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BVerfG: Gegen richterliche Mitteilung von Informationen aus den Gerichtsakten an nichtverfahrensbeteiligte Dritte muss eine Rechschutzmöglichkeit bestehen

BVerfG
Beschluss vom 02.12.2014
1 BvR 3106/09


Das BVerfG hat entschieden, dass gegen die richterliche Mitteilung von Informationen aus den Gerichtsakten an nichtverfahrensbeteiligte Dritte eine Rechtsschutzmöglichkeit bestehen muss.

Leitsatz des BVerfG:

Die richterliche Mitteilung von Informationen an nichtverfahrensbeteiligte Dritte ist nicht allein deshalb eine der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG entzogene spruchrichterliche Tätigkeit, weil sie aus einem laufenden Rechtsstreit heraus erfolgt.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Oldenburg: Keine Wiederholungsgefahr und kein Unterlassungsanspruch wenn Versicherung personenbezogene Daten zwecks Prüfung eines Schadensgutachtens in Zusammenhang mit einem Unfall weiterleitet

OLG Oldenburg
Urteil vom 23.12.2014
13 U 66/14


Das OLG Oldenburg hat entschieden, dass keine Wiederholungsgefahr und damit kein Unterlassungsanspruch besteht, wenn eine Versicherung personenbezogene Daten zwecks Prüfung eines Schadensgutachtens in Zusammenhang mit einem Unfall weiterleitet. Der Unfall stellt - so die angreifbare Argumentation des Gerichts - eine Sondersituation dar, so dass nicht mit einer erneuten Verletzungshandlung zu rechnen ist. Die Frage, ob die Versicherung berechtigt war, die personenbezogenen Daten weiterzugeben, hat das Gericht nicht abschließend entschieden.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Ein Anspruch des Klägers auf Unterlassung der Weitergabe seiner Daten könnte sich zwar aus einer entsprechenden Anwendung des § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit § 823 Abs. 1 BGB ergeben, weil eine durch das Bundesdatenschutzgesetz nicht gedeckte Übermittlung personenbezogener Daten eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als „sonstiges Recht“ im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB darstellt und keine speziellen datenschutzrechtlichen Ansprüche auf Unterlassung bestehen (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 1983 - III ZR 159/82, NJW 1984, 436, zitiert nach juris, Rn. 14; OLG Düsseldorf, Urteil vom 11. Mai 2005 - 15 U 196/04, NJW 2005, 2401, zitiert nach juris, Rn. 57 ff.; Taeger in: Taeger/Gabel, BDSG, § 4 Rn. 76; Dix in: Simitis, BDSG, 8. Aufl., § 35 Rn. 73 m.w.N.).
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Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch ist jedoch, dass „weitere Beeinträchtigungen zu besorgen“ sind, also eine Wiederholungsgefahr besteht (vgl. OLG Düsseldorf, aaO, Rn. 58; vgl. auch Gabel in: Taeger/Gabel, aaO, § 7 Rn. 17 m.w.N.). Wiederholungsgefahr ist die auf Tatsachen gegründete objektive ernstliche Besorgnis weiterer Störungen (Palandt/Bassenge, BGB, 74. Aufl., § 1004 Rn. 32 m.w.N.). Zwar begründet eine vorangegangene rechtswidrige Beeinträchtigung eine tatsächliche Vermutung für das Bestehen einer Wiederholungsgefahr (OLG Düsseldorf, aaO, Rn. 59; Palandt/Bassenge, aaO). Diese Vermutung ist aber dann als widerlegt anzusehen, wenn die Beeinträchtigung durch eine einmalige Sondersituation veranlasst ist und eine Wiederholung deshalb nicht naheliegt (vgl. OLG Saarbrücken, Beschluss vom 2. August 2013 - 1 UH 1/13, MDR 2013, 1485, zitiert nach juris, Rn. 22; BeckOK BGB/Fritzsche, § 1004 Rn. 83 m.w.N.). So verhält es sich - eine rechtswidrige Beeinträchtigung unterstellt - hier.

Mit einer erneuten Weitergabe von Daten des Klägers durch die Beklagte zu 2 ist nicht zu rechnen. Denn die Weitergabe diente allein der Abwicklung des Verkehrsunfalls vom 10. Oktober 2011, die inzwischen abgeschlossen ist."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Karlsruhe: Bezeichnung eines Politikers als Betrüger, Rechtsbrecher, Lügner, Halunke oder Gauner kann im politischen Meinungskampf zulässig sein

OLG Karlsruhe
Urteil vom 14.01.2015
6 U 156/14


Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass die Bezeichnung eines Politikers als "Betrüger, Rechtsbrecher, Lügner, Halunke oder Gauner" im politischen Meinungskampf zulässig sein kann.

Die Entscheidung verdeutlicht abermals, dass die Zulässigkeit von Äußerungen stets in ihrem konkreten Kontext betrachtet werden müssen.

Die Pressemitteilung des OLG Karlsruhe:

"Antrag des baden-württembergischen Landesvorsitzen"den der AfD Bernd Kölmel gegen Ex-Parteimitglied auf Unterlassung von Äußerungen gescheitert

Im Rahmen des politischen Meinungskampfes kann auch die Bezeichnung des Gegners als Betrüger, Rechtsbrecher, Lügner, Halunke oder Gauner zulässig sein, sofern es sich bei diesen Äußerungen ihrem Sinn und systematischen Kontext nach um eine bewertende Stellungnahme zu einer die Öffentlichkeit bzw. eine politische Partei interessierende Frage handelt. Dies hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe entschieden.

Der Verfügungskläger (fortan: Kläger), baden- württembergischer Landesvorsitzender und Gründungsmitglied der Partei Alternative für Deutschland (AfD), hatte sich in dem einstweiligen Verfügungsverfahren dagegen gewendet, dass der Verfügungsbeklagte (fortan: Beklagter) ihn in einem an Parteimitglieder der AfD adressierten E-Mailschreiben als Betrüger, Rechtsbrecher, Halunke, Lügner und Gauner bezeichnet hat. Der Beklagte war früher selbst Mitglied der AfD. Nachdem es im Jahr 2013 zu einem Parteiausschlussverfahren kam, war er freiwillig aus der Partei ausgetreten.

Auf Antrag des Klägers hatte das Landgericht Baden-Baden dem Beklagten die beanstandeten Äußerungen untersagt (Urt. v. 29.09.2014 - Az. 4 O 128/14). Die dagegen eingelegte Berufung des Beklagten hatte Erfolg. Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe ist nicht der Auffassung des Landgerichts gefolgt, wonach es sich hier um Schmähkritik handele, die ohne weitere Abwägung der betroffenen Interessen unzulässig sei. Denn eine Schmähung liege bei einer die Öffentlichkeit interessierenden Frage nur ausnahmsweise vor und sei eher auf die Privatfehde beschränkt. Wesentliches Merkmal der Schmähung sei eine das sachliche Anliegen völlig in den Hintergrund drängende persönliche Kränkung. Davon könne hier keine Rede sein. Die angegriffenen Äußerungen dürften nicht isoliert betrachtet werden, vielmehr müssten - entgegen der Auffassung des Landgerichts - auch die in der E-Mail gesetzten Links berücksichtigt werden. Dort beanstande der Beklagte den Ablauf der Wahl des Klägers auf den 3. Listenplatz der AfD bei der Europawahl sowie die Durchführung des Gründungsparteitags als fehlerhaft. Bei den Äußerungen des Beklagten handele es sich daher ihrem Sinn und systematischen Zusammenhang nach um die kritisierten parteiinternen Vorgänge zusammenfassende, bewertende Stellungnahmen. Bei der gebotenen Abwägung spreche eine Vermutung für die Zulässigkeit der beanstandeten Äußerungen, da sonst die Meinungsfreiheit, die Voraussetzung für einen freien und offenen politischen Prozess sei, in ihrem Kern betroffen wäre.

OLG Karlsruhe, Urteil vom 14.01.2015 - Az. 6 U 156/14"

OLG München: Schiedsvereinbarung zwischen Eisschnelllaufverband und Claudia Pechstein kartellrechtswidrig - Schiedsspruch des CAS nicht anerkennungsfähig - Weg zur Zivilgerichtsbarkeit eröffnet

OLG München
Urteil vom 15.01.2015
U 1110/14 Kart


Das OLG München hat entschieden, dass die Schiedsgerichtsvereinbarung zwischen dem Fachverband für Eisschnelllauf (ISU) und Claudia Pechstein kartellrechtswidrig und somit unwirksam ist. Der Schiedsspruch des Court of Arbitration for Sports (CAS) ist nicht anerkennungsfähig. Vielmehr kann die Sportlerin den Zivilrechtsweg beschreiten.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der BGH wird sich mit der Sache befassen.

Die Pressemitteilung des OLG München:

"Oberlandesgericht München erklärt die zwischen Claudia P. und dem Internationalen Fachverband für Eisschnelllauf (ISU) 2009 getroffene Schiedsvereinbarung für unwirksam und erkennt den Spruch des Court of Arbitration for Sports (CAS) nicht an.

In seinem am 15.01.2015 verkündeten Zwischenurteil teilt das Oberlandesgericht München die Auffassung der Vorinstanz, dass die zwischen der Athletin und dem ISU im Januar 2009 getroffenen Schiedsvereinbarung wegen Verstoßes gegen zwingendes Kartellrecht unwirksam ist.

Die vor dem deutschen Zivilgericht erhobene Klage ist damit zulässig.

Anders als vom Landgericht noch angenommen, ist aber der Spruch des Court of Arbitration for Sports (CAS) nicht anerkennungsfähig. Die deutschen Gerichte sind deshalb in der für die geltend gemachten Schadensersatzansprüche vorgreiflichen Feststellung, ob die Dopingsperre zu Unrecht verhängt wurde, nicht an den Spruch gebunden.
Bevor der noch nicht zur Endentscheidung reife Rechtsstreit weitergeht, wartet das Oberlandesgericht, das die Revision gegen sein Zwischenurteil zugelassen hat, ggf. eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs ab.
In dem bei dem Kartellsenat des Oberlandesgerichts München anhängigen Berufungsverfahren wendet sich die Klägerin, eine international erfolgreiche Eisschnellläuferin, gegen die Rechtmäßigkeit einer im Jahr 2009 verhängten Dopingsperre und macht gegen die Beklagte ISU, den internationalen Fachverband für Eisschnelllauf mit Sitz in der Schweiz, Schadensersatz wegen der ihr daraus erwachsenen Schäden geltend.

Das Landgericht München I hatte in 1. Instanz den von der Beklagten erhobenen Einwand, der Zulässigkeit der Klage stehe eine zwischen der Klägerin und ihr am 2. Januar 2009 in einer von der Beklagten vorformulierten Wettkampfmeldung für die Eisschnelllauf-Mehrkampfweltmeisterschaften enthaltene Schiedsvereinbarung entgegen, wonach für Streitigkeiten zwischen den Wettkampfteilnehmern und der Beklagten unter vollständigem Ausschluss der ordentlichen Gerichtsbarkeit der Court of Arbitration for Sports (CAS) in Lausanne zuständig sei, als nicht durchgreifend erachtet. Die Klage hatte das Landgericht aber dennoch im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, es sei an die nach Anrufung des CAS durch die Klägerin erfolgte Bestätigung der Dopingsperre gebunden.

Mit Zwischenurteil vom 15.01.2015 hat nun auch der Kartellsenat des Oberlandesgerichts München entschieden, dass die Schadensersatzklage zulässig ist. Entgegen dem Vorbringen der Beklagten steht die zwischen der Klägerin und der Beklagten getroffene Schiedsvereinbarung vom 2. Januar 2009 dem Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten nicht entgegen. An die Entscheidung des CAS, die Dopingsperre sei zurecht verhängt worden, sind die deutschen Gerichte jedoch nicht gebunden. Über die Frage des Dopings ist noch nicht entschieden.

Im Einzelnen hat das Oberlandesgericht hierzu ausgeführt:

1) Die Schiedsvereinbarung ist im Streitfall unwirksam, weil sie gegen zwingendes Kartellrecht verstößt.
Auf dem Markt des Angebots von Weltmeisterschaften im Eisschnelllaufsport ist die Beklagte wegen des Ein-Platz-Prinzips der einzige Anbieter und daher mangels Wettbewerber als Monopolistin im Sinne des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) marktbeherrschend.
Sachlich relevant im Sinne des GWB ist im Streitfall der Markt des Angebots der Durchführung von Weltmeisterschaften im Eisschnelllauf. Die Teilnahme daran kann wegen des überragenden weltweiten Interesses und der damit verbundenen Verwertungsmöglichkeiten für Athleten, die dort Erfolge erzielen wollen, nicht durch die Teilnahme an nationalen Wettkämpfen ersetzt werden.
Einem marktbeherrschenden Unternehmen ist es nach den relevanten Vorschriften des GWB verboten, Geschäftsbedingungen zu fordern, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden. Danach durfte die Beklagte von der Klägerin die Schiedsvereinbarung vom 2. Januar 2009 nicht verlangen.
Zwar stellt das Verlangen einer Schiedsvereinbarung durch den Ausrichter von internationalen Sportwettkämpfen nicht schlechthin einen Missbrauch von Marktmacht dar. Vielmehr bestehen gewichtige sachgerechte Gründe dafür, Streitigkeiten zwischen Athleten und Sportverbänden im Zusammenhang mit internationalen Wettkämpfen nicht den verschiedenen in Betracht kommenden staatlichen Gerichten zu überlassen, sondern einem einheitlichen Sportgericht zuzuweisen. Insbesondere kann auf diese Weise durch einheitliche Zuständigkeit und Verfahrensgestaltung verhindert werden, dass in gleichgelagerten Fällen divergierende Entscheidungen getroffen werden, was der Gewährleistung der Chancengleichheit der Athleten bei der Wettkampfteilnahme dient.
Im konkreten Fall stellt es jedoch einen Missbrauch von Marktmacht dar, dass die Beklagte von der Klägerin die Zustimmung zu der Schiedsvereinbarung zugunsten des CAS verlangt hat.
Nach den im Zeitpunkt der Schiedsvereinbarung gültigen Verfahrensregeln haben die daran beteiligten Verbände (die Internationalen Sportverbände, das Nationale und das Internationale Olympische Komitee) bestimmenden Einfluss auf die Auswahl der Personen, die als Schiedsrichter in Betracht kommen.
Infolge der vom Kartellsenat festgestellten einseitigen Ausgestaltung der Schiedsrichterbestellung zugunsten der daran beteiligten Verbände für Streitigkeiten mit Athleten wird den Verbänden ein Übergewicht bei der Zusammensetzung des Schiedsgerichts verliehen, das von den Athleten nur hingenommen wird, weil sie keine andere Möglichkeit haben, an internationalen Sportveranstaltungen teilzunehmen.
Durch die Vorgaben für die Wahl der im Rahmen der Schiedsvereinbarung in Betracht kommenden Schiedsrichter erhalten die Verbände bei Streitigkeiten mit Athleten ein strukturelles Übergewicht, das die Neutralität des CAS grundlegend in Frage stellt.
Darüber hinaus wird ein strukturelles Ungleichgewicht zugunsten der Verbände dadurch begründet, dass in den Berufungsverfahren vor dem CAS der Vorsitzende des für die konkrete Streitigkeit zuständigen Kollegiums vom Präsidenten der Berufungsabteilung des CAS bestimmt wird, wenn sich die Streitparteien insoweit nicht einigen können, und der Präsident der Berufungsabteilung seinerseits durch die einfache Mehrheit eines Gremiums gewählt wird, das strukturell von den Verbänden abhängt. Damit können letztlich die Verbände zusätzlichen mittelbaren Einfluss auf das dritte Mitglied des für eine konkrete Streitigkeit zuständigen Kollegiums haben. Das Vertrauen des Rechtsuchenden in die Unparteilichkeit und Sachlichkeit eines Schiedsgerichts nimmt Schaden, wenn er befürchten muss, sich einem Richter gegenüberzusehen, der mit Blick auf seinen Fall und seine Person bestellt worden ist; insoweit gilt es, Vorkehrungen schon gegen die bloße Möglichkeit und den Verdacht einer Manipulation der Richterbesetzung zu treffen.
Bei wirksamem Wettbewerb, der angesichts der Monopolstellung der Beklagten nicht stattfindet, wäre die Klägerin nicht gezwungen gewesen, zur Ermöglichung ihrer Teilnahme an den Weltmeisterschaften die im vorliegenden Fall relevante Schiedsklausel hinzunehmen.
Die Abweichung von Schiedsklauseln, die bei wirksamen Wettbewerb zustande kämen, hat zur Folge, dass der Klägerin die sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergebenden Rechte auf Zugang zu den staatlichen Gerichten und auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes) entzogen werden, denen Verfassungsrang zukommt. Sie überschreitet daher die für die Annahme eines Missbrauchs von Marktmacht erforderliche Erheblichkeitsschwelle.

2) Mangels Anerkennungsfähigkeit des Spruchs des CAS sind die deutschen Gerichte in der für die geltend gemachten Schadensersatzansprüche vorgreiflichen Feststellung, ob die Dopingsperre zu Unrecht verhängt wurde, nicht an den Spruch gebunden.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann die Klage insoweit nicht wegen der Rechtskraftwirkung der Entscheidung des CAS als unbegründet angesehen werden.

Die Anerkennung des Spruchs des CAS, mit dem die Dopingsperre bestätigt wurde, widerspräche der öffentlichen Ordnung; er ist deshalb gemäß § 1061 Abs. 1 Satz 1 ZPO i. V. m. Art. V Abs. 2 lit. b) des Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958 nicht anerkennungsfähig.

Zu der für die Anerkennung ausländischer Schiedssprüche maßgeblichen öffentlichen Ordnung (ordre public) zählt auch die Einhaltung der grundlegenden Bestimmungen des Kartellrechts. Danach kommt eine Anerkennung des CAS-Spruchs nicht in Betracht.

Im Streitfall war der Beklagten kartellrechtlich verboten, von der Klägerin die Zustimmung zu der Schiedsvereinbarung zu verlangen. Durch die inzidente Anerkennung des auf der Grundlage der kartellrechtswidrigen Vereinbarung ergangenen Spruchs würde der Missbrauch der Monopolstellung der Beklagten perpetuiert, was dem Zweck des kartellrechtlichen Missbrauchsverbots zuwiderliefe. Zudem führte der Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung durch die Beklagte im Falle der Anerkennung des Spruchs dazu, dass der Klägerin die sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergebenden Rechte auf Zugang zu den staatlichen Gerichten und auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes) entzogen würden.

3) Soweit zulässig, ist die Klage allerdings noch nicht zur Endentscheidung reif.
Aus Gründen der Prozessökonomie hat es der Kartellsenat als angezeigt erachtet, über die Zulässigkeit der im Berufungsverfahren weiterverfolgen Klageanträge durch Zwischenurteil gesondert zu entscheiden und wegen der über den Einzelfall hinausgehenden Auswirkungen der Entscheidung auf die Zulässigkeit von Schiedsabreden im internationalen Sport insoweit die Revision zuzulassen."




LAG Düsseldorf: Facebook-Seite des Arbeitgebers unterliegt nicht der Mitbestimmung - Betriebsrat hat kein Mitbestimmungsrecht

LAG Düsseldorf
Beschluss vom 12.01.2015
9 Ta BV 51/14


Das LAG Düsseldorf hat entschieden, dass die Facebook-Seite des Arbeitgebers nicht der Mitbestimmung unterliegt. Der Betriebsrat hat kein Mitbestimmungsrecht, da - so das Gericht - es sich dabei nicht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG um eine technische Einrichtung handelt, die dazu bestimmt ist, das Verhalten oder die Leistung der Mitarbeiter zu überwachen

Die Pressemitteilung des LAG Düsseldorf:

"Landesarbeitsgericht Düsseldorf: facebook-Seite des Arbeitgebers unterliegt nicht der Mitbestimmung

In dem Beschlussverfahren verlangt der Konzernbetriebsrat von der Arbeitgeberin, ihre Seite auf www.facebook.com abzuschalten. Die Arbeitgeberin nimmt in fünf Transfusionszentren Blutspenden entgegen, verarbeitet und veräußert diese. Sie eröffnete ohne Beteiligung des Konzernbetriebsrats eine konzernweite facebook-Seite. Die Nutzer erhielten die Möglichkeit, Kommentare abzugeben, die auf der virtuellen Pinnwand eingestellt und von den facebook-Nutzern betrachtet bzw. weiter kommentiert werden können. Die Arbeitgeberin informierte die Mitarbeiter über die Seite und wies auf diese bei den Spendeterminen in Flugblättern hin. Auf der facebook-Seite wurden mehrere negative Kommentare über die Qualität der Mitarbeiter bei Blutspenden veröffentlicht.

Der Konzernbetriebsrat meint, ihm stehe ein Mitbestimmungsrecht zu. Die facebook-Plattform sei als technische Einrichtung geeignet, die Mitarbeiter zu überwachen. Hierfür stünden der Arbeitgeberin weitere Programme zur Verfügung, um personenbezogene Daten zu erhalten, zumal anhand der Dienstpläne eine Zuordnung der Beschwerden zu den Mitarbeitern möglich sei. Die Arbeitgeberin sieht in der facebookseite lediglich einen Kummerkasten und ein Marketinginstrument. Außerdem nutze sie die Seite und die ergänzenden technischen Möglichkeiten nicht zu Kontrollzwecken.

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat auf die Beschwerde der Arbeitgeberin den Antrag des Konzernbetriebsrats zurückgewiesen. Dem Betriebsrat steht bei der Einrichtung der facebook-Seite kein Mitbestimmungsrecht zu. Dieses folgt insbesondere nicht aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Die Seite als solche ist keine technische Einrichtung, die dazu bestimmt ist, das Verhalten oder die Leistung der Mitarbeiter zu überwachen. Eine solche Einrichtung setzt voraus, dass sie - jedenfalls teilweise - aus sich heraus Aufzeichnungen über die Mitarbeiter automatisiert erstellt. Dies ist nicht der Fall, wenn Dritte dort Beschwerden anlässlich ihrer Blutspenden über Mitarbeiter eintragen. Die Möglichkeit, die facebook-Seite mittels der integrierten Werkzeuge zu durchsuchen, ist ebenfalls keine automatische Aufzeichnung im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Anders ist dies bei den Mitarbeitern, welche die facebook-Seite pflegen, weil deren Aktivität nach Datum und Uhrzeit aufgezeichnet wird. Da dies aber zehn Mitarbeiter betrifft, welche alle den gleichen allgemeinen Zugang benutzen, sind Rückschlüsse auf das Verhalten oder die Leistung einzelner Mitarbeiter nicht möglich.

Das Landesarbeitsgericht hat die Rechtsbeschwerde zugelassen.

Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 12.01.2015 - 9 Ta BV 51/14
Arbeitsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 27.06.2014 - 14 BV 104/13"



EuGH: Beim Online-Flugticket-Kauf muss der Ticketendpreis samt Steuern, Gebühren und sonstiger Zusatzkosten sofort bei erstmaliger Preisangabe ersichtlich sein - Air Berlin

EuGH
Urteil vom 15.01.2014
C‑573/13
Air Berlin plc & Co. Luftverkehrs KG
gegen
Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.


Der EuGH hat entschieden, dass beim Online-Flugticket-Kauf und elektronischen Buchungssystemen der Ticketendpreis samt Steuern, Gebühren und sonstiger Zusatzkosten sofort bei erstmaliger Angabe des Preises ersichtlich sein muss. Der EuGH hat den Rechtsstreit zwischen Air Berlin und dem vzbv zutreffend zugunsten der Verbraucherschützer entschieden.

Tenor der Entscheidung:

1. Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. September 2008 über gemeinsame Vorschriften für die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft ist dahin auszulegen, dass der zu zahlende Endpreis im Rahmen eines elektronischen Buchungssystems wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden bei jeder Angabe von Preisen für Flugdienste, einschließlich bei ihrer erstmaligen Angabe, auszuweisen ist.

2. Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 1008/2008 ist dahin auszulegen, dass der zu zahlende Endpreis im Rahmen eines elektronischen Buchungssystems wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht nur für den vom Kunden ausgewählten Flugdienst, sondern auch für jeden Flugdienst auszuweisen ist, dessen Preis angezeigt wird.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



BGH-Entscheidung zu Miles and More-Teilnahmebedingungen der Lufthansa liegt im Volltext vor

BGH
Urteil vom 28.10.2014
X ZR 79/13

Wir hatten bereits in dem Beitrag "BGH: Beschränkung von Miles & More-Flugprämien der Lufthansa auf Teilnehmer und mit ihm nah verbundene Personen zulässig - Anbieter hat bei Kundenbindungsprogrammen Gestaltungsspielraum" über die Entscheidung berichtet.

Leitsatz des BGH:

Die Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Luftverkehrsunternehmens

"Prämiendokumente können ausschließlich an Personen verschenkt werden, mit denen der Teilnehmer durch eine gegenseitige Beziehung persönlich verbunden ist, z.B. Verwandte, Freunde und Bekannte, …"

und

"Der Verkauf, der Tausch, das Anbieten zur Versteigerung oder die sonstige Weitergabe von Prämiendokumenten an Dritte sind untersagt, sofern die Weitergabe nicht ausdrücklich durch Ziffer
… gestattet ist."

stellen eine im Rahmen eines Kundenbindungsprogramms zulässige Bestimmung der vom Anbieter versprochenen Leistung dar und unterliegen damit nicht der Inhaltskontrolle.

BGH, Urteil vom 28. Oktober 2014 - X ZR 79/13 - OLG Köln - LG Köln

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



OLG Frankfurt: Wenn ein Waschbär in der Werbung die Unternehmensfarbe des Mitbewerbers übersprüht - Herabsetzung und damit unzulässige vergleichende Werbung

OLG Frankfurt
Urteil vom 09.10.2014
6 U 199/13 6. Zivilsenat


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass die Werbung mit einem Waschbären, der die Unternehmensfarbe eines Mitbewerbers mit der Unternehmensfarbe des Werbenden übersprüht, eine Herabsetzung des Mitbewerbers darstellt und damit eine unzulässige vergleichende Werbung ist.


Aus den Entscheidungsgründen:

"Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch aus §§ 3, 6 II Nr. 5, 8 I, III Nr. 1 UWG auf Unterlassung zu, einen Vergleich mit einem Bildmotiv zu bewerben, bei dem die Unternehmensfarbe „Rot“ der Klägerin durch die Unternehmensfarbe „Blau“ der Beklagten übersprüht wird, wie in den Werbeanzeigen Anlagen K3, K4 geschehen.

aa) Den Streitgegenstand der Klage bildet entgegen der Ansicht der Beklagten nicht allein das isolierte Bildmotiv der Anlagen K3 und K4. Wie oben dargelegt, hat in der vorliegenden Konstellation, in der andere Elemente der konkreten Verletzungsform bereits Gegenstand gesonderter Angriffe waren, der abstrakt beschreibende Teil des Antrags maßgebliche Bedeutung für die Bestimmung des Streitgegenstands. Daraus ergibt sich, dass ein Werbevergleich verboten werden soll, bei dem die den Unternehmensauftritt der Klägerin bestimmende Farbe „Rot“ übersprüht wird. Als Werbevergleich greift die Klägerin jedoch nicht allein das - textfreie - Bildmotiv an, das für sich genommen ohne Aussagegehalt ist. Erst aus dem Text der Werbeanzeige erschließt sich, dass Preise für die Leistungen zweier Telekommunikationsunternehmen verglichen werden sollen. Der Unlauterkeitsvorwurf soll sich allerdings - unabhängig vom konkreten Text - daraus ergeben, dass die Unternehmensfarbe „Rot“ übersprüht wird, wie in dem angegriffenen Bildmotiv dargestellt. Nicht zur Überprüfung steht die Frage, ob auch der in dem Slogan „Was ist blau und günstiger als X?“ liegende Werbevergleich für sich genommen unlauter ist. Diese Frage war bereits Gegenstand des rechtskräftig abgeschlossenen Verfügungsantrags zu 1. Letztlich möchte die Klägerin verhindern, dass mit dem gleichen Bildmotiv ähnliche Werbevergleiche mit abgeändertem Text geschaltet werden. Es ist also zu prüfen, ob sich die behauptete Herabsetzung unabhängig von dem konkreten Slogan bereits daraus ergibt, dass die den Unternehmensauftritt der Klägerin bestimmende Farbe „Rot“ übersprüht wird. In den Kernbereich des angestrebten Verbots können dabei nur solche Werbeanzeigen fallen, in denen Preise für Telekommunikationstarife der Parteien verglichen werden. Es würde zu weit greifen, das Bildmotiv grundsätzlich für jede denkbare Art des Vergleichs zu untersagen. Dies ist mit der Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform sichergestellt.

bb) Nach § 6 Abs. 1 UWG ist vergleichende Werbung jede Werbung, die unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die von einem Mitbewerber angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar macht. Der Begriff der vergleichende Werbung setzt bei richtlinienkonformer Auslegung neben dem Erkennbarmachen konkreter Wettbewerber zwingend einen Vergleich der von diesen angebotenen, hinreichend austauschbaren Produkte voraus (BGH RUR 2012, 74, Rn. 18 - Coaching-Newsletter). Das streitgegenständliche Bildmotiv in Verbindung mit einer Werbebotschaft, in der Preise für Telekommunikationstarife verglichen werden, macht sowohl die Parteien des Rechtsstreits als auch ihre Leistungen erkennbar. Nach den - insoweit unangegriffenen - Feststellungen des Landgerichts ist die Farbe „Blau“ die Unternehmensfarbe der Beklagten, die vom Verkehr im Zusammenhang mit Telekommunikationsleistungen als solche auch erkannt wird. Das Landgericht hat weiterhin zutreffend angenommen, dass es sich bei der Farbe „Rot“ um die Unternehmensfarbe der Klägerin handelt, die vom Verkehr im Zusammenhang mit der Bewerbung von Telekommunikationsdienstleistungen ebenfalls als solche erkannt wird. Diese Feststellung greift die Beklagte ohne Erfolg an.

[...]

Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass in dem vollständigen Übersprühen der Unternehmensfarbe „Rot“ der Klägerin eine unzulässige Herabsetzung liegt. Gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG handelt unlauter, wer vergleichend wirbt, wenn der Vergleich die Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft.

(1) Herabsetzend im Sinne von § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG ist ein Vergleich nur, wenn zu den mit jedem Werbevergleich verbundenen (negativen) Wirkungen für die Konkurrenz besondere Umstände hinzutreten, die ihn als unangemessen abfällig, abwertend oder unsachlich erscheinen lassen. Maßgeblich ist, ob die angegriffene Werbeaussage sich noch in den Grenzen einer sachlichen Erörterung hält oder bereits eine pauschale Abwertung der fremden Erzeugnisse darstellt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Werbung zu einem nicht unerheblichen Teil von Humor und Ironie lebt und begleitet wird. Solange der Werbende mit ironischen Anklängen lediglich Aufmerksamkeit und Schmunzeln erzielt, mit ihnen aber - weil der Verkehr die Aussage nicht wörtlich und damit ernst nimmt - keine Abwertung des Mitbewerbers oder des konkurrierenden Angebots verbunden ist, liegt darin noch keine unzulässige Herabsetzung. Es ist weiterhin zu berücksichtigen, dass der Durchschnittsverbraucher zunehmend an pointierte Aussagen in der Werbung gewöhnt ist und sie als Ausdruck lebhaften Wettbewerbs empfindet. Ein humorvoller oder ironischer Werbevergleich kann daher auch dann zulässig sein, wenn er sich nicht auf feinen Humor und leise Ironie beschränkt. Eine humorvolle oder ironische Anspielung auf einen Mitbewerber oder dessen Produkte stellt vielmehr erst dann eine unzulässige Herabsetzung dar, wenn sie den Mitbewerber dem Spott oder der Lächerlichkeit preisgibt oder von den Adressaten der Werbung wörtlich und damit ernst genommen und daher als Abwertung verstanden wird (BGH, GRUR 2010, 161, Rn. 16-20 - Gib mal Zeitung).

(2) Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe stellt sich die Werbung der Beklagten als Herabsetzung dar. Das Bild eines lächelnden oder grinsenden Waschbären, der eine rote Wand übersprüht, mag vom Verkehr durchaus als lustig empfunden werden. Von leiser Ironie oder feinem hintergründigen Humor, wie er etwa der BGH-Entscheidung „Gib mal Zeitung“ zugrunde lag, kann jedoch keine Rede sein. Vielmehr handelt es sich bei dem Übersprühen der Unternehmensfarbe der Klägerin eher um eine plumpe, aggressive Maßnahme. Die Unternehmensfarbe wird ausgelöscht und restlos durch jene der Beklagten ersetzt. Die Werbung erweckt den Eindruck, dass die Leistungen der Klägerin der Vergangenheit angehören, nicht mehr zeitgemäß sind und verschwinden werden. Sie werden damit pauschal abgewertet. Zwar nimmt der Verkehr die in dem Bild liegende Werbebehauptung nicht wörtlich. Jedoch gibt die Beklagte die Leistungen der Klägerin dem Spott und der Lächerlichkeit preis. Der Bereich der sachlichen Erörterung wird mit dieser Darstellung verlassen."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Berlin: Zahlreiche Klauseln in Apple-Herstellergarantie und der kostenpflichtigen Garantieerweiterung AppleCare Protection Plan unzulässig

LG Berlin
Urteil vom 28.11.2014
15 O 601/12


Das LG Berlin hat wenig überraschend entschieden, dass zahlreiche Klauseln in der Apple-Herstellergarantie und der kostenpflichtigen Garantieerweiterung AppleCare Protection Plan unzulässig sind. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

Aus der Pressemitteilung des vzbv:
"Garantie von Apple weit hinter gesetzlichen Regelungen

Apple warb für seine Produkte mit einer einjährigen Hardwaregarantie für Material- und Herstellungsfehler. Doch die Garantie blieb hinter den gesetzlichen Gewährleistungsregeln zurück: Laut Gesetz haftet ein Verkäufer zwei Jahre lang für Produktmängel. Apple gewährte als Hersteller eine Garantie für ein Jahr und schloss eine darüber hinaus gehende Haftung aus. Für Produktmängel wollte der Konzern nur haften, sofern die Geräte „normal“ und nach „veröffentlichten Richtlinien“ genutzt wurden, ohne diese näher zu erläutern. Nicht einmal für Dellen und Kratzer an iPhone und anderen Geräten wollte Apple laut Klauseln einstehen, sofern sie „die Funktion des Produktes nicht beeinträchtigen und sich nicht wesentlich nachteilig auf die Nutzung auswirken.“ Falls eine Reparatur im Ausland nötig sei, sollte der Kunde die Versand- und Transportkosten zahlen.

Undurchsichtige Garantiebedingungen

Die Richter schlossen sich der Auffassung des vzbv an, dass diese und weitere Klauseln die Käufer unangemessen benachteiligen. So sollte die sogenannte Hardwaregarantie nach ihrem Wortlaut an die Stelle aller sonstigen Ansprüche des Verbrauchers treten. Dies sei unzulässig, urteilte das Gericht, denn Sinn und Zweck einer Produktgarantie sei es gerade, dass sie neben den gesetzlichen Gewährleistungsansprüchen bestehe. Ein entsprechender Hinweis an anderer Stelle reiche zur Klarstellung nicht aus. Auch der Zusatz „soweit rechtlich zulässig“ könne einer inhaltlich unwirksamen Regelung nicht zur Geltung verhelfen, denn Verbraucher seien völlig überfordert einzuschätzen, ob eine Klausel rechtlich zulässig sei oder nicht.

Garantieversprechen völlig unzulänglich

Zum Umfang einer Garantie führte das Gericht grundsätzlich aus, dass Garantieleistungen im Leistungswettbewerb eine beliebte Nebenleistung seien, um sich von vergleichbaren Produkten von Mitbewerbern abzuheben. Die Garantieleistungen würden ihrem Namen aber nur gerecht, wenn sie werthaltig seien. Von einer besonderen Zusatzleistung könne keine Rede sein, wenn – wie hier – die Einstandspflicht für Herstellungs- und Materialfehler nur halb so lang sei wie die gesetzliche Gewährleistungspflicht des Verkäufers. Darüber hinaus sollte die Garantie nur gelten, sofern das Produkt „normal“ genutzt werde. Bei extensiver Nutzung sollte also ein nach dem Gesetz berechtigter Sachmangel nicht als Garantiefall geltend gemacht werden können. Dies entwerte das Garantieversprechen ins Belanglose. Auch im kostenpflichtigen Care Protection Plan schränkte Apple nach Auffassung des Gerichts sein Garantieversprechen unzulässig ein. Der Konzern wollte beispielsweise nicht für Material- und Herstellungsfehler aufkommen, wenn der Schaden durch eine „nicht vom Hersteller beschriebene zulässige oder beabsichtigte Nutzung“ verursacht wird. Was darunter zu verstehen ist, blieb unklar. Diese Klauseln wurden ebenfalls wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot untersagt."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


OLG Düsseldorf: Bestpreisklauseln des Hotelbuchungsportals HRS sind kartellrechtswidrig und somit unzulässig - unzulässige Beschränkung der Hotelunternehmen

OLG Düsseldorf
Beschluss vom 09.01.2015
VI - Kart. 1/14 (V)


Die Pressemitteilung des OLG Düsseldorf:

"HRS-Hotelbuchungsportal: "Bestpreisklauseln" kartellrechtswidrig und damit unzulässig

Mit Beschluss vom 09. Januar 2015 hat der 1. Kartellsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf unter Vorsitz von Prof. Dr. Jürgen Kühnen die Auffassung des Bundeskartellamts bestätigt, dass die zwischen der HRS-Hotel Reservation Service Robert Ragge GmbH ("HRS") und ihren Vertragshotels vereinbarten "Bestpreisklauseln" kartellrechtswidrig sind. Der Senat hat deshalb die Beschwerde der HRS gegen einen Beschluss des Bundeskartellamts vom 20. Dezember 2013 zurückgewiesen, mit dem HRS die weitere Durchführung und Vereinbarung von "Bestpreisklauseln" untersagt wurde.

Zur Begründung führt der Senat aus, dass die von HRS praktizierten Bestpreisklauseln eine Einschränkung des Wettbewerbs u. a. zwischen den verschiedenen Hotelportalanbietern bewirke. Dies stelle einen Verstoß gegen § 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) dar. Die Hotelunternehmen seien aufgrund der Bestpreisklauseln gehindert, ihre Hotelzimmerpreise und sonstigen Konditionen gegenüber den verschiedenen Portalen sowie im Eigenvertrieb unterschiedlich festzulegen. Durch die Bestpreisklauseln seien sie nämlich verpflichtet, HRS immer mindestens die gleich günstigen Zimmerpreise und Preisbedingungen einzuräumen. Auch dürfe HRS aufgrund der Klauseln in Bezug auf die Verfügbarkeit sowie die Buchungs- und Stornierungskonditionen nicht schlechter gestellt werden, als andere Vertriebskanäle. Die Vereinbarung einer Bestpreisklausel nehme ferner anderen Hotelportalen den wirtschaftlichen Anreiz, den HRS-Hotelunternehmen niedrigere Vermittlungsprovisionen anzubieten, um im Gegenzug die Möglichkeit zu erhalten, die Hotelzimmer über ihr Portal zu günstigeren Preisen und Konditionen als HRS anbieten zu können.

Da der vom Bundeskartellamt festgestellte Marktanteil von HRS 30% übersteige, bewirke die Bestpreisklausel eine spürbare Wettbewerbsbeeinträchtigung und sei nicht durch die einschlägige Gruppenfreistellungsverordnung (Art. 101 Abs. 3 AEUV i. V. m. Art. 3, 7 Vertikal GVO) vom Kartellverbot freigestellt. Auch seien die Bestpreisklauseln nicht aufgrund von Effizienzvorteilen nach der Legalausnahme des Art. 101 Abs. 3 AEUV zulässig.

Der Senat hat gegen seine Entscheidung die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zugelassen, da das Bundeskartellamt aufgrund von Bestpreisklauseln gegen weitere Hotelportalanbieter Verfahren führe und auch im europäischen Ausland Bestpreisklauseln Gegenstand von Kartellverfahren seien.

Aktenzeichen: OLG Düsseldorf, VI - Kart. 1/14 (V)"


LG Bonn: Werbung mit "Bester Netzqualität" durch Vermittler von Mobilfunkverträgen wettbewerbswidrig, wenn keine Spitzenstellung bei der Netzqualität vorliegt - AllNet Spar-Flat

LG Bonn
Urteil vom 18.12.2014
12 O 24/14
AllNet Spar-Flat


Das LG Bonn hat entschieden, dass die Werbung mit "Bester Netzqualität" durch einen Vermittler von Mobilfunkverträgen wettbewerbswidrig ist, wenn tatsächlich keine Spitzenstellung bei der Netzqualität vorliegt. Das Gericht kommt zu dem zutreffenden Ergebnis, dass derartige Werbeaussagen eine irreführende Alleinstellungsbehauptung darstellen.

AG Rostock: Wettbewerbsrechtliche Sonderzuzuständigkeit der Landgerichte nach § 13 Abs. 2 UWG gilt auch für Klage auf Zahlung einer Vertragsstrafe

AG Rostock
Beschluss vom 15.04.2014
42 C 43/14


Das AG Rostock hat entschieden, dass die wettbewerbsrechtliche Sonderzuzuständigkeit der Landgerichte nach § 13 Abs. 2 UWG auch für Klagen auf Zahlung einer Vertragsstrafe aus einer Unterlassungserklärung, die wegen eines Wettbewerbsverstoßes abgegen wurde, gilt.

Die wohl überwiegende Meinung sieht dies jedoch anders, da der Wortlaut der Vorschrift auf Ansprüche aus dem UWG abstellt und es sich bei einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung um eine eigenständige vertragliche Regelung handelt.

BGH: Nur formlos übermittelte einstweilige Verfügung kann keine Schadensersatzpflicht nach § 945 ZPO auslösen - Nero

BGH
Urteil vom 10.07.2014
I ZR 249/12
Nero
ZPO § 287, § 922 Abs. 2, §§ 929, 945

Leitsätze des BGH:


a) Wird eine im Beschlusswege erlassene Verbotsverfügung vor einer förmlichen Parteizustellung formlos der Gegenseite übermittelt, führt dies noch nicht zu einem Vollstreckungsdruck, der die Schadensersatzpflicht nach § 945 ZPO auslösen kann.

b) Mit der Zustellung der mit Ordnungsmittelandrohung versehenen Unterlassungsverfügung muss der Schuldner damit rechnen, dass der Gläubiger jederzeit von der Vollstreckungsmöglichkeit Gebrauch macht und im Falle einer Zuwiderhandlung gegen die in der Beschlussverfügung ausgesprochene Unterlassungsverpflichtung die Festsetzung von Ordnungsmitteln beantragt. Bei einer solchen Sachlage ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Befolgung einer Unterlassungsverpflichtung der Abwendung von Vollstreckungsmaßnahmen dient und nicht freiwillig erfolgt.

BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - I ZR 249/12 - OLG Düsseldorf - LG Düsseldorf

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Abgabe verschreibungspflichtiger Medikamente durch einen Apotheker ohne Vorlage eines Rezepts wettbewerbswidrig

BGH
Urteil vom 08.01.2015
I ZR 123/13
Abgabe ohne Rezept


Der BGH hat entschieden, dass die Abgabe verschreibungspflichtiger Medikamente durch einen Apotheker ohne Vorlage eines Rezepts wettbewerbswidrig ist.

Die Ausnahmeregelung in § 4 AMVV für Eilfälle ist eng auszulegen und ein Verstoß wettbewerbswidrig. Regelmäßig ist es einem Patienten zuzumuten, einen notärztlichen Dienst zur Ausstellung eines Rezepts aufzusuchen.


Die Pressemitteilung des BGH:

Bundesgerichtshof zur Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ohne Rezept

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass die Abgabe eines verschreibungspflichtigen Medikaments durch einen Apotheker ohne Vorlage eines Rezepts wettbewerbsrechtlich unzulässig ist.

Die Parteien betreiben Apotheken. Der Kläger beanstandet, dass die Beklagte einer Patientin ein verschreibungspflichtiges Medikament ohne ärztliches Rezept ausgehändigt hat. Er sieht hierin einen Verstoß gegen § 48 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG), wonach verschreibungspflichtige Medikamente nicht ohne ärztliche Verordnung abgegeben werden dürfen. Der Kläger hat die Beklagte deshalb auf Unterlassung, Auskunft, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch genommen. Die Beklagte hat eingewandt, sie habe aufgrund der telefonisch eingeholten Auskunft einer ihr bekannten Ärztin davon ausgehen dürfen, zur Abgabe des Medikaments ohne Vorlage eines Rezepts berechtigt zu sein.

Das Landgericht hat der Klage bis auf einen Teil der Abmahnkosten stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, die Beklagte sei zwar nicht zur Abgabe des Arzneimittels ohne Rezept berechtigt gewesen, weil kein dringender Fall im Sinne von § 4 der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) vorgelegen habe. Der einmalige Gesetzesverstoß der Beklagten sei aber aufgrund der damaligen besonderen Situation, insbesondere wegen eines geringen Verschuldens der Beklagten, nicht geeignet gewesen, Verbraucherinteressen spürbar zu beeinträchtigen.

Auf die Revision des Klägers hat der Bundesgerichtshof die Verurteilung der Beklagten nach dem erstinstanzlichen Urteil wiederhergestellt. Die Verschreibungspflicht gemäß § 48 AMG dient dem Schutz der Patienten vor gefährlichen Fehlmedikationen und damit gesundheitlichen Zwecken. Durch Verstöße gegen das Marktverhalten regelnde Vorschriften, die den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung bezwecken, werden die Verbraucherinteressen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stets spürbar beeinträchtigt.

Die Beklagte war auch nicht aufgrund der besonderen Umstände des Streitfalls gemäß § 4 AMVV ausnahmsweise zur Abgabe des Arzneimittels ohne Rezept berechtigt. Zwar kann der Apotheker sich grundsätzlich auf eine Entscheidung des Arztes über die Verordnung des verschreibungspflichtigen Medikaments verlassen. Die Ausnahmevorschrift des § 4 AMVV setzt aber eine Therapieentscheidung des behandelnden Arztes aufgrund eigener vorheriger Diagnose voraus. In dringenden Fällen reicht es allerdings aus, wenn der Apotheker über die Verschreibung telefonisch unterrichtet wird. An der erforderlichen Therapieentscheidung fehlt es, wenn ein Apotheker einen Arzt zu einer Verschreibung für einen dem Arzt unbekannten Patienten bewegt. Da zum Zeitpunkt des Besuchs der Apotheke der Beklagten keine akute Gesundheitsgefährdung bestand, war der Patientin auch zuzumuten, den ärztlichen Notdienst im Nachbarort aufzusuchen.

Urteil vom 8. Januar 2015 - I ZR 123/13 - Abgabe ohne Rezept

LG Ravensburg – Urteil vom 15. November 2012 – 7 O 76/11 KfH 1

OLG Stuttgart – Urteil vom 13. Juni 2013 – 2 U 193/12

Karlsruhe, den 8. Januar 2015

§ 4 AMVV lautet:

(1) Erlaubt die Anwendung eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels keinen Aufschub, kann die verschreibende Person den Apotheker in geeigneter Weise, insbesondere fernmündlich, über die Verschreibung und deren Inhalt unterrichten. Der Apotheker hat sich über die Identität der verschreibenden Person Gewissheit zu verschaffen. Die verschreibende Person hat dem Apotheker die Verschreibung in schriftlicher oder elektronischer Form unverzüglich nachzureichen.


AG Mettmann: Amazon-Marketplace-Händler muss eigene Widerrufsbelehrung vorhalten und dem Käufer in Textform übermitteln

AG Mettmann
Urteil vom 06.08.2014
21 C 304/13


Das AG Mettmann hat entschieden, dass ein Amazon-Marketplace-Händler eine eigene Widerrufsbelehrung vorhalten muss. Ein pauschaler Verweis auf die Amazon-Widerrufsbelehrung ist unzureichend. Zudem muss der Kunde die Widerrufsbelehrung dem Käufer in Textform übermitteln. Im vorliegenden Fall war mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung die Frist zum Widerruf nicht erloschen.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Willenserklärung der Klägerin auf Abschluss des Vertrages wurde wirksam widerrufen.

Eine Frist zum Widerruf war noch nicht erloschen gemäß § 355 Abs. 4 S. 3 BGB (a.F.). Eine Widerrufsbelehrung mit dem Inhalt des § 360 Abs. 1 BGB (a.F.) in Textform ist der Klägerin durch die Beklagte nämlich nicht zugegangen.

Ein pauschaler Hinweis auf die AGB auf der Homepage genügt den Anforderungen der Textform nicht gemäß § 355 Abs. 3 S.1 BGB (a.F.). Die Textform gemäß § 126 b BGB (a.F.) umfasst auch die Übermittlung durch Fax oder E-Mail. Eine lediglich auf die Homepage des Betreibers gestellte Belehrung reicht grundsätzlich nicht aus. Entscheidend ist, dass für den Verbraucher eine dauerhafte Wiedergabe möglich ist. Es muss zu einer Perpetuierung bei dem Verbraucher kommen. Eine lediglich im Internet veröffentlichte Widerrufsbelehrung könnte jeder Zeit geändert werden und kann daher keine Rechtssicherheit leisten. Der Umstand, dass die AGB des jeweiligen Plattformbetreibers unter der Option "meine Bestellungen" für den Käufer abrufbar sind, ist daher irrelevant. Auch kann dahinstehen, ob die Klägerin eine E-Mail von B mit einer Widerrufsbelehrung erhalten hat. Denn maßgeblich ist, dass der Unternehmer als Vertragspartner den Verbraucher belehrt. Darüber hinaus wird durch diese Belehrung den Voraussetzungen des § 360 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BGB (a.F.) nicht Genüge getan, da ausweislich der Teilnahmebedingungen von B in der Fassung vom 29.08.2013 unter B. I. 5. geregelt ist, dass der Widerruf an den Verkäufer zu richten ist, in der von der Beklagten vorgelegten E-Mail aber als Adressat B selbst angegeben ist."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: