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OLG Hamm: 10 EURO pro Produktfoto als Lizenzschaden bei fehlender Folgelizenzierung auch im gewerblichen Bereich - MFM-Tarife nicht anwenbar

OLG Hamm
Urteil vom 17.11.2015
4 U 34/15


Das OLG Hamm hat entschieden, dass 10 EURO pro Produktfoto als Lizenzschaden bei fehlender Folgelizenzierung angemessen ist. Insbesondere die MFM-Tarife sind nach Ansicht des Gerichts nicht anwendbar. Damit setzt das OLG Hamm seine Rechtsprechung der niedrigen Schadenersatzansprüche bei Urheberrechtsverletzungen fort.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Die Pressemitteilung des OLG Hamm:

"Foto urheberrechtswidrig auf der Homepage veröffentlicht - Oberlandesgericht Hamm klärt die Schadensberechnung

Wer ein Foto ohne Zustimmung des Fotografen auf seiner Homepage veröffentlicht, schuldet dem Fotografen als dem Inhaber des Urheberrechts Schadensersatz in Höhe einer angemessenen Lizenzgebühr. Die Höhe dieser Gebühr kann auf der Grundlage eines Lizenzbetrages bemessen werden, den der Fotograf für das Foto mit seinem Auftraggeber vereinbart hat, wenn der Auftraggeber das Foto zu Vertriebszwecken weitergegeben und der Verletzer keine Folgelizenz erworben hat. Das hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 17.11.2015 unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Landgerichts Bochum entschieden.
Der Kläger, ein international erfolgreicher Modefotograf aus Österreich, erstellte im Auftrag eines Unternehmens aus Bayreuth, welches Badeund Strandbekleidung herstellt, ca. 6000 Modefotografien. Diese überließ er seinem Auftraggeber, unter anderem zur Verwendung auf dessen Homepage, ohne eine Vereinbarung über die Weitergabe der Fotos an die Vertriebspartner des Auftraggebers zu treffen. Die Beklagte betreibt ein Wäsche- und Bademodengeschäft in Lünen und bewirbt dieses im Internet. Sie vertreibt u. a. Waren des Bayreuther Herstellers, des Auftraggebers des Klägers. Im Frühjahr 2012 stellte sie 11 Fotos des Klägers, die sie von dem Hersteller erhalten hatte, für ca. 11 Monate zu Werbezwecken auf ihrer Homepage ein. Nach einer mit der unbefugten Benutzung der Fotos begründeten Abmahnung des Klägers gab die Beklagte ihm gegenüber eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Im vorliegenden Prozess streiten die Parteien darüber, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Beklagte dem Kläger für die Benutzung der Fotos Schadensersatz zu leisten hat.

Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat dem Kläger dem Grunde nach Schadensersatz zuerkannt, in der Höhe jedoch nur einen Betrag von 110 Euro (10 Euro pro Bild) als gerechtfertigt angesehen. Mit der Wiedergabe von 11 Fotos auf ihrer Homepage habe die Beklagte, so der Senat, die Urheberrechte des Klägers verletzt. Auf die Nutzungsrechte, die der Kläger dem Hersteller aus Bayreuth eingeräumt habe, könne sich die Beklagte nicht berufen, weil der Kläger einer Übertragung der Nutzungsrechte auf die Vertriebspartner des Herstellers nicht zugestimmt habe.

In der Höhe sei der Anspruch des Klägers nur mit einem Betrag von 10 Euro pro Bild gerechtfertigt. Als Verletzter könne der Kläger die Vergütung verlangen, die ihm bei einer ordnungsgemäßen Übertragung des Nutzungsrechts gewährt worden wäre (sog. Lizenzanalogie). Bei der Schadensberechnung werde der Abschluss eines Lizenzvertrages zu angemessenen Bedingungen fingiert. Auf eine Preisliste des Klägers
oder Konditionen der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing könne nicht zurückgegriffen werden. Diese enthielten keine Beträge für die im vorliegenden Fall infrage stehende Folgelizenzierung von Nutzungsrechten an Werbefotografien aus einer Auftragsarbeit gegenüber einem Vertriebspartner des Auftraggebers. Der Senat könne die angemessene Lizenzgebühr allerdings gemäß § 287 ZPO (Zivilprozessordnung) auf der Grundlage der Vergütung schätzen, die der Kläger mit dem Bayreuther Hersteller vereinbart habe und die bei ca. 6 Euro pro Foto liege. Der Nutzungswert eines Fotos für die Beklagte als Vertriebspartner gehe nicht über den Nutzungswert hinaus, den ein Foto für den Hersteller habe. Berücksichtige man zudem einen Aufschlag für den unterlassenen Urhebervermerk als Ersatz für den materiellen Schaden, der dem Kläger durch den Eingriff in das Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft entstanden sei, sei der Betrag von 10 Euro pro Bild angemessen.

Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 17.11.2015 (4 U 34/15)

Volltext BGH-Entscheidung zur möglichen Störerhaftung des Access-Providers bei Urheberrechtsverletzungen als ultima ratio liegt vor

BGH
Urteil vom 26.11.2015
I ZR 174/14
Störerhaftung des Access-Providers
GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 Satz 1, Art. 10 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 ; EU-Grundrechtecharta
Art. 7, Art. 8, Art. 11 Abs. 1, Art. 16, Art. 17 Abs. 2; InformationsgesellschaftsRL Art. 8 Abs. 3;
DurchsetzungsRL Abs. 11 Satz 3 UrhG §§ 85, 97 Abs. 1; TKG § 95


Wir hatten bereits in dem Beitrag "BGH: Access-Provider kann als ultima ratio als Störer für Urheberrechtsverletzungen Dritter haften und zur Sperrung des Zugangs zu Webseiten verpflichtet sein" über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:

a) Ein Telekommunikationsunternehmen, das Dritten den Zugang zum Internet bereitstellt, kann von einem Rechteinhaber als Störer darauf in Anspruch genommen werden, den Zugang zu Internetseiten zu unterbinden, auf denen urheberrechtlich geschützte Werke rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht werden. In die im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung vorzunehmende Abwägung sind die betroffenen unionsrechtlichen und nationalen Grundrechte des Eigentumsschutzes der Urheberrechtsinhaber, der Berufsfreiheit der Telekommunikationsunternehmen und der Informationsfreiheit und der informationellen Selbstbestimmung der Internetnutzer einzubeziehen.

b) Eine Störerhaftung des Vermittlers von Internetzugängen kommt nur in Betracht, wenn der Rechteinhaber zunächst zumutbare Anstrengungen unternommen hat, gegen diejenigen Beteiligten vorzugehen, die - wie der Betreiber der Internetseite - die Rechtsverletzung selbst begangen haben oder - wie der Host-Provider - zur Rechtsverletzung durch die Erbringung von Dienstleistungen beigetragen haben. Nur wenn die Inanspruchnahme dieser Beteiligten scheitert oder ihr jede Erfolgsaussicht fehlt und deshalb andernfalls eine Rechtsschutzlücke entstünde, ist die Inanspruchnahme des Zugangsvermittlers als Störer zumutbar. Bei der Ermittlung der vorrangig in Anspruch zu nehmenden Beteiligten hat der Rechteinhaber in zumutbarem Umfang Nachforschungen anzustellen.

c) Bei der Beurteilung der Effektivität möglicher Sperrmaßnahmen ist auf die Auswirkungen der Sperren für den Zugriff auf die konkret beanstandete Internetseite abzustellen. Die aufgrund der technischen Struktur des Internets bestehenden Umgehungsmöglichkeiten stehen der Zumutbarkeit einer Sperranordnung nicht entgegen, sofern die Sperren den Zugriff auf rechtsverletzende Inhalte verhindern oder zumindest erschweren.

d) Eine Sperrung ist nicht nur dann zumutbar, wenn ausschließlich rechtsverletzende Inhalte auf der Internetseite bereitgehalten werden, sondern bereits dann, wenn nach dem Gesamtverhältnis rechtmäßige gegenüber rechtswidrigen Inhalten nicht ins Gewicht fallen. Dass eine Sperre nicht nur für den klagenden Rechteinhaber, sondern auch für Dritte geschützte Schutzgegenstände erfasst, zu deren Geltendmachung der Rechteinhaber nicht ermächtigt ist, steht ihrer Zumutbarkeit nicht entgegen.

BGH, Urteil vom 26. November 2015 - I ZR 174/14 - OLG Köln - LG Köln

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Kein Werktitelschutz für wetter.de mangels Unterscheidungskraft - Smartphone-Apps können grundsätzlich Werktitelschutz genießen

BGH:
Urteil vom 28.01.2016
I ZR 202/14
wetter.de

Der BGH hat entschieden, dass Smartphone-Apps grundsätzlich Werktitelschutz genießen können. Im vorliegenden Fall hat der BGH jedoch entschieden, dass die Zeichenfolge "wetter.de" für eine Smartphone-App mangels Unterscheidungskraft nicht als Werktitel geshcützt ist.

Die Pressemitteilung des BGH:

Bundesgerichtshof zum Werktitelschutz von Smartphone-Apps

Der unter anderem für das Markenrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass Apps für mobile Endgeräte wie Smartphones grundsätzlich Werktitelschutz genießen können.

Die Klägerin betreibt unter dem Domainnamen "wetter.de" eine Internetseite, auf der sie ortsspezifisch aufbereitete Wetterdaten und weitere Informationen über das Thema Wetter zum Abruf bereithält. Seit 2009 bietet sie entsprechende Informationen auch über eine Applikation (nachfolgend "App") für Mobilgeräte (Smartphones und Tablet-Computer) unter der Bezeichnung "wetter.de" an.

Die Beklagte ist Inhaberin der Domainnamen "wetter.at" und "wetter-deutschland.com", unten denen sie im Internet ebenfalls Wetterdaten zur Verfügung stellt. Seit Ende 2011 betreibt sie zudem eine App mit entsprechenden Inhalten unter den Bezeichnungen "wetter DE", "wetter-de" und "wetter-DE".

Die Klägerin beanstandet die Benutzung der Bezeichnungen der Beklagten für deren Wetter-App als eine Verletzung ihrer Titelschutzrechte an dem Domainnamen "wetter.de" und der entsprechenden Bezeichnung der von ihr betriebenen App. Sie hat die Beklagte auf Unterlassung, Auskunft und Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch genommen sowie die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Die gegen das Urteil des Berufungsgerichts eingelegte Revision der Klägerin hat der Bundesgerichtshof jetzt zurückgewiesen.

Der Bundesgerichtshof hat angenommen, dass Domainnamen von Internetangeboten sowie Apps für Mobilgeräte zwar titelschutzfähige Werke im Sinne von § 5 Abs. 3 MarkenG* sein können. Der Bezeichnung "wetter.de" komme aber keine für einen Werktitelschutz nach § 5 Abs. 1 und 3 MarkenG hinreichende originäre Unterscheidungskraft zu. Unterscheidungskraft fehlt einem Werktitel, wenn sich dieser nach Wortwahl, Gestaltung und vom Verkehr zugemessener Bedeutung in einer werkbezogenen Inhaltsbeschreibung erschöpft. So liegt es im Streitfall. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Bezeichnung "wetter.de" für eine Internetseite und für Apps, auf denen Wetterinformationen zu Deutschland angeboten werden, glatt beschreibend ist.

Allerdings sind in bestimmten Fällen nur geringe Anforderungen an den erforderlichen Grad der Unterscheidungskraft zu stellen. Dies setzt voraus, dass der Verkehr seit langem daran gewöhnt ist, dass Werke mit beschreibenden Bezeichnungen gekennzeichnet werden und dass er deshalb auch auf feine Unterschiede in den Bezeichnungen achten wird. Ein derart abgesenkter Maßstab ist von der Rechtsprechung insbesondere für den Bereich der Zeitungen und Zeitschriften anerkannt, die seit jeher mit mehr oder weniger farblosen und nur inhaltlich oder räumlich konkretisierten Gattungsbezeichnungen gekennzeichnet werden. Diese Grundsätze sind jedoch nicht auf den Bereich der Bezeichnung von Internetseiten und Smartphone-Apps übertragbar.

Die Bezeichnung "wetter.de" genießt auch keinen Werktitelschutz unter dem Gesichtspunkt der Verkehrsgeltung. Zwar kann eine fehlende originäre Unterscheidungskraft auch bei Werktiteln durch Verkehrsgeltung überwunden werden. Die Klägerin hat aber nicht belegt, dass sich die Bezeichnung innerhalb der angesprochenen Verkehrskreise als Werktitel durchgesetzt hat. Angesichts des glatt beschreibenden Charakters der Bezeichnung "wetter.de" kann die untere Grenze für die Annahme einer Verkehrsdurchsetzung nicht unterhalb von 50 % angesetzt werden. Dass mehr als die Hälfte der angesprochenen Verkehrskreise in der Bezeichnung "wetter.de" einen Hinweis auf eine bestimmte Internetseite mit Wetterinformationen sehen, ergab sich aus dem von der Klägerin vorgelegten Verkehrsgutachten nicht.

Vorinstanzen:

LG Köln - Urteil vom 10. Dezember 2013 - 33 O 83/13

OLG Köln - Urteil vom 5. September 2014 - 6 U 205/13 (GRUR 2014, 1111).

Karlsruhe, den 28. Januar 2016

* § 5 MarkenG lautet:

(1) Als geschäftliche Bezeichnungen werden Unternehmenskennzeichen und Werktitel geschützt.

(2) Unternehmenskennzeichen sind Zeichen, die im geschäftlichen Verkehr als Name, als Firma oder als besondere Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs oder eines Unternehmens benutzt werden. Der besonderen Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs stehen solche Geschäftsabzeichen und sonstige zur Unterscheidung des Geschäftsbetriebs von anderen Geschäftsbetrieben bestimmte Zeichen gleich, die innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Kennzeichen des Geschäftsbetriebs gelten.

(3) Werktitel sind die Namen oder besonderen Bezeichnungen von Druckschriften, Filmwerken, Tonwerken, Bühnenwerken oder sonstigen vergleichbaren Werken.

LG Hamburg: eBay-Händler haftet für wettbewerbswidrige Weiterempfehlungsfunktion von eBay

LG Hamburg
Urteil vom 17.11.2015
406 HKO 26/15


Das LG Hamburg hat entschieden, dass eBay-Händler für die wettbewerbswidrige Weiterempfehlungsfunktion von eBay auf Unterlassung haften. Da sich dieser Funktion nicht deaktivieren lässt, müssen eBay-Händler derzeit mit dem Abmahnrisiko leben.

( Siehe auch zum Thema "OLG Hamm: Amazon-Händler haftet für wettbewerbswidrige Weiterempfehlungsfunktion von Amazon" )

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Klägerin kann von der Beklagten nach §§ 3, 7, 8 UWG verlangen, dass diese es unterlässt, Angebote für Mobilfunkverträge mit der hier streitigen Weiterempfehlungsfunktion zu versehen. Denn das Angebot von Mobilfunkverträgen mit der hier streitigen Weiterempfehlungsfunktion beinhaltet jedenfalls eine Erstbegehungsgefahr für eine nach § 7 UWG unlautere Werbung per E-Mail gegenüber Verbrauchern ohne vorheriges Einverständnis des Empfängers mit dieser Werbung. Die Weiterempfehlungsfunktion ermöglicht es dem Nutzer, das Angebot einem Bekannten per E-Mail weiterzuleiten, ohne dass sichergestellt ist, dass sich der betreffende Bekannte des Nutzers zuvor mit einer Übermittlung des Angebots per E-Mail einverstanden erklärt hat. Dabei ist es nach dem Wortlaut sowie nach dem Sinn und Zweck des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG ohne Bedeutung, dass die Weiterempfehlungsfunktion nicht von der Beklagten, sondern von der von Beklagtenseite genutzten Verkaufs Plattform bereitgestellt wird, und dass die E-Mails, mit denen das Angebot der Beklagten weiterempfohlen wird, nicht von der Beklagten, sondern von Nutzern der Verkaufsplattform versandt werden. Eine E-Mail-Werbung ohne Einverständnis des Empfängers verstößt auch dann gegen § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG, wenn sie nicht eigenhändig vom Gewerbetreibenden, sondern unter Mithilfe von Dritten versandt wird. Entscheidend ist, dass die Versendung auf Veranlassung des Gewerbetreibenden erfolgt und eine Werbung für dessen Unternehmen bzw. dessen Angebote enthält. Daher entlastet es die Beklagte nicht, dass die Weiterempfehlungsfunktion von der von ihr genutzten Verkaufsplattform eingerichtet wurde und etwaige Weiterempfehlungsmails von (privaten) Nutzern der Verkaufsplattform versandt werden. Entscheidend ist, dass die Beklagte etwaige Weiterempfehlungen per E-Mail dadurch veranlasst hat, dass sie eine Verkaufsplattform genutzt hat, die eine derartige Weiterempfehlungsfunktion bereithält."


BVerfG: Keine einstweilige Anordnung gegen Vorratsdatenspeicherung - kein Eilbedürfnis - § 113b TKG - § 113c TKG

BVerfG
Beschluss vom 12.01.2016
1 BvQ 55/15


Das Bundesverfassungsggericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die durch § 113b bzw. § 113c TKG eingeführte Vorratsdatenspeicherung abgelehnt.


Die Entscheidung:

In dem Verfahren über den Antrag, im Wege der einstweiligen Anordnung

§ 113b des Telekommunikationsgesetzes, eingefügt durch Artikel 2 Nummer 2 des Gesetzes zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherpflicht für Verkehrsdaten vom 10. Dezember 2015 (BGBl I S. 2218) darf bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht angewendet werden, hilfsweise darf § 113c des Telekommunikationsgesetzes, eingefügt durch Artikel 2 Nummer 2 des Gesetzes zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherpflicht für Verkehrsdaten vom 10. Dezember 2015 (BGBl I S. 2218) bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht angewendet werden

Antragsteller:

G…,

hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch

den Vizepräsidenten Kirchhof,

den Richter Masing

und die Richterin Baer

gemäß § 32 Abs. 1 in Verbindung mit § 93d Abs. 2 BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 12. Januar 2016 einstimmig beschlossen:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Gründe:


Der Antrag auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung gemäß § 32 Abs. 1 BVerfGG hat keinen Erfolg. Das Vorbringen des Antragstellers lässt nicht erkennen, dass Nachteile, die mit dem Inkrafttreten des Gesetzes nach späterer Feststellung seiner Verfassungswidrigkeit verbunden wären, die Nachteile, die im Falle der vorläufigen Verhinderung eines sich als verfassungsgemäß erweisenden Gesetzes einträten, in Ausmaß und Schwere deutlich überwiegen (vgl. BVerfGE 104, 23 <27>; 117, 126 <135>; 121, 1 <17>; stRspr).


Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

BGH: Zu den Beweisgrundsätzen bei streitigen Zahlungsaufträgen im Online-Banking - Anscheinsbeweis bei PIN und smsTAN möglich

BGH
Urteil vom 26.01.2016
XI ZR 91/14


Der BGH hat sich in dieser Entscheidung mit den Beweisgrundsätzen bei streitigen Zahlungsaufträgen im Online-Banking befasst und entschieden, dass trotzt bestehender Sicherheitsbedenken beim Verwendung von PIN und smsTan ein Anscheinsbeweis zu Gunsten der Bank / Sparkasse bestehen kann. Voraussetzung ist - so der BGH - jedoch, dass das eingesetzte Sicherungssystem im Zeitpunkt der Vornahme des Zahlungsvorgangs im Allgemeinen praktisch unüberwindbar war, im konkreten Einzelfall ordnungsgemäß angewendet worden ist und fehlerfrei funktioniert hat. Der BGH hat die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen.

Die Pressemitteilung des BGH:

Bundesgerichtshof entscheidet zu Beweisgrundsätzen bei streitigen Zahlungsaufträgen im Online-Banking

Der für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass § 675w Satz 3 BGB* die Anwendung der Grundsätze des Anscheinsbeweises im Online-Banking bei Erteilung eines Zahlungsauftrags unter Einsatz der zutreffenden PIN und TAN nicht verbietet. Es muss aber geklärt sein, dass das eingesetzte Sicherungssystem im Zeitpunkt der Vornahme des strittigen Zahlungsvorgangs im Allgemeinen praktisch unüberwindbar war und im konkreten Einzelfall ordnungsgemäß angewendet worden ist und fehlerfrei funktioniert hat. Bei einer missbräuchlichen Nutzung des Online-Bankings spricht kein Beweis des ersten Anscheins für ein grob fahrlässiges Verhalten des Kontoinhabers.

Die beklagte GmbH unterhielt bei der klagenden Sparkasse u.a. ein Geschäftsgirokonto, mit dem sie seit März 2011 am Online-Banking teilnahm. Der Geschäftsführer der Beklagten erhielt dazu eine persönliche Identifikationsnummer (PIN), mit der er u.a. auf das Geschäftsgirokonto zugreifen konnte. Zur Freigabe einzelner Zahlungsvorgänge wurde das smsTAN-Verfahren (Übermittlung der Transaktionsnummer durch SMS) über eine Mobilfunknummer des Geschäftsführers der Beklagten vereinbart. Nachdem es zu Störungen im Online-Banking-System der Klägerin gekommen war, wurden am 15. Juli 2011 aus nicht geklärten Umständen dem Geschäftskonto der Beklagten fehlerhaft Beträge von 47.498,95 EUR und 191.576,25 EUR gutgeschrieben. Die Klägerin veranlasste am 15. und 17. Juli 2011 entsprechende Stornierungen, die aufgrund des Wochenendes erst am Montag, dem 18. Juli 2011, ausgeführt wurden. Am Freitag, dem 15. Juli 2011, um 23:29 Uhr wurde unter Verwendung der zutreffenden PIN und einer gültigen smsTAN eine Überweisung von 235.000 EUR vom Konto der Beklagten zugunsten des Streithelfers der Klägerin – eines Rechtsanwalts – in das Online-Banking-System der Klägerin eingegeben. Die Überweisung wurde am Montagmorgen, dem 18. Juli 2011, mit dem ersten Buchungslauf ausgeführt. Da zeitgleich die fehlerhaften Gutschriften berichtigt wurden, ergab sich ein Sollbetrag auf dem Geschäftskonto der Beklagten.

Nachdem die Klägerin die Beklagte erfolglos zum Ausgleich des Kontos aufgefordert hatte, kündigte sie die Geschäftsbeziehung fristlos und fordert mit der vorliegenden Klage den Schlusssaldo von 236.422,14 € nebst Zinsen. Sie hatte in beiden Tatsacheninstanzen Erfolg.

Der XI. Zivilsenat hat auf die Revision der Beklagten das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dabei waren im Wesentlichen folgende Überlegungen maßgeblich:

Ist die Zustimmung (Autorisierung) des Kontoinhabers zu einem Zahlungsvorgang strittig, hat das ausführende Kreditinstitut (Zahlungsdienstleister) bei Verwendung eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments (hier das Online-Banking-Verfahren) nach § 675w Satz 2 BGB nachzuweisen, dass dieses einschließlich seiner personalisierten Sicherheitsmerkmale (hier: PIN und smsTAN) genutzt und dies mithilfe eines Verfahrens überprüft worden ist. Diesen Nachweis hat die klagende Bank nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts geführt. Dies genügt aber nach § 675w Satz 3 BGB "nicht notwendigerweise", um den dem Zahlungsdienstleister obliegenden Beweis der Autorisierung des Zahlungsvorganges durch den Zahlungsdienstnutzer (hier: Kontoinhaberin) zu führen. Das schließt nicht aus, dass sich der Zahlungsdienstleister auf einen Anscheinsbeweis berufen kann. Dem Wortlaut des § 675w Satz 3 BGB ist nämlich genügt, da die Grundsätze des Anscheinsbeweises weder eine zwingende Beweisregel noch eine Beweisvermutung begründen.

Voraussetzung für die Anwendung der Grundsätze des Anscheinsbeweises auf die Autorisierung eines Zahlungsvorgangs bei Verwendung eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments ist aber die allgemeine praktische Sicherheit des eingesetzten Authentifizierungsverfahrens und dessen Einhaltung im konkreten Einzelfall. Zudem bedarf die Erschütterung des Anscheinsbeweises nicht zwingend der Behauptung und ggf. des Nachweises technischer Fehler des dokumentierten Authentifizierungsverfahrens durch den Kontoinhaber.

Trotz allgemein bekannt gewordener, erfolgreicher Angriffe auf Sicherheitssysteme des Online-Bankings fehlt nach Auffassung des Senats nicht in jedem Fall eine Grundlage für die Anwendung des Anscheinsbeweises, da entsprechende Erkenntnisse nicht zu allen im Online-Banking genutzten Authentifizierungsverfahren vorliegen.

Diese Voraussetzungen hat das Berufungsgericht verkannt und die notwendigen Feststellungen zur praktischen Unüberwindbarkeit des konkret eingesetzten Sicherungssystems sowie zu den zur Erschütterung eines eventuell eingreifenden Anscheinsbeweises vorgetragenen Umständen nicht getroffen, weshalb das Berufungsurteil aufzuheben war.

Das Urteil des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend dar.

Die Grundsätze der Anscheinsvollmacht finden zulasten der Beklagten keine Anwendung. Es fehlt jedenfalls an einer Erkennbarkeit des Handelns des vermeintlichen Vertreters durch den Zahlungsdienstleister sowie bei einem einmaligen Missbrauchsfall im Online-Banking an der erforderlichen Dauer und Häufigkeit des Handelns des Scheinvertreters.

Auch ein Anscheinsbeweis für eine grob fahrlässige Verletzung einer Pflicht aus § 675l BGB** durch die Beklagte und damit ein Anspruch der Klägerin aus § 675v Abs. 2 BGB** scheiden auf Grundlage der bisherigen Feststellungen aus. Im Falle des Missbrauchs des Online-Bankings besteht angesichts der zahlreichen Authentifizierungsverfahren, Sicherungskonzepte, Angriffe und daran anknüpfender denkbarer Pflichtverletzungen des Nutzers kein Erfahrungssatz, der auf ein bestimmtes typisches Fehlverhalten des Zahlungsdienstnutzers hinweist.

Vorinstanzen:

Landgericht Lübeck - Urteil vom 7. Juni 2013 - 3 O 418/12

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht in Schleswig - Beschluss vom 22. Januar 2014 - 5 U 87/13

Karlsruhe, den 26. Januar 2016

§ 675w BGB

Nachweis der Authentifizierung

Ist die Autorisierung eines ausgeführten Zahlungsvorgangs streitig, hat der Zahlungsdienstleister nachzuweisen, dass eine Authentifizierung erfolgt ist und der Zahlungsvorgang ordnungsgemäß aufgezeichnet, verbucht sowie nicht durch eine Störung beeinträchtigt wurde. Eine Authentifizierung ist erfolgt, wenn der Zahlungsdienstleister die Nutzung eines bestimmten Zahlungsauthentifizierungsinstruments, einschließlich seiner personalisierten Sicherheitsmerkmale, mit Hilfe eines Verfahrens überprüft hat. Wurde der Zahlungsvorgang mittels eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments ausgelöst, reicht die Aufzeichnung der Nutzung des Zahlungsauthentifizierungsinstruments einschließlich der Authentifizierung durch den Zahlungsdienstleister allein nicht notwendigerweise aus, um nachzuweisen, dass der Zahler

1. den Zahlungsvorgang autorisiert,

2. in betrügerischer Absicht gehandelt,

3. eine oder mehrere Pflichten gemäß § 675l verletzt oder

4. vorsätzlich oder grob fahrlässig gegen eine oder mehrere Bedingungen für die Ausgabe und Nutzung des Zahlungsauthentifizierungsinstruments verstoßen hat.

** § 675l BGB

Pflichten des Zahlers in Bezug auf Zahlungsauthentifizierungsinstrumente

Der Zahler ist verpflichtet, unmittelbar nach Erhalt eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments alle zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um die personalisierten Sicherheitsmerkmale vor unbefugtem Zugriff zu schützen. Er hat dem Zahlungsdienstleister oder einer von diesem benannten Stelle den Verlust, den Diebstahl, die missbräuchliche Verwendung oder die sonstige nicht autorisierte Nutzung eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments unverzüglich anzuzeigen, nachdem er hiervon Kenntnis erlangt hat.

*** § 675v BGB

Haftung des Zahlers bei missbräuchlicher Nutzung eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments

(…)

(2) Der Zahler ist seinem Zahlungsdienstleister zum Ersatz des gesamten Schadens verpflichtet, der infolge eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs entstanden ist, wenn er ihn in betrügerischer Absicht ermöglicht hat oder durch vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung

1. einer oder mehrerer Pflichten gemäß § 675l oder

2. einer oder mehrerer vereinbarter Bedingungen für die Ausgabe und Nutzung des Zahlungsauthentifizierungsinstruments herbeigeführt hat.

(...)

OLG Hamm: Amazon-Händler haftet für wettbewerbswidrige Weiterempfehlungsfunktion von Amazon

OLG Hamm
Urteil vom 09.07.2015
4 U 59/15


Das OLG Hamm hat ientschieden, dass Amazon-Händler für die wettbewerbswidrige Weiterempfehlungsfunktion von Amazon haften. Da für Händler bei Amazon nicht die Möglichkeit besteht, die Produkt-Weiterempfehlungsfunktion zu deaktivieren muss jeder Amazon-Händler derzeit mit dem Abmahnrisiko leben.

Die Pressemitteilung des OLG Hamm:

Oberlandesgericht Hamm: Unzulässige Nutzung der Amazon-Weiterempfehlungsfunktion

Ein Verkäufer der Internetplattform Amazon handelt wettbewerbswidrig, wenn mittels Emails, die durch die Weiterempfehlungsfunktion der Plattform versandt werden, für sein Amazon-Verkaufsangebot gegenüber Dritten geworben wird, die zuvor nicht ausdrücklich in den Erhalt der Werbe-E-Mails eingewilligt haben. Das hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 09.07.2015 in einer einstweiligen Verfügungssache entschieden und damit das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Arnsberg bestätigt.

Das beklagte Unternehmen aus Kulmbach bot im August 2014 auf der Verkaufsplattform Amazon Sonnenschirme zum Verkauf an. Die Plattform verfügt über eine Weiterempfehlungsfunktion. Diese ermöglicht es Amazon-Kunden, Dritte mittels E-Mails auf ein in der E-Mail verlinktes Amazon-Angebot aufmerksam zu machen. Auf diese Art und Weise können auch die von der Beklagten bei Amazon angebotenen Sonnenschirme weiter empfohlen werden. Die Klägerin, ein Unternehmen aus Lippetal, das ebenfalls im Internet mit Sonnenschirmen handelt, hat die Auffassung vertreten, dass derartige Verkaufsangebote wettbewerbswidrig und daher zu unterlassen seien, weil sie die Werbung gegenüber Empfängern ermöglichten, die in den Erhalt der Werbung zuvor nicht eingewilligt hätten. Dem ist die Beklagte entgegengetreten. Sie hat gemeint, dass die von ihr als Verkäuferin der Amazon Plattform technisch nicht zu beeinflussende Weiterempfehlungsfunktion keine ihr zuzurechnende Werbung beinhalte, sondern lediglich eine private Empfehlung des die E-Mail versendenden Amazon-Kunden.

Der Unterlassungsantrag der Klägerin hatte Erfolg. Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat es der Beklagten untersagt, ihre Sonnenschirme mit der infrage stehenden Weiterempfehlungsfunktion auf der Verkaufsplattform Amazon anzubieten.

Die Beklagte sei ein Anbieter, so der Senat, der seine Waren auf der Plattform Amazon bewerbe und verkaufe. Sie mache sich damit die dortigen Angaben und Funktionen zu Eigen und müsse sich diese zurechnen lassen. Sie sei gehalten, ihre Amazon-Angebotsseite auf Wettbewerbsverstöße hin zu kontrollieren und habe diese selbst abzustellen oder beim Betreiber der Plattform auf eine Änderung der Angaben hinzuwirken.

Das vom Empfänger vorab nicht gebilligte Übersenden einer Weiterempfehlungs-E-Mail mittels der von der Plattform zur Verfügung gestellten Weiterleitungsfunktion sei wettbewerbswidrig. Eine so versandte Empfehlungs-E-Mail sei als unverlangt zugesandte Werbung eine unzumutbare Belästigung im Sinne von § 7 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Die Weiterempfehlungs-E-Mail enthalte eine Werbung, da sie die zum Verkauf angebotenen Sonnenschirme der Beklagten mit ihrem Produktnamen abbilde und auf die Produktangebotsseite der Beklagten verlinke. Mit dem Aufrufen des Links werde auch die Beklagte als werbende Anbieterin sichtbar.

Ohne Belang sei, dass eine derartige Empfehlungs-E-Mail nicht von der Beklagten, sondern von einem Amazon-Kunden versandt werde. Der Versand der E-Mail gehe auf die gerade zu diesem Zweck von der Beklagten genutzte Weiterempfehlungsfunktion zurück. Unerheblich sei auch, dass die Beklagte den Missbrauch der Weiterempfehlungsfunktion nicht in Kauf nehmen wolle. Es sei offensichtlich, dass diese Funktion gerade zum Versenden von Weiterempfehlungs-E-Mails an Dritte benutzt werde, ohne dass Gewissheit darüber bestehe, ob die Empfänger sich damit einverstanden erklärt hätten.

Rechtskräftiges Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 09.07.2015 (4 U 59/15)

BGH: Beschaffenheitsvereinbarung beim Immobilienkauf nur wenn Beschreibung der Eigenschaften in der notariellen Urkunde zumindest angedeutet werden

BGH
Urteil vom 06.11.2015
BGB § 434 Abs. 1 Satz 1


Der BGH hat entschieden, dass eine Beschaffenheitsvereinbarung beim Immobilienkauf nur dann Vertragsbestandteil wird, wenn die Beschreibung der Eigenschaften in der notariellen Urkunde zumindest angedeutet werden.

Leitsatz des BGH:

Eine Beschreibung von Eigenschaften eines Grundstücks oder Gebäudes vor Vertragsschluss durch den Verkäufer, die in der notariellen Urkunde keinen Niederschlag findet, führt in aller Regel nicht zu einer Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB.

BGH, Urteil vom 6. November 2015 - V ZR 78/14 - OLG Celle - LG Verden

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Volltext BGH-Entscheidung zur kartellrechtlichen Zulässigkeit des zentralen Mandats der Vereinigung der Presse-Grossisten liegt vor

BGH
Urteil vom 06.10.2015
KZR 17/14
Zentrales Verhandlungsmandat
GWB § 30 Abs. 2a; AEUV Art. 106 Abs. 2


Wir hatten bereits in dem Beitrag "BGH: Zentrales Mandat der Vereinigung der Presse-Grossisten für Verhandlungen mit den Verlagen über die Grosso-Konditionen verstößt nicht gegen Kartellrecht" über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:

a) § 30 Abs. 2a GWB ist mit Art. 106 Abs. 2 AEUV vereinbar.

b) Der flächendeckende und diskriminierungsfreie Vertrieb von Zeitungen und Zeitschriften ist eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne des Unionsrechts.

c) Der Gesetzgeber hat die Presseverlage und Presse-Grossisten sowie ihre Vereinigungen damit betraut, den flächendeckenden und diskriminierungsfreien Vertrieb von Zeitungen und Zeitschriften im stationären Einzelhandel sicherzustellen und damit unabhängig von den Kosten jede Zeitungs- und
Zeitschriftenverkaufsstelle zu beliefern, die darum nachsucht.

BGH, Urteil vom 6. Oktober 2015 - KZR 17/14 - OLG Düsseldorf - LG Köln

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

KG Berlin: Werbung für Tee mit der allgemeinen Angabe "gesund" verstößt gegen die HCVO auch wenn Listen nach Art. 13 und 14 HCVO noch nicht vorliegen

KG Berlin
Urteil vom 27.11.2015
5 U 96/14


Das KG Berlin hat entschieden, dass Tee (hier: Rotbuschtee) nicht mit dem allgemeinen Zusatz "Gesund" beworben werden darf, da insoweit ein Verstoß gegen die HCVO vorliegt. Dies gilt auch dann, wenn die Listen nach Art. 13 und 14 HCVO noch nicht vorliegen.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Entgegen der Annahme des BGH (BGH, EuGH-Vorlage-Beschluss vom 12.3.2015, I ZR 29/13, TZ 31 – Rescue-Produkte; GRUR 2013, 958 TZ 15 – Vitalpilze; GRUR 2015, 403 TZ 38 – Monsterbacke II; anderer Ansicht schon OLG Hamm, WRP 2014, 961 juris Rn. 52 ff; WRP 2015, 228 juris Rn. 67 ff) ist nicht davon auszugehen, dass – solange die Listen nach Art. 13 oder Art. 14 HCVO noch nicht abschließend erstellt sind (bzw. jedenfalls in den bereits erstellten Teil-Listen für das vorliegende Produkt Rotbuschtee und dessen Bestandteile noch keine speziellen gesundheitsbezogenen Angaben enthalten oder ausgeschlossen sind) – Art. 10 Abs. 3 HCV noch nicht vollzogen werden könne und deshalb entsprechende Verweise nicht unzulässig sein könnten.

a)Weder der Wortlaut des Art. 10 Abs. 3 HCVO noch der Wortlaut der Übergangsvorschrift des Art. 28 HCVO lassen eine derartige Einschränkung erkennen (OLG Hamm, WRP 2014, 961 juris Rn. 52; WRP 2015, 228 juris Rn. 69 f).

[...]

Es blieb und bleibt dem Verwender unbenommen, im rechtlichen Rahmen der Übergangsregelungen in Art. 28 HCVO eine spezifische gesundheitsbezogene Angabe weiter zu verwenden oder eine solche Verwendung aufzunehmen. Damit kann der Verwender auch den Voraussetzungen der Ausnahmeregelung des Art. 10 Abs. 3 HCVO für eine zusätzliche unspezifische gesundheitsbezogene Angabe genügen. Es liegt nahe, die sowohl in Art. 10 Abs. 1 HCVO als auch in Art. 10 Abs. 3 HCVO geforderte Aufnahme der spezifischen gesundheitsbezogenen Angabe in die Listen gemäß Art. 13 und 14 HCVO einheitlich auszulegen und bei den genannten Absätzen des Art. 10 HCVO insoweit auch die hierzu ergangenen Übergangsregelungen in Art. 28 HCVO gleichermaßen heranzuziehen. Dann wird der Verwender einer unspezifischen gesundheitsbezogenen Angabe (kombiniert mit einer spezifischen gesundheitsbezogenen Angabe) durch die Regelung des Art. 10 Abs. 3 HCVO – und in dem damit beabsichtigten Umfang – auch in der Übergangszeit nicht weitergehend benachteiligt. Es fehlt eine diskriminierende Wirkung aus der Anwendung des Art. 10 Abs. 3 HCVO schon vor dem Erstellen der genannten Listen. Auch wird damit gerade dem in den Übergangsregelungen des Art. 28 HCVO eindeutig zum Ausdruck gekommenen Willen des Verordnungsgebers Rechnung getragen.

Ist dem Verwender auch im Übergangszeitraum die Verwendung einer spezifischen gesundheitsbezogenen Angabe nicht möglich (insbesondere weil eine solche schon gar nicht in Betracht kam und weiterhin kommt oder weil der Unternehmer den hierfür gebotenen wissenschaftlichen Nachweis nicht führen kann), dann gebieten es weder der Wortlaut noch Sinn und Zweck des Art. 10 Abs. 3 HCVO, die Verwendung einer unspezifischen gesundheitsbezogenen Angabe (sogar) für den gesamten Übergangszeitraum zu erlauben. Denn dann stünde bereits jetzt fest, dass der Verwender den Anforderungen der Besserstellung in Art. 10 Abs. 3 HCVO (gegenüber der ursprünglichen Entwurfsfassung) nicht genügen kann. Das nunmehr auszusprechende Verbot beruht dann nicht auf einer generellen Untersagung nichtspezifischer gesundheitsbezogener Angaben (wie in der Entwurfsfassung), sondern bereits jetzt auch auf Sinn und Zweck des Art. 10 Abs. 3 HCVO, unspezifische gesundheitsbezogene Angaben nur dann zu erlauben, wenn sie durch eine weitere spezifische gesundheitsbezogene Angabe konkretisiert werden (können).

Im Übrigen kann die Abschwächung des generellen Verbots nichtspezifischer gesundheitsbezogener Angaben im ursprünglichen Entwurf der HCVO durch die Regelungen in Art. 10 Abs. 3, Art. 28 HCVO widerspruchsfrei auch dahin verstanden werden, dass es für den Übergangszeitraum bei dem generellen Verbot verbleiben und die Abschwächung erst mit dem Vorliegen der genannten Listen rechtliche Bedeutung erlangen soll. Auch dies entspräche dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck der Art. 10 Abs. 3, Art. 28 HCVO in einem weit höheren Maß als die Annahme einer einschränkungslosen Zulässigkeit nichtspezifischer gesundheitsbezogener Angaben (und den damit verbundenen Gefahren für die Verbraucher) im Übergangszeitraum.

"


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Urteil gegen Erpresser von Uli Hoeneß ist rechtskräftig

BGH
Beschluss vom 19.01.2016
1 StR 603/15


Die Pressemitteilung des BGH:


Urteil gegen Hoeneß-Erpresser rechtskräftig

Beschluss vom 19. Januar 2016 – 1 StR 603/15

Der erheblich vorbestrafte Angeklagte war zunächst am 16. Dezember 2014 vom Landgericht München II wegen versuchter Erpressung des früheren Präsidenten des Fußballclubs Bayern München e. V., Ulrich Hoeneß, zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt worden. Der Bundesgerichtshof hatte mit Beschluss vom 19. Mai 2015 (1 StR 200/15) das vom Angeklagten mit der Revision angegriffene Urteil im Schuldspruch bestätigt, im Strafausspruch hingegen aufgehoben und insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Grund für die Aufhebung der Strafe war, dass die Strafkammer bei der Strafzumessung einige Umstände rechtsfehlerhaft zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt hatte. So hatte das Landgericht dem Angeklagten u. a. zu Unrecht angelastet, er habe das von ihm am Computer verfasste Erpresserschreiben nicht abgespeichert und damit seine Überführung erschwert sowie dieses Schreiben anonym als "Mister X" unterzeichnet, was die Bedrohungslage verstärkt habe. Einem Angeklagten darf nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht straferschwerend zur Last gelegt werden, dass er den Ermittlungsbehörden seine Überführung nicht erleichtert, indem er keine auf ihn hindeutenden Hinweise schafft.

Nach erneuter Verhandlung über die Strafhöhe ist der Angeklagte vom Landgericht München II mit Urteil vom 2. September 2015 wegen versuchter Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt worden. Seine hiergegen eingelegte Revision hat der Bundesgerichtshof auf Antrag des Generalbundesanwalts mit Beschluss vom 19. Januar 2016 als offensichtlich unbegründet verworfen, weil das Urteil keinen Rechtsfehler aufweist. Damit ist der Fall rechtskräftig abgeschlossen.

Vorinstanz:

Landgericht München II - Urteil vom 2. September 2015 – 5 KLs 69 Js 14783/14

VG Neustadt: Landesdatenschutzbeauftragter ist gegenüber Bürgern im Rahmen seiner Beratungs- und Informationstätigkeit nicht an Fristen gebunden

VG Neustadt
Beschluss vom 22.12.2015
4 K 867/15.NW


Das VG Neustadt hat entschieden, dass der Landesdatenschutzbeauftragte gegenüber Bürgern im Rahmen seiner Beratungs- und Informationstätigkeit nicht an Fristen gebunden ist.

Aus den Entscheidungsgründen:

"1. Nach § 75 VwGO ist eine Untätigkeitsklage zulässig, wenn über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. Hier fehlt es sowohl an einem Widerspruch des Klägers als auch an einem Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts. Denn der Kläger begehrte mit seinem Antrag vom 7. Oktober 2014 nicht den Erlass eines Verwaltungsakts im Sinne des § 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz – LVwVfG – i.V.m. § 35 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG –.

Gemäß § 24 Abs. 8 Landesdatenschutzgesetz – LDSG – berät und informiert der LDI die Bürgerinnen und Bürger in Fragen des Datenschutzes und der Datensicherheit, insbesondere über die ihnen bei der Verarbeitung ihrer Daten zustehenden Rechte und über geeignete Maßnahmen des Selbstdatenschutzes. Nach § 29 Abs. 1 LDSG können Betroffene sich jederzeit unmittelbar an den LDI wenden, wenn sie der Ansicht sind, bei der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten in ihren Rechten verletzt worden zu sein. Diese Zugangsmöglichkeit zum LDI stellt, worauf der Beklagte zutreffend hingewiesen hat, eine besondere Ausprägung des Petitionsrechts nach Art. 11 LV dar. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass auf Petitionen und Dienstaufsichtsbeschwerden ergehende Bescheide keine Verwaltungsakte sind (vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 1. September 1976 – VII B 101.75 –, NJW 1977, 118 m.w.N.; Bay. VGH, Beschluss vom 11. September 2000 – 12 ZC 00.2290 –, juris). Ein Petitionsbescheid regelt nichts mit unmittelbarer rechtlicher Außenwirkung, sondern stellt nur die tatsächliche Erfüllung der Verpflichtung aus Art 17 Grundgesetz – GG – bzw. Art. 11 LV dar. Nach der zuletzt genannten Vorschrift hat jedermann das Recht, sich mit Eingaben an die Behörden oder an die Volksvertretung zu wenden. Dieses Recht, das unabhängig von den gegen die Behördenentscheidungen eröffneten gerichtlichen Rechtsschutzmöglichkeiten besteht (VerfGH RP, Beschluss vom 27. September 2002 – VGH B 21/02 –), beinhaltet nur den Anspruch des Grundrechtsträgers auf Entgegennahme seiner Petition, auf (sachliche) Befassung mit seiner Eingabe und auf Bescheidung der Eingabe, aus der ersichtlich wird, dass und mit welchem Ergebnis sie behandelt wurde (BVerfG, Beschluss vom 15. Mai 1992 – 1 BvR 1553/90 –, NJW 1992, 3033; BVerfG; Beschluss vom 26. März 2007 – 1 BvR 138/07 –, juris; Hess. VGH, Beschluss vom 20. März 2013 – 7 D 225/13 –, LKRZ 2013, 284). Art. 11 LV gewährt aber kein Recht auf Erledigung der Petition im Sinne des Petenten und auch keinen Anspruch darauf, Art und Umfang der sachlichen Prüfung der Petition einer gerichtlichen Kontrolle zu unterziehen (BVerfG, Beschluss vom 15. Mai 1992 – 1 BvR 1553/90 –, NJW 1992, 3033, VerfGH Rh-Pf, Beschluss vom 27. Juli 2001 – VGH B 11/01 – sowie Beschluss vom 4. Oktober 1999 – VGH B 9/99 –). Auch Art 19 Abs. 4 Satz 1 GG gebietet nicht die Zulassung von Anfechtungsklagen gegen ablehnende Petitionsbescheide oder Verpflichtungsklagen auf Erlass von positiven Petitionsbescheiden.

Ist die Untätigkeitsklage des Klägers daher von vornherein unstatthaft, muss sich das Gericht nicht mehr mit der Frage auseinander setzen, ob sich das diesbezügliche Verfahren mit Übersendung der Stellungnahme des Beklagten vom 11. September 2015 erledigt hat.


2. Auch wenn man das Begehren des Klägers als Leistungsklage auslegt, hat diese keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der Kläger hat zwar einen mit der allgemeinen Leistungsklage durchsetzbaren Anspruch auf Erteilung eines informatorischen Bescheides über die Art und Weise der Erledigung seiner Petition (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25. März 2015 – 15 E 94/15 –, NVwZ-RR 2015, 544; Hess. VGH, Beschluss vom 20. März 2013 – 7 D 225/13 –, LKRZ 2013, 284; Brocker, in: Epping/Hillgruber, Beck'scher Online-Kommentar GG, Stand 1. September 2015, Art. 17 Rn. 29). Wie oben bereits ausgeführt, gewährt Art. 11 LV aber kein Recht auf Erledigung der Petition im Sinne des Petenten und auch keinen Anspruch darauf, Art und Umfang der sachlichen Prüfung der Petition einer gerichtlichen Kontrolle zu unterziehen. Denn dann erhielte das Petitionsrecht die Funktion einer Popularklage. Der Beklagte hat im Übrigen den Anspruch des Klägers auf Entgegennahme seiner Petition, auf sachliche Befassung mit seiner Eingabe und auf Bescheidung der Eingabe, aus der ersichtlich wird, dass und mit welchem Ergebnis sie behandelt wurde, spätestens mit am 11. September 2015 übersandten Schreiben erfüllt.


3. Die Klage hat schließlich auch dann keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn man das Begehren dahingehend auslegt, festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet war, innerhalb einer Frist von drei Monaten über den Antrag des Klägers vom 7. Oktober 2014 zu entscheiden.


Zum einen hat der Kläger weder ein besonderes Interesse für die Feststellung eines in der Vergangenheit liegenden Rechtsverhältnisses (z.B. Rehabilitationsinteresse, Wiederholungsgefahr oder tiefgreifender Grundrechtseingriff, vgl. Kopp/Schenke VwGO, 21. Auflage 2015, § 43 Rn. 25 und § 113 Rn. 136 ff.) dargetan noch ist ein solches Interesse für die Kammer ersichtlich. Infolgedessen ist eine solche Feststellungsklage schon unzulässig.

Zum anderen bestehen auch in der Sache keine Erfolgsaussichten für eine solche Klage. Der LDI ist im Rahmen seiner Beratungs- und Informationstätigkeit gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern in Fragen des Datenschutzes und der Datensicherheit nicht an gesetzliche Fristen gebunden. Es kommt daher auf die konkreten Umstände des Einzelfalles an, innerhalb welcher Frist der LDI einen Petenten zu bescheiden hat (vgl. näher dazu, dass sich dem Grundgesetz keine allgemein gültigen Zeitvorgaben dafür entnehmen lassen, wann von einer unangemessenen Verfahrensdauer auszugehen ist BVerfG, Beschluss vom 8. Dezember 2015 – 1 BvR 99/11 – Vz 1/15 –, juris). Vorliegend gab der LDI, nachdem sich der Kläger mit seinem Begehren am 7. Oktober 2014 an die Dienststelle des LDI gewandt und um datenschutzrechtliche Überprüfung der Sparkasse ………., Filiale ……… gebeten hatte, dem Kläger schon nach nur neun Tagen eine datenschutzrechtliche Einschätzung zu den aufgeworfenen Fragen ab. Zugleich wies der LDI darauf hin, vor einer abschließenden Bewertung sei zunächst die Stellungnahme der Sparkasse einzuholen."

LG Oldenburg: Bank muss Kunden Schadensersatz für Phishing-Attacke beim Online-Banking ersetzen - Kein Anscheinsbeweis bei mTan-Verfahren

LG Oldenburg
Urteil vom 15.01.2016
8 O 1454/15


Das LG Oldenburg hat eine Bank dazu verurteilt, ihrem Kunden den durch eine Phishing-Attacke beim Online-Banking entstandenen Schaden zu ersetzen. Das Gericht weist dabei darauf hin, dass die Bank beweisen muss, dass der Kunde eine Zahlung autorisiert hat. Es gibt - so das Gericht zutreffend - mangels ausreichender Sicherheit keinen Anscheinsbeweis beim mTan-Verfahren.

Landgericht Oldenburg verurteilt Bank zum Ausgleich des Schadens aufgrund einer Phishing-Attacke beim Online-Banking

Mit Urteil vom 15.01.2016 hat die 8. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg eine Bank aus Lohne zum Ausgleich des Schadens verurteilt, den der Nutzer des Online-Banking-Verfahrens aufgrund einer Phishing-Attacke erlitten hat.

Der Kläger nutzte seit 15 Jahren das von der beklagten Bank angebotene Online Banking System und zwar zuletzt in Form des mTan-Verfahrens. Dort erhält der Kunde von der Bank zur Freigabe seines Bankauftrags eine SMS an sein Mobiltelefon, mittels derer er sich am PC als Berechtigter legitimieren kann.

In der Zeit vom 09.03.2015 bis 13.03.2015 sei es zu 44 unberechtigten Überweisungen von den Konten des Klägers gekommen mit einem Gesamtschaden von 11.244,62 €. Der Kläger verlangte von der Beklagten - vereinfacht dargestellt - Schadensersatz in dieser Höhe. Die Beklagte weigerte sich mit der Begründung, der Kläger habe grob fahrlässig gehandelt, insbesondere habe er App´s auf sein Mobiltelefon heruntergeladen, die nicht aus sicheren Quellen herrührten.

Nach durchgeführter Beweisaufnahme hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Die Beklagte hat nachzuweisen, dass es sich bei den streitgegenständlichen Zahlungsvorgängen um solche gehandelt hat, die der Kläger autorisiert hat. Nicht der Kläger hat zu beweisen, dass er Opfer einer Phishing-Attacke wurde und somit die Zahlungsvorgänge durch unberechtigte Dritte erfolgten. Dafür ist es nicht ausreichend, dass die Bank die Zahlungsvorgänge elektronisch aufzeichnet. Auch spricht kein Anscheinsbeweis für eine autorisierte Zahlung, wenn die Legitimation unter Verwendung der dem Kläger zur Verfügung gestellten Benutzernamen, PIN und TAN erfolgt.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Az.: 8 O 1454/15


LG Köln: Google haftet als Störer auf Unterlassung wenn rechtswidrige Inhalte nach Inkenntnissetzung nicht gelöscht und Suchergebnisse nicht blockiert werden

LG Köln
Urteil vom 16.09.2015
28 O 14/14


Das LG Köln hat entschieden, dass Suchmaschinenbetriber (hier: Google ) als Störer auf Unterlassung haften, wenn diese rechtswidrige Inhalte nach Inkenntnissetzung nicht löschen bzw. entsprechende Suchergebnisse nicht blockieren. Damit lehnt das Gericht Haftungsprivilegien für Suchmaschinen ab und stellt Suchmaschinen mit einem Hostprovider gleich, was leider nicht mit der besonderen Rolle von Suchmaschinen zu vereinbaren ist.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Kläger haben einen Unterlassungsanspruch aus den §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 GG gegenüber der Beklagten zu 1) im Hinblick auf die Anzeige der angegriffenen Suchergebnisse – gegenüber der Beklagten zu 2) besteht ein solcher Anspruch hingegen nicht.

a) Die Anwendbarkeit deutschen Rechts ergibt sich dabei daraus, dass die Kläger ihr Bestimmungsrecht zu Gunsten des deutschen Rechts gem. Art. 40 Abs. 1 S. 2 EGBGB in der Klageschrift ausgeübt haben und der nach dieser Norm maßgebliche Erfolgsort in Deutschland liegt, da die Kläger, die in Deutschland leben, hier in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht betroffen sind (vgl. BGH, Urteil vom 25.10.2011 – VI ZR 93/10).

b) Soweit die Kläger hinsichtlich des Antrags IX. auch die Beklagte zu 2) auf Unterlassung in Anspruch nehmen, fehlt es nach Auffassung der Kammer jedoch an der notwendigen Passivlegitimation.

Die Kläger haben nicht zur Überzeugung der Kammer dargelegt, inwiefern die Beklagte zu 2) als selbstständige Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1) für die Suchmaschine und aus ihr herrührenden Störungen ihres Persönlichkeitsrechts verantwortlich zu machen ist. Insofern tritt unstreitig – auch in ihrem Impressum - allein die Beklagte zu 1) als Betreiberin der Suchmaschinen auf, während die Beklagte zu 2) ausweislich des Handelsregisterauszugs (Anlage K 20) lediglich einen daran anknüpfenden Geschäftsgegenstand verfolgt, mithin in keiner Beziehung zu der Suchmaschine steht und nicht die erforderliche Einwirkungsmöglichkeit auf diese hat.

Nichts anderes folgt nach Auffassung der Kammer auch aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 ( EuGH, C-131/12 „H Spain“). Auch dieser hat ausweislich der Entscheidung lediglich die Beklagte zu 1) als Verantwortliche im Sinne des Datenschutzrechts angesehen und ihre Tochtergesellschaft lediglich zur Bestimmung der räumlichen Reichweite der Richtlinie und zur Begründung deren Anwendbarkeit in Beziehung zur Beklagten zu 1) herangezogen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.7.2015 I-20 U 74/15 m.w.N.). Eine für den hiesigen Fall relevante Aussage darüber hinaus, die es ermöglichen würde, einen tatsächlich nicht Verantwortlichen als Störer heranzuziehen, ergibt sich insofern aus der Entscheidung nicht.

c) Ein Anspruch auf Unterlassung besteht jedoch hinsichtlich der Beklagten zu 1), da diese als Störerin haftet.

Zwar besteht keine Haftung der Beklagten zu 1) als Betreiberin einer Suchmaschine für das Auffindbarmachen von Internetseiten Dritter bzw. den dort enthaltenen Persönlichkeitsrechtsverletzungen als unmittelbare Störerin im äußerungsrechtlichen Sinne. Denn durch die automatisch ablaufende Indexierung und Darstellung der Suchergebnisse (nebst etwaiger Snippets) wird grundsätzlich weder eine eigene Behauptung der Beklagten zu 1) getroffen, noch macht diese sich die Äußerungen eines Dritten auf einer Internetseite zu Eigen. Denn insofern versteht der Nutzer der Suchmaschine diese Äußerungen – soweit sie überhaupt bei der Darstellung der Suchergebnisse auftauchen - nicht als Bekundungen des Suchmaschinenbetreibers. Nicht direkt anwendbar sind insofern auch die Erwägungen des Bundesgerichtshofs in seiner Entscheidung „autocomplete“ (BGH, Urteil vom 14.5.2013 - VI ZR 269/12). Denn in diesem Fall stellte der Bundesgerichtshof darauf ab, dass bei der Autovervollständigung nicht lediglich Informationen für den Zugriff durch Dritte bereitgestellt werden, sondern die Beklagte zu 1) durch ihre Software bewusst Begriffsverbindungen bilde und hierfür direkt verantwortlich ist, also als unmittelbarer Störer durch Unterlassen hafte (vgl. OLG Köln, Urteil vom 8.4.2014 – 15 U 199/11). Eine solche aktive Tätigkeit ist in dem periodischen Auslesen des Internets nebst Indexieren hingegen nicht zu erkennen.

Nach Auffassung der Kammer haftet die Beklagte zu 1) als Betreiberin einer Suchmaschine jedoch als echte Störerin.

Auf den Suchmaschinenbetreiber grundsätzlich übertragbar sind insofern die Erwägungen des Bundesgerichtshofs zur Haftung nur mittelbar an einer Persönlichkeitsrechtsverletzung Beteiligter (BGH, Urteil vom 25. 10. 2011 GRUR 2012, S. 311 – Blog-Eintrag; BGH, Urteil vom 30.6.2009 - VI ZR 210/08, Verpächter einer Domain). Danach ist als Störer verpflichtet, wer, ohne Täter oder Teilnehmer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Beeinträchtigung des Rechtsguts beiträgt (BGH, Urteil vom 25.10.2011 m.w.N.). Der Beitrag des Suchmaschinenbetreibers, für den ein Verschulden nicht erforderlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 14.5.2013 – VI ZR 269/12), besteht dabei in der Eröffnung der grundlegenden Möglichkeit zur Kenntnisnahme entsprechender Äußerungen für Nutzer der Suchmaschine. Im vorliegenden Fall könnten ohne Zutun der Beklagten zu 1) oder anderer Suchmaschinen die auf den Forenseiten getätigten Äußerungen lediglich von denjenigen wahrgenommen werden, welche die entsprechenden Internetseiten selbst regelmäßig aufsuchen und durchsuchen. Die Aufnahme in den Suchindex der Suchmaschine und die Zuordnung zu den betreffenden Personen und Schlagworten ermöglicht dahingegen die Kenntnisnahme einer Vielzahl weiterer Personen. Zudem ermöglicht die Indexierung die Auffindbarkeit der Seite auch für diejenigen Personen, welche nur vage Informationen über den Ort der Internetseite und den Inhalt der Aussagen haben. Diese Funktionsweise der Suchmaschine stellt auf der einen Seite das nicht grundlegend zu kritisierende Geschäftsmodell der Beklagten zu 1) dar, welches im positiven Sinne den Nutzern des Internets zugutekommt. Gleichzeitig besteht jedoch auch – wie hier – die Möglichkeit, dass somit an einer Aufrechterhaltung und passiven Verbreitung durch Dritte getätigter Persönlichkeitsrechtsverletzungen mitgewirkt wird. Vor diesem Hintergrund besteht ein Bedürfnis, die grundsätzliche Störerhaftung auch auf Suchmaschinenbetreiber für die Indexierung von Internetseiten anzunehmen.

Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, welche die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben. Sie setzt daher die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfungspflichten voraus, deren Umfang sich danach bestimmt, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat, eine Prüfung zuzumuten ist (BGH, Urteil vom 25.10. 2011 GRUR 2012, S. 311 – Blog-Eintrag, m.w.N.).

Voraussetzung einer Haftung des Betreibers einer Suchmaschine ist daher nach Auffassung der Kammer eine Verletzung von Prüfungspflichten. Deren Bestehen wie deren Umfang richtet sich im Einzelfall nach einer Abwägung aller betroffenen Interessen und relevanten rechtlichen Wertungen. Überspannte Anforderungen dürfen im Hinblick darauf, dass es sich bei dem Betrieb einer Suchmaschine um eine erlaubte Teilnahme am geschäftlichen Verkehr handelt, nicht gestellt werden. Der Betreiber einer Suchmaschine ist danach grundsätzlich nicht verpflichtet, die nach Eingabe eines Suchbegriffs angezeigten Suchergebnisse generell vorab auf etwaige Rechtsverletzungen zu überprüfen. Dies würde den Betrieb einer Suchmaschine mit dem Ziel einer schnellen Recherchemöglichkeit der Nutzer unzumutbar erschweren. Eine Verantwortlichkeit kommt jedoch dann in Betracht, wenn der Suchmaschinenbetreiber Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt, welche durch die eigene Indexierung auffindbar gemacht wird. Weist ein Betroffener den Suchmaschinenbetreiber auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch Dritte hin, kann der Suchmaschinenbetreiber wie ein Hostprovider als Störer verpflichtet sein, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern. Zu berücksichtigen ist dabei jedoch, dass der Betreiber einer Suchmaschine im Gegensatz etwa zu einem Blogbetreiber, für den der Bundesgerichtshof ein Anhörungsverfahren statuiert hat, regelmäßig in keiner Beziehung zu dem Dritten steht, somit von ihm auch nicht die Einholung einer Stellungnahme verlangt werden kann. Damit obliegt es regelmäßig dem Suchmaschinenbetreiber, über die Begründetheit des Löschungsgesuchs auf Grundlage des einseitigen Inkenntnissetzungsvortrags zu entscheiden. Damit ist der Hinweis jedoch so konkret zu fassen, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptungen des Betroffenen unschwer – d.h. ohne eingehende rechtliche und tatsächliche Überprüfung – bejaht werden kann. Dabei hängt das Ausmaß des insoweit von dem Suchmaschinenbetreiber zu verlangenden Prüfungsaufwands von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere vom Gewicht der angezeigten Rechtsverletzungen auf der einen und den Erkenntnismöglichkeiten des Suchmaschinenbetreibers auf der anderen Seite.

Nach diesen Grundsätzen ist aufgrund der Umstände des konkreten Einzelfalls hier von einer hinreichenden Inkenntnissetzung auszugehen. Der Prozessbevollmächtigte der Kläger hat die Beklagte zu 1) in die Lage versetzt, das Vorliegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung zu prüfen. Denn hier hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger mit Schreiben vom 27.10.2011, auf das er bei späteren Schreiben Bezug nahm, sowohl bildlich dargestellt, dass die von ihm angegriffenen Verlinkungen im Suchindex der Beklagten zu 1) enthalten sind und mithin die Links einzeln – auch später zusätzlich per E-Mail - aufgeführt. Zudem hat er die betreffenden Passagen aus den Zielseiten ebenfalls bildlich in seinen Schriftsatz übertragen und dabei die von ihm als relevant angesehenen Stellen durch Fettdruck hervorgehoben. Hierzu hat er sodann erläutert, inwiefern die Äußerungen auf den Forenseiten die Rechte der Kläger verletzen. Dies stützt er zum einen auf die unwahre Behauptung, dass der Kläger zu 2) Betreiber des Forums sei. Zum anderen greift er die in diesem Zusammenhang auf den Seiten geäußerten Verleumdungen und Beleidigungen an. Hierzu legt er als eidesstattliche Versicherungen bezeichnete Erklärungen der Kläger bei. Zwar ist grundsätzlich – wie die Beklagten meinen - zu fordern, dass im Rahmen der Inkenntnissetzung möglichst konkret auf die angegriffenen Formulierungen Bezug genommen wird (vgl. OLG Köln, Urteil vom 16.7.2013 – 15 U 21/13). Dies ist grundsätzlich notwendig, damit der Suchmaschinenbetreiber beurteilen kann, ob der einseitige Vortrag die Annahme einer Persönlichkeitsrechtsverletzung trägt. Hierbei kann etwa dem Umstand, ob es sich um eine zulässige Meinungsäußerung mit oder ohne Tatsachenkern oder eine Tatsachenbehauptung handelt, entscheidende Bedeutung zukommen. Gleichzeitig sind jedoch auch an den Betroffenen keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Mithin kommt es auch bei der wechselseitigen Inkenntnissetzungs- bzw. Prüfungslast auf die Umstände des Einzelfalls an.

Danach erscheint im vorliegenden Fall eine verhältnismäßig allgemein gehaltene Inkenntnissetzung als ausreichend. Überspannte Anforderungen an die Form der Inkenntnissetzung sind insofern jedenfalls dann nicht angezeigt, je offensichtlicher die Rechtsverletzung im Gesamtkontext des Veröffentlichungszusammenhangs erscheint. Hier war insofern zu berücksichtigen, dass die Beiträge in den Foren bereits nach ihrer äußeren Form dem Ziel der Anprangerung des Klägers zu 2) und seiner damaligen Lebensgefährtin, der Klägerin zu 1) dienten, die Äußernden sich gleichzeitig weitestgehend anonym mitteilten. Die von den Klägern angegriffenen Seiten haben insofern allesamt gemein, dass auf Grundlage des von den Klägern auch explizit in dem ersten Inkenntnissetzungsschreiben als unwahr dargestellten Zusammenhangs zwischen ihnen und dem Fighterclub-Forum verschiedene abträgliche Handlungen durch deren Mitglieder dargestellt und dem Kläger zu 2) unter Verwendung von abträglichen Formulierungen wie „Stalker“, „Krimineller“, „Terrorist“, „Bande“, „Schwerstkriminialität“, „Stalkerbandenanführer“ „kriminieller Stalkerhaushalt“, „krimineller Schuft“ etc. zugerechnet werden. Der Kläger zu 2) wird dabei nicht nur namentlich genannt, sondern auch dessen Bildnis und seine Kontaktdaten – ebenso diejenigen der Klägerin zu 1) -, sein Wohnort, sowie der Name des von ihm betriebenen Unternehmens verbreitet. Teilweise ist auch ein Banner auf den Seiten eingestellt, welches offensichtlich in erheblichem Maße der Erzeugung einer Prangerwirkung dienen soll. Die Beiträge zeigen zugleich, dass der maßgebliche Beleg für eine Beteiligung des Klägers zu 2) an dem Forum die von ihm selbst zugestandene E-Mail sei, ohne dass weitere konkret mit dem Kläger zu 2) zusammenhängende Anhaltspunkte mitgeteilt werden. Zu berücksichtigen ist auch, dass in den Beiträgen teilweise darauf hingewiesen wird, dass durch gezieltes Vervielfältigen der Beiträge und damit durch Beeinflussung der Suchmaschine der Beklagten zu 1) eine Kenntnisnahme möglichst vieler Internetnutzer aus dem Bekanntenkreis des Klägers zu 2) erreicht werden soll. Vor diesem Hintergrund einer Vervielfältigung der abträglichen Eintragungen – welche entsprechend auch zu dem Bedürfnis einer hohen Anzahl von Meldungen geführt hat – sind die Anforderungen an die Inkenntnissetzung ebenfalls nicht zu überhöhen. Aufgrund der fehlenden tatsächlichen Verantwortlichkeit der Kläger für das Forum, die anprangernde Art und die verwendeten Formalbeleidigungen liegen jeweils im Ergebnis Persönlichkeitsrechtsverletzungen vor."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Zukünftige Sondertilungsrechte müssen auch bei vorzeitiger Vollrückzahlung bei Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung berücksichtigt werden

BGH
Urteil vom 19.01.2016
XI ZR 388/14

Der BGH hat entschieden, dass auch zukünftige Sondertilungsrechte auch bei vorzeitiger Vollrückzahlung eines Darlehens bei Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung berücksichtigt werden. Eine entgegenstehende Klausel in einem Darlehensvertrag mit einem Verbraucher ist unwirksam

Die Pressemitteilung des BGH:

Bundesgerichtshof zur Unwirksamkeit einer Formularklausel über die Nichtberücksichtigung zukünftiger Sondertilgungsrechte bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung

Der unter anderem für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die Unterlassungsklage eines Verbraucherschutzvereins entschieden, dass die Klausel in einem Darlehensvertrag zwischen einem Kreditinstitut und einem Verbraucher, wonach im Falle vorzeitiger Vollrückzahlung des Darlehens zukünftige Sondertilgungsrechte des Kunden bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unberücksichtigt bleiben, unwirksam ist.

Der Kläger ist ein Verbraucherschutzverein, der als qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG eingetragen ist. Die beklagte Sparkasse vergibt unter anderem grundpfandrechtlich abgesicherte Darlehen an Verbraucher. Soweit den Kreditnehmern hierbei Sondertilgungsrechte innerhalb des Zinsfestschreibungszeitraums eingeräumt werden, enthalten die "Besonderen Vereinbarungen" des Darlehensvertrags die nachfolgende Bestimmung:

"Zukünftige Sondertilgungsrechte werden im Rahmen vorzeitiger Darlehensvollrückzahlung bei der Berechnung von Vorfälligkeitszinsen nicht berücksichtigt."

Das Landgericht hat die gegen die Verwendung dieser Klausel gerichtete Unterlassungsklage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Die Revision der Beklagten hat der XI. Zivilsenat zurückgewiesen. Die angegriffene Klausel hält der gerichtlichen Inhaltskontrolle nicht stand:

Nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB* unterliegen unter anderem solche Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Inhaltskontrolle, durch die von Rechtsvorschriften abweichende Regelungen vereinbart werden. Das trifft auf die beanstandete Klausel zu. Die Auslegung der umfassend formulierten Regelung ergibt, dass sie aus der maßgeblichen Sicht eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden jedenfalls auch bei der Berechnung einer Vorfälligkeitsentschädigung nach § 490 Abs. 2 Satz 3 BGB** aufgrund einer außerordentlichen Kündigung des Darlehensvertrages durch den Darlehensnehmer infolge der Ausübung seiner berechtigten Interessen nach § 490 Abs. 2 Satz 1 BGB** Anwendung findet.

Auf der Grundlage dieser Auslegung weicht die beanstandete Klausel von gesetzlichen Regelungen ab. Nach § 490 Abs. 2 Satz 3 BGB** hat der kündigende Darlehensnehmer dem Darlehensgeber denjenigen Schaden zu ersetzen, der diesem aus der vorzeitigen Kündigung entsteht. Die Anspruchshöhe ist nach den für die Nichtabnahmeentschädigung geltenden Grundsätzen zu ermitteln, wonach der maßgebliche Schadensumfang den Zinsschaden und den Verwaltungsaufwand des Darlehensgebers umfasst. Ersatzfähig ist der Zinsschaden jedoch lediglich für den Zeitraum rechtlich geschützter Zinserwartung des Darlehensgebers. Die rechtlich geschützte Zinserwartung wird - unter anderem - durch vereinbarte Sondertilgungsrechte begrenzt. Diese begründen ein kündigungsunabhängiges Teilleistungsrecht des Darlehensnehmers zur Rückerstattung der Valuta ohne Verpflichtung zur Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung. Mit der Einräumung solcher regelmäßig an bestimmte Voraussetzungen geknüpften Sondertilgungsrechte gibt der Darlehensgeber von vornherein seine rechtlich geschützte Zinserwartung im jeweiligen Umfang dieser Rechte auf. Von diesen Grundsätzen der Bemessung der Vorfälligkeitsentschädigung nach § 490 Abs. 2 Satz 3 BGB** weicht die beanstandete Regelung zum Nachteil des Darlehensnehmers ab, indem dessen künftige Sondertilgungsrechte, die die Zinserwartung der Beklagten und damit die Höhe der von ihr im Falle einer Kündigung nach § 490 Abs. 2 Satz 1 BGB** zu beanspruchenden Vorfälligkeitsentschädigung beeinflussen, bei der Berechnung - generell - ausgenommen werden.

Die generelle Nichtberücksichtigung vereinbarter künftiger Sondertilgungsrechte bei der Berechnung einer Vorfälligkeitsentschädigung führt zu einer von der Schadensberechnung nicht gedeckten Überkompensation der Beklagten. Die Klausel ist deshalb mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, unvereinbar und benachteiligt die Kunden der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Die Überkompensation wird nicht anderweit ausgeglichen oder auch nur abgeschwächt. Die Beklagte führt auch keine Umstände oder Erschwernisse an, die eine Außerachtlassung künftiger Sondertilgungsrechte bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung rechtfertigen könnten.

Vorinstanzen:

Landgericht Aurich - Urteil vom 8. November 2013 - 3 O 668/13

Oberlandesgericht Oldenburg - Urteil vom 4. Juli 2014 - 6 U 236/13 (ZIP 2014, 2383 ff.)

Karlsruhe, den 19. Januar 2016

* § 307 BGB

Inhaltskontrolle

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder

2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

** § 490 BGB

Außerordentliches Kündigungsrecht

(1) …

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag, bei dem der Sollzinssatz gebunden und das Darlehen durch ein Grund- oder Schiffspfandrecht gesichert ist, unter Einhaltung der Fristen des § 488 Abs. 3 Satz 2 vorzeitig kündigen, wenn seine berechtigten Interessen dies gebieten und seit dem vollständigen Empfang des Darlehens sechs Monate abgelaufen sind. Ein solches Interesse liegt insbesondere vor, wenn der Darlehensnehmer ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung der zur Sicherung des Darlehens beliehenen Sache hat. Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber denjenigen Schaden zu ersetzen, der diesem aus der vorzeitigen Kündigung entsteht (Vorfälligkeitsentschädigung).

(3)…