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OLG Köln: Strafbarkeit eines Fotojournalisten wegen unbefugten Verbreitens eines Bildnisses - unverpixelte Veröffentlichung des Fotos eines vermeintlichen Ebola-Patienten

OLG Köln
Beschluss vom 02.06.2017
III-1 RVs 93/17


Das OLG Köln hat entschieden, das sich ein Fotojournalist wegen des unbefugten Verbreitens eines Bildnisses nach §§ 33 Abs. 1 Nr. 1, 22, 23 Kunsturhebergesetz (KunstUrhG) strafbar macht, wenn dieser ein ohne Zustimmung des abgebildeten angeblichen Ebola-Patienten erstelltes Foto an ein Redaktion weitergibt und nicht verhindert, dass das Foto unverpixelt veröffentlicht wird.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Strafbarkeit eines Fotojournalisten wegen der Veröffentlichung eines Bildes - vermeintlicher Ebola-Patient

Ein Fotojournalist kann sich strafbar machen, wenn er Fotos eines Krankenhauspatienten gegen dessen Willen fertigt und an eine Redaktion weitergibt, ohne auf eine Unkenntlichmachung der Bilder hinzuwirken.

In dem vom 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Köln entschiedenen Fall arbeitete ein Fotojournalist an einer Fernsehdokumentation über Ebola. Er bemerkte im Klinikum Aachen einen dunkelhäutigen Patienten, der von Mitarbeitern des Klinikums mit Mundschutz und Handschuhen versorgt und aufgefordert wurde, von den anderen Patienten Abstand zu halten. Der Journalist schnappte außerdem u.a. das Wort „Ebola“ auf. Daraufhin fertigte er ungefragt Fotos des Patienten und folgte diesem mit seinem Fotohandy ins Behandlungszimmer. Obwohl der Patient erklärte,
dass er keine Fotos von sich wolle, obwohl die behandelnde Ärztin den Journalisten bat, die Fotos zu löschen und obwohl die Ärztin ihm mitteilte, dass sich der Ebola-Verdachtsfall nicht bestätigt habe, konnte weder diese noch die hinzugerufene Polizei den Journalisten zum Löschen der Bilder bewegen. Vielmehr bot er die Fotos zusammen mit einer inhaltlichen Information über die Vorkommnisse im Klinikum mehreren Redaktionen an. Eine Redaktion übernahm die Fotos. Dabei wurde nicht darüber gesprochen, ob der fotografierte Patient unkenntlich zu machen sei. In der Onlineausgabe der Zeitung erschien daraufhin ein ungepixeltes Foto des Patienten mit Mundschutz und Handschuhen und der Bezeichnung als „Ebola-Verdächtiger“. In der Printausgabe erschienen
Bilder, bei denen der Patient teilweise unkenntlich gemacht worden war.

Das Amtsgericht hatte den Journalisten wegen unbefugten Verbreitens eines Bildnisses zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen verurteilt. Auf die Berufung der Staatsawaltschaft hat das Landgericht Aachen die Strafe auf 40 Tagessätze erhöht.

Die Revision des Journalisten gegen seine Verurteilung blieb ohne Erfolg.

Der 1. Strafsenat bestätigte die Verurteilung wegen unbefugten Verbeitens eines Bildnisses gem. §§ 33 Abs. 1 Nr. 1, 22, 23 Kunsturhebergesetz (KunstUrhG). Nach dieser Vorschrift ist es strafbar,
Bilder ohne Einwilligung des Betroffenen zu verbreiten. Bilder aus dem Bereich der Zeitgeschichte dürfen nur verbreitet werden, wenn dadurch kein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt wird.

Der Senat hat ausgeführt, dass die Berichterstattung über den Umgang mit Ebolaverdachtsfällen zwar der Zeitgeschichte zugeordnet werden könne. Die Weitergabe der Bilddatei ohne jegliche Verfremdung bzw. Unkenntlichmachung sei aber eine massive Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Patienten. Dieser sei in einer plakativen und zugleich entwürdigenden Weise als vermeintlich an Ebola Erkrankter dargestellt und für jedermann zu erkennen gewesen.

Auch unter Berücksichtigung des Informationsinteresses der Öffentlichkeit an den Vorgängen im Klinikum handele es sich bei dem Vorgang um strafbares Unrecht, das nicht von der verfassungsrechtlich garantierten Pressefreiheit gedeckt gewesen sei. Für dieses Unrecht sei auch der Angeklagte strafrechtlich verantwortlich. Er habe bereits durch die Weitergabe des ungepixelten Bildes an die Redaktion den Straftatbestand verwirklicht. Wenn der Journalist selbst nicht in der Lage gewesen sein sollte, den Patienten auf dem Foto unkenntlich zu machen, hätte er jedenfalls nachhaltig und unmissverständlich auf die Unkenntlichmachung bzw. Verfremdung hinwirken müssen. Es entspreche nicht allgemeiner Handhabung, dass die Prüfung der rechtlichen Belange Betroffener im Zusammenhang mit Veröffentlichungen allein den Redaktionen obliege und ausschließlich dort stattfinde. Der Journalist sei als Veranlasser der Veröffentlichung und als Anbieter der Information allein in der Lage gewesen, die Umstände der Fertigung der Fotos zu beurteilen. Nur er habe gewusst, dass der Patient dem Foto widersprochen hatte. Daher sei die Weitergabe des Fotos kein rein presseinterner Vorgang gewesen, der das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen nur geringfügig beeinträchtige. Straferschwerend sei zu berücksichtigen, dass das Bild später unverpixelt
in der Online-Ausgabe und nur unzureichend verpixelt in der PrintAusgabe veröffentlicht worden sei.


OLG Köln: Allgemeine Einwilligung für Werbeanrufe nach Vertragsbeendigung unzulässig - Klausel in AGB der Telekom Deutschland GmbH unwirksam

OLG Köln
Urteil vom 02.06.2017
6 U 182/16


Das OLG Köln hat entschieden, dass eine Klausel in den AGB unzulässig ist, die eine allgemein Einwilligung für Werbeanrufe nach Vertragsbeendigung enthält.

Es ging um folgende Klausel der Telekom Deutschland GmbH:

"Ich möchte künftig über neue Angebote und Services der Telekom Deutschland GmbH per E-Mail, Telefon, SMS oder MMS persönlich informiert und beraten werden.

Ich bin damit einverstanden, dass meine Vertragsdaten aus meinen Verträgen mit der Telekom Deutschland GmbH von dieser bis zum Ende des Kalenderjahres, das auf die Beendigung des jeweiligen Vertrages folgt, zur individuellen Kundenberatung verwendet werden. Meine Vertragsdaten sind die bei der Telekom Deutschland GmbH zur Vertragserfüllung [Vertragsabschluss, -änderung, -beendigung, Abrechnung von Entgelten] erforderlichen und freiwillig angegebenen Daten."


Aus den Entscheidungsgründen:

"Die streitgegenständliche Klausel, deren Verwendung durch die Beklagte unstreitig ist, ist wegen Verstoßes gegen § 307 BGB unwirksam.

a. Es handelt sich nach der Rechtsprechung bei einer Einwilligung als einer einseitigen Erklärung zwar um keine Vertragsbedingung im eigentlichen Sinne (BGH GRUR 2000, 828, 829 - Telefonwerbung VI; BGH GRUR 2008, 1010 Rn. 18 - Payback). Jedoch sind die §§ 305 ff. BGB mit Rücksicht auf ihren Schutzzweck auf eine vorformulierte und vom Verwender vorgegebene Einwilligungserklärung für Werbeanrufe anwendbar, wenn sie im Zusammenhang mit einer Sonderverbindung steht (BGH GRUR 2013, 531 Rn. 19 f. - Einwilli
gung in Werbeanrufe II), was vorliegend bei einer Einwilligung im Zusammenhang mit einer kostenpflichtigen Bestellung eines Produkts der Beklagten (Anlage K1, Bl. 7 ff.) ohne Weiteres zu bejahen ist.

[...]

cc. Die Einwilligung muss „für den konkreten Fall“ und „in Kenntnis der Sachlage" erteilt werden, was bedeutet, dass der Verbraucher nicht nur wissen muss, dass seine Erklärung ein Einverständnis darstellt, sondern auch, worauf sie sich bezieht. Maßgebend ist dabei nicht die konkrete Vorstellung eines ein-
zelnen Verbrauchers, sondern die Sichtweise des angemessen gut informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers oder des durchschnittlichen Mitglieds der angesprochenen Verbrauchergruppe (Köhler/Bornkamm-Köhler, a.a.O., § 7 Rn. 149b).

Die Klausel, mit der der Verbraucher darin einwilligt, dass die Beklagte bei einem Kunden, dessen Vertrag beispielsweise im Januar 2016 beendet wurde, noch maximal bis Ende 2017 seine Vertragsdaten, und zwar in erheblichem Umfang, „zur individuellen Kundenberatung“ verwenden darf, verbindet für den Verbraucher verschiedene Aspekte, aus denen sich Zweifel an der Erklärung der Einwilligung „für den konkreten Fall“ und „in Kenntnis der Sachlage" ergeben.

Denn bei Auslegung der Klausel stellt sich die Frage, worin aus Sicht des Ver brauchers eine „individuelle Kundenberatung“ bestehen soll in Bezug auf einen Verbraucher, der im ungünstigsten Fall bereits seit fast zwei Jahren nichtmehr vertraglich mit der Beklagten verbunden ist, d.h. gar nicht mehr Kunde der Beklagten ist und der aller Wahrscheinlichkeit nach zu diesem Zeitpunkt längst Kunde eines Wettbewerbers der Beklagten geworden ist. Mangels Bestehens einer Kundenbeziehung zwischen der Beklagten und dem „Kunden“

nach Beendigung des Vertrages ist unklar, worauf sich eine „individuelle Kun denberatung“, in die der Kunde einwilligen soll, noch beziehen kann. Der Begriff der „individuellen Kundenberatung“, der für sich bereits keinen fest umrissenen Inhalt oder Umfang hat, mag zwar bei einem bestehenden Vertragsverhältnis und bei einer bestehenden Kundenbeziehung Beratungsleistungen in Bezug auf das konkrete Vertragsverhältnis meinen und in dieser Weise vom Kunden verstanden werden. Jedenfalls bei einem Verbraucher, der seit fast zwei Jahren nicht mehr in einer Kundenbeziehung zur Beklagten steht, fehlt
jedoch jeglicher Anknüpfungspunkt für eine „individuelle Kundenberatung“.

Der einwilligende Kunde kann mithin nicht wissen, was die Beklagte mit „individueller Kundenberatung“ nach Beendigung des Kundenverhältnisses meint. Soweit der Verbraucher nicht überschaut, wozu, also auf welche Produkte und Dienstleistungen er mit seiner Erklärung zu einer wie auch immer zu verstehenden „individuellen Kundenberatung“ - auch unter Rückgriff auf umfangreiche Vertrags- und Kontodaten - noch fast zwei Jahre nach Beendigung des Vertrages einwilligt, fehlt es jedenfalls an einer Einwilligung „in Kenntnis der Sachlage“.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Stuttgart: Regelung in SWR-Rundfunkbeitragssatzung zum Ausschluss der Barzahlung des Rundfunkbeitrags rechtmäßig

OLG Stuttgart
Beschluss vom 08.07.2017
19 VA 17/16


Das OLG Stuttgart hat entschieden, dass die Regelung in der SWR-Rundfunkbeitragssatzung zum Ausschluss der Barzahlung des Rundfunkbeitrags rechtmäßig ist.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Die SWR-Rundfunkbeitragssatzung schließt in wirksamer Weise eine Barzahlung des Rundfunkbeitrags aus

Der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart unter dem Vorsitz von Achim Späth hat durch Beschluss vom 8. Juni 2017 entschieden, dass § 10 der SWR-Rundfunkbeitragssatzung in wirksamer Weise eine Barzahlung des Rundfunkbeitrags ausschließt.

Die Antragstellerin möchte ihren Rundfunkbeitrag in bar entrichten. § 10 der SWR-Rund-funkbeitragssatzung, der Zahlung auf ein Beitragsabwicklungskonto bestimmt, verstoße nach ihrer Auffassung gegen höherrangiges Recht. Die Antragstellerin sieht den SWR im Annahmeverzug und möchte das Geld daher nach § 372 Satz 1 BGB hinterlegen. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 1. August 2016 hat das Amtsgericht Reutlingen die Annahme eines Betrages von 60,98 € zurückgewiesen, da die gesetzlichen Voraussetzungen der Hinterlegung, insbesondere Gläubigerverzug, nicht erfüllt seien. Die Antragstellerin hat dagegen am 14. September 2016 Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Der genannte Betrag befindet sich in vorläufiger Verwahrung bei der Landesoberkasse.

Der Senat hat entschieden, dass der Antrag auf gerichtliche Entscheidung zulässig, aber nicht begründet ist. Der SWR sei gemäß § 10 seiner Rundfunkbeitragssatzung berechtigt, die Beitragszahlungen nur in Form von Buchgeld anzunehmen und Barzahlungen auszuschließen.

Diese Satzungsregelung verstoße nicht gegen übergeordnetes Recht. Die von der Antragstellerin angeführten Art. 128 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) bzw. § 14 des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank (BBankG) beträfen das ausschließliche Recht, die Ausgabe von Euro-Banknoten zu regeln bzw. diese auszugeben. Damit solle aber nicht etwa eine Erfüllung von Forderungen durch Überweisungen verboten oder auch nur ein Vorrang von Barzahlungen begründet werden. Nichts anderes folge – entgegen der Auffassung der Antragstellerin – aus der Empfehlung der Kommission vom 22. März 2010 (2010/191/EU) über den Geltungsbereich und die Auswirkungen des Status der Euro-Banknoten und -Münzen als gesetzliche Zahlungsmittel. Denn diese unverbindliche Regelung beschäftige sich nicht mit dem Verhältnis von Bar- und Buchgeld, sondern ausschließlich mit dem Status des gesetzlichen Zahlungsmittels und lasse selbst dort Ausnahmen von der Annahmepflicht bei Barzahlungen in bestimmten Fällen zu.

Auch ein Verstoß der Satzungsregelung gegen Grundrechte, insbesondere Freiheitsrechte aus Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes, liegt nicht vor. In der Abwägung der individuellen Rechte mit den Organisationsrechten, die aus dem öffentlich-rechtlichen Auftrag folgen, zeige sich die Regelung des § 10 der SWR-Rundfunkbeitragssatzung als zweckmäßig, verhältnismäßig und angemessen, um das Massengeschäft der Beitragseinziehung zu organisieren.

Die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof hat der Senat nicht zugelassen. Auch eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung hielt der Senat nicht für angezeigt, da die Vorlagepflicht unter anderem dann entfalle, wenn die richtige Auslegung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum bleibt.


Aktenzeichen

19 VA 17/16 - Oberlandesgericht Stuttgart
HL 66/16 - Amtsgericht Reutlingen

Relevante Normen

§ 10 der SWR-Rundfunkbeitragssatzung
(1) Der Beitragsschuldner hat die Rundfunkbeiträge auf seine Gefahr auf das Beitragsabwicklungskonto ARD/ZDF/Deutschlandradio bei Banken oder Sparkassen zu leisten.
(2) Der Beitragsschuldner kann die Rundfunkbeiträge nur bargeldlos mittels folgender Zahlungsformen entrichten:
1. Ermächtigung zum Einzug mittels SEPA-Basislastschrift,
2. Einzelüberweisung,
3. Dauerüberweisung.
(3) Die Kosten der Zahlungsübermittlung einschließlich eventueller Rücklastschriftkosten hat der Beitragsschuldner zu tragen.
(4) Der Beitragsschuldner ist verpflichtet, die von ihm zu Lasten seines Bankkontos geleisteten Zahlungen der Rundfunkbeiträge zu überprüfen und etwaige Einwendungen geltend zu machen.

§ 372 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB)
Geld, Wertpapiere und sonstige Urkunden sowie Kostbarkeiten kann der Schuldner bei einer dazu bestimmten öffentlichen Stelle für den Gläubiger hinterlegen, wenn der Gläubiger im Verzug der Annahme ist.



OLG München: Kein Wettbewerbsverhältnis zwischen KFZ-Versicherung und Abschleppunternehmen

OLG München
Urteil vom 16.03.2017
29 U 3923/16


Das OLG München hat entschieden, dass zwischen einer KFZ-Versicherung, die Abschlepp-Schutzbriefe anbietet, und einem Abschleppunternehmen kein Wettbewerbsverhältnis im Sinne des UWG besteht.

Aus den Entscheidungsgründen:

"a) Wettbewerbsrechtliche Ansprüche kommen nicht in Betracht, weil die Klägerin und die Beklagte keine Mitbewerber im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG sind.

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG ist Mitbewerber jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis besteht, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen mit der Folge, dass das konkret beanstandete Wettbewerbsverhalten des einen Wettbewerbers den anderen beeinträchtigen, das heißt im Absatz behindern oder stören kann (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 12.01.2017, Az. I ZR 253/14, juris, Tz. 45 - World of Warcraft II m.w.N.). Die Parteien versuchen nicht, gleichartige Waren oder Dienstleistungen abzusetzen. Die Klägerin versucht als Versicherungsunternehmen Versicherungen abzusetzen, zu denen die seitens der Beklagten angebotenen Pannen- und Abschleppleistungen nicht gleichartig sind.

Auch wenn die Parteien keine gleichartigen Waren oder Dienstleistungen innerhalb des gleichen Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen, kann ein konkretes Wettbewerbsverhältnis bestehen, nämlich dann, wenn zwischen den Vorteilen, die jemand durch eine Maßnahme für sein Unternehmen oder das eines Dritten zu erreichen sucht, und den Nachteilen, die ein anderer dadurch erleidet, eine Wechselwirkung in dem Sinne besteht, dass der eigene Wettbewerb gefördert und der fremde Wettbewerb beeinträchtigt werden kann (vgl. BGH GRUR 2014, 1114, Tz. 32 - nickelfrei). Eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs des anderen liegt vor, wenn das beanstandete Wettbewerbsverhalten den anderen im Absatz behindern oder stören könnte (vgl. BGH a.a.O., Tz. 32 - nickelfrei). Durch das konkret beanstandete Verhalten der Beklagten, nämlich sich von den Havaristen (vermeintlich) Aufträge erteilen zu lassen, sich die (vermeintlichen) Ansprüche gegen die Klägerin abtreten zu lassen und diese Ansprüche gegenüber der Klägerin abzurechnen, wird die Klägerin in ihrem Absatz nicht behindert oder gestört und daher in ihrem Wettbewerb nicht beeinträchtigt. Durch das Verhalten der Beklagten werden gegen die Klägerin nicht berechtigte Forderungen erhoben und sie erleidet bei Begleichung möglicherweise einen Vermögensschaden. In ihrem Absatz, also dem Abschluss von Versicherungsverträgen, wird die Klägerin durch das Verhalten der Beklagten aber nicht beeinträchtigt. Es ist nicht ersichtlich, warum die Klägerin aufgrund des beanstandeten Verhaltens der Beklagten weniger Versicherungen absetzen können sollte als ohne dieses."



Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Anspruch des Netzbetreibers auf Rückzahlung von Einspeisevergütung wegen unterbliebener Meldung einer Photovoltaikanlage bei Bundesnetzagentur

BGH
Urteil vom 05.07.2017
VIII ZR 147/16


Der BGH hat entschieden, dass ein Anspruch des Netzbetreibers auf Rückzahlung der Einspeisevergütung wegen unterbliebener Meldung einer Photovoltaikanlage bei der Bundesnetzagentur besteht.

Die Pressemitteilung des BGH:

BGH bestätigt Anspruch des Netzbetreibers auf Rückzahlung von Einspeisevergütung wegen unterbliebener Meldung einer Photovoltaikanlage bei der Bundesnetzagentur

Der Bundesgerichtshof hat sich heute in einer Entscheidung mit der Frage befasst, unter welchen Voraussetzungen ein Netzbetreiber vom Betreiber einer Photovoltaikanlage die Rückzahlung einer Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) verlangen kann, wenn letzterer es unterlassen hat, seine neue Anlage bei der Bundesnetzagentur zu melden.

Der vorliegende Rechtsstreit gehört zu einer Serie ähnlich gelagerter Rückzahlungsklagen des klagenden Netzbetreibers, die - nach Zulassung der Revision durch die Berufungsgerichte - ebenfalls beim VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs anhängig sind

Sachverhalt und Prozessverlauf:

Der Beklagte, ein Landwirt, betreibt auf seinem Grundstück in Schleswig-Holstein eine Photovoltaik-Dachanlage. Diese nahm er im Frühjahr 2012 in Betrieb und speiste sodann den damit erzeugten Strom in das Stromnetz der klagenden Netzbetreiberin ein.

Vor der Inbetriebnahme der Anlage hatte der Beklagte ein ihm von der Klägerin übersandtes Formblatt mit Angaben zu der Anlage ausgefüllt und unterzeichnet. Dieses Formblatt trägt die Überschrift "Verbindliche Erklärung zur Ermittlung der Förderfähigkeit und der maßgeblichen Vergütungshöhe für Strom aus Photovoltaikanlagen nach dem […] Erneuerbare-Energien-Gesetz-EEG". Die in dem Formblatt unter anderem gestellte Frage, ob der Standort und die Leistung der Photovoltaikanlage der Bundesnetzagentur gemeldet worden seien, bejahte der Beklagte. Weiter heißt es in dem Formblatt (unmittelbar über der Unterschrift des Beklagten): "Der Betreiber der Stromerzeugungsanlage versichert hiermit, dass die vorstehenden Angaben der Wahrheit entsprechen. […]. Sofern vorstehende Angaben des Betreibers der Stromerzeugungsanlage unzutreffend sein sollten, behält sich der Netzbetreiber eine verzinsliche Rückforderung gezahlter Einspeisevergütungen im entsprechenden Umfang vom Betreiber der Stromerzeugungsanlage vor."

In dem Zeitraum vom 7. Juni 2012 bis zum 5. November 2014 zahlte die Klägerin an den Beklagten eine Einspeisevergütung nach den Fördersätzen des EEG in Höhe von insgesamt 52.429,40 €. Im Herbst 2014 stellte die Klägerin fest, dass der Beklagte die vorbezeichnete Meldung der Anlage bei der Bundesnetzagentur nicht vorgenommen hatte. Am 6. November 2014 holte der Beklagte diese Meldung nach.

Aufgrund der bis dahin unterbliebenen Meldung korrigierte die Klägerin ihre Abrechnungen dahingehend, dass dem Beklagten für den Zeitraum vom 7. Juni 2012 bis zum 31. Juli 2014 gemäß dem für diesen Zeitraum anzuwendenden § 17 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EEG 2012 nur ein Anspruch auf Vergütung des eingespeisten Stroms nach dem Marktwert und für den darauf folgenden Zeitraum vom 1. August 2014 bis zum 5. November 2014 nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EEG 2014 gar keine Vergütung zustehe. Sie forderte von dem Beklagten daraufhin gemäß § 35 Abs. 4 Satz 1, 3 EEG 2012 und § 57 Abs. 5 Satz 1, 3 EEG 2014 die Rückzahlung der um den - rechnerisch unstreitigen - Marktwert von 6.890,85 € (für den erstgenannten Zeitraum) verringerten Einspeisevergütung, mithin einen Betrag von 45.538,55 €.

Mit der vorliegenden Klage verlangt die Klägerin von dem Beklagten die Rückzahlung dieses Betrages nebst Zinsen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der unter anderem für das Energielieferungsrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die Voraussetzungen für einen Anspruch des klagenden Netzbetreibers auf Rückzahlung der Einspeisevergütung nach § 35 Abs. 4 Satz 1, 3 EEG 2012und § 57 Abs. 5 Satz 1, 3 EEG 2014 im vorliegenden Fall gegeben sind.

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz macht den Anspruch der Betreiber neuer Photovoltaikanlagen auf (vollständige) Einspeisevergütung bereits seit 2009 davon abhängig, dass diese den Standort und die Leistung ihrer Anlage der Bundesnetzagentur melden. Einen Verstoß gegen die vorgenannte Pflicht sanktionierte der - vorliegend für den Zeitraum bis zum 31. Juli 2014 anwendbare - § 17 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EEG 2012 dadurch, dass sich der Vergütungsanspruch für die Dauer des Pflichtverstoßes auf die Höhe des tatsächlichen Monatsmittelwerts des energieträgerspezifischen Marktwerts verringerte. Durch den - vom 1. August 2014 bis zum 31. Dezember 2016 anwendbaren - § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des EEG 2014 verschärfte der Gesetzgeber die Sanktionierung für Meldeverstöße und bestimmte, dass sich der anzulegende Wert der finanziellen Förderung "auf null" verringerte, solange der Anlagenbetreiber die zur Registrierung erforderlichen Angaben für den Eintrag in das bei der Bundesnetzagentur betriebene Anlagenregister nicht übermittelte. Eine zeitnahe und umfassende Registrierung neuer Anlagen - und dementsprechend eine starke Sanktionierung versäumter Meldungen - hat der Gesetzgeber als erforderlich betrachtet, um das System des so genannten "atmenden Deckels" umzusetzen, nach dem die allmähliche Absenkung der Einspeisevergütung für Photovoltaikanlagen geordnet ist. Hiernach ziehen höhere Zubauzahlen bei den geförderten Anlagen grundsätzlich eine stärkere Absenkung der Einspeisevergütung nach sich.

Ein Netzbetreiber verhält sich mit seinem Rückforderungsbegehren gegenüber dem Anlagenbetreiber auch dann nicht - wie der Beklagte meint - treuwidrig, wenn er selbst nicht vom zuständigen Übertragungsnetzbetreiber auf entsprechende Rückzahlung in Anspruch genommen wird. Denn der Netzbetreiber muss die zurückgeforderten Vergütungen bei der folgenden Abrechnung mit dem Übertragungsnetzbetreiber zwingend als eigene Einnahmen berücksichtigen - unabhängig davon, ob der Übertragungsnetzbetreiber einen entsprechenden Anspruch gegen ihn geltend gemacht hat. Der Rückforderungsanspruch und die damit korrespondierende Rückforderungspflicht nach § 35 Abs. 4 Satz 1, 3 EEG 2012 und § 57 Abs. 5 Satz 1, 3 EEG dienen nicht dem eigenen Interesse des Netzbetreibers, sondern vielmehr dem Interesse der Allgemeinheit, das System des EEG-Belastungsausgleichs nicht mit gesetzlich nicht vorgesehenen Vergütungen zu belasten und so die Kosten der Energiewende möglichst gering zu halten.

Ebenso wenig kann sich der Beklagte vorliegend darauf berufen, die Klägerin habe ihn über die gesetzlichen Meldepflichten nicht hinreichend aufgeklärt und er könne aufgrund dessen mit einem entsprechenden Schadensersatzanspruch aufrechnen. Abgesehen davon, dass dem Beklagten bei verständiger und objektiver Betrachtung des ihm übersandten Formblattes klar sein musste, dass (auch) eine Missachtung seiner Meldepflicht gegenüber der Bundesnetzagentur die Rückforderung der von der Klägerin an ihn gezahlten Einspeisevergütung zur Folge haben könnte, besteht eine diesbezügliche Aufklärungspflicht des Netzbetreibers grundsätzlich nicht. Der Anlagenbetreiber ist vielmehr selbst für die Erfüllung seiner Meldepflichten verantwortlich. Ihm obliegt es, sich über die geltende Rechtslage und die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Förderung nach dem EEG zu informieren.

Schließlich verstößt die für den Fall einer Nichterfüllung der Meldepflicht des Anlagenbetreibers vorgesehene Sanktionierung durch teilweisen oder vollständigen Wegfall der Einspeisevergütung auch nicht gegen den verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat, steht dem Gesetzgeber - auch im Bereich des Energierechts - ein weiter Gestaltungsspielraum zu, auf welche Weise er ein als förderwürdig erachtetes Verhalten unterstützen will. Die Verringerung der Einspeisevergütung auf den Marktwert (EEG 2012) beziehungsweise "auf null" (EEG 2014) hat der Gesetzgeber ersichtlich im Bewusstsein der damit für die Anlagenbetreiber verbundenen Härten, aber auch im Hinblick darauf gewählt, dass eine Nichtmeldung oder eine nicht rechtzeitige Meldung von Anlagen in relevanter Anzahl beziehungsweise Größe zu hoch berechnete Fördersätze und damit eine dem Gesetz nicht entsprechende nachteilige Kostenwirkung für die Allgemeinheit zur Folge hat.

Vorinstanzen:

Landgericht Itzehoe - Urteil vom 26. Oktober 2015 - 3 O 157/15

Oberlandesgericht Schleswig - Urteil vom 21. Juni 2016 - 3 U 108/15

Karlsruhe, den 5. Juli 2017

§ 17 EEG 2012

(1) […]

(2) Der Vergütungsanspruch […] verringert sich auf den tatsächlichen Monatsmittelwert des energieträgerspezifischen Marktwerts […],

1. solange Anlagenbetreiberinnen und Anlagenbetreiber von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie […] den Standort und die installierte Leistung der Anlage nicht übermittelt haben an

a) die Bundesnetzagentur mittels der von ihr bereitgestellten Formularvorgaben […]

§ 35 EEG 2012

[…]

(4) 1Zahlt ein Übertragungsnetzbetreiber dem Netzbetreiber eine höhere als in den §§ 16 bis 18 vorgesehene Vergütung oder eine höhere als in den §§ 33g und 33i vorgesehene Prämie, ist er zur Rückforderung des Mehrbetrages verpflichtet. 2Der Rückforderungsanspruch verjährt mit Ablauf des 31. Dezember des zweiten auf die Einspeisung folgenden Kalenderjahres; die Pflicht nach Satz 1 erlischt insoweit. 3Die Sätze 1 und 2 gelten im Verhältnis von aufnehmendem Netzbetreiber und Anlagenbetreiberin oder Anlagenbetreiber entsprechend, es sei denn, die Zahlungspflicht ergibt sich aus einer vertraglichen Vereinbarung. […]

§ 25 EEG 2014

(1) 1Der anzulegende Wert […] verringert sich auf null,

1. solange Anlagenbetreiber die zur Registrierung der Anlage erforderlichen Angaben nicht nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 93 übermittelt haben,

[…]

§ 57 EEG 2014

[…]

(5) 1Zahlt ein Übertragungsnetzbetreiber dem Netzbetreiber eine höhere als im Teil 3 vorgesehene finanzielle Förderung, muss er den Mehrbetrag zurückfordern. 2Der Rückforderungsanspruch verjährt mit Ablauf des 31. Dezember des zweiten auf die Einspeisung folgenden Kalenderjahres; die Pflicht nach Satz 1 erlischt insoweit. 3Die Sätze 1 und 2 sind im Verhältnis von aufnehmendem Netzbetreiber und Anlagenbetreiber entsprechend anzuwenden, es sei denn, die Zahlungspflicht ergibt sich aus einer vertraglichen Vereinbarung. […]


VG Köln: Eilantrag der Deutschen Telekom AG gegen Vorratsdatenspeicherung abgelehnt - Erklärung der BNetzA zur vorläufigen Nichtumsetzung genügt

VG Köln
Entscheidung vom 30.06.2017
9 L 2085/17


Das VG Köln hat einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung der Deutschen Telekom AG gegen die Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung nach § 113b TKG abgelehnt. Die Erklärung der BNetzA zur vorläufigen Nichtumsetzung genügt nach Ansicht des VG Köln, so dass es an einem Rechtsschutzbedürfnis für eine einstweilige Anordnung fehlt.

Siehe dazu Bundesnetzagentur setzt Pflicht zur Vorratdatenspeicherung bzw Verkehrsdatenspeicherung nach § 113b TKG vorläufig aus

Die Pressemitteilung des VG Köln:

Antrag betreffend Vorratsdatenspeicherung unzulässig

Am 30. Juni 2017 hat das Verwaltungsgericht Köln einen Antrag der Deutschen Telekom AG abgelehnt, mit dem diese die Feststellung begehrt hat, nicht zur anlasslosen Speicherung von Telekommunikationsverkehrsdaten (Vorratsdatenspeicherung) verpflichtet zu sein.

Die Deutsche Telekom AG hatte zunächst beantragt, festzustellen, dass sich die Speicherpflicht nach § 113b Abs. 3 TKG nicht auf Internetverbindungen erstreckt, die unter Einsatz des sog. NAPT-Verfahren insbesondere bei öffentlichen Hotspots und im Mobilfunkbereich hergestellt werden. Nachdem das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 22. Juni 2017 im Verfahren 13 B 238/17 vorläufig festgestellt hatte, dass die dortige Antragstellerin insgesamt nicht verpflichtet sei, Verkehrsdaten ihrer Kunden, denen sie den Internetzugang vermittelt, zu speichern und dies mit der Europarechtswidrigkeit der Norm begründet hatte, veröffentlichte die Bundesnetzagentur auf ihrer Internetseite eine Erklärung, wonach sie bis zum rechtskräftigen Abschluss eines Hauptsacheverfahrens gegenüber allen Telekommunikationsunternehmen davon absehen werde, Maßnahmen wegen des Verstoßes gegen die Speicherpflicht nach § 113b TKG zu ergreifen. Daraufhin stellte die Deutsche Telekom AG ihren Antrag um und beantragte nunmehr die vorläufige Feststellung, insgesamt und nicht lediglich mit Blick auf das sog. NAPT-Verfahren nicht zur anlasslosen Speicherung von Verkehrsdaten TKG verpflichtet zu sein. Diesen Antrag lehnte das Gericht nun mangels Rechtsschutzinteresses ab.

Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt: Die Erklärung der Bundesnetzagentur im Rahmen des auf einstweiligen Rechtsschutz gerichteten Verfahrens sei ausreichend. Der von der Antragstellerin darüber hinaus erstrebte Schutz vor Einleitung strafrechtlicher Ermittlungen wegen des Unterlassens der Speicherung sei im vorliegenden Verfahren nicht zu erreichen. Eine Entscheidung wirke nur im Verhältnis zwischen den Beteiligten und nicht auch gegenüber den Strafverfolgungsbehörden.

LG Heilbronn: Irreführung durch Werbung mit Preisnachlass für gesamtes Backwarensortiment wenn Preisnachlass doch nicht für alle Backwaren gilt

LG Heilbronn
Urteil vom 02.06.2017
21 O 54/17 KfH

Das LG Heilbronn hat wenig überraschend entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung vorliegt, wenn eine Bäckerei mit einem Preisnachlass auf das gesamte Backwarensortiment wirbt und der Preisnachlass doch nicht für alle Backwaren gilt. Abgepackte Backwaren sollten den vollen Preis kosten.

BGH: Vorbehaltskäufer bei Eigentumsvorbehalt nicht Erfüllungsgehilfe des Vorbehaltsverkäufers für Einhaltung einer Unterlassungserklärung

BGH
Urteil vom 04.05.2017
I ZR 208/15
Luftentfeuchter
BGB §§ 278, 339 Satz 2, § 449; UWG § 8 Abs. 1 Satz 1


Der BGH hat entschieden, dass der Vorbehaltskäufer bei unter Eigentumsvorbehalt verkauften Waren nicht Erfüllungsgehilfe des Vorbehaltsverkäufers für Einhaltung einer Unterlassungserklärung ist.

Leitsätze des BGH:

a) Der Vorbehaltskäufer bei einem Eigentumsvorbehalt ist nicht Erfüllungsgehilfe des Vorbehaltsverkäufers bei der Einhaltung einer auf einem Vertragsstrafeversprechen beruhenden Unterlassungspflicht.

b) Die Verpflichtung des Unterlassungsschuldners, bereits ausgelieferte und mit wettbewerbswidriger Werbung versehene Produkte zurückzurufen, setzt nicht voraus, dass ihm gegen seine Abnehmer rechtlich durchsetzbare Ansprüche auf Unterlassung der Weiterveräußerung oder auf Rückgabe dieser Produkte zustehen. Er ist verpflichtet, im Rahmen
des Möglichen und Zumutbaren auf Dritte einzuwirken, soweit dies zur Beseitigung eines fortdauernden Störungszustands erforderlich ist.

c) Entschließt sich der zum Rückruf bereits ausgelieferter Ware verpflichtete Unterlassungsschuldner aufgrund einer einheitlichen, rechtlich allerdings unzutreffenden Überlegung, von einem Rückruf abzusehen, liegt bei einer wertenden Betrachtungsweise nur ein Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung vor.

BGH, Urteil vom 4. Mai 2017 - I ZR 208/15 - OLG Düsseldorf

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Volltext - OVG Münster zur Europarechtswidrigkeit der Vorratsdatenspeicherung liegt vor

OVG Münster
Beschluss vom 22.06.2017
13 B 238/17


Wir hatten bereits in dem Beitrag OVG Münster: Vorratsdatenspeicherung ist europarechtswidrig - einstweilige Anordnung gegen Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung über die Entscheidung berichtet.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Siehe auch zum Thema: Bundesnetzagentur setzt Pflicht zur Vorratdatenspeicherung bzw Verkehrsdatenspeicherung nach § 113b TKG vorläufig aus


Materialien der EU-Kommission: Geldbuße von 2,42 Mrd EURO gegen Google wegen Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung - Vorzugsbehandlung des eigenen Preisvergleichsdienstes

Die EU-Kommission hat gegen den Suchmaschinenbetreiber Google eine Geldbuße in Höhe von 2,42 Mrd EURO wegen des Missbrauchs der marktbeherrschenden Stellung als Suchmaschine verhängt. Dabei geht es in diesem Verfahren um die Vorzugsbehandlung des eigenen Preisvergleichsdienstes in den Suchergebnissen / in der Produktsuche.

Weitere Materialien zu diesem Verfahren finden Sie hier:

Pressemitteilung der EU-Kommission:

Kartellrecht: Kommission verhängt Geldbuße in Höhe von 2,42 Mrd. EUR gegen Google wegen Missbrauchs seiner marktbeherrschenden Stellung als Suchmaschine durch unzulässige Vorzugsbehandlung des eigenen Preisvergleichsdienst

Die Europäische Kommission hat eine Geldbuße von 2,42 Mrd. EUR gegen Google verhängt, da das Unternehmen gegen das EU-Kartellrecht verstoßen hat. Google hat seine marktbeherrschende Stellung als Suchmaschinenbetreiber missbraucht, indem es einem anderen Google-Produkt – seinem Preisvergleichsdienst – einen unrechtmäßigen Vorteil verschafft hat.

Das Unternehmen muss dieses Verhalten nun innerhalb von 90 Tagen abstellen. Ansonsten muss es Zwangsgelder von bis zu 5% des durchschnittlichen weltweiten Tagesumsatzes seiner Muttergesellschaft Alphabet zahlen.
Die für Wettbewerbspolitik zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager erklärte dazu: „Google hat viele innovative Produkte und Dienstleistungen entwickelt, die unser Leben verändert haben. Das ist eine gute Sache. Aber die Strategie von Google für seinen Preisvergleichsdienst bestand nicht nur darin, Kunden zu gewinnen, indem es ein besseres Produkt anbietet als seine Wettbewerber. Google hat vielmehr seine marktbeherrschende Stellung als Suchmaschinenbetreiber missbraucht, indem es seinen eigenen Preisvergleichsdienst in seinen Suchergebnissen ganz oben platziert und Vergleichsdienste der Konkurrenz herabgestuft hat.
Googles Verhalten ist nach den EU-Kartellvorschriften unzulässig. Google hat anderen Unternehmen die Möglichkeit genommen, im Wettbewerb durch Leistung zu überzeugen. Vor allem aber hat es verhindert, dass die europäischen Verbraucher wirklich zwischen verschiedenen Diensten wählen und die Vorteile der Innovation voll nutzen können.“

Die Strategie von Google für seinen Preisvergleichsdienst
Das bekannteste Produkt von Google ist seine Suchmaschine. Die Nutzer zahlen für die Suchergebnisse mit ihren Daten. Fast 90 % der Einnahmen von Google stammen aus Werbung, so z. B. aus den Werbeanzeigen, die nach einer Suchanfrage angezeigt werden.
Im Jahr 2004 trat Google mit „Froogle“ in Europa in den getrennten Markt der Preisvergleichsdienste ein. 2008 wurde dieser Dienst in „Google Product Search“ und 2013 in „Google Shopping“ umbenannt. Dieser Dienst ermöglicht es den Verbrauchern, Produkte und Preise online zu vergleichen und verschafft ihnen einen Überblick über die Angebote von Online-Einzelhändlern (z. B. von Online-Shops der Hersteller, von Plattformen wie Amazon und eBay) und anderen Händlern).
Als Google mit seinem Dienst Froogle in den Preisvergleichsmarkt eintrat, waren dort bereits einige etablierte Anbieter tätig. Unterlagen aus jener Zeit belegen, dass Google sich bewusst war, dass Froogle sich auf dem Markt nur schlecht behauptete (in einem internen Dokument von 2006 hieß es, "Froogle simply doesn't work", also "Froogle läuft einfach nicht").
Die Wettbewerbsfähigkeit der Preisvergleichsdienste ist stark von der Anzahl der Zugriffe auf ihre Website abhängig. Je öfter die Website aufgerufen wird, desto mehr Klicks werden generiert und desto höher ist der Umsatz. Mit der Zahl der Aufrufe steigt auch das Interesse der Einzelhändler daran, ihre Produkte bei den entsprechenden Preisvergleichsdiensten anzuzeigen. Angesichts der marktbeherrschenden Stellung von Google bei der allgemeinen Internetsuche spielt seine Suchmaschine eine wichtige Rolle für den Zugriff von Nutzern auf die Preisvergleichsdienste.
Ab 2008 begann Google, seine Strategie auf den europäischen Märkten grundlegend zu ändern, um seinen Preisvergleichsdienst nach vorne zu bringen. Diese Strategie stützte sich auf die marktbeherrschende Stellung von Google im Bereich der allgemeinen Internetsuche statt auf einen Leistungswettbewerb auf den Preisvergleichsmärkten:
Google hat seinen eigenen Preisvergleichsdienst systematisch am besten platziert: Wenn ein Verbraucher einen Suchbegriff in die Suchmaschine von Google eingibt, werden die Ergebnisse des Preisvergleichsdiensts von Google ganz oder sehr weit oben auf der Suchergebnisliste angezeigt.
Google hat konkurrierende Preisvergleichsdienste in seinen Suchergebnissen benachteiligt: Konkurrierende Preisvergleichsdienste werden in den Suchergebnissen von Google auf der Grundlage der generischen Suchalgorithmen des Unternehmens platziert. Google hat in diesen Algorithmen eine Reihe von Kriterien berücksichtigt, aufgrund derer konkurrierende Preisvergleichsdienste schlechter platziert werden. Es ist nachgewiesen, dass der am besten platzierte Wettbewerber im Durchschnitt erst auf Seite vier der Suchergebnisse von Google angezeigt werden und andere Anbieter sogar noch weiter unten platziert sind. Auf Googles eigenen Preisvergleichsdienst werden diese generischen Suchalgorithmen und dadurch berechnete schlechtere Platzierungen nicht angewendet.
Infolgedessen ist der Preisvergleichsdienst von Google für die Verbraucher in den Suchergebnissen von Google wesentlich sichtbarer als andere Preisvergleichsdienste.
Verbraucher klicken nachweislich wesentlich öfter auf die sichtbareren Ergebnisse, d. h. die Ergebnisse, die nach einer Google-Suche weiter oben erscheinen. Selbst auf einem Desktop-Computer entfallen auf die zehn höchstplatzierten generischen Suchergebnisse auf Seite 1 insgesamt etwa 95 % aller Klicks (bei dem ersten Suchergebnis sind es rund 35 % aller Klicks). Auf das erste Ergebnis auf Seite 2 der generischen Suchergebnisse von Google entfällt nur rund 1 % aller Klicks. Dies lässt sich nicht allein dadurch erklären, dass das oberste Ergebnis relevanter ist, da festgestellt wurde, dass sich die Zahl der Klicks um rund 50 % verringert, wenn das erste Ergebnis an dritte Stelle gerückt wird. Dieser Effekt ist bei mobilen Geräten sogar noch ausgeprägter, da das Display kleiner ist.
Somit verschafft Google seinem eigenen Preisvergleichsdienst durch dessen Platzierung ganz oben in den Suchergebnissen und durch die schlechtere Platzierung seiner Wettbewerber einen erheblichen Vorteil gegenüber konkurrierenden Diensten.

Verstoß gegen das EU-Kartellrecht
Das Verhalten von Google stellt eine missbräuchliche Ausnutzung seiner marktbeherrschenden Stellung in der allgemeinen Internetsuche dar, da es den Wettbewerb auf den Preisvergleichsmärkten beeinträchtigt.
Eine marktbeherrschende Stellung an sich ist nach den EU-Kartellvorschriften nicht verboten. Allerdings tragen marktbeherrschende Unternehmen eine besondere Verantwortung, denn sie dürfen ihre starke Marktstellung nicht missbrauchen, indem sie den Wettbewerb auf dem Markt, auf dem sie die beherrschende Stellung innehaben, oder auf anderen Märkten einschränken.
In dem heutigen Beschluss kommt die Kommission zu dem Ergebnis, dass Google auf den Märkten für allgemeine Internetsuche im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), d. h. in allen 31 EWR-Staaten, eine beherrschende Stellung innehat. Google hält diese beherrschende Stellung in den EWR-Staaten seit 2008. Nur in der Tschechischen Republik hat es diese Position erst 2011 erreicht. Diese Bewertung stützt sich auf die Tatsache, dass auf die Google-Suche in allen EWR-Staaten sehr hohe Marktanteile (in den meisten Ländern von mehr als 90 %) entfallen. Das Unternehmen konnte diese Position seit mindestens 2008, d. h. seit Beginn des Untersuchungszeitraums, halten. Auf diesen Märkten sind ferner die Markteintrittsschranken, u. a. aufgrund von Netzwerkeffekten, sehr hoch: Je mehr Verbraucher eine Suchmaschine verwenden, desto attraktiver wird sie für werbende Unternehmen. Die erzielten Gewinne können dann dazu genutzt werden, noch mehr Verbraucher anzuziehen. Gleichzeitig können die von der Suchmaschine über die Verbraucher gesammelten Daten dazu verwendet werden, die Suchergebnisse weiter zu optimieren.
Google hat seine marktbeherrschende Stellung missbraucht, indem es seinem eigenen Preisvergleichsdienst einen unrechtmäßigen Vorteil verschafft hat. Google platzierte seinen eigenen Preisvergleichsdienst in seinen Suchergebnissen ganz oben, während es konkurrierende Dienste weiter unten anzeigte. Auf diese Weise behinderte das Unternehmen den Wettbewerb auf den Preisvergleichsmärkten.
Google wendet dieses Platzierungsverfahren in allen 13 EWR-Staaten an, in denen das Unternehmen seinen Preisvergleichsdienst anbietet: seit Januar 2008 in Deutschland und dem Vereinigten Königreich, seit Oktober 2010 in Frankreich, seit Mai 2011 in Italien, den Niederlanden und Spanien, seit Februar 2013 in der Tschechischen Republik und seit November 2013 in Belgien, Dänemark, Norwegen, Österreich, Polen und Schweden.
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Die Auswirkungen der unzulässigen Verhaltensweisen von Google
Die rechtswidrigen Verhaltensweisen von Google haben erhebliche Auswirkungen auf den Wettbewerb zwischen dem Preisvergleichsdienst von Google und entsprechenden Diensten anderer Anbieter. Sie haben dazu geführt, dass der Preisvergleichsdienst von Google sehr viele Nutzer hinzugewonnen hat, was zu Lasten seiner Wettbewerber und der europäischen Verbraucher ging.
Angesichts der marktbeherrschenden Stellung von Google bei der allgemeinen Internetsuche spielt seine Suchmaschine eine wichtige Rolle für die Lenkung des Internetverkehrs.Als Folge der rechtswidrigen Verhaltensweisen stiegen die Nutzerzahlen des Preisvergleichsdiensts von Google deutlich an, während Googles Wettbewerber dauerhaft starke Einbußen zu verzeichnen hatten.
Seit Beginn der Zuwiderhandlung haben die Zugriffe auf den Preisvergleichsdienst von Google im Vereinigten Königreich um das 45-fache zugenommen, in Deutschland um das 35-fache, in Frankreich um das 19-fache, in den Niederlanden um das 29-fache, in Spanien um das 17-fache und in Italien um das 14-fache.
Aufgrund der von Google vorgenommenen schlechteren Platzierungen konkurrierender Preisvergleichsdienste wurden deutlich weniger Nutzer zu deren Websites geleitet. Beispielsweise fand die Kommission konkrete Beweise dafür, dass die Anzahl der Aufrufe von konkurrierenden Websites im Vereinigten Königreich um 85 %, in Deutschland um 92 % und in Frankreich um 80 % zurückging. Diese plötzlichen Rückgänge lassen sich nicht durch andere Faktoren erklären. Einige Wettbewerber haben sich angepasst und einen Teil der Nutzer zurückgewonnen. Keiner hat es jedoch geschafft, sich ganz zu erholen.
Zusammen mit den anderen Feststellungen der Kommission zeigt dies, dass die Verhaltensweisen von Google den Leistungswettbewerb auf den Preisvergleichsmärkten beeinträchtigt und die europäischen Verbraucher daran gehindert haben, tatsächlich zwischen verschiedenen Dienstleistungen wählen und die Vorteile der Innovation voll nutzen zu können.

Gesammelte Beweise
Im Laufe des Verfahrens hat die Kommission zahlreiche Beweismittel zusammengetragen und umfassend ausgewertet, darunter:
1) aktuelle Dokumente von Google und anderen Marktteilnehmern,
2) sehr große reale Datenmengen, darunter 5,2 Terabyte an tatsächlichen Suchergebnissen von Google (rund 1,7 Milliarden Suchanfragen),
3) Versuche und Umfragen, anhand derer insbesondere die Auswirkungen der Sichtbarkeit in den Suchergebnissen auf das Verbraucherverhalten und die Klickrate untersucht wurden,
4) Finanz- und Internetverkehrsdaten, die Aufschluss über die kommerzielle Bedeutung der Sichtbarkeit in den Suchergebnissen von Google und über die Auswirkungen einer schlechteren Platzierung geben sowie
5) eine umfassende Marktuntersuchung durch Befragung von Kunden und Wettbewerbern auf den betroffenen Märkten (in deren Rahmen die Kommission Fragebögen an mehrere hundert Unternehmen richtete).

Folgen des Beschlusses
Die Kommission berücksichtigte bei der Festlegung der Geldbuße auf 2 424 495 000 EUR die Dauer und die Schwere der Zuwiderhandlung. Im Einklang mit den Leitlinien der Kommission zur Festsetzung von Geldbußen aus dem Jahr 2006 (siehe Pressemitteilung und MEMO) wurde die Geldbuße auf der Grundlage der Umsätze von Google mit seinem Preisvergleichsdienst in den betreffenden 13 EWR-Staaten errechnet.
Google muss nun sein rechtswidriges Verhalten binnen 90 Tagen nach Erlass des Beschlusses abstellen und von allen Maßnahmen absehen, die denselben oder einen ähnlichen Zweck bzw. dieselbe oder eine ähnliche Wirkung haben. Insbesondere muss das Unternehmen den Grundsatz der Gleichbehandlung auf konkurrierende Preisvergleichsdienste und seinen Dienst anwenden.
Konkret bedeutet dies, dass Google für die Platzierung und Anzeige konkurrierender Preisvergleichsdienste auf seinen Suchergebnisseiten dieselben Verfahren und Methoden wie bei seinem eigenen Dienst anwenden muss.
Google ist für die Einhaltung dieser Vorgaben verantwortlich und muss darlegen, wie es sie umzusetzen beabsichtigt. Unabhängig davon, für welche Option Google sich entscheidet, wird die Kommission die Einhaltung genau überwachen, und Google muss die Kommission laufend über seine Maßnahmen unterrichten (zunächst innerhalb von 60 Tagen nach Erlass des Beschlusses, dann in regelmäßigen Abständen).
Falls Google dem Beschluss der Kommission nicht nachkommt, muss das Unternehmen Zahlungen von bis zu 5 % des durchschnittlichen täglichen weltweiten Umsatzes seiner Muttergesellschaft Alphabet leisten. Die Kommission müsste einen solchen Verstoß in einem gesonderten Beschluss feststellen. Dann wären entsprechende Zahlungen rückwirkend ab Beginn der Nichterfüllung der Vorgaben zu leisten.
Außerdem drohen Google zivilrechtliche Schadenersatzklagen, die von seinem wettbewerbswidrigen Verhalten betroffene Personen oder Unternehmen vor den Gerichten der Mitgliedstaaten einlegen könnten. Die neue EU-Richtlinie über Schadensersatzklagen wegen Kartellrechtsverstößen macht es für die Opfer von Kartellrechtsverstößen einfacher, Schadensersatz zu erhalten.

Weitere Untersuchungen zu Google
Die Kommission ist bereits bei zwei anderen, noch laufenden Verfahren zu dem vorläufigen Schluss gelangt, dass Google eine beherrschende Stellung missbraucht hat:
1) Im Zusammenhang mit dem Betriebssystem Android hat die Kommission die Sorge, dass Google bei einer Reihe von Anwendungen und Diensten für mobile Geräte im Rahmen einer allgemeinen Strategie die Auswahl verringert und Innovationen verhindert, um seine beherrschende Stellung im Bereich der allgemeinen Internetsuche zu schützen und auszubauen.
2) Über AdSense könnte Google nach der vorläufigen Auffassung der Kommission eine Verringerung der Auswahl bewirken, indem es verhindert, dass Websites von Dritten auf Suchmaschinenwerbung von seinen Wettbewerbern zugreifen.
Die Kommission wird zudem der Frage weiter nachgehen, wie Google andere spezialisierte Google-Suchdienste auf seinen Suchergebnisseiten behandelt. Der heutige Beschluss ist ein Präzedenzfall, der den Rahmen für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit solcher Verhaltensweisen absteckt. Gleichwohl ist er kein Ersatz für eine fallspezifische Prüfung, da nur diese die Möglichkeit bietet, die spezifischen Merkmale der einzelnen Märkte zu berücksichtigen.

Hintergrund
Siehe auch unser Factsheet.
Der heutige Beschluss ist an Google Inc. und seine Muttergesellschaft Alphabet Inc. gerichtet.
Artikel 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und Artikel 54 des EWR-Abkommens verbieten die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung. Der heutige Beschluss folgt auf zwei Mitteilungen der Beschwerdepunkte, die Google im April 2015 bzw. im Juli 2016übermittelt wurden.




Volltext der AIDA Kussmund-Entscheidung des BGH zur Panoramafreiheit bei nicht ortsfesten Werken liegt vor

BGH
Urteil vom 27.04.2017
I ZR 247/15
AIDA Kussmund
UrhG § 59 Abs. 1 Satz 1


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: Panoramafreiheit nach § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG gilt auch für nicht ortsfeste Werke - AIDA Kussmund auf Kreuzfahrtschiff über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:

a) Ein Werk befindet sich "an" öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen, wenn es von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen aus wahrgenommen werden kann; unerheblich ist, ob das Werk selbst für die Öffentlichkeit zugänglich ist.

b) Wege, Straßen oder Plätze sind im Sinne von § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG "öffentlich", wenn sie für jedermann frei zugänglich sind, unabhängig davon, ob sie in öffentlichem oder privatem Eigentum stehen.

c) Die Nennung von "Wegen, Straßen oder Plätzen" in § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG ist lediglich beispielhaft und nicht abschließend. Die Bestimmung erfasst jedenfalls alle Orte, die sich - wie Wege, Straßen oder Plätze - unter freiem Himmel befinden.

d) Ein Werk befindet sich auch dann im Sinne von § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG "an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen", wenn es den Ort wechselt und es sich bei den verschiedenen Orten, an oder auf denen sich das Werk befindet, um öffentliche Orte handelt.

e) Ein Werk befindet sich im Sinne von § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG "bleibend" an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen, wenn es sich dauerhaft und nicht nur vorübergehend an öffentlichen Orten befindet. Das ist der Fall, wenn das Werk aus Sicht der Allgemeinheit dazu bestimmt ist, für längere, meist unbestimmte Zeit an öffentlichen Orten zu bleiben.

f) Wer sich auf § 59 UrhG beruft, trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Fotografie des Werkes von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen aus gemacht worden ist. Zeigt die Fotografie eine Ansicht des Werkes, wie sie sich dem allgemeinen Publikum von einem öffentlichen Ort aus bietet, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Fotografie von einem solchen Ort aus gemacht worden ist. Es ist dann Sache des Inhabers der Rechte am Werk, diese Vermutung durch den Vortrag konkreter Umstände zu erschüttern. Wer sich auf § 59 UrhG beruft, hat dann seine Behauptung zu beweisen.

BGH, Urteil vom 27. April 2017 - I ZR 247/15 - OLG Köln - LG Köln

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: