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BGH: Betreiber eines Internetmarktplatzes (hier: ebay) haftet für markenrechtswidrige Angebote als Störer, wenn er Anzeigen im Internet für Angebote schaltet

BGH
Urteil vom 05.02.2015
I ZR 240/12
Kinderhochstühle im Internet III
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 5; TMG § 7 Abs. 2 Satz 1; Gemeinschaftsmarkenverordnung
Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a

Leitsätze des BGH:


a) Der Betreiber eines Internetmarktplatzes, der Dritten dort die Möglichkeit eröffnet, Verkaufsangebote ohne seine Kenntnisnahme in einem vollautomatischen Verfahren einzustellen, kann als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn er Anzeigen im Internet geschaltet hat, die über einen elektronischen Verweis
zu Angebotslisten führen, in denen auch die Marken der Klägerin verletzende Angebote enthalten sind.

b) Beschränkt der Markeninhaber den gegen den Marktplatzbetreiber wegen markenrechtsverletzender Verkaufsangebote Dritter gerichteten Unterlassungsanspruch nicht auf die konkrete Verletzungsform, hat er auch vorzutragen, dass die von ihm im Klageantrag genannten abstrakten Kriterien es dem Marktplatzbetreiber ermöglichen, problemlos und zweifelsfrei festzustellen, ob ein Handeln des Anbieters im geschäftlichen Verkehr vorliegt.

c) Stellt der Betreiber eines Internetmarktplatzes dem Nutzer eine Funktion zur automatischen Unterrichtung über neue Angebote durch E-Mails zur Verfügung, löst dies keine gesteigerten Überwachungspflichten aus.

BGH, Urteil vom 5. Februar 2015 - I ZR 240/12 - OLG Hamburg - LG Hamburg

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


OLG Oldenburg: Lexus für 135.000 EURO ohne Aschenbecher - Sachmangel der zur Rückbwicklung berechtigt, wenn Raucherausführung vertraglich vereinbart war

OLG Oldenburg
Urteil vom 10.03.2015
13 U 73/14


Das OLG Oldenburg hat entschieden, dass ein Sachmangel vorliegt, der zur Rückabwicklung berechtigt, wenn ein Auto (hier: Lexus für 135.000 EURO) ohne Aschenbecher geliefert wird, obwohl die Lieferung der Raucherausführung vertraglich vereinbart war.

Die Pressemitteilung des OLG Oldenburg:

"Rückabwicklung eines Pkw-Kaufvertrages wegen eines fehlenden Aschenbechers

Der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg hat eine Toyota-Vertragshändlerin zur Rücknahme eines Pkw Lexus und zur Rückzahlung des Kaufpreises von mehr als 117.000 € verpflichtet.

Der Geschäftsführer der Kundin hatte den Pkw im Januar 2013 für 135.000 € bei der Händlerin bestellt. Als der Wagen ausgeliefert wurde, stellte er fest, dass er nicht über einen fest installierten und beleuchteten Aschenbecher verfügte. Das zuvor ebenfalls bei der Händlerin gekaufte Vorgängermodell verfügte über einen solchen Aschenbecher. Aus Sicht der Kundin hatte man beim Kauf vereinbart, dass auch der neue Wagen dementsprechend ausgestattet sei.

Das Landgericht Osnabrück wies die Klage ab. Die Berufung der Kundin hatte hingegen vor dem Oberlandesgericht Erfolg. Nach der Vernehmung von Zeugen stand für die Richter fest, dass im Kaufvertrag die Lieferung eines Fahrzeugs mit einem fest installierten und beleuchteten Aschenbecher vereinbart worden war. Das Fehlen des Aschenbechers sei auch eine nicht unerhebliche Pflichtverletzung, so die Richter. Der Geschäftsführer der Kundin hatte dem Mitarbeiter der Händlerin ausdrücklich gesagt, dass für ihn ein sog. Raucherpaket sehr wichtig sei. Es sei deshalb extra vereinbart worden, dass das neue Modell so ausgestattet sei, wie das bisher von der Kundin genutzte Vorgängermodell.

Der Senat sah das Fehlen des Aschenbechers auch nicht als bloße Bagatelle an. Anders als die Händlerin, die lediglich von einer nur geringfügigen Einschränkung des „Rauchkomforts“ ausging, wenn eine Aschenbecherdose in einem Getränkehalter in der Mittelkonsole platziert würde, folgten die Richter der Auffassung der klagenden Kundin. So könne bei Dunkelheit wegen der fehlenden Beleuchtung nicht „abgeascht“ werden, ohne das Fahrzeug zu verschmutzen und die Zigarette könne während der Fahrt nicht abgelegt werden. Ferner könnten die Getränkehalter in der Mittelkonsole nicht bestimmungsgemäß genutzt werden, wenn dort ein Aschenbecher angebracht würde.

Nachdem auch keine Nachrüstung des Fahrzeugs mit einem passenden Aschenbecher möglich war, konnte die Kundin den Vertrag rückgängig machen. Da sie mit dem Fahrzeug gut 44.000 Kilometer zurückgelegt hatte, musste sie sich auf den ursprünglich gezahlten Kaufpreis die Nutzungsvorteile anrechnen lassen.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig."

CeBIT-Vortrag von RA Beckmann - Digitalisierung: Kundendaten und Mitarbeiterdaten in der Cloud - Ein Überblick über rechtliche Problemfelder - 16.03.2015

" Digitalisierung: Kundendaten und Mitarbeiterdaten in der Cloud - Ein Überblick über rechtliche Problemfelder" lautet der Titel des Vortrags von Rechtsanwalt Marcus Beckmann am 16.03.2015 - 11.10 Uhr auf der CeBIT in Hannover Halle 5, Stand D04 ( Mittelstandslounge: „Digitalisierung von A-Z“).

Weitere Informationen zur Veranstaltung finden Sie auf den Seiten der Arbeitsgemeinschaft Informationstechnologie im Deutschen Anwaltverein (DAVIT) sowie auf der CeBIT-Seite .

Sie haben Interesse an einem persönlichen Gespräch auf der CeBIT ? Senden Sie uns einfach eine kurze Mail (info@beckmannundnorda.de) mit Ihren Terminvorschlägen. Rechtsanwalt Marcus Beckmann steht am 16.03.2015 gerne für ein persönliches Treffen zur Verfügung.

OVG Münster: Rundfunkbeitrag ist verfassungsgemäß - Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen

OVG Münster
Urteile vom 13.03.2015
2 A 2311/14, 2 A 2422/14 und 2 A 2423/14


Das OVG Münster hat entschieden, dass der Rundfunkbeitrag verfassungsgemäß ist. Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wurde wenig verwunderlich zugelassen.

Die Pressemitteilung des OVG Münster:
"Rundfunkbeitrag verfassungsgemäß

Mit Urteilen vom heutigen Tag hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen die Berufungen von drei Klägern zurückgewiesen, die sich gegen die Erhebung von Rundfunkbeiträgen im privaten Bereich durch den WDR gewandt hatten. Die klageabweisenden Urteile der Verwaltungsgerichte Arnsberg und Köln wurden damit bestätigt. Die Kläger hatten insbesondere geltend gemacht, dass der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV), der seit dem 1. Januar 2013 die Rechtsgrundlage für die Erhebung von Rundfunkbeiträgen darstellt, verfassungswidrig sei.

In der mündlichen Urteilsbegründung hat die Vorsitzende des 2. Senats im Wesentlichen ausgeführt, der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag begegne keinen durchgreifenden europarechtlichen oder verfassungsrechtlichen Bedenken. Insbesondere sei er in allen seinen Regelungsteilen formell und materiell verfassungsgemäß. Die Gesetzgebungskompetenz für die Erhebung des Rundfunkbeitrags liege bei den Ländern. Der durch den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag sowohl für den privaten Bereich als auch für den nicht privaten Bereich ausgestaltete Rundfunkbeitrag sei keine (verdeckte) Steuer, die der Gesetzgebungskompetenz des Bundes unterfiele. Auch wenn die Anknüpfung der Beitragserhebung an die Wohnung (im privaten Bereich) bzw. an die Betriebsstätte (im nicht privaten Bereich) allgemein gefasst sei, handele es sich noch um einen echten Beitrag. Der Rundfunkbeitrag bleibe eine Gegenleistung für die individuelle Empfangsmöglichkeit öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit einer speziellen, zweckgebundenen Finanzierungsfunktion nach einem bestimmten Verteilungsschlüssel. Mit Blick auf seinen weiten Gestaltungsspielraum bei der Ausgestaltung der Rundfunkordnung, der seinerseits verfassungsrechtlich garantiert sei, habe der Gesetzgeber typisierend annehmen dürfen, dass von der Rundfunkempfangsmöglichkeit üblicherweise in den gesetzlich bestimmten Raumeinheiten Wohnung und Betriebsstätte Gebrauch gemacht wird. Besondere Härtefälle könnten über die ausnahmsweise Befreiungsmöglichkeit des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV gelöst werden. In materieller Hinsicht verstoße der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag namentlich nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Auch insoweit bewege sich der Gesetzgeber noch im Bereich einer zulässigen Typisierung als sachlichem Grund für die Anbindung der Beitragspflicht an die Wohnung bzw. die Betriebsstätte. Dies gelte gerade unter Berücksichtigung sowohl der gesetzlich vorgesehenen Befreiungsmöglichkeiten und Ausnahmen als auch der degressiven Staffelung der Beitragspflicht für Betriebsstätten nach der Anzahl der Beschäftigten. Zuletzt seien auch die im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag vorgesehenen Nachweis- und Anzeigepflichten ebenso wie der einmalige Meldedatenabgleich mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht vereinbar. Aus den vorstehenden Gründen sei eine Vorlage der Sachen an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG nicht in Betracht gekommen.

Der Senat hat die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zugelassen.

Aktenzeichen: 2 A 2311/14, 2 A 2422/14 und 2 A 2423/14

(I. Instanz: VG Arnsberg 8 K 3279/13 und 8 K 3353/13 und VG Köln 6 K 7543/13)"



OLG Köln: Bestätigung des überwiegenden Verbots der Nutzung von Kohl-Zitaten im Buch "Vermächtnis - die Kohl-Protokolle

OLG Köln
15 U 193/14


Die Pressemitteilung des OLG Köln:

"Bestätigung des überwiegenden Verbots der Nutzung von Kohl-Zitaten im Buch "Vermächtnis - die Kohl-Protokolle"

Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln (15 U 193/14) hat in der mündlichen Verhandlung vom heutigen Tage zum Ausdruck gebracht, dass er die Entscheidung des Landgerichts Köln, die Verwendung und Veröffentlichung von Zitaten Dr. Kohls in dem Buch "Vermächtnis - die Kohl-Protokolle" zu untersagen, voraussichtlich bestätigen wird. Das Landgericht hatte mit Urteil vom 13.11.2014 entschieden, dass die Verfügungsbeklagten - die Autoren Dr. Heribert Schwan und Tilman Jens sowie der Verlag Random House - den überwiegenden Teil der Zitate, die im Buch "Vermächtnis - die Kohl-Protokolle" enthalten sind und die dem Autor Dr. Schwan im Rahmen seiner Arbeit an den Memoiren des Klägers zwischen 2000 und 2001 zur Verfügung gestellt wurden, nicht weiter verwenden und veröffentlichen dürfen. Hinsichtlich des Umfangs der den Beklagten konkret untersagten Äußerungen geht der Senat möglicherweise noch über die landgerichtliche Entscheidung hinaus.

Der Senat ist wie das Landgericht der Ansicht, dass Dr. Schwan im Verhältnis zum Kläger eine vertragliche Geheimhaltungsverpflichtung traf. Die Verträge zwischen dem Kläger und dem Drömer Knaur Verlag einerseits und diesem und Dr. Schwan andererseits sähen vor, dass Dr. Kohl das Letztentscheidungsrecht über die Verwendung seiner Äußerungen als solche wie auch über den konkreten Inhalt und den Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung zustehe. Beide Verträge des Verlags seien inhaltlich aufeinander abgestimmt und dem jeweils anderen Vertragspartner bekannt gewesen, der Vertrag zwischen Verlag und Schwan sei Kohl vereinbarungsgemäß zur Billigung vorgelegt worden. Das vertragliche Gefüge sei insgesamt dahingehend zu bewerten, dass Dr. Schwan im Rahmen seiner Tätigkeit in dienender Funktion gehandelt habe und er auch gegenüber Kohl zur Geheimhaltung verpflichtet gewesen sei. Dementsprechend habe Schwan keine der Äußerungen Kohls, die in der Zusammenarbeit erfolgt sind, verwenden dürfen, es sei denn, diese seien ohnehin bereits öffentlich bekannt gewesen.

Co-Autor Jens und der beklagte Verlag könnten nach Ansicht des Senats die Unterlassung der Verwendung der streitgegenständlichen Zitate ebenfalls in vollem Umfang schulden. Die Verwendung der streitgegenständlichen Zitate, welche der Vertraulichkeitssphäre des Klägers zuzuordnen seien, stelle einen rechtswidrigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers dar, denn er verletze sein Recht zur Selbstbestimmung über das gesprochene Wort, Zwar hindere das aus Art. 5 Abs. 2 GG folgende Informationsrecht der Presse die Veröffentlichung auch in rechtswidriger Weise erlangter und ihr zugetragener Informationen nicht grundsätzlich. Dies könne jedoch nicht gelten, wenn - wie hier - die Informationsgewinnung in einer Art und Weise erfolgt sein, dass dies einer weiteren Verwendung und Veröffentlichung entgegenstehen müsse. Die Beklagten hätten selbst stets betont, bei der Entwicklung des Buchprojekts durchgängig als Team gewirkt zu haben. So hätten sie bei der Auswahl der Inhalte zusammengearbeitet, diese gemeinsam redigiert und die Texte ausgeformt. Der in der Weitergabe der vertraulich erfolgten Äußerungen durch Dr. Schwan und deren Verwendung und Veröffentlichung in der Biographie objektiv liegende Vertrauensbruch sei von allen Beklagten gemeinschaftlich getragen worden. Dies rechtfertige es, die Verwendung der Äußerungen insgesamt zu untersagen.

Da die Parteien sich trotz entsprechender Anregung des Senats nicht auf eine einvernehmliche Beendigung des Verahrens einigen konnten, hat der Senat in der Sache zu entscheiden. Termin zur Verkündung einer Entscheidung ist auf den 05.05.2015 bestimmt. Ein Rechtsmittel gegen das Urteil ist nicht gegeben."

EuGH: Bei bestimmten Produktarten kann ein Fall von Produkthaftung bereits dann vorliegen wenn das Produkt lediglich potenziell fehlerhaft

EuGH
Urteil vom 05.03.2015
C‑503/13 und C‑504/13
Boston Scientific Medizintechnik GmbH
gegen
AOK Sachsen-Anhalt – Die Gesundheitskasse (C‑503/13),
Betriebskrankenkasse RWE (C‑504/13)


Der EuGH hat entschieden, dass bei bestimmten Produktarten ein Fall von Produkthaftung bereits dann vorliegen kann, wenn das Produkt lediglich potenziell fehlerhaft ist, ohne dass der Fehler beim Produkt festgestellt wurde. Vorliegend ging es um Herzschrittmacher und implantierbare Cardioverter Defibrillatoren.

Leitsatz des EuGH:

1. Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 85/374/EWG des Rates vom 25. Juli 1985 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte ist dahin auszulegen, dass ein Produkt, das zu einer Gruppe oder Produktionsserie von Produkten wie Herzschrittmachern und implantierbaren Cardioverten Defibrillatoren gehört, bei denen ein potenzieller Fehler festgestellt wurde, als fehlerhaft eingestuft werden kann, ohne dass der Fehler bei diesem Produkt festgestellt zu werden braucht.

2. Die Art. 1 und 9 Satz 1 Buchst. a der Richtlinie 85/374 sind dahin auszulegen, dass es sich bei dem durch eine chirurgische Operation zum Austausch eines fehlerhaften Produkts wie eines Herzschrittmachers oder eines implantierbaren Cardioverten Defibrillators verursachten Schaden um einen „durch Tod und Körperverletzungen verursachten Schaden“ handelt, für den der Hersteller haftet, wenn diese Operation erforderlich ist, um den Fehler des betreffenden Produkts zu beseitigen. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob diese Voraussetzung in den Ausgangsverfahren erfüllt ist.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:




BGH: Wirksame Zustellung durch widerspruchslose Entgegennahme des zustellenden Schriftstücks durch eine in den Geschäftsräumen beschäftigte Person

BGH
Beschluss vom 04.02.2015
III ZR 513/13
ZPO § 178 Abs. 1 Nr. 2

Leitsatz des BGH:


In der widerspruchslosen Entgegennahme des zustellenden Schriftstücks durch eine in den Geschäftsräumen beschäftigte Person (§ 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) liegt zugleich die (konkludente) Erklärung, dass der Zustellungsadressat abwesend beziehungsweise an der Entgegennahme der Zustellung verhindert ist. Weitere Nachforschungen des Zustellers sind dann regelmäßig nicht veranlasst.

BGH, Beschluss vom 4. Februar 2015 - III ZR 513/13 - OLG Frankfurt am Main - LG Gießen

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Hamburg: Geschäftsmäßiger Weiterverkauf von Konzertkarten bei eBay kann vom Veranstalter in Vertragsbedingungen untersagt werden

LG Hamburg
02.10.2014
327 O 251/14


Das LG Hamburg hat entschieden, dass der Veranstalter in den Vertragsbedingungen den geschäftsmäßigen Weiterverkauf von Konzertkarten bei eBay untersagen kann.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Der Unterlassungsanspruch des Antragstellers folgt aus §§ 3, 5, 8 Abs. 1, 3 Nr. 2 UWG. Die Tatbestandsvoraussetzungen sind gegeben. Der Antragsgegner täuscht den angesprochenen Verkehr über die Verkehrsfähigkeit der bei Ebay zum Verkauf angebotenen Konzertkarten. Die angesprochenen Kartenkäufer können von dem Antragsgegner keine wirksame Eintrittsberechtigung erwerben, wenn sie den geforderten höheren Preis bezahlen.

Bei den von dem Aussteller ausgegebenen Eintrittskarten handelt es sich um unbenannte qualifizierte Legitimationspapiere gemäß § 808 BGB (sog. Rektapapiere). Qualifizierte Legitimationspapiere sind gemäß § 808 Abs. 1 S. 2 BGB Urkunden, die ein Recht derart verbriefen, dass der Schuldner nicht jedem Inhaber, sondern nur einer bestimmten Person zur Leistung verpflichtet ist, aber gemäß § 808 Abs. 1 Satz 1 BGB durch Leistung an den Inhaber grundsätzlich von seiner Leistungspflicht befreit wird (MüKo-Habersack, BGB, 6. Aufl. 2013, Rn. 2). Die Papiere bezeichnen so zwar den Gläubiger des verbrieften Rechts, enthalten aber gleichzeitig eine Inhaberklausel (OLG Hamburg, Urt. v. 13.06.2013, 3 U 31/10).

Durch die konkrete Ausgestaltung der Tickets hat der Aussteller, hier die „xxx.ag“, deutlich gemacht, dass sie den Eintritt zu dem Konzert nicht dem jeweiligen Inhaber des Tickets gewähren will, sondern dass eine Berechtigung zum Konzertbesuch nur unter den auf der Eintrittskarte aufgedruckten Bedingungen bestehen soll. Schon aus dem Ticketaufdruck ergibt sich, dass das Recht zum Veranstaltungsbesuch nur dem Vertragspartner des Veranstalters zusteht und eine Übertragung des Zutrittsrechts nur dann auf einen Dritten möglich ist, wenn der Dritte keinen höheren Preis (evtl. zzgl. Vorverkaufs- und Systemgebühren) als den auf der Karte aufgedruckten gezahlt hat.

Dem Vorliegen eines qualifizierten Legitimationspapiers im Sinne des § 808 BGB steht nicht entgegen, dass der Name des Besuchers in die dafür vorgesehene Zeile auf der Eintrittskarte bei Veräußerung der Karte nicht eingetragen wird, sondern dies dem Erwerber überlassen bleibt. Ein qualifiziertes Legitimationspapier kann auch ohne Namensnennung vorliegen, und zwar insbesondere dann, wenn der Aussteller nur dem Berechtigten verpflichtet sein will (OLG Hamburg, 3 U 31/10, Urt. v. 13.06.2013). Dies ist abhängig vom Verpflichtungswillen des Ausstellers, der durch Auslegung zu ermitteln ist. Fehlt es an einer Benennung des Gläubigers auf der Urkunde und kommt der Wille des Ausstellers, nur gegenüber dem materiell Berechtigten leisten zu wollen, aber gleichwohl zum Ausdruck, so ist von einem unbenannten qualifizierten Legitimationspapier auszugehen. Soweit sich der Verpflichtungswille aus außerhalb der Urkunde liegenden Umständen ergibt, kommt es nicht darauf an, ob der Gläubiger auf der Urkunde benannt ist oder nicht. Er muss lediglich identifizierbar sein.

Vorliegend kommt es dem Aussteller des Tickets auf die materielle Berechtigung an, was das aufgedruckte Namensfeld auf dem Papier deutlich macht, in das der materiell Berechtigte seinen Namen eintragen soll. Dieser Umstand hat die Funktion, eine weitergehende Legitimationswirkung zugunsten des tatsächlichen Inhabers des Tickets auszuschließen, und ist insoweit vergleichbar mit der Benennung des Gläubigers durch den Aussteller selbst. Dass ein Inhaber auf das Ticket faktisch einen anderen Namen eintragen kann, bedeutet nicht, dass der Aussteller an jeden Inhaber wie im Fall des § 807 BGB leisten will. Vielmehr geht es dem Aussteller vorliegend darum, dass Berechtigter des Veranstaltungsvertrages nur der tatsächliche Vertragspartner des Ausstellers ist, also derjenige, der das Ticket bei ihm erworben hat, oder derjenige, der wirksam in den Vertrag mit dem Erwerber eingetreten ist. Diese Person ist eindeutig bestimmbar. Nur an diese Person will der Aussteller leisten.

Die Begebung der Eintrittskarte als Rektapapier kann auch nicht als ein Scheingeschäft qualifiziert werden, das eine Begebung als Inhaberpapier verdeckt (§ 117 BGB). Eine entsprechende Willensübereinstimmung beim Erstverkauf der Tickets kann nicht festgestellt werden. Der Wille zur Begebung eines Rektapapiers wird – wie vorstehend ausgeführt – nicht dadurch in Zweifel gezogen, dass der Aussteller der Eintrittskarte die Namenzeile beim Erstverkauf nicht selbst ausfüllt.

Dass die materielle Anspruchsberechtigung des jeweiligen Karteninhabers nicht vor jedem Konzert und flächendeckend kontrolliert wird, steht dem nicht entgegen. Der Aussteller ist zwar berechtigt, nicht aber verpflichtet, die materielle Anspruchsberechtigung vor dem Einlass zu prüfen (OLG Hamburg, 3 U 31/10, Urt. v. 13.06.2013).

Die Übertragung des in der Karten verbrieften Rechts erfolgt nicht durch Verfügung gemäß §§ 929 ff. BGB, sondern durch Abtretung gemäß §§ 398 ff. BGB (MüKo-Habersack, a. a. O., § 808 Rn. 3). Daher besteht gemäß § 399 BGB die Möglichkeit, einen Abtretungsausschluss zu vereinbaren. Dies ist hier geschehen. Ein solcher Abtretungsausschluss bzw. eine Abtretung unter eingeschränkten Bedingungen ergibt sich zum einen aus den auf dem Ticket selbst aufgedruckten AGB, denn auf der Vorderseite des Tickets wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Zugangsberechtigung zum Konzert nur besteht, wenn der Dritte keinen höheren Preis als den auf der Karte aufgedruckten Preis zzgl. Vorverkaufs- und Systemgebühren zahlt und alle Verpflichtungen aus dem Veranstaltungsbesuchervertrag einschließlich des Weiterverkaufsverbots übernehme.

Aus diesen ergibt sich unmittelbar, dass der Antragsteller die notwendige Zustimmung zur Abtretung der Rechte aus dem Veranstaltungsvertrag nicht für Eintrittskarten erteilt, die für einen höheren als dem aufgedruckten Preis weitergegeben worden sind. Der Abtretungsausschluss bzw. die Abtretung unter eingeschränkten Bedingungen ergibt sich zum anderen auch unmittelbar aus den AGB des Ausstellers, die vor dem Ersterwerb der Tickets akzeptiert werden müssen.

Die Verfügungsbeschränkungen auf dem Ticket und in den AGB des Ausstellers sind auch wirksam. Ein Abtretungsverbot bzw. ein Abtretungsausschluss mit Zustimmungsvorbehalt in AGB ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich unbedenklich. Eine solche Klausel ist nur dann nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, wenn ein schützenswertes Interesse des Verwenders an dem Abtretungsverbot nicht besteht oder die berechtigten Belange des Vertragspartners an der freien Abtretbarkeit vertraglicher Ansprüche das entgegenstehende Interesse des Verwenders überwiegen(BGH, NJW 2006, 3486, 3487, Tz. 14 m. w. Nachw.).

Dies ist vorliegend nicht der Fall. Es besteht ein schützenswertes Interesse des Verwenders an dem Abtretungsverbot und die Gewinnerzielungsinteressen des Vertragspartners überwiegen auch nicht.

Hier liegen die schützenswerten Interessen, die Einhaltung eines angemessenen Preis-Leistungsverhältnisses für den Konzertbesucher, angesichts der konkreten Ausgestaltung des Abtretungsverbots auf der Hand. Denn so kann der Veranstalter bzw. der Künstler den finanziellen Möglichkeiten auch weniger zahlungskräftiger Fans Rechnung tragen, indem z. B. begehrte Künstler darauf verzichten, für die Eintrittskarten den am Markt erzielbaren Höchstpreis zu verlangen. Für die Annahme schützenswerter Interessen des Verwenders ist es auch insbesondere nicht erforderlich, dass der Veranstalter oder der Künstler rein altruistische Motive verfolgt. Natürlich wollen auch diese mit ihren Konzerten Gewinne erzielen. Gleichwohl ist das Motiv, dem Konzertbesucher einen aus Sicht des Veranstalters bzw. Künstlers angemessenen Preis zu sichern und zu verhindern, dass ein Konzert binnen kürzester Zeit ausverkauft ist und Karten nur noch von gewerblichen Händlern zu Höchstpreisen erworben werden können, schützenswert. So wird auch gewährleistet, dass alle tatsächlich am Konzert interessierten die gleichen Chancen erhalten, das Konzert zu besuchen. Auch den Interessen des Künstlers, seine Fans langfristig an sich zu binden und ihre Treue zu honorieren, wird durch die Chancengleichheit und diese Art der Preisgestaltung Rechnung getragen.

Die Gewinnerzielungsinteressen der Erwerber überwiegen nicht die zuvor geschilderten entgegenstehenden Interessen des Konzertveranstalters. Die freie Abtretbarkeit zu dem Erstabgabepreis zzgl. Vorverkaufs- und Systemgebühren ist ohnehin möglich, sodass den Interessen der Erwerber, die das Konzert krankheitsbedingt oder wegen sonstiger Verhinderung nicht besuchen können, gewahrt werden."



OLG Düsseldorf: Schaufensterwerbung mit Hörgeräten kann auch ohne Preisangabe zulässig sein

OLG Düsseldorf
Urteil vom 29.01.2015
I-2 U 29/14


Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass bei der Schaufensterwerbung mit Hörgeräten durch einen Hörgeräteakustiker nicht immer zwingend eine Preisangabe nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV erforderlich ist. Dies ist nach Ansicht des Gerichts dann der Fall, wenn die Schaufensterdekoration für den Betrachter nicht als konkretes Angebot für die jeweiligen Hörgeräte, sondern eine allgemeine Werbung für Hörgerätstypen (hier: Im-Ohr [IdO] / Hinter dem Ohr[HdO] darstellt.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die angegriffene Schaufensterauslage verstößt nicht gegen § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV.

Nach der 1. Alternative dieser Bestimmung hat, wer Letztverbrauchern Waren oder Dienstleistungen gewerbs- oder geschäftsmäßig anbietet, die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer oder sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind. Dieselben Verpflichtungen treffen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. PAngV denjenigen, der als Anbieter von Waren oder Leistungen gegenüber Letztverbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt. Daraus folgt, dass reine Werbung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV ohne Preisangabe erlaubt ist.

Da die Beklagte ihre Schaufensterauslage nicht mit Preisen versehen hat, die 2. Alt. von § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV mithin ausscheidet, hängt die Entscheidung des Streitfalles davon ab, ob in der von der Klägerin beanstandeten Schaufenster-Präsentation zweier Hörgerätetypen ("Im-Ohr" [IdO] /"Hinter dem Ohr"[HdO]) ein (eine Preisauszeichnung erforderndes) "Angebot" oder eine (ohne Preisauszeichnung zulässige) schlichte "Werbung" liegt. Letzteres ist - wie das Landgericht richtig entschieden hat - der Fall. Der Senat sieht sich insoweit - jedenfalls im Ergebnis - in Übereinstimmung mit anderen Gerichten (LG Berlin, GewArch 2013, 414; LG München I, WRP 2014, 358 - Preisauszeichnung bei Hörgeräten), die im gleichen Sinne entschieden haben. Zwar hat das LG München I (a.a.O.) ein "Angebot" bejaht, dies aber nur deshalb, weil die präsentierten Hörgeräte für den Verbraucher individualisierbar und mit Herstellerangaben versehen waren. Ohne diese spezielle Sachlage bestätigt auch das LG München I die Auffassung des LG Berlin, dass von einer bloßen Werbung auszugehen ist (a.a.O., Rdnr. 29)".

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Für Einzelheiten des Provisionsanspruchs des Handelsvertreters ist die von den Parteien getroffene Vergütungsvereinbarung entscheidend

BGH
Versäumnisurteil vom 22.01.2015
VII ZR 87/14
HGB § 87 Abs. 1

Leitsatz des BGH:


Für die Frage, für welche Geschäfte der Handelsvertreter eine Provision erhalten soll und auf welchen Zeitpunkt es für das Entstehen des Provisionsanspruchs ankommt, ist die von den Parteien getroffene Vergütungsvereinbarung (hier im Zusammenhang mit Serienbelieferungsverträgen in der Automobilindustrie) maßgeblich.

BGH, Versäumnisurteil vom 22. Januar 2015 - VII ZR 87/14 - OLG Köln - LG Bonn

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Oldenburg: Unzulässige Werbung mit Falschbehauptungen durch Mitarbeiter der Telekom Deutschland GmbH der sich als Mitarbeiter der EWE TEL GmbH ausgibt

OLG Oldenburg
Urteil vom 20.02.2015
6 U 209/14


Abermals eine recht dreiste Werbemasche, die in verschiedenen Variationen leider häufiger vorkommt.

Die Pressemitteilung des OLG Oldenburg:

""Telekom unterliegt im Streit mit EWE TEL vor dem Oberlandesgericht

Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg hat der Telekom Deutschland GmbH untersagt, im Namen der EWE TEL GmbH Kunden aufzusuchen und dort unwahre Behauptungen aufzustellen.

Der Entscheidung liegt ein zwischen den Parteien streitiger Vorfall aus dem Februar 2014 zugrunde: Ein erkennbar für die Telekom arbeitender Mitarbeiter soll in Apen eine Kundin der EWE TEL aufgesucht und behauptet haben, er komme im Auftrag der EWE TEL. In der Nachbarschaft habe es Beschwerden über zu langsame Internetverbindungen gegeben, soll der Werber der Kundin verraten haben. Er führte einen sog. Speedtest durch und stellte fest, dass der Internetanschluss mit einer Geschwindigkeit von 7.900 kbit/s arbeitete. Der Werber soll darüber hinaus der Kundin erklärt haben, die Telekom beabsichtige, vor Ort schnellere Internetverbindungen einzurichten. Er empfahl der Kundin den Abschluss eines „Call & Surf Comfort“-Vertrages mit der Telekom, der eine Internetverbindung mit 16.000 kbit/s ermögliche. Die Kundin willigte ein, widerrief aber später den Vertrag.

Gegen das Vorgehen des Werbers wendete sich die EWE TEL mit einer einstweiligen Verfügung. Das Landgericht Oldenburg folgte dem Vorbringen der EWE TEL und gab dem Unterlassungsbegehren weitgehend statt.

Die Berufung der Telekom hatte vor dem Senat nur geringen Erfolg. Die Richter folgten der Beweiswürdigung des Landgerichts und untersagten der Telekom, ohne entsprechenden Auftrag im Namen der EWE TEL aufzutreten und wahrheitswidrig zu behaupten, Kunden der EWE TEL hätten sich über zu langsames Internet beschwert und die Telekom würde die Leitungen beim Kunden digitalisieren.

Der Senat stellte fest, dass die Telekom im Streit mit der EWE TEL für das Verhalten ihres Mitarbeiters einstehen müsse. Dieser habe sich wettbewerbswidrig verhalten und in mehrfacher Hinsicht die Kundin belogen: So habe er wahrheitswidrig behauptet, dass er als Mitarbeiter der Telekom im Auftrag der EWE TEL komme und sich Nachbarn über zu langsame Internetverbindungen beschwert hätten. Ferner sei auch die Ankündigung falsch gewesen, die Telekom plane in dem Wohnviertel der Kundin die Digitalisierung der Internetleitungen und damit eine Beschleunigung der Verbindung.

Im Fall eines Verstoßes gegen das Urteil droht der Telekom ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 €.

Das Urteil ist nicht anfechtbar.

(Urteil vom 20. Februar 2015, Aktenzeichen 6 U 209/14, Vorinstanz Landgericht Oldenburg, Aktenzeichen 15 O 711/14)"



LG Heidelberg: Wer einen beschädigten PKW im Internet als unfallfrei bewirbt handelt arglistig auch wenn dies ins Blaue hinein geschieht

LG Heidelberg
Urteil vom 28.01.2015
1 S 22/13


Das LG Heidelberg hat entschieden, dass derjenige der einen beschädigten PKW im Internet als "unfallfrei" bewirbt, arglistig handelt auch wenn dies ins Blaue hinein geschieht. Der Verkäufer konnte sich in dem entschiedenen Fall daher nicht auf die vertraglich vereinbarte verkürzte Gewährleistungspflicht von 1 Jahr berufen.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Aufgrund dieses Sachmangels kann der Kläger im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung des Kaufvertrags verlangen. Dem kann der Beklagte nicht die Einrede der Verjährung entgegenhalten. Er hat seine Gewährleistungspflicht im Kaufvertrag zwar grundsätzlich wirksam auf ein Jahr beschränkt (§ 475 Abs. 2 BGB). Gemäß § 438 Abs. 3 BGB geltend jedoch die regelmäßigen Verjährungsfristen, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat. Dies war hier der Fall. Der Beklagte hat dem Kläger den Schaden an dem Fahrzeug arglistig verschwiegen. Arglist setzt kein zielgerichtetes oder verwerfliches Verhalten voraus. Es genügt, wenn der Verkäufer ins Blaue hinein Angaben gegenüber dem Käufer macht, die sich später als falsch herausstellen. Der Beklagte hat hier das streitgegenständliche Fahrzeug in der Internetanzeige vom 13.05.2010 als unfallfrei beworben. Dies mag, wenn man den Ausführungen des Beklagten zur Häufigkeit und Fehleranfälligkeit von Internetanzeigen folgt, eine versehentliche Falschangabe gewesen sein. Wenn der Beklagte jedoch auf dieses ihm als fehleranfällig bekannte Medium zur Platzierung von Anzeigen zurückgreift, gibt er seine Angaben ins Blaue hinein, nämlich ohne genaue Prüfung, ab. Dies genügt für die Annahme von Arglist. Aufgrund der Anzeige war also bei Vertragsschluss klar, dass der Kläger mit der von dem Beklagten hervorgerufenen Vorstellung in die Kaufvertragsverhandlungen ging, dass es sich um ein Fahrzeug handelte, das noch keine größeren Schäden erlitten hatte. Der Beklagte wäre nunmehr verpflichtet gewesen, seine fehlerhaften Angaben in der Verkaufsanzeige in den Kauvertragsverhandlungen zu korrigieren. Dies hat er nicht getan. Die Angabe „Seitenwand hinten nachlackiert“ ist keine ordnungsgemäße Korrektur. Diese Angabe ist zwar bezüglich des unter der Lackierung befindlichen Zustands offen und beinhaltet rein sprachlich auch die Möglichkeit, dass ein größerer Schaden nachlackiert worden ist. Eine ordnungsgemäße Korrektur einer ins Blaue hinein gemachten falschen Angabe über ein Gebrauchtfahrzeug muss sich aber an der Fehlvorstellung orientieren, die bei dem Käufer hervorgerufen worden ist. Nachdem dieser aufgrund der Angabe „unfallfrei“ davon ausgehen durfte, dass das Fahrzeug noch keine größeren Schäden erlitten hatte, musste der Beklagte deutlich auf das mögliche Vorhandensein auch größerer Schäden hinweisen. Der Käufer, der mit der Vorstellung eines unfallfreien Fahrzeugs in die Kaufvertragsverhandlungen geht, wird bei einer solchen Angabe aber davon ausgehen, dass es sich bei den nachlackierten Stellen um die Überlackierung von Bagatellschäden handelt. Damit handelte der Beklagte arglistig, so dass nicht die im Kaufvertrag vereinbarte einjährige Verjährungsfrist gilt, sondern die Regelverjährungsfrist, die drei Jahre beträgt und zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 25.09.2012 noch nicht abgelaufen war."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BPatG erklärt Nespresso-Patent für nichtig - Vorrichtung zur Extraktion einer Kartusche sowie entsprechender Kaffeemaschinen

BPatG
Beschluss vom 12.02.2015
2 Ni 6/13 (EP)

Das BPatG hat das Nespreso-Patent der Firma Nestec S.A., die zum Nestle-Konzern gehört, für nichtig erklärt.

Die Pressemitteilung des BPatG:

"Patent für eine Vorrichtung zur Extraktion einer Kartusche sowie entsprechender Kaffeemaschinen (Nespresso) für nichtig erklärt

Am 12. Februar 2015 hatte der 2. Senat des Bundespatentgerichts über eine Klage der Schweizer Firma Ethical Coffee Company, die mit dem “Nespresso”-System kompatible Kaffeekapseln vertreibt, gegen das europäische Patent 1 646 305 der Nestec S.A. („Nespresso“) zu entscheiden, das „eine Vorrichtung zur Extraktion einer Kartusche“, entsprechend ausgestattete Kaffeemaschinen sowie eine Kombination einer solchen Vorrichtung und Kapseln betrifft.

Hintergrund dieser Klage sind zahlreiche Rechtsstreitigkeiten im Inland und Ausland wegen der Verletzung der Patente der Nestec. S.A., die zu den umsatzstärksten Herstellern von Kapsel-Kaffeemaschinen und speziell darauf abgestimmten Kaffeekapseln („Nespresso“) zählt.

Das Patent wurde für nichtig erklärt."