SG Dresden: Ausblenden von personenbezogenen Daten mit der Möglichkeit der Wiedereinblendung ist kein Löschen gemäß Art. 17 DSGVO
SG Dresden
Urteil voom 22.10.2025
S 15 SF 304/24 DS
Das SG Dresden hat entschieden, dass das Ausblenden von personenbezogenen Daten mit der Möglichkeit der Wiedereinblendung kein Löschen gemäß Art. 17 DSGVO ist.
Aus den Entscheidungsgründen:
d. Entgegen der Ansicht des Beklagten stellt ein Ausblenden der Daten mit der technischen Möglichkeit des Wiedereinblendens jedoch kein Löschen i.S. von Art. 17 DSGVO dar.
Die DSGVO selbst enthält keine Definition des Begriffs "Löschen". Er wird in Art. 4 Nr. 2 DSGVO neben der "Vernichtung" als eine Form der Verarbeitung genannt. Die Vernichtung ist die körperliche Zerstörung des Datenträgers und eine endgültige Löschung der personenbezogenen Daten. Löschen ist - ohne zwingende körperliche Zerstörung - der Entzug des Personenbezuges in den Daten mit dem Ziel der (faktischen) Unmöglichkeit, die zuvor in den zu löschenden Daten verkörperte Information wahrzunehmen, so dass die personenbezogenen Daten nicht mehr Gegenstand der (produktiven) Datenverarbeitung sind und dies irreversibel sicherzustellen ist. Nach dem Löschen soll es niemandem mehr ohne unverhältnismäßigen Aufwand möglich sein, betreffende Information wahrzunehmen (Herbst in Kühling/Buchner, DSGVO - BDSG, 4. Auflage 2024, Art. 17 RdNr. 37; Kamlah in: Plath, DSGVO/BDSG/TTDSG, 4. Auflage 2023, Art. 17 EUV 2016/679; BeckOK Datenschutzrecht, Wolff/Brink/v. Ungern-Sternberg 52. Edition Stand: 1. November 2024 Art. 17 RdNrn 54-57). Löschen bedeutet das physische Beseitigen der Daten so, dass sie dauerhaft nicht weiterverarbeitet werden können (LG Braunschweig vom 4. April 2025 - 9 O 2615/23 – juris RdNr. 189). Das Löschen kann dabei verschiedene Formen haben wie z.B. die vollständige Zerstörung des Datenträgers oder die Löschung von Verknüpfungen oder Codierungen, die zur Wahrnehmung der Information erforderlich sind, wie etwa das Löschen eines Eintrags in einer Pseudonymliste oder andere Formen des dauerhaften Nichtzugriffs wie z.B. das Schwärzen. Nicht ausreichende Löschungshandlungen sind dagegen Beschränkungen der Verarbeitung i.S. von Art. 18 DSGVO, weil ein dauerhafter Zugriffsausschluss darin nicht enthalten ist.
Vorliegend hat der Beklagte die Privatadresse der Klägerin in ihrer Verwaltungsakte ausgeblendet. Dies stellt jedoch kein Löschen i.S. von Art. 17 Art. 1 DSGVO dar. Das Ausblenden mit dem vom Beklagten genutzten Programm führt nicht zu einem endgültigen Zugriffsausschluss. Vielmehr ist es nach Angaben des Beklagten nach den derzeitigen technischen Begebenheiten nur nicht mehr möglich, die Daten zu sehen. Allerdings besteht nach der Mitteilung des Beklagten technisch auch nach Ausblendung der Daten die Möglichkeit, dass zwei Führungskräfte oder deren Stellvertreter die ausgeblendeten Daten wieder sichtbar machen können. Damit ist gerade eine beim Löschen erforderliche Irreversibilität gerade nicht gegeben. Die Möglichkeit des Wiedereinblendens widerspricht dem Löschungsprinzip der DSGVO und führt dazu, dass vorliegend mit einem Ausblenden lediglich eine Beschränkung der Verarbeitung i.S. von Art. 18 DSGVO gegeben ist und keine darüberhinausgehende unwiederbringliche Löschung nach Art. 17 DSGVO.
Dass der Beklagte – wie er vorträgt - derzeit aufgrund seines von ihm genutzten Programmes keine technische Möglichkeit einer Löschung, sondern nur des Ausblendens hat, erklärt zwar sein Vorgehen, führt jedoch nicht dazu, dass ein Löschen i.S. von Art. 17 DSGVO als erfolgt anzusehen ist. Die technischen Programme haben die geltenden Gesetze und Betroffenenrechte umzusetzen (vgl. auch Art. 25 DSGVO) und nicht anders herum. Insofern ist es Aufgabe des Beklagten bzw. der Bundesagentur für Arbeit, sein Programm zur Nutzung seiner elektronischen Akte so umschreiben zu lassen, dass ein irreversibles Löschen technisch tatsächlich auch erfolgen kann. Die DSGVO als auch die geltenden Gesetze der Bundesrepublik Deutschland lassen Ausnahmen von der irreversiblen Löschungspflicht nicht zu.
Der Löschungsanspruch der Klägerin ist auch nicht über Art. 17 Abs. 3 DSGVO oder § 35 BDSG eingeschränkt, weil die Daten hier unrechtmäßig verarbeitet worden sind (vgl. § 35 Abs. 1 Satz 3 BDSG).
Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:
Urteil voom 22.10.2025
S 15 SF 304/24 DS
Das SG Dresden hat entschieden, dass das Ausblenden von personenbezogenen Daten mit der Möglichkeit der Wiedereinblendung kein Löschen gemäß Art. 17 DSGVO ist.
Aus den Entscheidungsgründen:
d. Entgegen der Ansicht des Beklagten stellt ein Ausblenden der Daten mit der technischen Möglichkeit des Wiedereinblendens jedoch kein Löschen i.S. von Art. 17 DSGVO dar.
Die DSGVO selbst enthält keine Definition des Begriffs "Löschen". Er wird in Art. 4 Nr. 2 DSGVO neben der "Vernichtung" als eine Form der Verarbeitung genannt. Die Vernichtung ist die körperliche Zerstörung des Datenträgers und eine endgültige Löschung der personenbezogenen Daten. Löschen ist - ohne zwingende körperliche Zerstörung - der Entzug des Personenbezuges in den Daten mit dem Ziel der (faktischen) Unmöglichkeit, die zuvor in den zu löschenden Daten verkörperte Information wahrzunehmen, so dass die personenbezogenen Daten nicht mehr Gegenstand der (produktiven) Datenverarbeitung sind und dies irreversibel sicherzustellen ist. Nach dem Löschen soll es niemandem mehr ohne unverhältnismäßigen Aufwand möglich sein, betreffende Information wahrzunehmen (Herbst in Kühling/Buchner, DSGVO - BDSG, 4. Auflage 2024, Art. 17 RdNr. 37; Kamlah in: Plath, DSGVO/BDSG/TTDSG, 4. Auflage 2023, Art. 17 EUV 2016/679; BeckOK Datenschutzrecht, Wolff/Brink/v. Ungern-Sternberg 52. Edition Stand: 1. November 2024 Art. 17 RdNrn 54-57). Löschen bedeutet das physische Beseitigen der Daten so, dass sie dauerhaft nicht weiterverarbeitet werden können (LG Braunschweig vom 4. April 2025 - 9 O 2615/23 – juris RdNr. 189). Das Löschen kann dabei verschiedene Formen haben wie z.B. die vollständige Zerstörung des Datenträgers oder die Löschung von Verknüpfungen oder Codierungen, die zur Wahrnehmung der Information erforderlich sind, wie etwa das Löschen eines Eintrags in einer Pseudonymliste oder andere Formen des dauerhaften Nichtzugriffs wie z.B. das Schwärzen. Nicht ausreichende Löschungshandlungen sind dagegen Beschränkungen der Verarbeitung i.S. von Art. 18 DSGVO, weil ein dauerhafter Zugriffsausschluss darin nicht enthalten ist.
Vorliegend hat der Beklagte die Privatadresse der Klägerin in ihrer Verwaltungsakte ausgeblendet. Dies stellt jedoch kein Löschen i.S. von Art. 17 Art. 1 DSGVO dar. Das Ausblenden mit dem vom Beklagten genutzten Programm führt nicht zu einem endgültigen Zugriffsausschluss. Vielmehr ist es nach Angaben des Beklagten nach den derzeitigen technischen Begebenheiten nur nicht mehr möglich, die Daten zu sehen. Allerdings besteht nach der Mitteilung des Beklagten technisch auch nach Ausblendung der Daten die Möglichkeit, dass zwei Führungskräfte oder deren Stellvertreter die ausgeblendeten Daten wieder sichtbar machen können. Damit ist gerade eine beim Löschen erforderliche Irreversibilität gerade nicht gegeben. Die Möglichkeit des Wiedereinblendens widerspricht dem Löschungsprinzip der DSGVO und führt dazu, dass vorliegend mit einem Ausblenden lediglich eine Beschränkung der Verarbeitung i.S. von Art. 18 DSGVO gegeben ist und keine darüberhinausgehende unwiederbringliche Löschung nach Art. 17 DSGVO.
Dass der Beklagte – wie er vorträgt - derzeit aufgrund seines von ihm genutzten Programmes keine technische Möglichkeit einer Löschung, sondern nur des Ausblendens hat, erklärt zwar sein Vorgehen, führt jedoch nicht dazu, dass ein Löschen i.S. von Art. 17 DSGVO als erfolgt anzusehen ist. Die technischen Programme haben die geltenden Gesetze und Betroffenenrechte umzusetzen (vgl. auch Art. 25 DSGVO) und nicht anders herum. Insofern ist es Aufgabe des Beklagten bzw. der Bundesagentur für Arbeit, sein Programm zur Nutzung seiner elektronischen Akte so umschreiben zu lassen, dass ein irreversibles Löschen technisch tatsächlich auch erfolgen kann. Die DSGVO als auch die geltenden Gesetze der Bundesrepublik Deutschland lassen Ausnahmen von der irreversiblen Löschungspflicht nicht zu.
Der Löschungsanspruch der Klägerin ist auch nicht über Art. 17 Abs. 3 DSGVO oder § 35 BDSG eingeschränkt, weil die Daten hier unrechtmäßig verarbeitet worden sind (vgl. § 35 Abs. 1 Satz 3 BDSG).
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