verbraucher gemäß § 312k Abs. 2 Satz 3 BGB tätigen können muss, sind aber als Minimal- und als Maximalvorgabe zu verstehen; ihre Funktion als Minimalvorgabe soll sicherstellen, dass der Verbraucher alle Angaben machen kann, die er für seine Erklärung und deren Rechtswirksamkeit benötigt, und die Beschränkung der zu verlangenden Angaben soll Ausgestaltungen verhindern, bei denen der Unternehmer weitere, für den Verbraucher ggf. nicht ohne Weiteres verfügbare Daten abfragt und so eine einfache und unkomplizierte Kündigung erschwert (vgl. BeckOK BGB/Maume [1.8.2025], § 312k Rn. 24; MüKoBGB/Wendehorst, 10. Aufl. 2025, § 312k Rn. 19). Das Risiko eines Missbrauchs hat der Gesetzgeber dabei erkannt und aufgrund der Kumulierung der möglichen Angaben nach § 312k Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 BGB als vernachlässigbar erachtet (vgl. Halder, jurisPR-ITR 2/2023 Anm. 3); eine Verifizierung des Verbrauchers erfolgt nach dem Regelungskonzept des § 312k Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 BGB allein durch die Angaben zur Identifizierbarkeit (§ 312k Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 Buchst. b BGB) und der eindeutigen Bezeichnung des Vertrags (§ 312k Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 Buchst. c BGB).

Ohne Belang ist es daher auch, ob der Verbraucher typischerweise Login-Daten schneller zu Hand hat als die Angaben nach § 312k Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 Buchst. c BGB für eine Zuordnung des Vertrages. Denn dabei handelt es sich um eine Frage, die der Gesetzgeber zugunsten der Vertragsdaten entschieden hat und die de lege lata hinzunehmen ist (vgl. Halder, jurisPR-ITR 2/2023 Anm. 3).

(d) Anders als die Beklagte meint, ist bei der Abgabe der Kündigungserklärung gemäß § 312k BGB auch nicht in dem jeweiligen Einzelfall ein Vergleich mit der Art und Weise des Vertragsschlusses geboten. Der Gesetzgeber ist zwar davon ausgegangen, dass die Kündigung von im elektronischen Geschäftsverkehr abgeschlossenen Verträgen Verbraucher oft vor besondere Herausforderungen stellte, weil im Vergleich zum einfachen Abschluss eines solchen Vertrags dessen Kündigung direkt über eine Webseite teilweise nicht möglich ist oder häufig durch die Webseitengestaltung erschwert wurde. Die in § 312k BGB vorgesehenen Verpflichtungen des Unternehmers sollen daher Verbraucher in Bezug auf Dauerschuldverhältnisse in die Lage versetzen, Kündigungserklärungen im elektronischen Geschäftsverkehr in vergleichbar einfacher Weise abzugeben wie Erklärungen zum Abschluss entsprechender Verträge (vgl. BT-Drucks. 19/30840, S. 15). Zur Erreichung dieses Anliegens hat der Gesetzgeber aber bei der im Gesetzgebungsverfahren gebotenen typisierender Betrachtung die Voraussetzungen generell abstrakt vorgegeben, die der Unternehmer zu erfüllen hat, um die Abgabe einer Kündigungserklärung des Verbrauchers zu ermöglichen, ohne dass dem Gesetz zu entnehmen ist, dass im jeweiligen Einzelfall eine vergleichende Betrachtung erforderlich oder angezeigt sei.

(e) Entgegen der Ansicht der Beklagten ist auch eine einschränkende Auslegung des § 312k Abs. 2 Satz 4 BGB nicht geboten.

(aa) Richtig ist allerdings zunächst, dass abweichend von dem vorstehenden Verständnis zum Teil in Rechtsprechung und Literatur eine einschränkende Auslegung des § 312k Abs. 2 Satz 4 BGB erwogen wird. Das Erfordernis zum Einloggen in einen geschützten Kundenbereich stehe nach dieser Auffassung dem Tatbestandsmerkmal der ständigen Verfügbarkeit jedenfalls dann nicht entgegen, wenn die Nutzung des Dienstes, welcher Gegenstand des Dauerschuldverhältnisses ist, seiner Natur nach ohnehin ein Login erfordere (vgl. etwa OLG Nürnberg, Urteil vom 30. Juli 2024 - 3 U 2214/23, WRP 2024, 1397 [juris Rn. 19 ff. und Rn. 31]; Sümmermann/Ewald, MMR 2022, 713, 717; Schirmbacher/Schreiber, ZdiW 2022, 56, 60).

Der Senat vermag diesem Ansatz jedoch nicht zu folgen. Denn eine derartige einschränkende Auslegung für bestimmte Fallgestaltungen steht nicht nur dem ausdrücklich erklärten und im Gesetzeswortlaut seinen Niederschlag findenden Willen des Gesetzgebers entgegen (vgl. BeckOK BGB/Maume [1.8.2025], § 312k Rn. 39), sondern stellt methodisch eine unzulässige teleologische Reduktion des § 312k Abs. 2 Satz 4 BGB dar (zutreffend Halder, jurisPR-ITR 1/2025 Anm. 4; vgl. auch ders. jurisPR-ITR 2/2023 Anm. 3). Eine teleologische Reduktion erfordert nämlich, dass der Anwendungsbereich der anzuwendenden Norm planwidrig zu weit gefasst worden ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 11. November 2011 - V ZR 65/11, NJW 2012, 603 [juris Rn. 10]). Es gibt aber keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber die - praktisch durchaus häufige - Konstellation, dass ein Verbraucher bei der Nutzung des abgeschlossenen Dauerschuldverhältnisses zunächst einen geschützten Kundenbereich aufsucht, wie dies etwa bei Streamingdiensten für Musik, Sportevents, Filme und Serien, bei digitalen Nachrichten- und Zeitungsdiensten oder auf Gaming-Plattformen typischerweise der Fall ist, übersehen haben könnte und dass er sie andernfalls von dem Anwendungsbereich des § 312k Abs. 2 Satz 4 BGB ausgenommen hätte (so aber OLG Nürnberg, Urteil vom 30. Juli 2024 - 3 U 2214/23, WRP 2024, 1397 [juris Rn. 31]). Hinzu kommt, dass die Gründe dafür, dass ein Verbraucher die Anmeldedaten zum Zeitpunkt der beabsichtigten Kündigung gegebenenfalls nicht parat haben und sich eine Kündigung aus diesem Grunde durch das Erfordernis eines Login bzw. der Eingabe von Login-Daten erschweren kann, vielfältig sein können (vgl. ausführlich zum Ganzen Halder, jurisPR-ITR 1/2025 Anm. 4).

(bb) Schließlich ist eine andere Betrachtung entgegen der Auffassung der Beklagten nicht mit Blick auf Art. 28, 32 DSGVO oder auf Art. 21 NIS-2-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2022/2555) geboten. Insoweit verkennt die Beklagte, dass die Vorschrift des § 312k BGB einem Verbraucher ermöglichen soll, im Anwendungsbereich der Norm eine Kündigungserklärung abzugeben. Für die Abgabe einer Kündigungserklärung und deren Zugang bei dem Unternehmer bedarf es jedoch grundsätzlich keiner Authentifizierung des Kündigenden; die von der Beklagten geschilderten Schwierigkeiten bei der Löschung von Daten aufgrund einer missbräuchlichen Kündigung - etwa im Fall eines Identitätsdiebstahls - können sich bei einer Kündigung in Schrift- oder Textform gleichermaßen stellen. Im Anwendungsbereich des § 312k BGB kommt hinzu, dass die Angaben gemäß § 312k Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 BGB regelmäßig jedenfalls in der Gesamtheit nicht allgemein bekannt sind und das Missbrauchsrisiko eher geringer ist als bei sonstigen (textlichen oder schriftlichen) Erklärungen, bei denen der Unternehmer eine zweifelsfreie Identifizierung auch nicht vornehmen kann (vgl. Halder, jurisPR-ITR 2/2023 Anm. 3).

Nichts anderes ergibt sich auch aus Erwägungsgrund 57 der Datenschutz-Grundverordnung (VO (EU) 2016/679), der für die Identifizierung einer betroffenen Person auf ein Authentifizierungsverfahren mit Berechtigungsnachweisen verweist. Denn dieser Erwägungsgrund bezieht sich ausdrücklich allein auf eine Anmeldung bei einem Online-Dienst, die im Rahmen des § 312k BGB - wie dargelegt - nicht vorgesehen ist. Im Übrigen sieht auch der europäische Gesetzgeber für den Widerruf eines Fernabsatzvertrages (vgl. Art. 11a der RL 2011/83/EU - Verbraucherrechterichtlinie [VRRL]) - bei insoweit durchaus vergleichbarer Interessenlage - keine Authentifizierung vor. Nach Art. 11a Abs. 2 Buchst. b) VRRL sind neben dem Namen des Verbrauchers (Art. 11a Abs. 2 Buchst. a VRRL) lediglich Angaben zur Identifizierung des Vertrages zu tätigen (etwa Bestell- oder Vertragsnummer) und die stets erforderliche Beantwortung der Abfrage eines Kundenkennworts wird auch insoweit als unzulässig angesehen (vgl. etwa Wiebe/Sengül, WRP 2025, 574, 580 [Rn. 41]; Halder, jurisPR-ITR 18/2025 Anm. 2); allenfalls zulässig ist es, wie etwa Erwägungsgrund 37 der Richtlinie (EU) 2023/2673 zeigt, in dem Login-Bereich eines Kundenkontos eine zusätzliche Kündigungsmöglichkeit ohne weitere Identifizierung zu schaffen.

c) Die weiteren Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs sind ebenfalls gegeben.

aa) Neben der bereits durch den Verstoß gegen § 312k Abs. 2 Satz 4 BGB indizierten Wiederholungsgefahr setzt ein Unterlassungsanspruch auf Grundlage des § 2 Abs. 1 Satz 1 UKlaG voraus, dass er im Interesse des Verbraucherschutzes geltend gemacht wird. Hierfür ist erforderlich, dass der dem Anspruch zugrundeliegende Verstoß die Kollektivinteressen der Verbraucher berührt. Das ist der Fall, wenn der Verstoß in seinem Gewicht und in seiner Bedeutung über den Einzelfall hinausreicht und eine generelle Klärung geboten erscheinen lässt (vgl. BGH, Urteil vom 6. Februar 2020 - I ZR 93/18, NJW 2020, 1737 [juris Rn. 36] - SEPA-Lastschrift, mwN).

bb) Diese Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben. Der in Rede stehende Verstoß gegen § 312k Abs. 2 Satz 4 BGB berührt die Kollektivinteressen der Verbraucher. Der Kläger beanstandet eine nicht nur den Einzelfall betreffende Verhaltensweise, sondern diese kann eine Vielzahl von Verbrauchern betreffen. Das beanstandete Verhalten geht daher in seinem Gewicht und seiner Bedeutung über den Einzelfall hinaus, so dass eine generelle Klärung geboten ist.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Berlin II: "Booking.com" muss aufgrund der Verwendung unzulässiger Bestpreisklauseln Schadensersatz an 1.099 Anbieter von Unterkünften zahlen

LG Berlin II
Urteil vom 16.12.2025
61 O 60/24 Kart


Das LG Berlin II hat entschieden, dass Booking.com aufgrund der Verwendung unzulässiger Bestpreisklauseln Schadensersatz an 1.099 Anbieter von Unterkünften zahlen muss.

Die Pressemitteilung des Gerichts;:
Landgericht Berlin II: Booking.com ist verpflichtet, 1.099 Betreibern von Unterkünften Schäden aufgrund der Verwendung unzulässiger Bestpreisklauseln zu ersetzen

Auf die Feststellungsklage von insgesamt 1.288 Klägern hat die Zivilkammer 61 des Landgerichts Berlin II mit seinem heutigen Urteil festgestellt, dass die Booking.com BV und deren deutsche Tochtergesellschaft Booking.com (Deutschland) GmbH als Gesamtschuldner verpflichtet sind, 1.099 Betreibern von Unterkünften jeweils den Schaden zu ersetzen, der ihnen einzeln durch die Verwendung unzulässiger Bestpreisklauseln seit dem 1. Januar 2013 entstanden ist. Die weitergehende Klage, mit der u.a. die Feststellung begehrt wurde, dass Buchungsprovisionen zu erstatten seien, hatte dagegen keinen Erfolg. In welcher Höhe den Betreibern tatsächlich ein Schaden entstanden ist und ob dieser ursächlich auf die Verwendung der Bestpreisklauseln zurückzuführen ist, war in dem Verfahren nicht zu klären.

Die Booking.com BV, eine Aktiengesellschaft nach niederländischem Recht, betreibt die gleichnamige Buchungsplattform. Sie erhält für jede nicht mehr stornierbare Buchung einer Unterkunft eine Provision, die sich anteilig nach dem Übernachtungspreis richtet. Die Booking.com (Deutschland) GmbH ist für die Betreuung der deutschen Vertragspartner der Plattform zuständig.

Seit Mitte der 2000er Jahre bis zum 30. Juni 2015 verwendete die Booking.com BV in ihren Verträgen mit Betreibern von Unterkünften sog. weite Bestpreisklauseln. Nach diesen mussten Unterkunftsbetreiber ihre Unterkünfte auf der Buchungsplattform zu den unter Berücksichtigung sämtlicher anderer Vertriebswege besten verfügbaren Preisen und Konditionen anbieten. Ab dem 1. Juli 2015 verwendete die Booking.com BV in ihrer Vertragsgestaltung sog. enge Bestpreisklauseln. Danach durften Unterkunftsbetreiber im Direktvertrieb mit Reisenden keine günstigeren Preise als auf Booking.com anbieten. Mit Beschluss vom 22. Dezember 2015 stellte das Bundeskartellamt fest, dass die Verwendung der sog. engen Bestpreisklauseln kartellrechtswidrig sei und ordnete deren Entfernung mit zum 31. Januar 2016 an. Der Bundesgerichtshof bestätigte diese Entscheidung mit Beschluss vom 18. Mai 2021 (Az.: KVR 54/20, BGHZ 230, 88).

Mit ihrer Klage begehrten die Kläger neben der Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen der Verwendung von Bestpreisklauseln auch die Feststellung, dass die Beklagten die zwischen Januar 2006 und Februar 2025 erhaltenen Buchungsprovisionen zu erstatten haben, sofern und soweit diese infolge der Verwendung der unzulässigen Bestpreisklauseln überhöht waren.
Soweit die Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen der Verwendung der Bestpreisklauseln begehrte wurde, war die Klage nach Auffassung der Kammer zulässig. Zwar sei eine Feststellungsklage regelmäßig unzulässig, wenn der Kläger sein Ziel mit einer auf Zahlung gerichteten Leistungsklage erreichen könne. Dies gelte auch dann, wenn die Bezifferung eines Schadens mit erheblichem Aufwand und Kosten verbunden sei. Wenn die Schadensentwicklung zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht abgeschlossen und eine abschließende Bezifferung des Schadens daher nicht möglich ist, könne ausnahmsweise auf Feststellung der Ersatzpflicht geklagt werden. Maßgeblich sei das Vorbringen des jeweiligen Klägers. Nach diesem habe die Verwendung der Bestpreisklauseln zu einer erheblichen Marktabschottung und Oligopolisierung des Marktes beigetragen. Die Beeinflussung der Marktstruktur wirke über den Zeitraum der Verwendung der Bestpreisklauseln hinaus fort. Derartige Nachlaufeffekte ließen – so die Kammer – eine fortwirkende Schädigung der klagenden Betreiber möglich erscheinen, sodass die Feststellungsklage zulässig sei.

Nach Auffassung der Kammer steht den klagenden Betreibern auch ein Anspruch auf Schadensersatz zu. Sowohl die engen als auch die weiten Bestpreisklauseln bewirkten eine Beschränkung des Wettbewerbs, denn durch diese Klauseln werde jedenfalls die Preisgestaltungsfreiheit der Unterkunftsbetreiber und damit der Wettbewerb beim Vertrieb von Unterkünften eingeschränkt. Dies stehe für die von den Beklagten zwischen Juli 2015 und Januar 2016 verwendeten engen Bestpreisklauseln bereits aufgrund der Bindungswirkung der bestandskräftigen Entscheidung des Bundeskartellamts vom 22. Dezember 2015 fest.

Durch Bestpreisklauseln werde dem Unterkunftsbetreiber die naheliegende Möglichkeit genommen, die im Eigenvertrieb nicht anfallende Vermittlungsprovision von durchschnittlich 10 bis 15 % des Zimmerpreises bei seiner Preisgestaltung zu berücksichtigen und diese Ersparnis für niedrigere Preise zu nutzen, um Kunden zu werben. Auch werde es Unterkunftsbetreibern erschwert, zur Kapazitätssteuerung Restkapazitäten mit Preiszugeständnissen direkt online zu vermarkten. Zwar könnten sie solche Angebote machen, wenn sie zugleich ihren Preis auf Booking.com entsprechend herabsetzten. Sie müssten dann aber die übliche Provision auf den niedrigeren Preis bei Vermittlungen auf Booking.com zahlen, so dass ihr Preissenkungsspielraum und damit die Chance zur erfolgreichen „Lastminute“-Vermarktung entsprechend verringert werde.

Soweit die Feststellung begehrt wurde, dass bereits gezahlte Provisionen zu erstatten seien, war die Klage nach Auffassung der Kammer unzulässig. Die Kläger hätten insoweit eine bezifferte Zahlungsklage erheben müssen, weil es sich bei bereits gezahlten Provisionen um einen abgeschlossenen Sachverhalt handle.

In 70 Fällen war die Klage nach Auffassung der Kammer unzulässig, weil eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung der klägerischen Prozessbevollmächtigten nicht nachgewiesen wurde. Bei 118 Klägern war nicht feststellbar, dass sie von dem Kartellverstoß durch Verwendung der Bestpreisklauseln betroffen waren. In einem Fall war die Klage aus anderen Gründen unzulässig.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Parteien können binnen eines Monats ab Zustellung des Urteils Berufung zum Kammergericht einlegen.

Landgericht Berlin II, Urteil vom 16. Dezember 2025, Aktenzeichen 61 O 60/24 Kart


BGH: Für eine Markenrechtsverletzung durch Online-Werbung oder Online-Angebote kommt es nicht auf den Serverstandort an

BGH
Urteil vom 22.10.2025
I ZR 220/24
LA BIOSTHETIQUE
Verordnung (EU) 2017/1001 Art. 15, Art. 125 Abs. 5; MarkenG § 19 Abs. 1, 3 und 4


Der BGH hat entschieden, dass es für eine Markenrechtsverletzung durch Online-Werbung oder Online-Angebote nicht auf den Serverstandort ankommt.

Leitsätze des BGH:
a) Bestehen die dem Beklagten vorgeworfenen markenverletzenden Handlungen in der elektronischen Anzeige von Werbung und Verkaufsangeboten für Waren, ist davon auszugehen, dass diese Handlungen in dem Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats begangen worden sind, in dem sich die Verbraucher oder Händler befinden, an die sich diese Werbung und diese Verkaufsangebote richten, und zwar ungeachtet dessen, dass der Beklagte in dem Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats niedergelassen ist, dass sich der von ihm benutzte Server des elektronischen Netzes in dem Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats befindet oder dass sich die Waren, die den Gegenstand der Werbung und Verkaufsangebote bilden, in dem Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats befinden (Anschluss an EuGH, Urteil vom 5. September 2019 - C-172/18, GRUR 2019, 1047 [juris Rn. 46 f.] = WRP 2019, 1437 - AMS Neve u.a. und EuGH, Urteil vom 27. April 2023 - C-104/22, GRUR 2023, 805 [juris Rn. 41 f.] = WRP 2023, 678 - Lännen MCE; Aufgabe von BGH, Urteil vom 9. November 2017 - I ZR 164/16, GRUR 2018, 84 [juris Rn. 31] = WRP 2018, 77 – Parfümmarken).

b) Zu den widerrechtlich gekennzeichneten Waren, zu denen der Verletzer Auskunft erteilen muss, gehören auch Waren, an denen das Recht des Inhabers der Marke zwar erschöpft ist, deren Vertrieb sich der Markeninhaber jedoch aus berechtigten Gründen widersetzen kann

c) Sind die Markenrechte an den vom Verletzer vertriebenen Waren erschöpft, bestehen die Markenverletzungen in der Art und Weise der Präsentation der Waren durch den Verletzer und kann eine Beteiligung der Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Waren hieran nicht festgestellt werden, ist die Geltendmachung des Auskunftsanspruchs durch den Markeninhaber hinsichtlich der Lieferanten und anderer Vorbesitzer regelmäßig unverhältnismäßig mit der Folge, dass insoweit Auskunft ausnahmsweise nicht zu erteilen ist.

BGH, Urteil vom 22. Oktober 2025 - I ZR 220/24 - OLG Düsseldorf LG Düsseldorf

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

AG München: Bei unterbliebener Belehrung über Risiken einer Permanent Make Up-Behandlung vor Vertragsschluss kann der Kunde Vorausszahlung zurückverlangen

AG München
Urteil vom 03.10.2025
191 C 11493/25


Das AG München hat entschieden, dass der Kunde bei unterbliebener Belehrung über doe Risiken einer Permanent Make Up-Behandlung vor Vertragsschluss eime bereits gezahlte Vorausszahlung zurückverlangen kann.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Risikoaufklärung bei Permanent Make Up - Unterbliebene Aufklärung über gesundheitliche Risiken bei Kosmetik-Behandlung vor Vertragsabschluss

Eine Münchnerin buchte über ein Online-Portal bei einer Münchner Kosmetikerin im Frühjahr 2024 zwei Behandlungen für ein permanentes Lippen Make Up und bezahlte hierfür im Vorfeld 120 €.

Im Behandlungstermin wies die Kosmetikerin erstmals darauf hin, dass die Behandlung nur ein bis zwei Wochen halte und gesundheitliche Risiken mit sich bringe. Als die Kundin mitteilte, dass gesundheitliche Risiken bei ihr einschlägig seien, riet die Kosmetikerin von der Behandlung ab.

Die Kosmetikerin verweigerte jedoch eine Rückerstattung der bereits geleisteten Vergütung und teilte der Kundin mit, dass die Ausstellung eines Gutscheins erfolgen könne. Dieses Angebot lehnte die Kundin ab und setzte der Kosmetikerin per WhatsApp eine Frist zur Rückzahlung der geleisteten Vergütung.

Nachdem eine Rückzahlung nicht erfolgte und die Kosmetikerin Widerspruch gegen den beantragten Mahnbescheid einlegte, verklagte die Kundin die Kosmetikerin schließlich vor dem Amtsgericht München. Dieses gab der Kundin mit Urteil vom 03.10.2025 in vollem Umfang Recht und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 120 € nebst Zinsen und Ersatz der Kosten des Inkassodienstleisters. In seinem Urteil führte das Gericht u.a. aus:

„Die Klägerin war […] berechtigt, sich vom Behandlungsvertrag zu lösen, da eine ordnungsgemäße Risikoaufklärung nicht vor Vertragsschluss erfolgte.

Die von der Beklagten angebotene kosmetische Behandlung ist mit Gesundheitsrisiken verbunden, […]. Die Beklagte ist daher verpflichtet, ihre Kundinnen und Kunden vor Vertragsschluss über mögliche Risiken umfassend aufzuklären (§ 241 Abs. 2 BGB). Die Beklagte hat nicht nachgewiesen, dass eine solche Aufklärung im Rahmen des Buchungsvorgangs erfolgt ist. Die Klägerin hat hingegen glaubhaft gemacht, erst unmittelbar vor Beginn der Behandlung über die Risiken […] informiert worden zu sein.

Diese späte Aufklärung begründete ein Rücktrittsrecht der Klägerin. Eine kostenpflichtige Stornierung lag daher nicht vor. Da die Klägerin die Behandlung nach der erteilten Risikoaufklärung berechtigterweise nicht in Anspruch genommen hat, besteht keine Vergütungspflicht. Die Beklagte ist daher zur Rückzahlung des bereits geleisteten Betrags in Höhe von 120,00 € verpflichtet […].“

Urteil des Amtsgerichts München vom 03.10.2025
Aktenzeichen: 191 C 11493/25
Das Urteil ist rechtskräftig.