OLG Hamm: Keine Lernkontrolle im Sinne des FernUSG beim Online-Coaching wenn Anbieter lediglich für Fragen zur Lösung von Problemen zur Verfügung steht
OLG Hamm
Hinweisbeschluss vom 15.10.2025
12 U 63/25
Das OLG Hamm hat im Rahmen eines Hinweisbeschlusses ausgeführt, dass keine Lernkontrolle im Sinne des FernUSG beim Online-Coaching vorliegt, wenn der Anbieter lediglich für Fragen zur Lösung von Problemen zur Verfügung steht.
Aus den Entscheidungsgründen:
1. Zwischen den Parteien ist anlässlich des per Videotelefonat geführten Gesprächs vom 14.10.2021 ein Dienstvertrag gemäß § 611 BGB geschlossen worden.
Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass in diesem Gespräch eine Einigung der Parteien über die essentialia negotii stattgefunden hat. Die Einwände der Berufung hiergegen greifen nicht durch.
Der Mitarbeiter der Klägerin hat zu den einzelnen Modulen eine kurze Beschreibung gegeben. Es geht bei dem von der Klägerin angebotenen Coaching unter anderem darum, wie man Produkte erfolgreich vermarktet, wie Webseiten aufgebaut werden und wie man Mitarbeiter gewinnt sowie eine Liquiditätsplanung erstellt. Der Mitarbeiter hat auch im Einzelnen dargestellt, welchen Umfang die von der Klägerin zu erbringenden Leistungen haben, nämlich die Errichtung einer geschlossenen T.(*)-Gruppe, die es dem Beklagten ermöglicht, so viele Fragen zu stellen und beantwortet zu bekommen, wie er möchte („Fragen-Flatrate“), Live-Calls, vier Vor-Ort-Termine und eine tägliche Sprechstunde.
Damit sind die wesentlichen Vertragspflichten der Klägerin beschrieben. Soweit der Beklagte eine konkretere Beschreibung vermisst, ist zu berücksichtigen, dass ein Coaching sich per se einer genauen Leistungsbeschreibung entzieht, weil die einzelnen Beratungsleistungen der Klägerin von dem Beratungsbedarf ihrer Kunden abhängen. Für den Beklagten war dennoch klar ersichtlich, welche Leistungen er von der Klägerin abrufen darf. Sollte er dies nicht verstanden haben, hätte er bei dem Mitarbeiter der Klägerin nachfragen können. Dies hat er in Bezug auf die geschlossene T.(*)-Gruppe auch getan, was zeigt, dass er im Übrigen die von der Klägerin zu erbringenden Leistungen erfasst und verstanden hat. Dies hat er gegenüber dem Mitarbeiter der Klägerin auch bestätigt.
Welche unternehmerische Tätigkeit der Beklagte genau ausüben wollte, ist zwar in dem Vertragsgespräch nicht vereinbart worden. Dort war nur die Rede von einer Tätigkeit als Coach, Consultant oder Dienstleister. Eine Festlegung war zur Erbringung der Leistungen der Klägerin aber auch nicht erforderlich. Das Coaching der Klägerin ist keine konkrete Unternehmensberatung, sondern hat eine Unterstützung bei der Ausübung einer unternehmerischen Tätigkeit zum Inhalt. Im Rahmen der Beratung im Einzelnen bzw. der Beantwortung der im Einzelnen gestellten Fragen ist ein Eingehen auf die konkrete ausgeübte oder auszuübende unternehmerische Tätigkeit ohne weiteres möglich.
2. Dieser Dienstvertrag ist auch nicht gemäß § 138 BGB wegen Sittenwidrigkeit nichtig.
Vorliegend käme allenfalls ein wucherähnliches Rechtsgeschäft in Betracht. Das Landgericht hat insoweit jedoch zu Recht festgestellt, dass jeglicher Vortrag des Beklagten dazu, was die von der Klägerin angebotenen Leistungen objektiv wert sein sollen, fehlt. Dieser Vortrag fehlt auch nach wie vor. Er wäre dem Beklagten auch sehr wohl möglich, weil die Leistungen der Klägerin hinreichend genau beschrieben sind.
Es gibt auch keine Anhaltspunkte für ein wucherähnliches Rechtsgeschäft. So betrug die Vergütung für Coaching-Leistungen in einem Rechtsstreit vor dem OLG München 20.000,00 € für ein Coaching von 9 Monaten (vgl. OLG München, Beschluss vom 16.05.2024 – 3 U 984/24 e, juris Rn. 14). Umgerechnet auf die hier zwischen den Parteien vereinbarten 15 Monate Laufzeit wäre dies ein Betrag von 33.333,33 €.
In einem Rechtsstreit vor dem OLG Celle betrug die Vergütung für Coaching-Leistungen 2.200,00 € netto monatlich, mithin 2.618,00 € brutto (vgl. OLG Celle, Urteil vom 01.03.2023 – 3 U 85/22, juris Rn. 2). Rechnet man die vom Beklagten zugesagte Vergütung von brutto 49.980,00 € für einen Coaching-Zeitraum von 15 Monaten auf den Monat um, ergibt sich eine monatliche Brutto-Vergütung von 3.332,00 €.
Von einem wucherähnlichen Rechtsgeschäft kann jedoch erst ausgegangen werden, wenn die vereinbarte Vergütung rund das Doppelte des Wertes der Gegenleistung beträgt (vgl. MüKoBGB/Armbrüster, 10. Aufl. 2025, § 138 Rn. 212 m.w.N.). Dies ist vorliegend nicht der Fall, vergleicht man die zwischen den Parteien vereinbarte Vergütung mit derjenigen in den vorgenannten Rechtsstreitigkeiten.
Soweit der Beklagte eine Sittenwidrigkeit daraus ableiten möchte, dass die Leistung der Klägerin nicht überprüfbar sei, verfängt dies nicht. Die Leistung der Klägerin ist sehr wohl überprüfbar; so kann zum Beispiel festgestellt werden, ob die zugesagte Sprechstunde zur Verfügung stand und ob die Fragen des Beklagten – wenn er welche gestellt hätte – auch beantwortet werden. Dass eine Bewertung der Leistung der Klägerin unter Umständen schwierig ist, führt nicht dazu, dass eine Vergütung dafür nicht geschuldet wird oder eine Sittenwidrigkeit anzunehmen ist; dieser Umstand liegt vielmehr in der Natur von Coachingleistungen.
3. Der Dienstvertrag ist auch nicht wegen Verstoßes gegen das FernUSG gemäß § 134 BGB nichtig.
Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil verwiesen, mit denen sich die Berufungsbegründung nicht auseinandersetzt.
Vorliegend handelt es sich nicht um einen Vertrag über Fernunterricht. Es fehlt an der gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 FernUSG erforderlichen Überwachung des Lernerfolgs.
Dieses Tatbestandsmerkmal ist zwar weit auszulegen und bereits dann erfüllt, wenn der Lernende nach dem Vertrag den Anspruch hat, zum Beispiel durch mündliche Fragen zum erlangten Stoff eine individuelle Kontrolle des Lernerfolges durch den Lehrenden zu erhalten (vgl. BGH, Urteil vom 15.10.2009 – III ZR 310/08, juris Rn. 16 ff.).
Dass eine solche Lernkontrolle geschuldet war, ergibt sich aus dem Vertragsgespräch der Parteien aber gerade nicht. Zwar hätte der Beklagte ebenfalls Fragen an die Klägerin bzw. ihre Mitarbeiter stellen dürfen. Damit war eine Kontrolle des Lernerfolgs aber nicht geschuldet. Anders als in dem vom BGH entschiedenen Fall haben die Parteien Begriffe wie „Studium“ oder „Lehrgang“ bzw. „Absolventen“ und „Zertifikat“, die untrennbar mit Lernkontrollen verbunden sind, nicht gebraucht. Dem Beklagten ist vielmehr nur angeboten worden, dass die Mitarbeiter der Klägerin für Fragen zur Lösung von Problemen zur Verfügung stünden (vgl. OLG Köln, Urteil vom 06.12.2023 – I-2 U 24/23, juris Rn. 53 ff.; OLG München, Beschluss vom 16.05.2024 – 3 U 984/24 e, juris Rn. 17).
4. Der Beklagte hat den Dienstvertrag auch nicht wirksam widerrufen. Ihm stand ein Widerrufsrecht nicht zu.
Der Beklagte ist im Rahmen des Vertragsgesprächs als Existenzgründer aufgetreten und damit als Unternehmer. Rechtsgeschäfte im Zuge einer Existenzgründung sind nach den objektiven Umständen klar auf unternehmerisches Handeln ausgerichtet (BGH, Beschluss vom 24.02.2005 – III ZB 36/04, juris Rn. 9; vgl. auch EuGH, Urteil vom 03.07.1997 – C-269/95, juris Rn. 17). Entscheidend hierfür ist die objektiv zu bestimmende Zweckrichtung des Verhaltens. Das Gesetz stellt nicht auf das Vorhandensein geschäftlicher Erfahrung ab (BGH, Urteil vom 15.11.2007 – III ZR 295/06, juris Rn. 6). Rechtsgeschäfte, die der Entscheidung darüber dienen, ob es überhaupt zu einer Existenzgründung kommen soll oder diese Entscheidung vorbereiten, sind hingegen dem privaten Bereich zuzuordnen (BGH, a.a.O., juris Rn. 7).
Vorliegend beinhaltete das Coaching Hilfestellung zur Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit. Es beinhaltet keine Informationen darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Existenzgründung zu empfehlen ist. Damit ist die objektive Zweckrichtung dem unternehmerischen Bereich zuzuordnen.
Soweit der Beklagte erneut geltend macht, er habe sich „größer“ gemacht als er tatsächlich sei, greift dieser Einwand nicht, da die Zweckrichtung des Vertrages, wie dargelegt, objektiv zu bestimmen ist.
Darüber hinaus hat der Beklagte sich als jemand dargestellt, der ein Unternehmen gründen möchte. Dass er dies zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses auch tatsächlich vorgehabt hat und sich nicht mehr in einem „Vorüberlegungsstadium“ befand, dafür spricht, dass er bereit war, einen Betrag von fast 50.000,00 € für ein Coaching im Hinblick auf die Unternehmensführung zu bezahlen. Existenzgründer zu sein setzt nicht voraus, dass der Beklagte bereits ein Unternehmer ist oder in wirtschaftlicher Hinsicht eine gewisse „Größe“ erreicht hat. Zweck der Aufnahme der unternehmerischen Tätigkeit war ja gerade die Erzielung von entsprechenden Umsätzen in der Zukunft. Existenzgründer kann damit jeder sein.
5. Der vom Beklagten erklärte Widerruf kann auch nicht in eine Kündigung umgedeutet werden. Auch eine solche wäre nicht wirksam.
a) Eine ordentliche Kündigung des Dienstvertrages scheidet gemäß § 620 Abs. 1 und 2 BGB aus, da es sich um einen befristeten Vertrag handelt.
b) Für eine außerordentliche Kündigung fehlt es an einem Kündigungsgrund.
Es liegt insbesondere kein Fall des § 627 Abs. 1 BGB vor. Danach kann ein Dienstverhältnis fristlos gekündigt werden, wenn der zur Dienstleistung Verpflichtete Dienste höherer Art zu leisten hat, die auf Grund besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen.
Vorliegend fehlt es jedenfalls an einem besonderen Vertrauensverhältnis. Der Beklagte hatte weder einen Anspruch auf bestimmte Berater, noch ist ersichtlich, dass die Klägerin bzw. ihre Mitarbeiter Einsicht in vertrauliche Unterlagen des Beklagten hätten erhalten sollen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 06.12.2023 – I-2 U 24/23, juris Rn. 64; OLG München, Beschluss vom 16.05.2024 – 3 U 984/24 e, juris Rn. 18). Es handelt sich vielmehr um ein Coaching, das der Beklagte auch bei zahlreichen anderen Unternehmen hätte erhalten oder sich mit öffentlich zugänglichen Quellen hätte selbst erschließen können.
6. Der Zinsanspruch folgt hinsichtlich der Vergütungsforderung (mit Ausnahme der Umsatzsteuer) aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 2 BGB. Hinsichtlich der Umsatzsteuer in Höhe von 7.980,00 € folgt der Zinsanspruch aus §§ 288 Abs. 2, 291 BGB.
Der Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten folgt aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB.
Auch insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil verwiesen. Einwände hiergegen hat die Berufung auch nicht vorgebracht.
Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:
Hinweisbeschluss vom 15.10.2025
12 U 63/25
Das OLG Hamm hat im Rahmen eines Hinweisbeschlusses ausgeführt, dass keine Lernkontrolle im Sinne des FernUSG beim Online-Coaching vorliegt, wenn der Anbieter lediglich für Fragen zur Lösung von Problemen zur Verfügung steht.
Aus den Entscheidungsgründen:
1. Zwischen den Parteien ist anlässlich des per Videotelefonat geführten Gesprächs vom 14.10.2021 ein Dienstvertrag gemäß § 611 BGB geschlossen worden.
Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass in diesem Gespräch eine Einigung der Parteien über die essentialia negotii stattgefunden hat. Die Einwände der Berufung hiergegen greifen nicht durch.
Der Mitarbeiter der Klägerin hat zu den einzelnen Modulen eine kurze Beschreibung gegeben. Es geht bei dem von der Klägerin angebotenen Coaching unter anderem darum, wie man Produkte erfolgreich vermarktet, wie Webseiten aufgebaut werden und wie man Mitarbeiter gewinnt sowie eine Liquiditätsplanung erstellt. Der Mitarbeiter hat auch im Einzelnen dargestellt, welchen Umfang die von der Klägerin zu erbringenden Leistungen haben, nämlich die Errichtung einer geschlossenen T.(*)-Gruppe, die es dem Beklagten ermöglicht, so viele Fragen zu stellen und beantwortet zu bekommen, wie er möchte („Fragen-Flatrate“), Live-Calls, vier Vor-Ort-Termine und eine tägliche Sprechstunde.
Damit sind die wesentlichen Vertragspflichten der Klägerin beschrieben. Soweit der Beklagte eine konkretere Beschreibung vermisst, ist zu berücksichtigen, dass ein Coaching sich per se einer genauen Leistungsbeschreibung entzieht, weil die einzelnen Beratungsleistungen der Klägerin von dem Beratungsbedarf ihrer Kunden abhängen. Für den Beklagten war dennoch klar ersichtlich, welche Leistungen er von der Klägerin abrufen darf. Sollte er dies nicht verstanden haben, hätte er bei dem Mitarbeiter der Klägerin nachfragen können. Dies hat er in Bezug auf die geschlossene T.(*)-Gruppe auch getan, was zeigt, dass er im Übrigen die von der Klägerin zu erbringenden Leistungen erfasst und verstanden hat. Dies hat er gegenüber dem Mitarbeiter der Klägerin auch bestätigt.
Welche unternehmerische Tätigkeit der Beklagte genau ausüben wollte, ist zwar in dem Vertragsgespräch nicht vereinbart worden. Dort war nur die Rede von einer Tätigkeit als Coach, Consultant oder Dienstleister. Eine Festlegung war zur Erbringung der Leistungen der Klägerin aber auch nicht erforderlich. Das Coaching der Klägerin ist keine konkrete Unternehmensberatung, sondern hat eine Unterstützung bei der Ausübung einer unternehmerischen Tätigkeit zum Inhalt. Im Rahmen der Beratung im Einzelnen bzw. der Beantwortung der im Einzelnen gestellten Fragen ist ein Eingehen auf die konkrete ausgeübte oder auszuübende unternehmerische Tätigkeit ohne weiteres möglich.
2. Dieser Dienstvertrag ist auch nicht gemäß § 138 BGB wegen Sittenwidrigkeit nichtig.
Vorliegend käme allenfalls ein wucherähnliches Rechtsgeschäft in Betracht. Das Landgericht hat insoweit jedoch zu Recht festgestellt, dass jeglicher Vortrag des Beklagten dazu, was die von der Klägerin angebotenen Leistungen objektiv wert sein sollen, fehlt. Dieser Vortrag fehlt auch nach wie vor. Er wäre dem Beklagten auch sehr wohl möglich, weil die Leistungen der Klägerin hinreichend genau beschrieben sind.
Es gibt auch keine Anhaltspunkte für ein wucherähnliches Rechtsgeschäft. So betrug die Vergütung für Coaching-Leistungen in einem Rechtsstreit vor dem OLG München 20.000,00 € für ein Coaching von 9 Monaten (vgl. OLG München, Beschluss vom 16.05.2024 – 3 U 984/24 e, juris Rn. 14). Umgerechnet auf die hier zwischen den Parteien vereinbarten 15 Monate Laufzeit wäre dies ein Betrag von 33.333,33 €.
In einem Rechtsstreit vor dem OLG Celle betrug die Vergütung für Coaching-Leistungen 2.200,00 € netto monatlich, mithin 2.618,00 € brutto (vgl. OLG Celle, Urteil vom 01.03.2023 – 3 U 85/22, juris Rn. 2). Rechnet man die vom Beklagten zugesagte Vergütung von brutto 49.980,00 € für einen Coaching-Zeitraum von 15 Monaten auf den Monat um, ergibt sich eine monatliche Brutto-Vergütung von 3.332,00 €.
Von einem wucherähnlichen Rechtsgeschäft kann jedoch erst ausgegangen werden, wenn die vereinbarte Vergütung rund das Doppelte des Wertes der Gegenleistung beträgt (vgl. MüKoBGB/Armbrüster, 10. Aufl. 2025, § 138 Rn. 212 m.w.N.). Dies ist vorliegend nicht der Fall, vergleicht man die zwischen den Parteien vereinbarte Vergütung mit derjenigen in den vorgenannten Rechtsstreitigkeiten.
Soweit der Beklagte eine Sittenwidrigkeit daraus ableiten möchte, dass die Leistung der Klägerin nicht überprüfbar sei, verfängt dies nicht. Die Leistung der Klägerin ist sehr wohl überprüfbar; so kann zum Beispiel festgestellt werden, ob die zugesagte Sprechstunde zur Verfügung stand und ob die Fragen des Beklagten – wenn er welche gestellt hätte – auch beantwortet werden. Dass eine Bewertung der Leistung der Klägerin unter Umständen schwierig ist, führt nicht dazu, dass eine Vergütung dafür nicht geschuldet wird oder eine Sittenwidrigkeit anzunehmen ist; dieser Umstand liegt vielmehr in der Natur von Coachingleistungen.
3. Der Dienstvertrag ist auch nicht wegen Verstoßes gegen das FernUSG gemäß § 134 BGB nichtig.
Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil verwiesen, mit denen sich die Berufungsbegründung nicht auseinandersetzt.
Vorliegend handelt es sich nicht um einen Vertrag über Fernunterricht. Es fehlt an der gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 FernUSG erforderlichen Überwachung des Lernerfolgs.
Dieses Tatbestandsmerkmal ist zwar weit auszulegen und bereits dann erfüllt, wenn der Lernende nach dem Vertrag den Anspruch hat, zum Beispiel durch mündliche Fragen zum erlangten Stoff eine individuelle Kontrolle des Lernerfolges durch den Lehrenden zu erhalten (vgl. BGH, Urteil vom 15.10.2009 – III ZR 310/08, juris Rn. 16 ff.).
Dass eine solche Lernkontrolle geschuldet war, ergibt sich aus dem Vertragsgespräch der Parteien aber gerade nicht. Zwar hätte der Beklagte ebenfalls Fragen an die Klägerin bzw. ihre Mitarbeiter stellen dürfen. Damit war eine Kontrolle des Lernerfolgs aber nicht geschuldet. Anders als in dem vom BGH entschiedenen Fall haben die Parteien Begriffe wie „Studium“ oder „Lehrgang“ bzw. „Absolventen“ und „Zertifikat“, die untrennbar mit Lernkontrollen verbunden sind, nicht gebraucht. Dem Beklagten ist vielmehr nur angeboten worden, dass die Mitarbeiter der Klägerin für Fragen zur Lösung von Problemen zur Verfügung stünden (vgl. OLG Köln, Urteil vom 06.12.2023 – I-2 U 24/23, juris Rn. 53 ff.; OLG München, Beschluss vom 16.05.2024 – 3 U 984/24 e, juris Rn. 17).
4. Der Beklagte hat den Dienstvertrag auch nicht wirksam widerrufen. Ihm stand ein Widerrufsrecht nicht zu.
Der Beklagte ist im Rahmen des Vertragsgesprächs als Existenzgründer aufgetreten und damit als Unternehmer. Rechtsgeschäfte im Zuge einer Existenzgründung sind nach den objektiven Umständen klar auf unternehmerisches Handeln ausgerichtet (BGH, Beschluss vom 24.02.2005 – III ZB 36/04, juris Rn. 9; vgl. auch EuGH, Urteil vom 03.07.1997 – C-269/95, juris Rn. 17). Entscheidend hierfür ist die objektiv zu bestimmende Zweckrichtung des Verhaltens. Das Gesetz stellt nicht auf das Vorhandensein geschäftlicher Erfahrung ab (BGH, Urteil vom 15.11.2007 – III ZR 295/06, juris Rn. 6). Rechtsgeschäfte, die der Entscheidung darüber dienen, ob es überhaupt zu einer Existenzgründung kommen soll oder diese Entscheidung vorbereiten, sind hingegen dem privaten Bereich zuzuordnen (BGH, a.a.O., juris Rn. 7).
Vorliegend beinhaltete das Coaching Hilfestellung zur Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit. Es beinhaltet keine Informationen darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Existenzgründung zu empfehlen ist. Damit ist die objektive Zweckrichtung dem unternehmerischen Bereich zuzuordnen.
Soweit der Beklagte erneut geltend macht, er habe sich „größer“ gemacht als er tatsächlich sei, greift dieser Einwand nicht, da die Zweckrichtung des Vertrages, wie dargelegt, objektiv zu bestimmen ist.
Darüber hinaus hat der Beklagte sich als jemand dargestellt, der ein Unternehmen gründen möchte. Dass er dies zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses auch tatsächlich vorgehabt hat und sich nicht mehr in einem „Vorüberlegungsstadium“ befand, dafür spricht, dass er bereit war, einen Betrag von fast 50.000,00 € für ein Coaching im Hinblick auf die Unternehmensführung zu bezahlen. Existenzgründer zu sein setzt nicht voraus, dass der Beklagte bereits ein Unternehmer ist oder in wirtschaftlicher Hinsicht eine gewisse „Größe“ erreicht hat. Zweck der Aufnahme der unternehmerischen Tätigkeit war ja gerade die Erzielung von entsprechenden Umsätzen in der Zukunft. Existenzgründer kann damit jeder sein.
5. Der vom Beklagten erklärte Widerruf kann auch nicht in eine Kündigung umgedeutet werden. Auch eine solche wäre nicht wirksam.
a) Eine ordentliche Kündigung des Dienstvertrages scheidet gemäß § 620 Abs. 1 und 2 BGB aus, da es sich um einen befristeten Vertrag handelt.
b) Für eine außerordentliche Kündigung fehlt es an einem Kündigungsgrund.
Es liegt insbesondere kein Fall des § 627 Abs. 1 BGB vor. Danach kann ein Dienstverhältnis fristlos gekündigt werden, wenn der zur Dienstleistung Verpflichtete Dienste höherer Art zu leisten hat, die auf Grund besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen.
Vorliegend fehlt es jedenfalls an einem besonderen Vertrauensverhältnis. Der Beklagte hatte weder einen Anspruch auf bestimmte Berater, noch ist ersichtlich, dass die Klägerin bzw. ihre Mitarbeiter Einsicht in vertrauliche Unterlagen des Beklagten hätten erhalten sollen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 06.12.2023 – I-2 U 24/23, juris Rn. 64; OLG München, Beschluss vom 16.05.2024 – 3 U 984/24 e, juris Rn. 18). Es handelt sich vielmehr um ein Coaching, das der Beklagte auch bei zahlreichen anderen Unternehmen hätte erhalten oder sich mit öffentlich zugänglichen Quellen hätte selbst erschließen können.
6. Der Zinsanspruch folgt hinsichtlich der Vergütungsforderung (mit Ausnahme der Umsatzsteuer) aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 2 BGB. Hinsichtlich der Umsatzsteuer in Höhe von 7.980,00 € folgt der Zinsanspruch aus §§ 288 Abs. 2, 291 BGB.
Der Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten folgt aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB.
Auch insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil verwiesen. Einwände hiergegen hat die Berufung auch nicht vorgebracht.
Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: